Der Nationalökonom Friedlich List- Ableitungen seiner Lehre für die Gegenwart


Hausarbeit (Hauptseminar), 2005

24 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einordnung und Einleitendes
1.1 Historie und Geographie
1.2 Vorherrschende Denkrichtungen jener Zeit

2 Die Person Friedrich List - ein vielseitiges Leben
2.1 Die Jugend des Friedrich Lists
2.2 Professor an der Universität Tübingen
2.3 Der gesellschaftliche Abstieg, Flucht nach Frankreich . .
2.4 Emigration in die Vereinigten Staaten
2.5 Wieder in Deutschland

3 Das Nationale System der Politischen Ökonomie
3.1 Stufentheorie
3.2 Theorie der produktiven Kräfte
3.3 Lehre vom industriellen Erziehungszoll (infant-industry)
3.4 Regionale/Nationale wirtschaftliche Integration
3.5 Infrastruktur
3.6 Fazit: Das Nationale System der Politischen Ökonomie .

4 Ableitungen aus Listschen Kernaussagen für die Gegenwart
4.1 Seine Voraussichten und aufgezeigten Perspektiven
4.2 List im zwanzigsten Jahrhundert, Bedeutung für Entwicklungsländer

5 Kritik und Abschließendes

Literaturverzeichnis

1 Einordnung und Einleitendes

Diese Seminararbeit stellt das Leben und das Werk des Friedrich List vor. Fried- rich List war ein großer Journalist des Vormärz, der mit etwa 1000, inhaltlich weit gestreuten Aufsätzen ein reiches journalistisches Erbe hinterläßt. So war er Redak- teur oder Gründer von 10 in- und ausländischen Zeitungen. So beeindruckend sein journalistisches Schaffen ist, so bewegt, vielseitig und bewunderungswürdig war sein Leben. Hierbei ist festzuhalten, dass ihm trotz seiner großen und manigfachen Lei- stungen, zeitlebens die ihm gebührende Anerkennung versagt wurde. Erst einige Jahre nach seinem Freitod wurde ihm diese zuteil. Friedrich List war: Staatsrecht- professor, Beamtenkritiker, Verwaltungsreformer, Verurteilter, Wirtschaftspolitiker, Familienvater, Unternehmer, Eisenbahnpionier, Journalist und Wissenschaftler.

Aus dem reichhaltigen Fundus seiner Werke soll in dieser Arbeit sein Hauptwerk “Das Nationale System der Politischen Ökonomie“ detailliert vorgestellt werden, da sich in diesem die Grundüberlegungen der List‘schen Theorie wiederfinden lassen. Zuvor werden die Rahmenbedingungen der damaligen Zeit und sein Leben vorge- stellt, um das Entstehen und die Bedeutung seines Schaffens und Werkes einordnen zu können. Anschließend werden seine Vorhersagen und Implikationen für die Ge- genwart, die sich aus seinen Theorien ergeben, kurz abgeleitet. Diese Vorhersagen resultieren aus der Überzeugung Lists, dass neben einer politkökonomischen Ana- lyse, die Analyse der zukünftigen Entwicklungen und deren möglichst genaue Pro- gnostizierung notwendige Bedingungen für eine effektive Ökonomie seien. An dieser Stelle ist vorwegzunehmen, dass seine Theorien leicht übertragbar auf die Gegenwart sind, so dass das Kapitel 3 zum größten Teil unter Berücksichtigung der aktuellen weltwirtschaftlichen Situation gelesen werden kann.

1.1 Historie und Geographie

Friedrich List lebte zwischen der Französichen Revolution 1789 und der Deutschen Revolution von 1848. Das Heilige Römische Reich Deutscher Nationen brach unter den Augen des jungen List zusammen. Um 1813 herrschten Kriege zur Befreiung vom Napoleonischen Reich. Das Bürgertum nahm in dieser Zeit an Bedeutung zu und veränderte das gesellschaftliche Bild der damaligen Zeit. 1815 wurde der Deutsche Bund gegründet und es kristallisierte sich besonders im intellektuellen und wohlha- benden Bürgertum die Hoffnung heraus, dass die einzelnen deutschen Fürstentümer sich zu einem Nationalstaat zusammenschließen.1 Deutschland bestand aus unzähli- gen Kleinst- und Mittelstaaten, welche sich durch Zollmauern abschotteten. Insge- samt wurde Deutschland von 38 Zolllinien durchzogen. So war der Handel meist nur auf der regionalen Ebene vorhanden. Unter diesen Umständen fehlte es in Deutsch- land an einem dynamischen wirtschaftlichen Rahmen, welcher den Anforderungen der einsetzenden Industrialisierung entsprechen konnte.

Die Industrielle Revolution begann und entwickelte sich in Großbritanien mit der Erfindung der Dampfmaschine und des mechanischen Webstuhls. Anders als in Deutschland war Großbritannien nicht von inneren Zoll- und Mautlinien durch- zogen und besaß zudem diverse überseeische Besitzungen und eine gut ausgebaute Handelsflotte. So waren bessere Rahmenbedingungen für die einsetzende Industriali- sierung gegeben und Großbritannien konnte zur führenden Industrie-, Handels- und Militärmacht aufsteigen. Um 1840 war Großbritannien den anderen europäischen Staaten und Nordamerika auf diesen Gebieten 20 Jahre voraus.2 List sah in der englischen Gesellschaft und Entwicklung die Vorbildfunktion für Deutschland und entwickelte aus dieser Motivation große Teile seines Werkes.3

In Frankreich setzte die Industrielle Revolution nicht so expansiv wie in Großbritannien ein, aber auch Frankreich war Deutschland in wirtschaftlicher und handelspolitischer Hinsicht überlegen. Die nordamerikanischen Kolonien erhielten 1776 ihre Unabhängigkeit und eine eigene Bundesverfassung. List, der sich einige Jahre in Nordamerika aufhielt4, ordnete den Vereinigten Staaten für die nahe Zukunft die führende Stellung auf beinahe allen Gebieten zu, da List den Wohlstand einer Nation von dessen Wachstumspotential5 abhängig machte und dieses nach List in den Vereinigten Staaten größer ist als in Europa.

1.2 Vorherrschende Denkrichtungen jener Zeit

Im vorigen Abschnitt wurden die Ziele des Friedrich List angedeutet. Diese Ziele werden im weiteren Verlauf der Arbeit spezifiziert. Um bestimmte Ziele zu erreichen, müssen bestimmte Instrumente angewandt werden. Diese Instrumente bzw. Maßnahmen werden im 3. Kapitel vorgestellt. Um diese Maßnahmen jedoch verstehen, einordnen und ihnen eine angemessene Bedeutung zuzuordnen, müssen die vorherrschenden Theorien- und Ideengebäude der damaligen Zeit vorgestellt werden. Als Theoriegerüste für sein Werk gelten drei Ideen: die physiokratische Lehre, der Merkantilismus und die klassische Theorie von Adam Smith.6

Die Physiokratische Schule entwickelte erstmals ein zusammenhängendes ab- straktes Theoriegebäude der Ökonomie.DerWohlstand eines Volkes resultiert hier aus den zur Verfügung stehenden Rohstoffen und der Landwirtschaft. Allerdings werden Schwerpunkte auf bestimmte Teilgebiete gelegt, so dass der Zusammenhang zwar besteht, aber als für die Praxis nicht ausreichend zu deklarieren ist. Als Haupt- vertreter ist hier der Franzose Quesnay zu nennen, der die Handelsfreiheit propa- gierte. List empfand die physiokratische Schule als praxisfern, maß ihrer aber große Bedeutung bei der Entwicklung eines zusammenhängenden wirtschaftlichen Systems bei.

Der Merkantilismus hob zur Erzielung von Wohlstand das Grundprinzip des Strebens nach Geldbewegung hervor. Das Volk soll durch Im- und Export einen Handelsüberschuss erwirtschaften, welcher zu einem Mehrbestand von monetären Werten im Inland führt.7 Zudem wurden Eingriffe des Staates zur Verbesserung der Handelsposition empfohlen, die das Produktivitätswachstum beschleunigen. Gerade diese Eingriffe waren es, die den Merkantilismus List nahe brachten, da er den Wohlstand einer Nation über ihr Produktivitätspotential definierte und somit der Förderung dieses Potentials große Bedeutung beimaß.

Die Klassische Theorie nach Adam Smith ist als umfangreiche theoretische öko- nomische Wissenschaft zu verstehen. Der Individualismus der Wirtschaftssubjekte wird hier hervorgehoben und damit begründet, dass das Streben der Einzelnen nach persönlichem Reichtum, durch dieses Streben selbst, zur Maximierung des Wohlstan- des eines Volkes führt. Smith machte auf die sich ergebenden Vorteile einer arbeits- teiligen Gesellschaft aufmerksam und begründete dies mit den Produktivitätsgewin- nen aus der Spezialisierung. Die Klassische Theorie propagierte die Handelsfreiheit als optimal für alle handelnden Länder, unabhängig von ihrem Entwicklungsstand und Wachstumspotential. David Ricardo erweiterte die Handelstheorie um die Theo- rie der komparativen Vorteile, nachder sich Ökonomien auf die Produktion solcher Güter spezialisieren sollten, die sie im Vergleich zu anderen Ökonomien vergleichs- weise produktiver herstellen konnten. List sah dies kritisch und dynamisierte dar- aufhin die Handelssituation zwischen einer hoch entwickelten Ökonomie und einer weniger entwickelten Ökonomie und leitete daraus seine infant-industry Theorie ab.8 Die Klassische Theorie führte darüber hinaus durch ihre Methodik zu einer Tren- nung von theoretischer Wissenschaft und praktischer Politik. Diese Trennung hielt List für falsch und hob hervor, dass eine politökonomische Theorie notwendig sei.9

2 Die Person Friedrich List - ein vielseitiges Le- ben

2.1 Die Jugend des Friedrich Lists

Friedrich List wurde am 6. August 1789 geboren. Er war der zweite Sohn und das achte von insgesamt zehn Kindern einer angesehenen Weißgerber-Familie aus Reut- lingen. Der Vater, Johannes List, repräsentierte den geachteten und wohlhabenden Zunfthandwerker, der neben seiner Gerberei, auch Obstgärten, Weinberge und ein Stadthaus besaß.10

In Lists Jugend war Reutlingen eine unabhängige Reichsstadt. Oft sprach List voller Stolz davon, dass er aus einer demokratisch regierten Reichsstadt komme. Auch wenn er nicht verschwieg, dass die Reichsstadt versteinert und vermoost sei. Reutlingen war eine Stadt des Heiligen Römischen Reiches, sie war klein und vom Nachbarstaat Württemberg in den Verkehrsschatten11 gestellt, abgedrängt vom Markt durch Wege- und Brückengelder sowie durch Abgaben für die Benutzung der Verkehrseinrichtungen. Durch diese verschiedenen Faktoren wurde List geprägt.12 Seine Familie bildete seinen Bürgerstolz und das Interesse für die öffentliche Verwal- tung aus, da der Vater selbst politisch auf kommunaler Ebene der Stadt aktiv war und dabei die maßgebliche Bedeutung des Bürgertums immer wieder hervorhob.13

Der junge Friedrich sollte ebenfalls Gerber werden. Er stellte sich jedoch als wenig geeignet für diesen Beruf dar. Er forderte die Einführung von einfachen Ma- schinen, die alle stumpfen und schweren Arbeiten übernehmen sollten und von dem in einem nahegelegenen Bach fließendem Wasser angetrieben werden sollten. Er zog sich häufig von der Arbeit zurück, rauchte Pfeife und las unterhaltende Bücher. Da sein Lateinlehrer ihm eine Begabung zum Schreiben bestätigte und sich Friedrich als Schüler mit klarem Verstand erwies, begann er nach dem erfolgreichen Abschluss der Lateinschule 1805 eine Lehre zum Schreiber im nahen Blaubeuren.14

Nach veschiedenen kürzeren Ausbildungsaufenthalten erhielt er eine Aktuarstelle im Oberamt Tübingen.15 In Ulm, wo er ebenfalls kurz verweilte, hatte List Probleme, welche die Übertragung von zentralistischen württembergischen Verwaltungsorgani- sationen auf neue Gebietsteile hatte, direkt erfahren können. Als er das erforderliche Examen für eine gehobenere Position nicht machen konnte, da er noch nicht das zugelassene Alter erreicht hatte, quittierte er den Dienst, um sich ganz auf seine universitären Studien zu konzentrieren. Das Aktuarexamen holte List sofort nach dem Erreichen des Mindestalters mit dem Erzielen der Bestnote nach. Dies ist als besondere Leistung zu würdigen, da dieser Werdegang völlig unüblich zur damaligen Zeit war. In dieser Prüfung hob er bereits die Bedeutung einer Verwaltungsreform hervor. Dies führte dazu, dass neben der Wichtigkeit seiner Arbeit auch darauf hin- gewiesen wurde, dass er sich im Sinne des Königreiches Württemberg zu verhalten habe.16

List hatte schon während seiner Berufszeit einige Vorlesungen besucht. Den- noch kam er nicht über den Status des Gasthörers hinaus, da ihm die schulischen Qualifikationen fehlten, um sich einzuschreiben. Er besuchte Vorlesungen zu den Themen Staatsgelehrtheit, Privatrecht und Zivilprozesswesen. Die Eindrücke und Erfahrungen an der juristischen Fakultät und die Begegnungen mit den Fachgelehr- ten bedeuteten ihm viel. List erarbeitete in Verbindung mit dem von ihm in dieser Zeit gelesenen Schriften von Montesquieu, Rousseau und Adam Smith, sehr wichtige Grundlagen für seine künftige Beschäftigung mit aktuellen Fragen des Verwaltungs-, Verfassungs- und Ökonomiewesens.

1813 verstarb sein älterer Bruder, als dieser auf Grund beamtlicher Willkür von seinem Militärdienst flüchtete und dabei tödlich stürzte. Danach unterbrach List die Beamtentätigkeit und besuchte Vorlesungen an der Universität Tübingen und führte parallel hierzu die Gerberei. 1815 verstarb seine Mutter bei einem Nervenzusammen- bruch, dessen Auslöser wohl ein Streitgespräch mit einem Reutlinger Beamten war.17

Während dieser Schicksalsschläge beschäftigte sich List dennoch mit der Kritik am Schreibertum. 1814 verfasste er eine Schrift, die er anonym an den Innenmini- ster Württembergs schickte. In dieser, mit dem Titel “Reform der den Oberämtern subordinierten Amtsstellen“, beklagte List die Lethargie und Bestechlichkeit der Be- amten. Sie brachte, wie auch eine ähnliche Schrift, die er in seinem Namen an König Wilhelm I. schickte, keine wünschenswerten Veränderungen. In diesem Jahr gründe- te er seine erste Zeitschrift, die sein journalistisches Schaffen einläutete.18 Für seine ersten Schriften erntete List in den demokratisch orientierten, bürgerlichen und mo- dernen Kreisen Württembergs große Bewunderung. Zu seinen Bewunderern gehörte der einflussreiche Karl August Freiher von Wangenheim, der ab 1816 Leiter des Kul- turministeriums und Gesandter Württembergs im Bundestag in Frankfurt am Main war.19 Dieser wurde List ein Förderer und trug maßgeblich zu der Berufung Lists 1817 zum Professor für Staatsverwaltungspraxis und seiner Aufnahme als Lehrstuhl- inhaber an der Universität Tübingen bei.

2.2 Professor an der Universität Tübingen

Die von List geforderten Modernisierungen beinhalteten auch die Einrichtung einer Staatswissenschaftlichen Fakultät an der Universität Tübingen, die eine adäqua- te, moderne und damit umfassende Ausbildung für zukünftige obere Staatsbeamte gewährleisten sollte. List sah in der Installierung einer solchen Institution eine we- sentliche Bedingung dafür, dass das Königreich und damit seine Bürger auf die sich wandelnde politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Umwelt gerüstet ist und damit eine wesentliche Grundlage für eine wirtschaftliche und kulturelle Entwick- lung gelegt ist. Diese Entwicklung verstand List als allumfassend und die Gesellschaft durchdringend.20

Mit der Unterstützung seines Bekannten und Förderers Freiherr von Wangenheim wurde am 26. Oktober 1817 in Tübingen die erste Staatswissenschaftliche Fakultät Deutschlands gegründet. Das Studium beinhaltete die Fächer Verwaltung, Recht, Volkswirtschaft und Finanzwesen. Den Fachbereich Staatsverwaltungspraxis über- nahm Friedrich List. So begann List 1818 seine universitäre Laufbahn, die aber von Anfang an von Widrigkeiten geprägt war. Er hatte viele Neider, die seine Kompe- tenz als Lehrender in Frage stellten und ihn als Ministerknecht denunzierten.21 Mit dem Antreten der Professur wechselte sein Förderer Wangenheim nach Frankfurt am Main, hierdurch verlor List eine große Unterstützung. Seine Vorlesungen wur- den anfangs gut besucht, die Hörerzahl nahm dann aber sukzessive ab und endete bei der traurigen Hörerschaft von 8 Kommilitonen.22

Zur gleichen Zeit engagierte sich List in Frankfurt am Main als Bevollmächtigter vieler Kaufleute und Fabrikanten und verfasste eine Petition, in der er die Vorzüge des Ausbaus von Zöllen für die Einfuhr ausländischer Waren hervorhob und gleichzei- tig die Abschaffung der innerdeutschen Zoll- und Mautlinien forderte.23 Gleichzeitig initiierte List die Gründung des Allgemeinen Deutschen Handels- und Gewerbever- eins,24 deren Geschäftsführer er wurde.25 In diesem Zusammenhang erschien auch zum ersten Mal Lists Mitteilungsschrift “Das Organ“. Zeitlebens gab List nicht nur “Das Organ“ heraus, sondern verfasste viele Zeitschriften und Artikel. Seine publizi- stische Arbeit war ein Spiegelbild seines Charakters. Er war immer von seinen Ideen und deren notwendiger Wirkung überzeugt. Um seine Ideen zu artikulieren, setzte er alle ihm verfügbaren Mittel ein: Audienzen, Eingaben, Denkschriften, Flugblätter, Vereinsgründungen und nicht zuletzt seine Artikel und Zeitschriften. Seine Vorstel- lungen nahmen durchweg publizistischen Charakter an. Beteiligt war er an den Zeit- schriften: “Der Volksfreund aus Schwaben“, “Das Eisenbahnjournal“, “Das Zollver- einsblatt“, “Das National-Magazin“. Ebenso schrieb er viele Artikel in Zeitungen wie der “Neuen Stuttgarter Zeitung“, dem “Schwäbischen Merkur“, der “Deutschen Vierteljahreszeitung“, dem “Morgenblatt“ und der “Rheinischen Tageszeitung“.

Die von List verfasste Petition beklagte erstmals den miserablen unterentwickel- ten Zustand der deutschen Wirtschaft.26 Die Zollpolitik führte dazu, dass sich das wirtschaftliche Leben mit dem Handel meist auf die regionale Ebene beschränkte und so kein Waren-, Informations- und Kompetenztransfer möglich war, was wie- derum die geringe wirtschaftliche Entwicklung weiter abschwächte bzw. bremste. Darüber hinaus war es dem wirtschaftlich weiter entwickeltem Ausland möglich, sei- ne Waren in großer Stückzahl bei niedrigen Preisen nach Deutschland einzuführen, so dass daraus im Inland weitere Schließungen von Fabriken resultierten.27

Diese Petition führte letztlich zur Beendigung seiner Professur. König Wilhelm I. hatte ihn schon zuvor mehrmals gewarnt, sich nicht in einen fremden Staat einzumi- schen. Durch diese Petition unterlief List die Ansichten des Königs. Bevor dieser ihn entlassen konnte, trat List von der Stelle als Professor der Staatsverwaltungspraxis 1819 zurück.28

2.3 Der gesellschaftliche Abstieg, Flucht nach Frankreich

Da List sich permanent neben seiner Professur auf diversen Gebieten und in vielfältigster Art journalistisch engagierte und so zu einem beachtlichen Bekannt- heitsgrad und großem Beziehungsfundus gelangte, fehlte es ihm an Herausforderun- gen und Betätigungsmöglichkeiten nicht. So erarbeitete er viele weitere Schriften für den Gewerbeverein.

Im Jahre 1820 fanden in einem erneuten Versuch die Wahlen zum Württember- gischem Landtag statt.29 List war sehr engagiert, er hatte schon während seiner Pro- fessur einige Ideen seitens der neuen Württembergischen Verfassung festgehalten.30 Der Landtagswahl stellte sich auch List und konnte erfolgreich als Abgeordneter in den Landtag einziehen.

List trug Beschwerden seiner Wähler im Landtag gegen unrechte Behandlung durch königliche Beamte und vielerlei gesellschaftliche Mißstände in der sogenann- ten Reutlinger Petition vor.

[...]


1 Vgl. -Zeittafel- in Bülow (1959), S. 106-111.

2 Somit ordnete List Großbritannien in seiner Stufentheorie als einziges Land ein, welches die höchste Entwicklungstufe erreicht hat. Siehe hierzu Abschnitt 3.1.

3 Hochschule für Verkehrswesen (1989), S. 18-25.

4 Siehe hierzu Abschnitt 2.4.

5 Siehe hierzu Abschnitt 3.2.

6 Vgl. Stadt Reutlingen (1989), S. 172-178.

7 Die Theorie berücksichtigt hierbei nicht die Inflationsproblematik.

8 Siehe hierzu Abschnitt 3.1 und 3.3.

9 Dieser Notwendigkeit wird in der heutigen Makroökonomik wieder zunehmends Rechnung getragen durch z.B. dem Median-Voter-Modell.

10 Vgl. Wendler (1996), S. XIII.

11 Reutlingen war von Würtemberg und damit von Zollmauern umgeben, die dazu führten, dass Reutlingen als Handelsort eher abgeschnitten war.

12 Vgl. Rehbein/Fabiunke/Wehner (1989), S. 9.

13 Vgl. Bülow (1959), S. 9.

14 Vgl. Rehbein/Fabiunke/Wehner (1989), S. 10.

15 Vgl. Rehbein/Fabiunke/Wehner (1989), S. 11.

16 Vgl. Bülow (1959), S. 10.

17 Vgl. Stadt Reutlingen (1989), S. 17.

18 Vgl. Wendler (1996), S. XIII.

19 Vgl. Rehbein/Fabiunke/Wehner (1989), S. 12.

20 Vgl. hierzu Kapitel 2 und 5.

21 Vgl. Rehbein/Fabiunke/Wehner (1989), S. 13.

22 Vgl. Bülow (1959), S. 15.

23 Vgl. Rehbein/Fabiunke/Wehner (1989), S. 15.

24 Vgl. Bülow (1959), S. 20.

25 Vgl. Stadt Reutlingen (1989), S. 75.

26 Vgl. Forschepiepe (1938), S. XIII.

27 Vgl. hierzu Abschnnitt 4.2 über die Stufentheorie.

28 Vgl. Rehbein/Fabiunke/Wehner (1989), S. 14.

29 In diesem neu gebildeten Landtag wurde dann die erste frühkonstitutionell-parlamentarische Verfassung verabschiedet, die durchaus mit einem Vorbildcharakter deklariert werden kann. Zudem vgl. Stadt Reutlingen (1989), S. 84.

30 Vgl. Lenz (1967), S. 26-27.

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Der Nationalökonom Friedlich List- Ableitungen seiner Lehre für die Gegenwart
Hochschule
Christian-Albrechts-Universität Kiel  (Institut für Politische Wissenschaft)
Veranstaltung
Leitlinien Ökonomischen Denkens
Note
2,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
24
Katalognummer
V55670
ISBN (eBook)
9783638505598
Dateigröße
471 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Diese Arbeit legt ihren Schwerpunkt auf das Leben des Friedrich Lists, sein Werk und den Ableitungen für die Gegenwart.
Schlagworte
Nationalökonom, Friedlich, List-, Ableitungen, Lehre, Gegenwart, Leitlinien, Denkens
Arbeit zitieren
Fabian Paetzel (Autor:in), 2005, Der Nationalökonom Friedlich List- Ableitungen seiner Lehre für die Gegenwart, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/55670

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