Die ersten beiden Sprüche in Walters Reichston. Metrisch-strophische Analyse, Übersetzung, Interpretation


Seminararbeit, 2004

26 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Skandierung der sog. Reichs- und Weltklage

2. Analyse der äußeren Form des Reichstons

3. Übersetzung .

4. Textkritik ...

5. Der historische Kontext und Walthers Rolle

6. Interpretation
a) Die Parallelität in der inhaltliche Gliederung der Sprüche im Reichston
b) Das Bild des Denkers und des apokalyptischen Sehers
c) Die Gütertrias êre, guot, gotes hulde als Tugendsystem für den mittelalterlichen Menschen
d) Der Ordo-Gedanke in Walthers Reichston
e) Die „gestörte Straßenverkehrsordnung“
f) Walthers kunstvolle Verwendung von Stilmitteln im Zweiten Reichsspruch
g) Dativ oder Vokativ: Wer setzt Philipp den weisen auf?

Schlussbemerkung: Der Reichston – viel mehr als ein politisches Programm .

Literaturverzeichnis

Einleitung

Auf einer Miniatur der Großen Heidelberger Liederhandschrift, die in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts entstanden ist, kann man einen Mann erkennen, der auf einer Art Felsen sitzend ein Bein über das andere schlägt und auf das Knie des einen seinen Ellbogen stützt. Den leicht geneigten Kopf schmiegt er sanft in seine linke Handfläche. Sein Blick verliert sich im Nichts und bezeugt eine melancholische Ratlosigkeit, derer er in seiner meditativen Verharrung Herr zu werden versucht. Der Mann soll Walther von der Vogelweide darstellen oder besser gesagt das lyrische Ich des Reichstons, das beinahe zum Alter Ego des Autors geworden ist.

Der Reichston ist das vielleicht bekannteste Werk Walthers mannigfaltigen literarischen Schaffens, dessen erste Zeile ich saz ûf eime steine[1] auch Nichtgermanisten zitieren können. Hieran sieht man, dass Walthers Reichston längst zu einem kulturellen Gemeingut geworden ist und in der älteren deutschen Literatur vom Bekanntheitsgrad her absolut auf einem Niveau mit den großen Epen „Parzival“ und dem „Nibelungenlied“ angesiedelt werden kann. Warum? Auf der einen Seite ist Walther „traditionsbildend“[2], da er als erster „das Thema Politik in die Lyrik einführt“[3], wobei er sich gleichzeitig auf Personen und Ereignisse der Zeitgeschichte bezieht und dabei auch den Zustand der menschlichen Gesellschaft erörtert[4], was in exemplarischer Manier an eben diesem Reichston nachvollzogen werden kann. Auf der anderen Seite offenbart Walther gleichsam sein gesamtes literarisches Genie, indem er Topoi und Metaphoriken schafft, die greifbar und mystisch zugleich seit Jahrhunderten fesseln und so zu einem großen Lesevergnügen beitragen.

Denn der Reichston ist zwar einerseits auf eine bestimmte politische Situation zu beziehen, nämlich auf die Thronstreitigkeiten nach dem Tod Heinrichs VI., ist aber darüber hinaus ein Leitfaden, eine Tugendlehre, für ein gottgefälliges Leben, die für den mittelalterlichen Menschen weit über diese nur wenige Jahre dauernde politische Konstellation Bestand hatte und die uns dank ihrer eindrucksvollen Symbolik einen Einblick in das mittelalterliche Selbstverständnis gibt. Auf all dieses versuche ich im Interpretationsteil dieser Arbeit einzugehen, wohl wissend, dass ich im Rahmen dieser Abhandlung dem gesamten Themenkomplex kaum gerecht werden kann.

Diese Hausarbeit wird sich nur mit den ersten beiden Sprüchen des Reichstons befassen, auch wenn die drei Strophen[5] eigentlich eine Einheit darstellen; diese Auswahl bietet sich aber trotzdem an, da sich der erste und der zweite Spruch zeitlich näher stehen (um 1198) und auch inhaltlich eng miteinander verwoben sind, während der dritte Spruch mit einem terminus ante quem von 1201 fast drei Jahre nach den beiden anderen entstanden ist.

1. Skandierung[6] der sog. Reichs- und Weltklage[7]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

[...]


[1] Zitate aus dem mittelhochdeutschen Text werde ich kursiv drucken, um sie von den Zitaten, die ich aus der Sekundärliteratur übernommen habe, abzugrenzen.

[2] SCHOLZ, Manfred Günther: Walther von der Vogelweide. Stuttgart, Weimar 1999. S. 41.

[3] ebd.

[4] vgl. ebd.

[5] Ich werde in dieser Hausarbeit mehrfach die Begriffe „Strophe“ und „Spruch“ austauschen, da ich in der Sekundärliteratur auf beides gestoßen bin und dadurch auch mein Text stilistisch ansprechender wird.

[6] Zur Skandierung verwende ich die üblichen Zeichen. Am Ende einer Zeile bestimme ich die Kadenz mit den gewohnten Abkürzungen, lege das Reimschema und die Anzahl der Hebungen fest. Elisionen kennzeichne ich durch einen kleinen Punkt unter dem elidierten Vokal.

[7] CORMEAU, Christoph: Walther von der Vogelweide. Leich, Lieder, Sangsprüche. 14., völlig neu bearbeitete Auflage der Ausgabe Lachmanns mit Beiträgen von Thomas Bein und Horst Brunner. Berlin, New York 1996 Buch I S.11-13 ist die Textgrundlage für diese Hausarbeit.

[8] Das e in zesame könnte theoretisch elidiert werden, dann müsste man jedoch auf ein eine More setzen, was wiederum, da die erste Silbe von herze ebenfalls betont werden muss, einen Hebungsprall bewirken würde. Hierdurch würde sich jedoch der gesamte Rhythmus des Verses ändern, weshalb ich von dieser Variante absehe und das e unelidiert belasse.

[9] SCHWEIKLE gliedert in 22 Reimpaarverse und setzt am Ende ebenfalls drei Vierheber als Waisenterzine axa. Ich habe mich für den Achtheber entschieden, da wir so erstens 24 Verse haben, was ein Vielfaches der heiligen Zahl 12 darstellt und so in Walthers Strukturkonstruktion (vgl. Form) passen würde.

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Die ersten beiden Sprüche in Walters Reichston. Metrisch-strophische Analyse, Übersetzung, Interpretation
Hochschule
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
Veranstaltung
PS Walther von der Vogelweide
Note
2,0
Autor
Jahr
2004
Seiten
26
Katalognummer
V55663
ISBN (eBook)
9783638505529
ISBN (Buch)
9783656810612
Dateigröße
597 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Sprüche, Walters, Reichston, Metrisch-strophische, Analyse, Interpretation, Walther, Vogelweide
Arbeit zitieren
Timo Effler (Autor:in), 2004, Die ersten beiden Sprüche in Walters Reichston. Metrisch-strophische Analyse, Übersetzung, Interpretation, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/55663

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