Die Wagniskapitalbeteiligung in der IFRS-Bilanz


Seminararbeit, 2005

21 Seiten, Note: 2,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Neue Chancen für Wagniskapitalbeteiligungen mit IFRS

2. Die Wagniskapitalbeteiligung – ein Überblick
2.1. Begriffsbestimmung
2.2. Zeitlicher Ablauf einer Wagniskapitalbeteiligung
2.3. Desinvestition einer Wagniskapitalbeteiligung
2.4. Inhärente Probleme der Wagniskapitalfinanzierung

3. Die Wagniskapitalbeteiligung in der IFRS-Bilanz
3.1. Anwendung des International Accounting Standard (IAS)
„Finanzinstrumente: Ansatz und Bewertung“
3.2. „Erst klassifizieren...“ – Ansatz dem Grunde nach
3.3. „...dann bewerten“ – Ansatz der Höhe nach
3.3.1. Erstbewertung einer Wagniskapitalbeteiligung
3.3.2. Folgebewertung einer Wagniskapitalbeteiligung
3.3.3. Wertberichtigungen
3.4. Ausbuchung einer Wagniskapitalbeteiligung

4. Die Bewertungsproblematik des „fair value“- Ansatzes in IAS 39
4.1. Begriff des „fair value“
4.2. Schwierigkeiten der Bewertung von Wagniskapitalbeteiligungen
nach „fair value“
4.3. Auswirkung auf ausgewählte Qualitätsprinzipien der IFRS
„Verlässlichkeit“ und „Entscheidungsrelevanz“

5. Zusammenfassung und Ausblick

Literaturverzeichnis

Verzeichnis der verwendeten Gesetze

1. Neue Chancen für Wagniskapitalbeteiligungen mit IFRS

Die Form der Wagniskapitalbeteiligung wird in Deutschland seit den 70-er Jahren als wachstumsförderndes Finanzierungsinstrument für junge kapitalsuchende Unternehmen gepriesen. Während der Wagniskapitalmarkt sich in Ländern wie den USA oder England kräftig entwickelt, suchen deutsche Kapitalbeteiligungsgesellschaften mühsam nach neuen Kapitalquellen sowie „risikofreudigeren“ Desinvestitionskanälen, wie z. B. der amerikanischen Börse. Um ausländische Investoren anzusprechen, sowie um neue Wachstumsfelder im Ausland zu erschließen, benötigen solche Gesellschaften u.a. einen international anerkannten Bilanzierungs- und Bewertungsrahmen für ihre Portfolio-Unternehmen.1

Diesen Rahmen will die Europäische Union setzen, indem in allen Mitgliedsländern ab dem 1. 1. 2005 kapitalmarktorientierte Unternehmen ihre Konzernabschlüsse nach den Rechnungslegungsvorschriften der International Financial Reporting Standards (IFRS) tätigen müssen.

Es stellt sich nun die Frage, inwiefern IFRS dem Finanzinstrument Wagniskapitalbeteiligung neue Chancen eröffnet, da Kritiker der IFRS Komplexität und in der Praxis schwer fassbare Bewertungsprobleme vorwerfen.2

Mit Bezug auf die Problemstellung wird in der vorliegenden Arbeit auf die Bilanzierung von Wagniskapitalbeteiligungen nach IFRS eingegangen. Im zweiten Kapitel werden die Finanzierungsmethode Wagniskapitalbeteiligung und damit zusammenhängende Aspekte vorgestellt. Das dritte Kapitel befasst sich mit der Bilanzierung von Wagniskapital nach IAS 39 „Finanzinstrumente: Ansatz und Bewertung“ (Revision 2003 inkl. Änderungen 2004). Schwerpunkt des vierten Kapitels ist die Bewertungsproblematik des beizulegenden Zeitwertes bzw. „fair value“-Ansatzes im Rahmen von IAS 39.3 Zum Abschluss werden im fünften Kapitel die Ergebnisse dieser Arbeit zusammengefasst und ein Fazit gezogen.

2. Die Wagniskapitalbeteiligung – ein Überblick

2.1. Begriffsbestimmung

Das Finanzinstrument Wagniskapitalbeteiligung (anglo-amerikanisch als Venture Capital bezeichnet) wie es im heutigen Sinne verstanden wird, entstand Mitte des letzten Jahrhunderts als Organisationsform in den USA. Von dort aus breitete es sich nach Europa aus und fand in den 70-er Jahren auch Einzug auf dem deutschen Kapitalmarkt.4 Betrachtet man die wissenschaftliche Literatur, lässt sich feststellen, daß je nach betrachtetem Aspekt wie Sprachraum oder Organisationsform ein recht heterogenes Begriffsverständnis herrscht.5

Der Zweck einer Wagniskapitalbeteiligung ist die Finanzierung von meistens neu gegründeten, nicht börsennotierten Unternehmen, sog. Start-Ups mit innovativen Geschäftsideen, aber auch schon länger bestehenden Unternehmen mit Expansionszielen.6 Prinzipiell handelt es sich um ein eigenkapitalbezogenes Finanzinstrument, welches sich durch folgende Merkmale auszeichnet:

Die Finanzierung erfolgt mit vollhaftendem Eigenkapital, z. B. in der Form der stillen Beteiligung, oder durch Erwerb von GmbH-Anteilen. Dadurch entstehen dem Portfolio-Unternehmen einerseits keine laufenden Liquiditätsbelastungen wie bei der Zinsbedienung von Fremdkapital, andererseits lassen sich Eigenkapitalanteile in der Desinvestitionsphase leichter verwerten. Der Gewinn der VC-Gesellschaft realisiert sich dann durch Verkauf des gestiegenen Beteiligungswertes. Die Beteiligung ist zeitlich befristet und umfasst idealtypisch einen Zeitraum von 5 bis 10 Jahren. In der Regel wird eine Minderheitenbeteiligung erworben. Die Gründe hierfür sind vielfältig, um z. B. den Anschein einer Unternehmensabhängigkeit zu vermeiden. Oft werden aber auch psychologische Aspekte gegenüber dem Eigentümer des Portfolio-Unternehmens angeführt.

Trotzdem werden zwischen VC-Gesellschaft und Portfolio-Unternehmen vertraglich Kontroll- und Mitspracherechte im Falle von strategischen Entscheidungen und bei der Verwendung des eingeflossenen Kapitals vereinbart.

Als zusätzliche Leistung bietet die VC-Gesellschaft Management- und Beratungsfunktionen an. Dieses soll die Wertsteigerung der Beteiligung unterstützen, aber auch eine Risikominimierung sicherstellen.7

2.2. Zeitlicher Ablauf einer Wagniskapitalbeteiligung

Die Wagniskapitalbeteiligung lässt sich zeitlich in drei Hauptphasen unterteilen, nämlich Früh-, Expansions- und Desinvestitionsphase.8

Die Frühphase umfasst den Finanzierungszeitraum von der Erstellung des Geschäftsplanes (des Portfolio-Unternehmens) bis zur Unternehmensgründung und Produktionsaufnahme sowie Vermarktung der Innovation. Zentrale Gegenstände sind hier der Geschäftsplan des Portfolio-Unternehmens in der Funktion als Informationsinstrument für unternehmensexterne Personen und der Finanzierungsvertrag.9 In der Expansionsphase deckt zusätzliches Kapital das weitere Unternehmenswachstum, z. B. bei steigenden Produktionskapazitäten oder dem Ausbau von Absatzkanälen. Die letzte Phase beschreibt die Vorbereitung und Verwirklichung der Desinvestition, d. h. die VC-Gesellschaft veräußert ihren Anteil und löst in der Regel das Vertragsverhältnis mit dem Portfolio-Unternehmen.

2.3. Desinvestition einer Wagniskapitalbeteiligung

Grundsätzlich stehen einer VC-Gesellschaft fünf Desinvestitionsalternativen, auch Exit-Strategien genannt, zur Verfügung.10

Beim sog. „Going Public“ (auch „Initial Public Offering“ (IPO) genannt) wird das Portfolio-Unternehmen durch Umwandlung in eine Aktiengesellschaft börsenfähig gemacht. Im Rahmen einer öffentlichen Emission kann die gehaltene

Beteiligung auf dem Kapitalmarkt als Ganzes oder schrittweise verkauft werden. Von Vorteil ist hier, daß eine Bewertung durch einen aktiven Markt erfolgt.11

Unter „Buy Back“ versteht man den Rückkauf der Anteile durch den Unternehmensgründer. Im Falle eines „Trade Sale“ und „Secondary Purchase“ verkauft die VC-Gesellschaft ihre Beteiligung an ein industrielles Unternehmen bzw. an eine andere Kapitalbeteiligungsgesellschaft. Gemeinsames Merkmal der drei zuletzt genannten Alternativen ist, daß kein Marktpreis existiert und die Preisfindung erheblich von einer genauen Unternehmensbewertung12 und den ursprünglichen vertraglichen Regelungen zwischen VC-Gesellschaft und Portfolio-Unternehmen abhängt.

Als letzte, und sicherlich unerwünschte, Desinvestitionsmöglichkeit ist die „Liquidation“ zu nennen, welche praktisch auf einen Verlust des eingesetzten Kapitals hinausläuft.13 Da es sich in diesem Fall um einen eher ungeplanten, im Falle der Insolvenz sogar um einen erzwungenen Ausstieg handelt, ist hervorzuheben, daß der VC-Gesellschaft eine Anteilsbewertung durch weitere externe Faktoren erschwert, wenn nicht sogar entzogen wird.14

2.4. Inhärente Probleme der Wagniskapitalfinanzierung

Grundsätzlich können zwei Problemfelder der Wagniskapitalfinanzierung aufgezeigt werden, die sowohl auf die geschäftliche Handhabung als auch auf den bilanziellen Ansatz einen Einfluss haben.

Zum einen ist die Informationsasymmetrie mit ihren Ausprägungen des Identifikations- und Anreizproblem zu sehen, je nachdem ob sich VC-Gesellschaft und Portfolio-Unternehmen vor bzw. nach Vertragsabschluß befinden.15

Das Identifikationsproblem bezeichnet die Situation, in der das Portfolio-Unternehmen wichtige Kenntnisse bzgl. der Unternehmenslage der VC-Gesellschaft vorenthält und diesen spezifischen Informationsvorsprung nutzt,

um Letztere zu einem ungünstigen Vertragsabschluß zu bewegen statt weiter nach vorteilhafteren Investitionsalternativen zu suchen. Das Anreizproblem entsteht im Fall einer asymmetrischen Informationsverteilung nach Vertragsabschluss. Nach erfolgter Kapitalüberlassung nutzt die Führung des Portfolio-Unternehmens ihren Informationsvorsprung, um Entscheidungen zu treffen und Handlungen durchzuführen, die nicht den Gesamtwert des Unternehmens erhöhen sondern nur den eigenen Anteil maximieren.16

[...]


1 Vgl. Majunke (2005), S. 145 f.

2 Vgl. Heintges/Härle (2005), S. 173.

3 Mögliche Lösungen zur Bewertungsproblematik werden nicht betrachtet, da sie zu speziell sind,

um ihnen hier ausreichend Raum zu geben. Es werden aber an entsprechender Stelle
weiterführende Literaturhinweise aufgezeigt.

4 Vgl. Räbel (1986), S. 10 – 18 für eine Übersicht der historischen Entwicklung von Kapital-

beteiligungen vom Altertum bis zur Neuzeit.

5 Vgl. Räbel (1986), S. 20 – 29, Schefczyk (1998), S. 15 – 24 mit weiterführenden
Literaturangaben. Aus Verständnisgründen werden hier die in der Literatur üblichen Termini
verwendet, d.h. der Kapitalgeber wird als Venture Capital (VC) - Gesellschaft und der
Kapitalnehmer als Portfolio-Unternehmen bezeichnet.

6 Vgl. Räbel (1986), S. 44 – 47, Hartmann-Wendels (1987), S.16 mit Fokus auf Neugründungen.

7 Vgl. Räbel (1986), S. 30 – 33, Schefczyk (1998), S. 18 – 19. Vgl. Göppl (1993), S. 4637 – 4638
für eine engere Begriffsbestimmung als Finanzprodukt mit unterschiedlichen Leistungspaketen.

8 Vgl. Räbel (1986), S. 105 ff., Schefczyk 1998, S. 35 – 37.Praxis und Literatur unterteilen diese
drei Hauptphasen in weitere Abschnitte. Dabei werden auch im deutschen Sprachgebrauch die
anglo-amerikanischen Begriffe genutzt.

9 Vgl. Räbel (1986), S. 92, Weimerskirch (1999), S. 21.

10 Vgl. Räbel (1986), S. 117 – 133, Schefczyk (1998), S. 43 – 45.

11 Vgl. Räbel (1986), S. 117. Vgl. Majunke (2005), S. 145, obwohl die beliebteste Exit-Strategie,
haben entsprechende Börsengänge in 2004 kaum stattgefunden.

12 Vgl. Matschke (1972), S. 147 zu den Anlässen einer Unternehmensbewertung.

13 Vgl. Schefczyk (1998), S. 43 f., Göppl (1993), S. 4645.

14 Vgl. Prester (2002), S. 117 und 119f.

15 Vgl. Weimerskirch (1999), S24 f., die beiden Ausprägungen sind in der Fachliteratur auch als
„Adverse selection“ und „Moral hazard“ bekannt.

16 Vgl. Weimerskirch (1999), S. 65 ff. mit weiteren Ausführungen zur oben geschilderten Agency-

Theorie und Unterteilungen des Identifikations- und Anreizproblems sowie Lösungsansätzen.

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Die Wagniskapitalbeteiligung in der IFRS-Bilanz
Hochschule
FernUniversität Hagen  (Fachbereich Wirtschaftswissenschaft)
Note
2,7
Autor
Jahr
2005
Seiten
21
Katalognummer
V55583
ISBN (eBook)
9783638504904
ISBN (Buch)
9783640861378
Dateigröße
470 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Wagniskapitalbeteiligung, IFRS-Bilanz
Arbeit zitieren
Diplom-Kaufmann Adrian Craiu (Autor:in), 2005, Die Wagniskapitalbeteiligung in der IFRS-Bilanz, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/55583

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