Die Bedeutung der spirituellen Dimension im schulischen Erziehungsauftrag


Hausarbeit, 2006

34 Seiten, Note: 2,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1.0 Spiritualität in Gesellschaft und Schule

2.0 Begrifflichkeiten und Grundlagen
2.1 Spiritualität 2, 3
2.1.1 Anmerkung zur Begriffsdefinition der Spiritualität
2.2 Erziehung
2.3 Erziehungsgrundsätze des Landes NRW
2.4 Zusammenfassung

3.0 Die Bedingung Mensch
3.1 (Früh)kindliche Prägungen
3.2 Der “innere Richter“
3.3 Essenz
3.4 Der innere Richter im Klassenzimmer
3.5 Der innere Richter im Erziehungsauftrag

4.0 Bezüge zur Unterrichtspraxis
4.1 Fallbeispiel 1
4.2 Reflektion des Fallbeispiels 1
4.3 Fallbeispiel 2
4.4 Reflektion des Fallbeispiel 2

5.0 Erziehung und Spiritualität
5.1 Grenzsetzung
5.2 Bezüge zur Essenz und Abgrenzung zur traditionellen Psychologie
5.3 Reflektion und Umsetzung

6.0 Schlussbemerkung

Quellenverzeichnis:

1.0 Spiritualität in Gesellschaft und Schule

Oft sind es Krisenzeiten, schwere Krankheiten oder gar der nahe Tod, in denen Menschen beginnen ihr bisheriges Leben in Frage zu stellen und nach ganz neuen Antworten suchen. Es wächst die Offenheit und Bereitschaft, alte Bahnen zu verlassen. In der Hoffnung auf Hilfe sind es oft Spezialisten, die der Einzelne aufsucht. Manchmal begegnet er aber auch, ganz auf sich alleine gestellt, einem Gefühl der Ohnmacht und der Ausweglosigkeit. An diesem Punkt können Fragen nach dem Sinn des Lebens, der Religiosität oder Spiritualität, wieder bedeutungsvoll werden.

In einer Zeit, geprägt durch marktwirtschaftlichen Wettbewerb und der Glorifizierung von Durchsetzungskraft und Beherrschbarkeit von Prozessen, sicherlich kein populärer Weg. So erscheint dieser Weg doch eher für denjenigen, der aufgrund nachlassender Kräfte, im Spiel der Starken keinen Platz mehr findet.

Von vielen wird Spiritualität aber auch als abgehoben oder weltfremd empfunden. Als ein Bereich, der mit der Bewältigung des realen Lebens in Familie, Schule, Beruf und Freizeit nichts zu tun hat.

Demgegenüber zeichnet sich eine stark wachsende Gegenströmung ab, die jenseits wissen-schaftlicher Beweisbarkeit nach Antworten sucht.

Der gerade zu Ende gegangene Weltjugendtag in Köln, die Wellness-, Esoterik-, und New Age-Bewegung oder die Gründung nicht-konfessioneller Glaubensgemeinschaften zeugen von dieser Strömung.

Einer US-Studie[1] zufolge, entwickelt sich in den USA seit ca. 10 Jahren eine neue Bevölkerungs- gruppe, die sog. „Kulturell Kreativen“ mit bereits 29 % Anteil an der Bevölkerung und großen Zuwachsraten. Die Haltung ihrer Mitglieder ist gekennzeichnet von Interesse an spiritueller und ökologischer Lebensweise, Wertschätzung von Beziehungsarbeit und engagierter Anteilnahme an der Welt. Der Einzelne empfindet sich in seinem Denken allerdings oft als Außenseiter und isoliert sich mit seinen Gedanken Anderen gegenüber.

Aber auch die Wirtschaft öffnet sich in zunehmendem Maß spirituellen Inhalten. Kongresse mit Themen wie “Die spirituelle Dimension im wirtschaftlichen Handeln“, “Integrale Führung im Management“ oder “Wenn Bosse beten lernen“, mobilisieren mittlerweile große Besucherzahlen.

Nicht zuletzt aber auch die Wissenschaft, die spirituellen Gedanken im Ansatz konträr gegenübersteht, rüttelt an ihrem ureigensten Fundament, wenn sie bspw. in der Quantenmechanik an die Grenzen der wissenschaftlichen Beweisbarkeit stößt und vom Raum der Möglichkeiten spricht.

In der schulpädagogischen Fachliteratur hat der Begriff der Spiritualität bisher keinen nennens-werten Einzug gefunden. Eine Verknüpfung von Spiritualität und Schule scheint sich auf den ersten Blick ganz auf den Religionsunterricht und damit der Religionspädagogik zu beschränken.

Im Zuge des PISA-Schocks richten sich die Augen der deutschen Schule auf die erfolgreichen Skandinavischen Länder, die bereits vor 10 Jahren richtungsweisende Maßnahmen im Zuge des sozialen Wandels eingeleitet haben. “Kinder niemals beschämen“ oder “Auf die Haltung kommt es an“, sind Leitsätze der finnischen und schwedischen Schulen. Die Entwicklung sozialer Kompetenzen sind dort eine wichtige Basis für selbstständige und differenzierte Lernformen.

Kann spirituelles Leben für die Entwicklung sozialer Kompetenzen und damit für den Erziehungsauftrag von Bedeutung sein?

Kann dieser kontrovers diskutierte Begriff in Worte gefasst und damit griffiger werden? Wenn ja, welche Konsequenzen für den schulischen Erziehungsauftrag könnten daraus abgeleitet werden?

Ich möchte mich mit dieser Arbeit dem Wagnis stellen, auf diese schwierigen Fragen Antworten zu geben und damit einen kleinen Beitrag dazu leisten, Spiritualität auf den Boden alltäglicher Bezüge zu stellen.

Die in der Arbeit angesprochenen Lehrerfunktionen sind erziehen, innovieren und beraten.

2.0 Begrifflichkeiten und Grundlagen

Als Einstieg auf die Frage, ob Spiritualität für den schulischen Erziehungsauftrag von Bedeutung sein kann, möchte ich im Folgenden eine Auswahl an Definitionen aus der Literatur bzw. den Schul- und Bildungsgesetzen des Landes Nordrhein-Westfalen geben.

2.1 Spiritualität 2, 3

„Der Begriff Spiritualität bezeichnet weniger die subjektive Haltung der Religiosität, als eine vom Glauben getragene und grundsätzlich die gesamte menschliche Existenz unter den konkreten Lebensbedingungen prägende, geistige Orientierung und Lebensform.

Dieser unspezifischen Definition entsprechen die zahlreichen, sehr unterschiedlichen Formen von Spiritualität: abendländisch-christliche, jüdische, fernöstliche Spiritualität u.v.m. Dabei berufen sich die einzelnen religiösen oder weltanschaulichen Bewegungen auf eine jeweils unterschiedlich geartete Spiritualität, so z. B. die charismatischen Bewegungen, verschiedene neue Religionen, die Esoterik, die New-Age-Bewegung und psychologisch orientierte Richtungen. Betont wird u. a. die Bedeutung der Spiritualität als Alternative oder Korrektiv zur vorherrschenden materialistisch-mechanistischen Weltsicht.

Die aus dem Christentum stammende mittelalterliche Wortbildung “spiritualitas“ meint ursprüng-lich Geistigkeit, also das “innere geistige Wesen“ im Gegensatz zur Materialität, und zielt damit auf das christliche Leben im eigentlichen, geistlichen (lateinisch spiritualis) Sinne, das als Leben aus und in dem Geist Gottes (Röm. 8, 15; Joh. 3, 8) verstanden wird.“[2]

„Spiritualität bedeutet Leben aus dem Geist. Damit sind sowohl die innerste Gottesbeziehung, eine bewusste subjektive Haltung gegenüber dem im Menschen gegenwärtigen heiligen Geist, als auch die den Mitmenschen zugewandte Glaubenspraxis gemeint.“[3]

2.1.1 Anmerkung zur Begriffsdefinition der Spiritualität

Bei einem abstrakten Begriff, wie dem der Spiritualität, fällt es sicherlich schwer, klare und ein-deutige Definitionen zu finden. Abstrakte Begriffe wie “innere geistige Wesen“ oder “heiliger Geist“ verlangen ihrerseits wieder nach Definitionen. Die Grenzen der Definierbarkeit werden hier sicherlich herausgefordert.

Klar und verständlich herausgestellt sind die Abgrenzung “zur vorherrschenden materialistischen Weltsicht“ und die Existenz unterschiedlich gearteter Spiritualität(en), entsprechend den jeweiligen “religiösen oder weltanschaulichen Bewegungen.“

Demgegenüber stellen viele spirituelle Schulen (insbesondere in fernöstlichen Ländern) und Vertreter religiöser Bewegungen seit jeher das Verbindende zwischen den verschiedenen Religionen heraus und betonen eine “gemeinsame Essenz“ im spirituellen Tun.

Jede Religion oder auch frei gewählte Glaubenspraxis besitzt einen sog. exotterischen und einen esoterischen Anteil. Mit anderen Worten, einen formalen und einen inhaltlichen Aspekt. Der Inhalt bzw. das Ziel ist dabei immer das Gleiche: Ein “Höchstes Letztes“ das mit Worten nur unzu-reichend beschrieben werden kann und vielmehr nur in der unmittelbaren, persönlichen Erfahrung zum Ausdruck kommt. Die Form oder der Weg (exotterischer Aspekt) auf dem dieses Ziel erreicht werden kann, ist dabei aber sehr unterschiedlich. Hierin liegt die große Zahl der unterschiedlichen spirituellen Wege und Religionen begründet.

2.2 Erziehung

„Erziehung meint die Unterstützung und Förderung des heranwachsenden Menschen, die ihn in seiner geistigen und charakterlichen Entwicklung befähigen soll, sich sozial zu verhalten und als selbstständiger Mensch eigenverantwortlich zu handeln. Dazu gehört die Vermittlung von bestimmten Maßstäben, gesellschaftlichen Übereinkommen, Normen und Werten. Der zu Erziehende soll die Verhaltenserwartungen (das heißt Normen oder Erziehungsziele) seiner sozialen Umwelt kennen, beurteilen, gegebenenfalls als begründet anerkennen und erfüllen lernen.

Erziehung ist in erster Linie von einer Beziehung zwischen mindestens zwei Menschen geprägt.

Die Erziehungswissenschaft versteht unter Erziehung alle Maßnahmen, mit denen Erwachsene auf Heranwachsende einwirken, um gewünschte oder angestrebte Verhaltensweisen und Lernfort-schritte zu erzielen. Erzwungene Anpassung führt zu Autoritätsgebundenheit oder blinder Protest-haltung. Erziehung in modernem Verständnis meint einfühlende Begleitung.“[4]

“Erziehung zielt auf die zielbezogene Veränderung von Verhaltensweisen und damit psychischen Disposition von Menschen. Mittels verschiedenster sozialer Handlungen versuchen Erzieher so auf die zu erziehende Person einzuwirken, so dass diese entweder ihr Verhalten beseitigt, verbessert oder beibehält.“[5]

2.3 Erziehungsgrundsätze des Landes NRW

Der schulische Erziehungsauftrag ist maßgeblich durch die BASS (Schul- und Bildungsgesetze des Landes NRW) vorgegeben. Relevante Passagen werden hier kurz vorgestellt:[6]

§1 Aufgabe und Gestaltung des Schulwesens

(1) Schulen sind Stätten der Erziehung und des Unterrichts
(2) Ehrfurcht vor Gott, Achtung vor der Würde des Menschen und Bereitschaft zum sozialen Handeln zu wecken, ist vornehmstes Ziel der Erziehung. Die Jugend soll erzogen werden im Geiste der Menschlichkeit, der Demokratie und der Freiheit, zur Duldsamkeit und zur Achtung vor der Überzeugung des anderen, zur Verantwortung für die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen, in Liebe zu Volk und Heimat, zur Völkergemeinschaft und Friedensgesinnung (Art. 7 LV)
(3) Die Schule hat die Aufgabe, die Jugend auf der Grundlage des abendländischen Kulturgutes und deutschen Bildungserbes in lebendiger Beziehung zu der wirtschaftlichen und sozialen Wirklichkeit sittlich, geistig und körperlich zu bilden und ihr das für Leben und Arbeit erforderliche Wissen und Können zu vermitteln
(4) Die Jugend soll fähig und bereit werden, sich im Dienste an der Gemeinschaft, in Familie und Beruf, in Volk und Staat zu bewähren. Unterricht und Gemeinschaftsleben der Schule sind so zu gestalten, dass sie zu tätiger und verständnisvoller Anteilnahme am öffentlichen Leben vorbereiten
(6) In Erziehung und Unterricht ist Offenheit und Toleranz gegenüber den unterschiedlichen religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen und Wertvorstellungen zu wahren und alles zu vermeiden, was die Empfindungen Andersdenkender verletzen könnte
(7) Erzieher kann nur sein, wer in diesem Geiste sein Amt ausübt.

§13 Erzieherische Einwirkung

(1) Die Anwendung von Ordnungsmaßnahmen kommt erst in Betracht, wenn andere erzieherische Einwirkungen nicht ausreichen (§ 26 a Abs. 2 Satz 1 SchVG). Vor einer Anwendung von Ordnungsmaßnahmen soll die Schule durch erzieherische Einwirkung der Schülerin oder dem Schüler das Fehlverhalten einsichtig machen und auf eine Verhaltensänderung hinwirken
(2) Unter Berücksichtigung erzieherischer Grundsätze soll die Lehrerin oder der Lehrer in eigener Verantwortung das Erziehungsmittel wählen, welches der jeweiligen Situation, sowie dem Alter und der Persönlichkeit der Schülerin oder des Schülers am ehesten gerecht wird
(3) Zu den erzieherischen Einwirkungen gehören insbesondere das erzieherische Gespräch, die Ermahnung, Gruppengespräche mit Schülerinnen, Schülern und Eltern, die mündliche oder schriftliche Missbilligung des Fehlverhaltens, der Ausschluss von der laufenden Unterrichtsstunde, die Nacharbeit unter Aufsicht nach vorheriger Benachrichtigung der Erziehungsberechtigten, die zeitweise Wegnahme von Gegenständen, Maßnahmen mit dem Ziel der Wiedergutmachung angerichteten Schadens und die Beauftragung mit Aufgaben, die geeignet sind, das Fehlverhalten zu verdeutlichen. Bei wiederholtem Fehlverhalten soll eine schriftliche Information der Erziehungs-berechtigten erfolgen, damit die erzieherische Einwirkung der Schule vom Elternhaus unterstützt werden kann
(4) Bei besonders häufigem Fehlverhalten einer Schülerin oder eines Schülers oder gemeinschaft-lichem Fehlverhalten der Klasse oder Lerngruppe soll den Ursachen für das Fehlverhalten in besonderer Weise nachgegangen werden.

2.4 Zusammenfassung

Das Land Nordrhein-Westfalen stellt den Erziehungsauftrag in ihrem Schulgesetzbuch (BASS) an oberste Stelle:

„Schulen sind Stätten der Erziehung und des Unterrichts“

Sie betont, ähnlich dem Deutschen Grundgesetz, die Achtung vor der Würde des Menschen, Menschlichkeit und Offenheit und Toleranz gegenüber Andersdenkenden und Erfurcht vor Gott. Statt eigennützlichem Handeln soll der Dienst an der Gemeinschaft und dem Mitmenschen im Vordergrund stehen. Entscheidungen sollen sittlich begründet sein und aus Liebe zum Volk und Heimat getroffen werden.

Maßnahmen bei Nichterfüllung der Grundsätze erfolgen gestaffelt. Erzieherische Einwirkung hat Vorrang vor Ordnungsmaßnahmen oder anders ausgedrückt, “weiche“ und frühzeitige Maßnahmen, die auf Bewusstmachung und Einsicht des Schülers ausgerichtet sind, kommen vor der Anwendung von erzieherischer Maßnahmen.

3.0 Die Bedingung Mensch

3.1 (Früh)kindliche Prägungen

Eine Untersuchung des emotional-spirituellen Vermögens des Menschen ist meines Erachtens nicht möglich, ohne die Strukturen (früh)kindlicher Prägungen genauer zu betrachten.

Selbstverständlich sind diese von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Trotzdem findet sich dahinter ein allgemeingültiges Muster, das, wenn auch individuell gefärbt, allen Menschen gemein ist: Eine Art Urmuster, das den Mensch vom Tier unterscheidet und in vielen religiösen Aufzeichnungen (bspw. dem “Sündenfall“ im Alten Testament) Niederschlag findet. Im Kern jeder religiösen Bewegung geht es ja gerade um die Auflösung dieses Dilemmas, dieses Urmusters (religare = lat. Rückbindung).

Wenn ein Baby auf die Welt kommt, dann ist es praktisch ganz Essenz, reines Sein. Essenz ist ein Zustand von reinem Bewusstsein, von Vollständigkeit, ohne die Fähigkeit zur Differenzierung oder zur Reflektion. Eine Zustand der nur im gegenwärtigen Moment erfahrbar ist. Das Baby befindet sich in einem Zustand der “Verschmelzung“, der absoluten Hingabe, der ungebrochenen Liebe, insbesondere zur Mutter. Jeder Mangel (Hunger, Wärme, Schmerz, u.a.) wird sofort und unmittel-bar ausgedrückt. Es ist ein Zustand des einfachen Seins und nicht des Denkens eines Erwachsenen. Ein Baby “überlegt“ nicht, ob die Mutter bereit ist, den Mangel zu beheben. Es schreit einfach und nimmt wahr, wenn ein Mangel behoben ist.

Wird ein Mangel nicht behoben, so erfährt das Baby oder Kleinkind Unvollständigkeit. Beim Heranwachsen des Kindes ergeben sich viele weitere Interaktionen und Erfahrungen mit der Umwelt und insbesondere mit den Eltern. Diese Interaktionen kann das Kind als Nichterfüllung von, für ihn, selbstverständlichen Bedürfnissen erleben. Schreit es, so agiert es nicht aus “bösem Willen“, sondern aus einem Wunsch nach Bedürfnisbefriedigung. Das Kind kennt nur den Zustand der ungebrochenen Liebe und unternimmt alles, um diesen aufrecht zu erhalten. Es erlebt sich im frühen Stadium noch nicht als getrennt von der Mutter. Die Dualität, die Ich-Du Beziehung ist noch nicht ausgeprägt.

Aufgrund dieser Abhängigkeit und Verschmelzung mit der Mutter, wird das Kind jedes Mangel-erlebnis immer auf sich selbst beziehen. Es erfährt sich als: “Ich bin nicht gut, so wie ich bin.“ Um die Liebe der Mutter zurück zu gewinnen und die Verschmelzung mit der Mutter wieder herzu-stellen, wird es versuchen ein anderes, neues Verhalten zu erlernen solange, bis der Mutterkontakt wiederhergestellt ist.

Dieses neue Verhalten geht einher mit neuen Wertvorstellungen von sich selbst “Ich bin gut und wertvoll, wenn ich das und jenes tue.“ Im Laufe der Zeit identifiziert sich das Kind mit diesen neuen, von Vater und Mutter (später auch von Gesellschaft) gelernten Werten und hält sie für seine wahre Identität, seine wahre Persönlichkeit: “Ich bin der, der das immer so und so macht.“ Mit diesem neuen Verhalten schützt sich das Kind von nun an vor erneutem Kontaktabbruch zur Mutter.

Diese Werte führen beim heranwachsenden Kind zu ganz persönlichen Grundüberzeugungen und Standpunkten zu sich selbst und zu seiner Umwelt bzw. Gesellschaft. Der Erwachsene vertritt nun ganz bestimmte Überzeugungen wie bspw.: “Das muss genau so aussehen!“ oder “Das ist so absolut falsch!“ usw.

Die so entstandene Persönlichkeitsstruktur bzw. persönlichen Muster nimmt nun mehr und mehr stellvertretend den Platz der ursprünglich vorhandenen essenziellen Qualität ein. Das Ego oder das Gefühl der Ich-Identität nimmt die Stelle von Essenz ein.

Während das Kind heranwächst, werden diese Identifikationen, Erfahrungen und Vorstellungen als seine Persönlichkeit verfestigt und strukturiert. Das Kind, und später der Erwachsene, hält und verteidigt diese Struktur nun als sein wahres Selbst.

Nach ein paar Jahren ist der essenzielle Urzustand einfach vergessen. Viele Religionen sprechen von dem göttlichen Aspekt in jedem Menschen, der vergessen, aber nicht wirklich verloren ist. Auch der Begriff der Entwicklung (vgl. Abb.1, S. 11) zeugt davon. Ein „Etwas“, das nie verloren ging, soll wieder entdeckt bzw. wieder ent-“wickelt“ werden.

Da die meisten Eltern und Lehrer mit ihrer Persönlichkeit und nicht mit ihrer Essenz identifiziert sind, erkennen oder ermutigen sie die Essenz des Kindes nicht. Sie freuen sich verständlicherweise, wenn das Kind ein bestimmtes Verhalten verändert oder abgelegt hat. Ein dahinter liegendes Mangelbedürfnis kommt selten in Betracht.

[...]


[1] Ray & Anderson, www.americanlives.com/analysis.html

[2] Der Brockhaus Religionen, Mannheim 2004. © Bibliographisches Institut F. A. Brockhaus AG, Mannheim

[3] Neues Theologisches Wörterbuch, Freiburg 2000, 587

[4] Der Brockhaus, 2002, 2003, 2004 © Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG, Mannheim

[5] H. Gudjons, Pädagogisches Grundwissen, Klinkhardt Verlag

[6] BASS (Schul- und Bildungsgesetze des Landes Nordrhein-Westfalen) 1-1 Erstes Gesetz zur Ordnung des Schulwesens im Lande Nordrhein-Westfalen vom 8. April 1952

Ende der Leseprobe aus 34 Seiten

Details

Titel
Die Bedeutung der spirituellen Dimension im schulischen Erziehungsauftrag
Hochschule
Technische Hochschule Köln, ehem. Fachhochschule Köln
Note
2,7
Autor
Jahr
2006
Seiten
34
Katalognummer
V55573
ISBN (eBook)
9783638504805
ISBN (Buch)
9783638734967
Dateigröße
667 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagworte
Bedeutung, Dimension, Erziehungsauftrag
Arbeit zitieren
Valentin Eisch (Autor:in), 2006, Die Bedeutung der spirituellen Dimension im schulischen Erziehungsauftrag, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/55573

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