Die Allmacht der Parteien


Seminararbeit, 2005

21 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Verfassungsrechtliche Stellung der Parteien

3. Der Begriff des Parteienstaates

4. Funktionen der Parteien

5. Zu viel Parteienstaat?
5.1. Situation des Parteienstaates
5.2. Funktionserfolge und Funktionsmisserfolge

6. Fazit

7. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

In der Bundesrepublik Deutschland spielen Parteien weit mehr als in anderen westlichen Demokratien eine zentrale Rolle. Sie sind für das Funktionieren des parlamentarischen Systems unentbehrlich. Das Funktionieren des parlamentarischen Systems wird dadurch gewährleistet, dass Parteien bestimmte Funktionen erfüllen, die ihnen von der Verfassung zugeschrieben werden. Aber erfüllen Parteien in der Bundesrepublik ihre Funktionen überhaupt noch ordnungsgemäß? Diese Frage ist aufgrund zweier jüngster politischer Ereignisse wieder aufgekommen: Im Dezember 2004 kam an die Öffentlichkeit, dass der damalige CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer - zusätzlich zu den Bezügen als Generalsekretär der CDU, als Bundestagsabgeordneter, aber auch zuvor, als Vorsitzender der CDU-Fraktion, dann Vizepräsident des nordrhein-westfälischen Landtags - Gehälter von seinem Arbeitgeber, den Vereinigten Elektrizitätswerken (VEW), jetzt Rheinisch-Westfälische Elektrizitätswerke (RWE), bekommen hatte (Frankfurter Rundschau 20.12.2004: 3). Kurz zuvor war bekannt geworden, dass der Vorsitzende der CDU-Arbeitnehmerschaft Hermann-Josef Arentz jährlich 60 000 Euro von einer Tochter der RWE ohne entsprechende Gegenleistung bezog (Frankfurter Rundschau 20.12.2004: 3; Frankfurter Rundschau 21.12.2004: 2). Die Affären Arentz und Meyer sind Fortsetzungen der politischen Skandale aus jüngster Zeit wie die Parteienfinanzierungsaffäre der CDU im Winter 1999/2000, der Parteispendenskandal der Kölner SPD oder die Finanzaffäre um Jürgen W. Möllemann in Nordrhein-Westfalen im Herbst 2002. Solche Affären schaffen ein negatives Bild des öffentlichen Lebens. Sie wirken abschreckend auf alle Staatsbürger, führen zu einem Glaubwürdigkeitsverlust der politischen Parteien im Bewusstsein des Bürgers und letztendlich zur Parteienverdrossenheit. Anlässlich dieser Ereignisse stellt sich die Frage, ob die Parteien ihre gesetzlich zugewiesenen Funktionen nicht unzulässig ausweiten und eine zu große Rolle auf der politischen Bühne der Bundesrepublik Deutschland spielen. Mit anderen Worten, haben wir es mit einer Allmacht der Parteien bzw. einem "Parteienstaatsübermaß" (Tsatsos 1994: 397 ff.; Tsatsos 1997: 152 f.) zu tun? Um diese Frage angemessen beantworten zu können, soll im ersten Kapitel die verfassungsrechtliche Stellung der deutschen Parteien und sich daraus ableitend im zweiten Kapitel der Begriff des "Parteienstaates" näher erläutert werden. Im dritten Kapitel werden die Funktionen der Parteien dargestellt, die im deutschen Parteienstaat von der Verfassung zugeschrieben werden. Aufgrund dieses Funktionenkatalogs der Parteien soll im vierten Kapitel überprüft werden, inwieweit die Parteien ihre Funktionen noch erfüllen. Aufgrund dieser Überprüfung wird die Frage danach, ob wir es in der Bundesrepublik mit einem "Parteienstaatsübermaß" zu tun haben, beantwortet.

Zum Thema "Parteienstaat" existieren ganze Bibliotheken an Forschungsliteratur. In dieser Arbeit soll es jedoch ausschließlich um die Frage gehen, ob die Bundesrepublik Deutschland aktuell von einer Allmacht der Parteien gekennzeichnet ist. Historische Betrachtungen sowie Lösungsvorschläge zu Funktionsdefiziten der Parteien können hier nicht berücksichtigt werden.

2. Die verfassungsrechtliche Stellung der Parteien

Die Bundesrepublik Deutschland zählt zu den wenigen demokratischen Staaten, in denen die Stellung der Parteien in der Verfassung besonders hervorgehoben wird. Sowohl Art. 21 des Grundgesetzes als auch das Parteiengesetz vom 24. Juli 1967 regeln die Stellung, organisatorische Prinzipien und Aufgaben der politischen Parteien. Dieser exponierten Stellung der Parteien in der Verfassung liegen zwei Ursachen zugrunde. Einerseits beabsichtigten die Gründungsväter der Verfassung, politische Parteien zu verbieten, die darauf aus sind, die demokratische Ordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen. Das verfassungsrechtlich verankerte Verbot von Parteien, die gegen das demokratische System arbeiten, ist als eine Lehre aus der Weimarer Republik zu sehen, in der die Verfassung ein Parteienverbot nicht vorsah. Dies führte zur Unterhöhlung und schließlich zur Beseitigung der demokratischen Ordnung durch die Nationalsozialisten. Andererseits sahen es die Schöpfer des Grundgesetzes als unerlässlich an, den politischen Parteien als Organe der politischen Willensbildung eine verfassungsrechtliche Legitimation zuzusprechen. Denn in der Weimarer Republik war unter einigen Rechtswissenschaftlern die Auffassung verbreitet, die Parteien seien extrakonstitutionelle Institutionen, also außerhalb der Staatsverfassung stehende Institutionen. Man sah bei den Debatten im Parlamentarischen Rat einen Widerspruch darin, dass die Parteien zwar das gesamte Leben durchdringen, aber in der (Weimarer) Verfassung gar nicht vorkommen (Sontheimer/Bleek 2002: 216). Da man in Deutschland jedoch öffentlich nur das akzeptiert, was rechtlich geregelt ist, war es notwendig, die Parteien zu "konstitutionalisieren".

3. Der Begriff des Parteienstaates

Aus dem neuen rechtlichen Faktum der "Konstitutionalisierung" haben einige Vertreter der Rechtswissenschaft, darunter insbesondere der Staatsrechtler Gerhard Leibholz, eine Theorie vom "Parteienstaat" konzipiert. Leibholz fungierte lange Jahre als Mitglied des Bundesverfassungsgerichts und hat somit dessen Rechtsprechung in erheblichem Maße beeinflusst. Die Theorie vom "Parteienstaat" beinhaltet, dass wir in einem "Parteienstaat" oder zumindest in einer parteienstaatlichen Demokratie leben, in der die Allgegenwart der Parteien als Scharniere der politischen Willensbildung zwischen Wahlbürgern und Staat gewollt und unvermeidlich sei (v. Alemann 2003: 82). Parteien, die bislang freie Assoziationen der Gesellschaft gewesen waren, seien durch ihre Konstitutionalisierung in den Rang von Verfassungsorganen (wie z.B. Bundesregierung und Bundestag) aufgestiegen (Sontheimer/Bleek 2002: 217). Diese Aspekte der Leibholzschen Parteienstaatstheorie wurden vom Bundesverfassungsgericht hinsichtlich der Verfassungsrechtsprechung über Parteien weit übernommen (v. Alemann 2003: 83). Im umgangssprachlichen Verständnis wird nach Peter Lösche (1999) unter "Parteienstaat" nichts anderes verstanden als „(...)eine repräsentative Demokratie - in der Regel parlamentarischer und nicht präsidentieller Ausprägung - (...), in der Parteien in der Verfassungsrealität, d.h. beim Zustandekommen politischer Entscheidungen und bei deren Legitimation, die dominierende Rolle spielen. Parteien sind dabei die wichtigsten, wenn auch nicht alleinigen Träger politischer Willensbildung, indem sie unterschiedliche partikulare Bedürfnisse und Interessen in der Gesellschaft (...) aufnehmen und in die legislativen und exekutiven Verfassungsorgane vermitteln und umgekehrt die dort gefassten Entscheidungen gegenüber dem Volk begründen und damit Legitimation für das politische System insgesamt schaffen“. Jedoch konnte sich die Auffassung, dass Parteien mit Verfassungsorganen gleichrangig wären, nicht durchsetzen. Vorwiegend werden Parteien als freie Vereinigungen der Gesellschaft mit politischen Zielsetzungen betrachtet, die aufgrund ihrer eminenten Bedeutung für das Staatsleben besonderen Normierungen des Verfassungsrechts unterliegen (Sontheimer/Bleek 2002: 217). Dieses Verständnis finden wir im Begriff des "Parteienprivilegs" wieder (vgl. Kapitel 3).

Die theoretische Frage, ob politische Parteien durch ihre exponierte verfassungsrechtliche Stellung staatlichen Institutionen gleichzusetzen seien, erlangte erstmals bei dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zur "Wahlkampfkostenerstattung" im Jahre 1966 Bedeutung. Das Gericht unterschied damals Willensbildung des Volkes, die sich durch die Parteien außerhalb des Staates in der Gesellschaft vollziehen würde, von der Willensbildung des Staates, die durch seine verfassungsmäßigen Organe erfolge. Der Staatswille kann jedoch nur durch die Vorarbeit der Parteien zustande kommen, da die Parteien diejenigen Organisationen darstellen, die Kandidaten für öffentliche Ämter rekrutieren und aufstellen. Die Wahlen zu den Staatsorganen dienen nach dieser Theorie dazu, den politischen Willen des Volkes in einen staatlichen Willen zu transformieren. Deshalb entschied sich das Bundesverfassungsgericht dafür, den Parteien die Wahlkampfkosten zu erstatten (Sontheimer/Bleek 2002: 218). Mit diesem Verfassungsgerichtsurteil von 1966 hat sich die Praxis der Finanzierung der politischen Parteien durch öffentliche Mittel permanent ausgeweitet und somit eine nicht unbeträchtliche Zahl kritischer Entwicklungen im Parteienstaat der Bundesrepublik hervorgerufen (Sontheimer/Bleek 2002: 219) Auf diese kritischen Entwicklungen als unmittelbare Konsequenz der üppigen Finanzierung werde ich im fünften Kapitel näher eingehen.

4. Funktionen der Parteien

Die Bundesrepublik Deutschland ist nach der oben angeführten Auffassung von Parteienstaat nach Peter Lösche ein Parteienstaat par excellence. Dies wird anhand der folgenden Regelungen formeller Art ersichtlich:

a) Nach Artikel 21 GG wirken die Parteien bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. Diese Formulierung klingt zunächst ganz simpel, doch wird sie in Diskussionen in Staatslehre sowie Politiktheorie als sehr problematisch abgesehen. Politikwissenschaftler haben erstaunt registriert, dass die Fülle an Aufgaben, die die Parteien aus dieser harmlosen Formulierung abgeleitet haben, "geradezu unendlich" sei (v. Alemann 2003: 82). So ist diese Formulierung in der Vergangenheit von den bundesrepublikanischen Parteien fast zu einem Allzuständigkeitsanspruch im Bereich der politischen Willensbildung und damit in Richtung auf ein Parteienmonopol entwickelt worden (Lösche 1999).
b) Nach Artikel 21 GG wird den Parteien ein besonderes Privileg zugeschrieben, indem sie nur nach einem komplizierten und beschränkten Antragsverfahren vom Bundesverfassungsgericht dann verboten werden können, wenn sie theoretisch und in ihrer politischen Praxis den Prinzipien der freiheitlich demokratischen Grundordnung widersprechen (Lösche 1999).
c) Parteien werden staatlich alimentiert, nämlich aus dem Bundes- und Landeshaushalten teilfinanziert. Dies gilt für die Parteien selbst und für die ihnen nahestehenden Stiftungen sowie für die Parteien im Parlament, also für die Fraktionen (Lösche 1999).

Um die besonders tragende Rolle der Parteien im Parteienstaat zu verdeutlichen, ist es notwendig, auf die Aufgaben bzw. Funktionen der Parteien in der Verfassungswirklichkeit einzugehen. Zuallererst ist dabei die Hauptfunktion der deutschen Parteien zu nennen, aus der sich alle weiteren wichtigen Funktionen ergeben, die sich auf die konkrete Tätigkeit der Parteien beziehen. Sie besteht darin, zwischen Bürger und Staat bzw. deren Gesellschaft und ihren politischen Institutionen effektiv und repräsentativ zu vermitteln (Sontheimer/Bleek 2002: 261). Parteien sind in ihrer konkreten Tätigkeit damit sowohl im Bereich des Staates als auch im Bereich der Gesellschaft verwurzelt. Parteien nehmen in diesem intermediären Bereich zwischen Gesellschaft und politisch-administrativen System weitere Funktionen wahr. Diese Funktionen sind für das Funktionieren des Parteienstaates zentral. Der Katalog, der sich auf die konkreten Tätigkeiten der Parteien als Mittler zwischen Staat und Gesellschaft bezieht, enthält folgende elementaren Funktionen:

a) Partizipation

Laut der Verfassung wirken Parteien bei der politischen Willensbildung des Volkes mit, d.h. sie ermöglichen, fördern und aktivieren die organisierte Mitwirkung der Bürger an der politischen Willensbildung im Gemeinwesen (Hesse 1959: 25 u. 50).

Die politische Beteiligung in Parteien erlaubt den Bürgern zunächst einmal, an allen anderen Funktionen mitzuwirken, vor allem an der Transmission von Interessen in Programme, Ziele und Aktionen. Außerdem sind Parteimitglieder privilegiert, an der Nominierung aller durch allgemeine Wahlen zu bestimmenden Mandatsträger teilnehmen zu können (v. Alemann 2003: 213).

b) Transmission

Parteien haben die Funktion, den nicht konkret artikulierten, meistens auch nicht artikulierbaren und wie immer zu verstehenden "Volkswillen" so umzusetzen, dass er aus seiner politischen Unlesbarkeit zu konkreter Politik und somit - auf der Ebene der Institutionen - auch anwendbar wird (Tsatsos 1994: 398-399). Parteien versuchen gegenläufige und konfligierende gesellschaftliche Interessen in politisches Handeln umzusetzen. Die gesellschaftlichen Interessen werden durch Bündelung von ökonomischen, sozialen, ökologischen und ideellen Kräften zu Handlungsalternativen aggregiert, welche zu politischen Entscheidungen geführt werden (v. Alemann 2003: 213). Die Aggregation dieser Kräfte zu politischen Handlungsalternativen erfolgt hauptsächlich in Wahlkämpfen. Dazu konzipieren Parteien sowohl langfristige Grundsatzprogramme als auch kurzfristige Aktions-, Wahl- und Regierungsprogramme, mit deren Hilfe die politische Auseinandersetzung geführt wird. Diese Programme dienen dazu, die aggregierten Interessen der jeweiligen Partei zu artikulieren und zu kommunizieren (v. Alemann 2003: 213).

Jedoch kommt den Parteien auch die Aufgabe zu, gesellschaftliche Probleme in die Bevölkerung zu transportieren, sie dort zu präsentieren und zu diskutieren, um dann Standpunkte, Richtungen etc. aufzufangen und aufzuarbeiten. Dadurch werden sie im Rahmen des demokratischen innerparteiliche Verfahrens "nach oben" zu den Staatsorganen gebracht (Hesse 1959: 25 u. 50).

c) Selektion

Die Selektionsfunktion der Parteien bezieht sich auf zwei verschiedene Aufgaben: einerseits die Rekrutierung und Auswahl der politische Elite aus der Gesellschaft durch Parteien, andererseits die Auswahl von Alternativen aus dem breitgestreuten Interessenspektrum der gesamten Gesellschaft.

Bezüglich der Selektionsfunktion verfügen Parteien über das Privileg, über die Nominierung von Mandatsträgern das politische Regierungspersonal zu stellen (v. Alemann 2003: 214).

Die Personalselektion stellt für manche Kritiker das Merkmal dar, das gesinnungsethisch abgewertet wird. Dabei waren und sind Parteien weiterhin auch Patronageorganisationen, also Vereinigungen von Bürgern, die Ämter, Posten, Funktionen, Beförderungen und Karrieren anzubieten haben. Winfried Steffani (1988: 559) berücksichtigt diesen Aspekt in dem Vorschlag seines Funktionskataloges der Parteien: "Parteien sind Interessengruppen in eigener Sache, die an politischen Führungsaufgaben interessierten Bürgern Karrierechancen eröffnen". Politisch problematisch ist es, wenn der Kampf um Machtpositionen nur noch um der Machtposition willen durchgeführt wird, die Durchsetzung von Inhalten also eine eher zweitrangige Rolle spielt.

Allerdings verfügen die Parteien nicht über das völlige Monopol auf Rekrutierung von politischem Personal. Neben und mit den Parteien bestehen Netzwerke der Durchdringung von Parteien und Interessengruppen bei der Personalselektion (v. Alemann 2003: 215).

d) Integration

Die Integration wird durch die bisher skizzierten Funktionen Partizipation, Transmission und Selektion geschaffen. Gerade die Partizipationsmöglichkeiten in und durch Parteien bewirken eine Integration in Strukturen und Prozessen, die für Gruppenzusammenhalt und auch für die Anerkennung des Systems an sich relevant sind (v. Alemann 2003: 215).

Auch Transmission als Artikulation und Bündelung von Interessen führt zu Integration. Die zentripetalen Kräfte, die in einer pluralistischen Gesellschaft mit gegenläufigen und sich widerstreitenden Partikularinteressen notwendigerweise existieren und sich in Interessenselektivität ausdrücken, werden durch Gruppenintegration wieder zurückgebunden. Diese Integrationsleistungen erbringen gerade die größeren politischen Parteien, die allein oder mit Koalitionspartnern dazu imstande sind, handlungsfähige Mehrheiten zu bündeln, indem sie die Interessen diverser sozioökonomischer Gruppen verquicken (v. Alemann 2003: 215).

e) Legitimation

Der Funktion der Legitimation besitzt ähnlich wie die Integrationsfunktion einen zusammenfassenden Charakter: Da die Parteien wesentlich an der Partizipation, Transmission, Selektion und Integration mitwirken, erfüllen sie damit die Funktion der Legitimation des politischen Systems im Ganzen. Dadurch, dass Parteien als Mittler zwischen Staat und Gesellschaft fungieren und somit eine Verbindung zwischen Bürgern und politischem System herstellen, tragen sie zur Verankerung der politischen Ordnung im Bewusstsein der Bürger und bei den gesellschaftlichen Kräften bei. Dies gewährleistet Anerkennung und damit eine Stabilisierung des Systems.

Die Wahrnehmung aller oder zumindest des wesentlichen Teils der gerade aufgeführten Funktionen durch die Parteien macht den Parteienstaat aus. Ohne starke Parteien ist ein parlamentarisches Regierungssystem nicht denkbar.

5. Zu viel Parteienstaat?

5.1. Situation des Parteienstaates

Seit der ersten Hälfte der neunziger Jahre ist eine erbitterte Kontroverse darüber entstanden, ob Parteien ihre Aufgaben bzw. Funktionen noch erfüllen. Das Bewusstsein des Bürgers wird immer mehr von einem Glaubwürdigkeitsverlust der Parteien geprägt. Daraus resultiert eine allgemeine Unzufriedenheit eines beachtlichen Teils der deutschen Bevölkerung, die zwar schon immer latent vorhanden war, jedoch seit Beginn der neunziger Jahre offen zutage trat (Sontheimer/Bleek 2002: 261). Die Schlagwörter "Parteienverdrossenheit" oder "Parteientfremdung" sind in aller Munde. Im Zuge des Phänomens der Parteienverdrossenheit stellt sich zwangsläufig die Frage, ob die Parteien nicht vielleicht eine zu große Rolle im politischen Leben der Bundesrepublik Deutschland spielen und ob ihre Repräsentanten dieser Rolle überhaupt gewachsen sind. Parteien haben den Eindruck erweckt, als seien sie allzuständig, als verfügten sie über ein Monopol in der politischen Willensbildung (Lösche 1999). Im folgenden soll untersucht werden, inwieweit die Frage, ob wir es mit einer Allmacht der Parteien bzw. einem "Parteienstaatsübermaß" (Tsatsos 1994: 397-410; Tsatsos 1997: 133-56) in der Bundesrepublik Deutschland zu tun haben, zutrifft. Um diese Frage beantworten zu können, müssen die einzelnen Funktionen der Parteien auf ihre Erfüllung bzw. Nichterfüllung durch die Parteien überprüft werden.

[...]

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Die Allmacht der Parteien
Hochschule
Ruhr-Universität Bochum  (Fakultät für Sozialwissenschaft)
Veranstaltung
Das politische System der BRD und das europäische Mehrebenensystem
Note
1,3
Autor
Jahr
2005
Seiten
21
Katalognummer
V55393
ISBN (eBook)
9783638503488
Dateigröße
485 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
In der Bundesrepublik Deutschland wird das Funktionieren des parlamentarischen Systems dadurch gewährleistet, dass Parteien spezifielle Funktionen erfüllen, die ihnen von der Verfassung zugewiesen werden. Angesichts jüngster Finanzaffären gestandener Politiker stellt sich jedoch immer mehr die Frage, ob Parteien in der Bundesrepublik ihre Funktionen überhaupt noch ordnungsgemäß erfüllen. Diese Arbeit will dieser Frage anhand der Darstellung und Prüfung des Parteifunktionen-Katalogs nachgehen.
Schlagworte
Allmacht, Parteien, System, Mehrebenensystem
Arbeit zitieren
Thomas Frank (Autor:in), 2005, Die Allmacht der Parteien, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/55393

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Die Allmacht der Parteien



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden