Der Investiturstreit


Seminararbeit, 2006

16 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Gliederung:

1. Der Begriff Investitur

2. Der Begriff Investiturstreit

3. Der Investiturstreit III
3.1 Der Investiturstreit unter Heinrich
3.2 Der Investiturstreit unter Heinrich IV
3.2.1 Heinrichs Kämpfe mit den Sachsen
3.2.2 Das Problem des Investiturstreites in Frankreich und England
a, Frankreich
b, England
3.2.3 Das Dictatus Papae
3.2.4 Der Gang nach Canossa und seine Folgen
3.3 Der Investiturstreit unter Heinrich V
3.3.1 Das Wormser Konkordat 1122

4. Die Bedeutung des Investiturstreites

5. Literaturverzeichnis

1. Der Begriff Investitur

Der Begriff „Investitur“ leitet sich vom lateinischen Wort investitura ab und bedeutet „Einkleidung“. Im weltlichen Recht des Mittelalters verstand man darunter einen Formalakt der den Begünstigten in den Besitz und die Nutznießerbefugnis (Gewere) über ein Amt oder ein Grundstück brachte. Im Mittelalter erfolgte zusätzlich zur Besitzübergabe ein symbolischer Akt: die einer Handvoll Erde, die mit einem Halm oder einem Zweig versehen war. In der fränkischen Zeit nahm diese rituelle Form des Besitzwechsels zu. Wichtig wurde die Beurkundung durch eine carta. Die Investitur ist zusammen mit dem Treueid und der Mannschaftsleistung ein konstituierendes Element im Rechtsverhältnis zwischen Vasall und Lehnsherr. Die Investitur erfolgte auch bei der Änderung des Lehensverhältnises (lehensgewere). Äußere Zeichen für diese Art der Investitur waren auf der Seite des Vasallen Fahnen, Lanzen und ähnliche Amtssymbole. Der Lehnsherr hatte als Zeichen des Besitzes, Szepter, Schwert und Ring inne.[1]

Der Begriff der Investitur wurde, ausgehend vom germanischen Recht, auf das Kirchenrecht übertragen und bedeutet Amtsübertragung. Dies schließt die Übertragung der Hochkirchen, gemeint sind Diözesen und Reichsabteien, sowie Niederkirchen, das heißt Pfarreien und Eigenkirchen, ein. Es handelte sich, wie im weltlichen Bereich, um eine Gewere. Die investitua ecclesiae bedeutete die privatrechtliche Nutzung über eine Kirche. Sie zeigte die Macht der Kirche über eine ihr untergeordnete Kirche auf. Dies konnte nur mit Hilfe des beneficiums, dem Einzug des Lehnswesens in die Kirche, geschehen. Diese Entwicklung führte zu Problemen, denn dadurch wurde das Gleichgewicht zwischen weltlicher und kirchlicher Gewalt innerhalb der Kirche gestört. Die Investitur wurde mehr und mehr zum Besetzungsrecht. Beim schlichten Recht der Amtsvergabe, wie es ursprünglich vorgesehen war, blieb es nicht.

Im ersten Kanon der Synode von Poitiers, die Hugo von Die im Januar 1078 einberief, heißt es: „Kein Bischof, Abt, Priester oder Kleriker darf aus der Hand eines Königs, Grafen oder eines anderen Laien ein Bistum, eine Abtei, eine Kirche oder ein Kirchenamt erhalten.“[2] Nachdem Ämterkauf und Priesterehe üblich wurden, kam es unter dem so genannten Reformpapst Gregor VII. zur Verfolgung der Laieninvestitur. Die Begründung lautete: „Wer zur Verwaltung der Sakramente bestimmt sei, dürfe dieses Amt nicht kaufen und habe unbefleckt zu leben.“[3] Der Abt und Bischof Ivo von Chartres war der erste „Jurist“, der die weltliche von der geistlichen Seite trennte. Er beschäftigte sich vornehmlich mit der Problematik der Investitur. Als vielseitig gelehrter und verehrter Geistlicher zog man ihn, in der Frage der Ämterübergabe zu entscheiden, heran. Ivo von Chartres war der Meinung, dass es rechtens sei wenn der König ein Amt übertrüge, da dieser Akt keinem Sakrament gleichzustellen sei. Diese Auffassung stieß bei Papst Urban II. auf Ablehnung. Er verbot sogar das homagium, die rituelle Unterwürfigkeitsgebärde gegenüber dem Lehnsherrn eines Kirchenmannes und gegenüber einem Laien. Die Folge war die Trennung von Temporalien (Szepter als neues Investitursymbol) und Spiritualien (Ring und Stab).

Innerhalb der Niederkirchen wurde zwischen weltlicher Investitur durch den Kirch- bzw. Grundherren und geistlicher Investitur unterschieden. Infolgedessen konnte der Bischof sich seine Priester nicht auswählen, sondern musste die Seelsorge demjenigen überlassen, der vom Kirchenherren ausgewählt wurde. Der eigentlich rechtsbegründete Akt lag in der Investitur durch den Herrn. Wie im weltlichen Recht gab es bei der Investitur Symbole zur feierlichen Übertragung. Bei Bischöfen handelte es sich dabei um Stab und Ring, wobei der König „accipe baculum ecclesiam“ sprach. Dadurch erhielt der Investierte alle Rechte. Bei Geistlichen an Eigenkirchen erfolgte die symbolische Übergabe des Altartuches oder zumindest eines Stückes davon, die Übertragung des Glockenseiles, des Kircheschlüssels oder eines Kirchenbuches. Der Bischof wurde daraufhin in die Kirche getragen und in seinem neuen Amtssitz installiert. Ab dem 13. Jahrhundert wurde der Begriff der Investitur zunehmend durch „instiutio“ ersetzt, was wiederum auf den Bedeutungswandel schließen lässt.[4]

2. Der Begriff Investiturstreit

Der Begriff „Investiturstreit“ bezeichnet die Zeit, in der der Konflikt zwischen Königtum und Papsttum in den Jahren zwischen 1075/76 bis zum Wormser Konkordat 1125 andauerte. Auslöser für den Streit waren nicht nur die Modalitäten über die Amtseinsetzung geistlicher Würdenträger. Vielmehr zeichnete sich durch den Streit ein geistig- politischer Wandlungsprozess ab, welcher die traditionelle mittelalterliche Einheitskultur sprengte und nach einer Reform zur Neuordnung des Verhältnisses zwischen Reich und Kirche (regnum und sacerdotium) verlangte. Dazu gehörte das verschärfte Vorgehen seitens der Kirche gegen die Simonie (=Ämterkauf) und die Forderung eines Verbotes, Laien als Geistliche einzusetzen.

Im 11. Jahrhundert prallten die Fronten aufeinander. Die gängige Ivestiturpraxis erregte bei der reformwilligen Kirche Anstoß, da der Klerus sich in seiner Macht eingeschränkt sah. In Deutschland waren die Bischöfe eine wesentliche Stütze der Monarchie, denn die Verflechtung zwischen Königtum und Staatskirche war seit der ottonischen Zeit auf Grund des Reichskirchensystems sehr eng. Die Geistlichen genossen Autonomie gegenüber dem König, waren aber gleichzeitig seinem Schutz unterstellt. Auf Seiten der Geistlichkeit, die eine Art klerikaler Aristokratie bildete, festigte sich eine zunehmend hierokratische Tendenz, das heißt, dass das Bestreben, eine auf der Geistlichkeit beruhenden Staatsmacht zu schaffen, wuchs. Dies hatte zur Folge, dass sich der Klerus gegen die überhöhte Stellung des Königs stellte. Das Problem lag darin, dass der König das Recht zur Salbung von Bischöfen und somit zur Investitur inne hatte. Durch die Salbung als kirchlichem Weihe- und Bestätigungsakt, der erstmals bei Pippin (751) durchgeführt wurde, tritt zum Idoneitätsgedanken, mit dem der Wechsel der Herrschaft im Geschlecht begründet wurde, das Element des Heils, einer von Gott verliehenen Qualität, in realer Ausformung hinzu. Dem traditionellen Herrscherbild zufolge sind deutsche Könige oder Kaiser als unbestrittene Herren der Kirche anzusehen, als caput ecclesiae. Der Herrscher trägt die Verantwortung für das Heil der Christenheit.[5] Durch Einbeziehung der kirchlichen Institutionen und Mandatsträger in die Regierung des Reiches und durch gezielte Besetzung vakanter Bischofsstühle mit königstreuen Kandidaten, erlangte das Reichskirchensystem die entscheidende Bedeutung für die Festigung der Reichseinheit und war zugleich wichtige Voraussetzung für die sakrale Legitimation des Königtums. Im Zuge dieser Entwicklung und im Zuge der erhöhten Zentralisierung königlicher Herrschaft seit Heinrich II. verfestigte sich allmählich die tatsächliche Verfügungsgewalt des Königs über die Reichskirche.

Die königliche Mitwirkung bei der Bischofserhebung wurde spätestens unter Heinrich III. zum Besetzungsrecht, das in der Investitur durch Ring und Stab seine symbolische Realisierung fand. Die Übergabe von Ring und Stab bei vorausgehender Leistung von Handgang (commendatio) und Treueid (fidelitas) band den Bischof in ein quasi- vasallistisches Verhältnis zum Herrscher und bedeutete nicht allein die Übertragung der Gewere.

Die grundsätzliche Infragestellung des königlichen Investiturrechts ist überhaupt erst möglich, wenn der universalistischen Denkweise des frühen Mittelalters Rechnung getragen wird. Diese sah kirchliche und weltliche Interessen vereint. König und Papst galten als die zwei Schwerter des Christentums, die sich gegenseitig zu ergänzen hatten. Das Bewusstsein von der Verschiedenheit und damit die Kontroverse der weltlichen und sakralen Sphären (spiritualia und temporalia) trat beim Investiturstreit besonders hervor.

3. Der Investiturstreit

3.1 Der Investiturstreit unter Heinrich III.

Heinrich II. galt als Vorgänger der Kirchenreform, denn er ging als erster gegen Priesterehe und Simonie vor. Konträr dazu wollte sein Sohn Heinrich III. einen Reichsbischof als Papst, denn dieser kam einem Herrschaftsinstrument mit sakraler Legitimation nahe. Ein Reichsbischof als Papst konnte ihm stets Legitimität gewährleisteten und war ein Garant dafür, dass das Papsttum, unabhängig von innerrömischen Adelskämpfen, seine Rolle als Leiter der Kirche erfüllen konnte. Der neue Papst nannte sich Clemens II. Auf den Synoden von Rom und Sutri wurden seine beiden Vorgänger Gregor VI. und Sylvester II. abgesetzt. Auf der Synode von Rom 1047 verurteilte Clemens II. Simonie als Häresie. Kleriker, die von Laien investiert wurden, mussten sich einer Kirchenbuße unterwerfen, um ihr Amt behalten zu dürfen. Clemens II. krönte kurz darauf Heinrich III. zum Kaiser, der zudem den Titel Patricius Romanorum erhielt. Ein Recht, das nach der sogenannten Konstantinischen Schenkung wieder betont wurde und das dem Kaiser die Macht über das römische Territorium zusprach.

Vorangebracht wurden die reformatorischen Ideen später von Leo IX. (1049-1054). Im Umkreis dieses Papstes kamen Reformer wie Hildebrand, Friedrich von Lothringen, Humbert von Moyenmoutier (späterer Bischof von Silva Candida) und Hugo Candidus nach Rom. Wie oben erwähnt, traten die geistliche und die weltliche Vollmacht (in Form von spiritualia und temporalia) auseinander. Der König galt bei der Investitur als Laie, da ihm die priesterliche Weihe und somit die göttliche Vollmacht (Grazia Dei) fehlte. Aus der Sicht Leos IX. sollten Simonisten aus der Kirche ausgestoßen werden. Dies erklärte er auf zahlreichen Synoden in Italien, Deutschland und Frankreich. Dass jedoch die einzige Autorität, die noch zum Papst hielt, der Kaiser war, zeigte sich auf den Synoden, da hier der Kaiser und etliche Bischöfe erschienen. Clemens´ Nachfolger wurde Viktor II.

3.2 Der Investiurstreit unter Heinrich IV.

Bevor Heinrich III. am 5.10.1056 starb, übertrug er die Vormundschaft über seinen Sohn, Heinrich IV., der Kirche, was als Ausdruck der engen Verbindung zwischen Kirche und Staat in dieser Zeit gedeutet werden kann. Heinrich IV. wurde 1054 in Aachen zum König gekrönt. Bevor er die Reichsgeschäfte selbst in die Hand nehmen konnte wurden sie seiner Mutter Agnes durch den Erzbischof Anno von Köln entrissen, der auch versucht hatte, sich reiche und mächtige Reichsklöster übertragen zu lassen.

Auf der Lateransynode von 1059 wurden weitere Beschlüsse hinsichtlich eines erneuerten Klerus gefasst. Zum einen sollte dem Gottesdienst verheirateter Priester nicht mehr beigewohnt werden dürfen, was zudem die Brisanz um das Zölibat erhöhte. Zum anderen hieß es, dass ein Priester kein geistliches Amt aus der Hand eines Laien annehmen dürfe, weder gegen Bezahlung noch umsonst, weil jetzt auch solche Übertragungen aus Laienhand, die gratis erfolgten, verboten waren.

Nach dem Tod Papst Nikolaus II. wuchsen die Spannungen zwischen der Reformpartei in Rom und dem deutschen Königshof. Die römische Adelspartei, der oberitalienische Episkopat und der deutsche Hof wählten in Basel Honorius II. zum neuen Papst. Die Deutschen erhoben daraufhin Alexander II. zum Gegenpapst. Alexander II. hatte Beziehungen zur Pataria, einer Mailänder Bewegung des niederen Klerus, die gegen verheiratete Priester und Simonisten vorging. Ebenso setzte sich die Bewegung das Ziel, den höheren Klerus zu schwächen. Die Meinungen über die Pataria gingen in den verschiedenen Lagern zuweilen stark auseinander, was es Heinrich IV. erlaubte, den Posten des Mailänder Erzbischofs im Einvernehmen mit dem hohen Adel mit neu zu besetzen. Ferner nahm er Besetzungen der Bischofsstühle in Spoleto und Fermo vor. Daraufhin erhob die Pataria einen der ihren als dessen Gegenüber, was zur Folge hatte, dass die Räte Heinrichs, die an der Wahl Gottfrieds, des neuen Mailänder Erzbischofs, beteiligt waren, von Alexander gebannt wurden. Der Konflikt zwischen dem Papst und dem deutschen König war vorprogrammiert.[6]

3.2.1 Heinrichs Kämpfe mit den Sachsen

Heinrich versuchte, die alten Besitzrechte, die ihm vor seiner Volljährigkeit genommen wurden, wieder zu übernehmen. Dazu gehörten auch Ländereien der Sachsen, die sich aber nun hintergangen fühlten, da sie die Veränderungen, die Heinrich vornahm, als Rechtsbruch empfanden. Die Unzufriedenheit entlud sich im Sommer 1073, als Heinrichs Harzburg von Aufständischen gestürmt wurde und dieser nur mit Glück entkommen konnte. Da sich nun auch süddeutsche Herzöge gegen ihn auflehnten, war seine Lage als Herrscher unsicher geworden. Er fand jedoch Zuflucht in Worms. Heinrichs Heer war zunächst klein, aber als die Sachsen Heinrichs Burg überfielen und die Gräber schändeten, stellten sich wieder viele Bischöfe und fürstliche Herrscher auf die Seite des Königs. Bestärkt durch diese Übermacht unterwarf der König die Sachsen und bestrafte sie mit Gefangenschaft und Konfiskation des Besitzes. Am so genannten Goslarer Tag 1075 söhnten sich Heinrich und sein sächsischer Gegner Otto von Northeim aus.[7]

[...]


[1] vgl. Krieger, K.F., Art. Investitur-Weltliches Recht, in: Lexikon des Mittelalter 5 (1999) 477.

[2] vgl. Parisse Michel, Art. Die christlichen Reiche in Auseinandersetzung mit der Kirche. Der Investiturstreit und sein Ergebnis, in: Geschichte des Christentums, Norbert Brox (Hg), Freiburg im Breisgau, (1994), S. 109.

[3] vgl. Brox, S.110.

[4] vgl. Puza, R., Art. Investitur- Kirchenrecht, in: Lexikon des Mittelalter 5 (1999) 478- 479.

[5] vgl. Struve, T., Die Stellung des Königtums in der politischen Theorie der Salierzeit, in: Die Salier und das Reich. Gesellschaftlicher und ideengeschichtlicher Wandel im Reich der Salier, Bd. 3, hrsg. von Stefan Weinfurter unter Mitarbeit von Hubertus Seibert, Sigmaringen 1992, S. 217-244.

[6] vgl. Hartmann, Wilfried, Der Investiturstreit, in: Enzyklopädie deutscher Geschichte, Band 21, Lothar Gall (Hg.) München 1993, S.46.

[7] vgl. Hartmann, S.47.

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Der Investiturstreit
Hochschule
Universität Regensburg
Note
2,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
16
Katalognummer
V55159
ISBN (eBook)
9783638501873
ISBN (Buch)
9783638938457
Dateigröße
467 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Investiturstreit
Arbeit zitieren
Thomas Brunner (Autor:in), 2006, Der Investiturstreit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/55159

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