Gewalt gegen alte Menschen - Ursachen und Täterprofile


Hausarbeit, 2006

21 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

1.EINLEITUNG

2. ALTER IN UNSERER GESELLSCHAFT

3. DER BEGRIFF „GEWALT“
3.1. FORMEN VON GEWALT
3.1.1. indirekte, strukturelle Gewalt
3.1.2.direkte, personale Gewalt
3.1.3.Vernachlässigung
3.1.4. Misshandlung

4. URSACHEN DER GEWALT UND TÄTERPROFILE DE PFLEGEPERSONAL
4.1.ÜBERLASTUNG DES PFLEGEPERSONAL
4.2. FRUSTRATIONEN DURCH DIE BEZIEHUNG ZU HEIMBEWOHNERN 11 - UND ANGEHÖRIGEN
4.3. SEELISCHE PROBLEME

5. ÜBERLEGUNGEN ZUM THEMA GEWALTPRÄVENTION

6. SCHLUSSBEMERKUNG

LITERATURVERZEICHNIS

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. EINLEITUNG

In Deutschland leben derzeit ca. vier Millionen Pflegebedürftige[1] in Pflege- und Altenheimen oder unter ambulanter Betreuung. Die Zahl verrät, dass ein hoher Bedarf an Pflegekräften besteht. Erforderliche persönliche Eigenschaften für die Ausübung des Pflegeberufes sind zum Beispiel Einfühlungsvermögen, Taktgefühl und Geschick im Umgang mit Menschen.

Die vorliegende Hausarbeit beschäftigt sich mit den Bedingungen, die bei Pflegenden Frustrationen innerhalb ihres Berufsfeldes hervorrufen können. In Pflege- und Altenheimen kommt es häufig zu Aggressionen, die letztendlich in Gewalt münden. Die Quellen aus denen sie hervorgerufen werden, sollen ermittelt werden. Besonderer Schwerpunkt liegt auf der Gewaltebene Pflegepersonal gegenüber Bewohnern. Die umgekehrte Gewaltebene wird dabei nicht zum Gegenstand dieser Arbeit.

2. ALTER IN UNSERER GESELLSCHAFT

Der Beginn der Arbeit setzt sich mit der Lebensphase „Alter“ auseinander. Dabei soll die Frage nach dem allgemeinen Gesellschaftsbild über alte Menschen beantwortet werden, da dieses indirekten Einfluss auf das Verhalten von Pflegepersonal ausübt, welches sich in den Pflegebeziehungen widerspiegeln kann.

Reinhold unterscheidet Alter[2] in Lebensalter[3] und soziales Alter. Das soziale Alter definiert er als eine Größe, die unabhängig vom biologischen Alter ist, aber dennoch durch die Zahl der Lebensjahre einer sozialen Definition und Bewertung unterliegt (vgl. Reinhold 1991, S. 12).

So ist in der Bevölkerung zu beobachten, dass dem Alter oftmals eine negative Rolle zugeschrieben wird, die mit Elementen wie Krankheit, Betreuung, Hilfe- und Pflegebedürftigkeit in Zusammenhang gebracht wird. Dies ergibt ein Gesamtbild, dass das Altern ein Prozess des Verlustes[4] ist, der mit dem Abbau von Fähigkeiten und körperlicher Leistungsfähigkeit einhergeht. Das Thema Alter wird überwiegend mit Altenhilfe in Zusammenhang gebracht. Die Medien tragen zu diesem Bild der Abhängigkeit, geistiger Inaktivität und Krankheit bei alten Menschen bei (Meyer, 1998, S. 27).

Die Lebensphase Alter wird insbesondere gekennzeichnet durch die Beendigung der Erwerbsfähigkeit bzw. die allgemeine Erwartungshaltung, dass die berufliche Leistungsfähigkeit nachlässt. Aus der zunehmenden Lebenserwartung[5] ergibt sich - im Widerspruch zum allgemeinen mit negativen Stereotypen besetzten Altersbild - dass viele ältere Menschen aktiv sind, sich anderweitig engagieren, in Studiengängen repräsentieren oder Altenwohlgemeinschaften gründen.

Die Möglichkeiten des Alters sind derzeit häufig in politischen Diskussionen wieder zu finden. So wurde am 30.08.2005 durch eine Sachverständigenkommission der 5. Altersbericht mit dem Thema „Die Potentiale des Alters in Wirtschaft und Gesellschaft - Der Beitrag älterer Menschen zum Zusammenhalt der Generationen“ an die Bundesministerin Renate Schmidt übergeben.

Der offensichtlich gewordene Strukturwandel des Alters hinsichtlich des Alterszuwachses, dessen Ursachen in politischen Ereignissen (z.B. Weltkriegen), Fortschritten in der Medizin und dem Rückgang der Geburtenrate zu finden sind, führt zu politischen und öffentlichen Diskussionen, die das Alter als mittlerweile untragbaren Kostenfaktor des Sozialstaates in den Mittelpunkt rücken, dem auch noch die Beschäftigungslosigkeit der Beitragszahler gegenübersteht.

Göckenjan sieht in der öffentlichen Diskussion über alte Menschen, die mit der demografischen[6] Entwicklung und den steigenden Sozialkosten verbunden wird, nur äußerliche Gründe und beobachtet die Entwicklung des Altersbildes in Gesellschaft und auf politischer Ebene als „(…) ein unaufhebbar schmerzliches, ein immer nur mit Bedauern und Sympathiebekundungen zu kommentierendes Drama.“ (Göckenjan 2001, S. 10)

Im Hinblick auf die Beziehungen zwischen Pflegenden und alten Menschen lässt sich daher nicht ausschließen, dass allgemeine Altersbilder, die sich aus gesellschaftlichen und persönlichen Überzeugungen entwickeln, Einfluss auf die Pflegebeziehungen haben. Die Tätigkeit der Pflegenden ist zudem eine berufliche, für die am Ende des Monats eine Entlohnung folgt, welche geringer Natur sein kann. So besteht die Möglichkeit, dass die persönliche Unzufriedenheit eines Pflegenden mit seiner ökonomischen Situation Auswirkungen auf die Ausübung der Pflegearbeit hat.

3. DER BEGRIFF „GEWALT“

Der allgemeine Begriff von Gewalt meint, „(…), dass ein Individuum durch Androhung oder Gebrauch von physischer Kraftanwendung zu einer Handlung oder zur Duldung einer solchen gezwungen wird, die es nicht freiwillig durchführen würde“. Im weiteren Sinne bezeichnet Galtung[7] die „(…) Diskrepanz zwischen möglicher persönlicher Entfaltung und Verwirklichung und der tatsächlichen, soweit letztere durch die Beeinflussung Dritter verursacht wird.“ (Reinhold 1991, S. 211) Ebenso bezieht er soziale Ungerechtigkeiten innerhalb einer Gesellschaft in den Gewaltbegriff mit ein.

Aus juristischer Sicht finden sich die Inhalte der o. g. Definitionen im besonderen Teil des Strafgesetzbuches in Form von Körperverletzung, Misshandlung, Vernachlässigung oder Tötung wieder. Diese werden strafrechtlich sanktioniert und mit Strafmaßen wie Freiheitsentziehung bemessen (vgl. Strafgesetzbuch 1998, §§ 223 – 232).

In der Psychologie wird Gewalt mit Aggression in Verbindung gebracht, die ebenso eine Handlung ist, die auf die physische oder psychische Verletzung eines anderen ausgerichtet ist und absichtlich herbeigeführt wird (vgl. Reinhold 1991, S. 8). Psychologische Modelle, die aggressives Verhalten erklären sollen, werden im vierten Gliederungspunkt zum Thema Täterprofile herangezogen.

3.1. FORMEN VON GEWALT

Um grundlegend zu erkennen, welche Handlungen als Gewalt betrachtet werden können, ist es notwendig, alle möglichen Gewaltformen zu unterscheiden. Die folgenden Erklärungen beziehen sich dabei auf Pflegeeinrichtungen.

3.1.1. Indirekte, strukturelle Gewalt

Die indirekte, strukturelle Gewalt tritt nicht mit einer Person oder der Handlung einer Person in Erscheinung. Strukturen können in dem Sinne keine direkte Gewalt ausüben. Nach

Dießenbacher sind „(…) Strukturen Dinge, die Gewaltbereitschaft begünstigen oder behindern, also indirekte Pflegegewalt.“ (Dießenbacher 1991, S. 33)

Sie äußert sich in den Rahmenbedingungen einer Pflegeeinrichtung. Bereits mit dem Einzug, der nicht immer auf Freiwilligkeit beruht, ist ein drastischer Lebenseinschnitt verbunden. Dazu gehört auch der Verzicht oder das Weggeben von eigenen Möbeln oder eines Haustieres, die in der neuen Wohnform nicht immer gestattet sind. Der Tagesablauf ist nicht mehr selbst gestaltbar und die in der Einrichtung vorhandenen Gegebenheiten müssen hingenommen und akzeptiert werden. Das betrifft u.a. die Einschränkung der persönlichen Freiheit, die z.B. durch eine Schließung der Pforten ab 21 Uhr verursacht wird. Die Architektur, z.B. in Form von Doppelzimmern oder fehlenden Rollstuhlrampen und Aufzügen, schränkt ebenso die freie Willensbildung wie auch die persönliche Freiheit ein. Zur strukturellen Gewalt zählen außerdem Mängel an qualifiziertem Personal, ärztlicher Versorgung oder Hilfsmitteln.

Auf diese Form der Gewalt folgen keine staatlichen Sanktionen, da sie in den Schranken, Regeln und Notwendigkeiten der Einrichtungen geschützt und legitim ist.

3.1.2. Direkte, personale Gewalt

Mit der direkten Gewalt ist die zwischen Individuen auftretende Gewalt gemeint (vgl. Reinhold, S. 211). Da sich diese unmittelbare Form der Gewalt von einer Person gegenüber anderen zeigt, spielen hier viel stärker persönliche Faktoren hinein, die aus der Personen- oder aus der Beziehungsebene zwischen Akteur und Opfer heraus begründet werden können. Die direkte Gewalt kann sich äußern in Vernachlässigung, Unterlassung und Misshandlung. Wie bereits im Gliederungspunkt 3 erwähnt, wird der Gewaltbegriff in der Psychologie mit Aggression erklärt. Diese kann daher auch nur die personale Gewalt umfassen, da von Strukturen keine direkte Aggression ausgehen kann.

3.1.3. Vernachlässigung

Vernachlässigung entsteht, wenn notwendige Handlungen unterlassen werden. Sie kann passiv oder aktiv erfolgen. Von einer passiven Vernachlässigung spricht man, wenn „(…) Handlungen infolge des Nichterkennens von Bedarfssituationen oder des unzureichenden Hilfspotentials“ unterlassen werden (Meyer 1998, S. 58). Beispiele dafür sind das Alleinlassen eines Pflegebedürftigen über längere Zeit, Vergessen notwendiger Hilfeleistungen oder unzureichende Pflege. Bei der aktiven Vernachlässigung wird davon ausgegangen, dass Handlungen absichtlich und bewusst verweigert werden, obwohl ein erkennbarer Bedarf besteht, z. B. bewusste Vernachlässigung hinsichtlich pflegerischer Aufgaben wie Waschen, Reinigen und Versorgung mit Nahrung (vgl. Meyer 1998, S. 58).

[...]


[1] § 14 Abs. 1 SGB XI: Pflegebedürftig im Sinne dieses Buches sind Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem (§ 15) der Hilfe bedürfen.

[2] Stimmer definiert Alter als Phase des Lebens, die auf die Periode des Wachstums und der Stabilisierung folgt. Sie kann u. a. kalendarisch (z.B. vom 65. Lebensjahr an), biologisch, psychologisch, soziologisch oder funktional beschrieben werden. Altern als Vorgang bezeichnet einmal das für jedes Lebewesen und für jedes Objekt gültige Älterwerden allgemein (vgl. Stimmer 1994, S. 23).

[3] Tews differenziert die Lebensphase Alter, indem er positive sowie negative Aspekte voranstellt, die sich im Laufe der Biografie eines Menschen entwickelt haben und die Lebenssituation und Verfassung im Alter beeinflussen. Dabei hält er das „junge Alter“, das „mittlere Alter“ und die „Hochaltrigkeit“ auseinander (vgl. Knopf, S. 24).

[4] Havighurst: Bewältigung der Altersphase

[5] Mit der zunehmenden Lebenserwartung beschäftigt sich die Gerontologie, die sich mit den Prozessen des Alterns und dem Alter auseinandersetzt. Die Ausrichtung ist dabei interdisziplinär (Biologie, Medizin, Psychologie, Soziologie), wobei das Alter (n) als ein sozial definiertes Phänomen begriffen wird (vgl. Reinhold, S. 190)

[6] Demografie: „Bevölkerungsbeschreibung“: von A. Guillard 1855 geprägter Begriff für die Analyse der Bevölkerungsstruktur und –entwicklung besonders unter politischen und ökonomischen Aspekten. Die Demografie beruht heute vor allem auf mathematischen Modellen und statistischen Methoden (Bevölkerungsstatistik) und entwickelt sich dadurch immer mehr zu einer eigenen Disziplin gegenüber der eher theoretisch-erklärenden, sozial-historisch orientierten Bevölkerungslehre. Zentrale Variablen der D. sind u. a. Bevölkerungsgröße, Bevölkerungsbewegungen, Altersaufbau, Geburten- und Sterblichkeitsraten etc. (Reinhold 1991, S. 95).

[7] Johan Galtung (* 24. Oktober 1930 in Oslo) ist ein norwegischer Politologe. Er gilt als einer der Gründungsväter der Friedens- und Konfliktforschung (www.wikipedia.de).

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Gewalt gegen alte Menschen - Ursachen und Täterprofile
Hochschule
Ernst-Abbe-Hochschule Jena, ehem. Fachhochschule Jena
Note
1,7
Autor
Jahr
2006
Seiten
21
Katalognummer
V55072
ISBN (eBook)
9783638501187
ISBN (Buch)
9783656816409
Dateigröße
480 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Gewalt, Menschen, Ursachen, Täterprofile
Arbeit zitieren
Katja Potrykus (Autor:in), 2006, Gewalt gegen alte Menschen - Ursachen und Täterprofile, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/55072

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