Bayerns Position bei der Gründung und Durchführung des Deutschen Zollvereins unter Ludwig I. ( 1825 - 1848 )


Seminararbeit, 2000

18 Seiten, Note: 2,5


Leseprobe


1. Zur Fragestellung

Vor der Gründung des Deutschen Zollvereins 1834 stand ein beschwerlicher Weg, der aus der diffizilen Situation der Einzelstaaten und deren Uneinigkeit im Deutschen Bund resultierte. Obwohl ein gemeinsamer deutscher Außenzoll und die Abschaffung der Binnenzölle immer wieder gefordert wurde, dauerte es viele Jahre bis es einen großen Zusammenschluss in Deutschland zu einer gemeinsamen Handelsunion gab. Die folgende Analyse möchte sich mit der Position Bayerns in dieser Entwicklung beschäftigen und die Frage beantworten, wie sich Bayerns Rolle in den unterschiedlichen Auseinandersetzungen auf dem Wege zum Zollverein und in seinen ersten Jahre darstellte. Zeitraum dieser Untersuchung soll die Regierungszeit des bayerischen Königs Ludwigs I. von 1825 – 1848 sein, eine Zeit, die besonders durch das wachsende Selbstbewußtsein und die wachsende Selbstständigkeit Bayerns geprägt ist.

Beginnen soll die Analyse zunächst mit einer allgemeinen Darstellung der politischen Situation zu Beginn des 19. Jahrhunderts in Bayern. Danach wird die Position Bayerns in drei Etappen untersucht: zuerst die Position im Handelsverein mit Württemberg, dann bei den Versuchen mit Preußen einen deutschen Zollverein zu gründen und schließlich Auseinandersetzungen während der ersten Jahre im deutschen Zollverein.

Momentan ist der Komplex „Deutscher Zollverein“ ein viel behandeltes Thema in der historischen Forschung, speziell im Hinblick auf die politische Einheit 1871 und auf die gegenwärtigen Wirtschafts- und Handelsvereinbarungen in der Europäischen Union. Besonders reich ist auch die Menge an Literatur, die sich größtenteils mit der Position Preußens, vor allem nach 1848, d.h. im Verhältnis zu Österreich, England etc., auseinandersetzt. Ich bin auf zwei Werke gestoßen, die sich explizit mit der Rolle Bayerns beschäftigen: zum einen das Buch „Die Stellung Bayerns bei der Steuerharmonisierung im Deutschen Zollverein“ v. 1991, das leider für diese Arbeit nicht zur Verfügung stand sowie Schumanns „Bayerns Unternehmer in Gesellschaft und Staat 1834 – 1914“ ( vgl. Bibliographie ). Zum Komplex „Deutscher Zollverein“ gibt es eine Fülle von Quellen. Die für diese Arbeit zugrundeliegenden Quellenbänder sind „Vorgeschichte und Begründung des Deutschen Zollvereins v. 1815 – 1834“ von Hermann Oncken in drei Bänden die sowohl Verträge und Korrespondenzen zur Gründung des Zollvereins, aber auch Quellen zum Bayerisch-Württembergischen Verein liefern, und „Verträge und Verhandlungen über die Bildung und Ausführung des Deutschen Zollvereins“, indem Quellen aus der Zeit nach 1834 abgedruckt sind.

2. Bayerns Position bei der Gründung und Durchführun des Deutschen Zollvereins unter Ludwig I. ( 1825 – 1848 )

2.1 Bayerns politische und wirtschaftliche Situation zur Zeit Ludwigs I.

2.1.1 Bayern im 19. Jahrhundert

Im Jahr 1806 war Bayern im Bündnis mit Napoleon I. Königreich geworden. Auf dem Wiener Kongress 1815 konnte es sein Territorium von 40 000 km2 auf 75 000 km2 vergrößern, in dem es als Entschädigung für den Verlust österreichischen Besitzungen Würzburg, Aschaffenburg und die linksrheinische Pfalz zugesprochen bekam. 1952 wurden in diesem Gebiet über 4,5 Mio Einwohner gezählt[1].

Bayern wurde unter König Maximilian Joseph einem zentralistisch - absolutistischem Staat ausgebaut und trat 1815 dem Deutschen Bund bei. Am 26.5.1818 wurde die Verfassung unterzeichnet, dessen Zwei-Kammern-System des Landtags bis heute besteht. Genauso verhält es sich mit der Einteilung in Regierungsbezirke, die seit 1847 nicht verändert wurde.

Im Gegensatz zu Preußen lief die industrielle Entwicklung in Bayern nur schleppend voran, was besonders an den schlechteren Standortvorteilen ( fehlende Anbindung an den Seehandel, fehlendes Vorhandensein wichtiger Rohstoffe ) lag. Im 19. Jahrhundert begann sich die bayerische Industrie langsam zu entwickeln, konzentriert um Städte wie Nürnberg, Augsburg, Passau, München und Ludwigshafen. Der bedeutendste Gewerbezweig war die Textilindustrie, der „zwischen 1830 und 1840 knapp ein Drittel aller Handwerksbetriebe ausmachte“[2]. Der wichtigste Faktor war allerdings weiterhin die Landwirtschaft. Trotz aller staatlichen Bemühungen sollte der Großteil der Bevölkerung weiterhin an Milchwirtschaft und Getreideanbau festhalten. Ansonsten war Bayern stark vom Import fremder Produkte abhängig, was die Interessen Bayerns bei den Verhandlungen im Zollverein stark beeinflussen sollte.

2.1.2 Bayern unter Ludwig I.

Mit der Thronübernahme König Ludwig I. 1825 traten in Bayern einschneidende Verände-

rungen in politischer und wirtschaftlicher Hinsicht ein. Der neue Monarch träumte davon, Bayern zu Deutschlands bedeutendstem Staat zu machen, in kultureller und wirtschaftlicher Hinsicht. Erstes realisierte er beispielsweise, indem er die Universität von Landshut nach München verlegte und die Landeshauptstadt mit zahlreichen Prunkbauten versah. Dichter, Maler, Architekten und Naturwissenschaftler wurden aus ganz Deutschland in die Residenzstadt gerufen. Ein Plan Ludwigs war zudem, das Königreich Baden zu erwerben, um eine Verbindung mit den bayerischen Territorien links des Rheins ( Bayerische Pfalz ) und dem eigentlichen Königreich zu ermöglichen.

In wirtschaftlicher Hinsicht steckte die Industrie große Hoffnungen in Ludwig I. Da sein großer Patriotismus, seine Vorliebe für deutsches Wesen und deutsche Einigkeit bekannt waren, versprach sich die inländische Industrie eine günstigere Gestaltung ihrer Situation. Bayern war von je her ein bedeutendes Agrarland gewesen, während die Industrie sich noch in ihrer Entwicklung befand ( siehe 2.1.1 ). Bayern soll es, wie im folgenden noch deutlich werden wird, im Laufe der Verhandlungen um Zollunionen, immer besonders daran gelegen sein, die Wirtschaft nicht noch mehr zu benachteiligen, sondern ihr neue Impulse zu geben. Als eine bedeutende Amtshandlung ist in diesem Zusammenhang der Ausbau des Eisenbahnnetzes, 1835 mit der Errichtung der ersten Bahnstrecke von Nürnberg nach Fürth begonnen, zu nennen.

Allerdings wurde der zunächst fortschrittlich–liberale König gegen Ende seiner Amtszeit mehr und mehr zum reaktionären Aristokraten, der sich zurück zum katholischen Konservatismus orientierte, die Universität schließen ließ und in die bürgerlichen Grundrechte eingriff ( so ordnete er z.B. ungesetzliche Verhaftungen an und führte die Vorzensur für politische Artikel ein ). Die Revolution 1848 bedeutete für Ludwig I. das Ende seiner Herrschaft, resultierend aus den seine eigene Souveränität einschränkenden "Märzforderungen“ (u.a. Pressefreiheit, Ministerverantwortlichkeit, Wahlreform) und die Affäre um die Tänzerin Lola Montez. Sein Nachfolger wurde sein Sohn Maximilian II. (1848-1864)[3].

2.2 Bayern im „Süddeutschen Handelsverein“

Schon Anfang des 19. Jahrhunderts wurde klar, dass die vielen zollpolitischen Schranken zwischen den deutschen Einzelstaaten einer günstigen Entwicklung der Industrie entgegenwirken. Während ausländische Waren, beispielsweise Wolle aus England, auf dem Markt zu

Dumpingpreisen angeboten wurden, waren die deutschen Produkte vergleichsweise überteuert. Artikel 19 der Bundesakte von 1815 hatte dem Bundestag bereits das Recht eingeräumt und indirekt die Aufgabe zugewiesen, Abmachungen über eine Zollunion zu treffen und zu beschließen. Als Reaktion auf das preußische Zollgesetz von 1818, dass die Binnenzölle in Deutschlands bedeutendstem Wirtschaftsgebiet aufhob, trafen sich in Darmstadt ( „Darmstädter Konferenzen“ ) ab 1820 süd- und mitteldeutschen Staaten, um über einen gemeinsamen Zoll- und Handelsvertrag zu beraten. Doch hier verdeutlichten sich die Interessenskonflikte untereinander, besonders im Verhältnis von Baden und Bayern. Das Großherzogtum Baden, günstig an der Handelsroute Frankreich – Schweiz – Deutschland gelegen, forderte niedrigere Einfuhrzölle, um Schmuggel vorzubeugen und selber vom Handel zu profitieren. Bayern lag es daran, möglichst hohe Zölle zu haben, um die eigenen Produkte vor der Konferenz von außerhalb zu schützen. Genauso sah es auch Württemberg. Überhaupt sahen die Bayern, speziell Außenminister Rechberg, lieber eine reine bayerisch-württembergische Zollunion, die die Unabhängigkeit Bayerns bewahrt. Dadurch überwarf er sich mit Finanzminister Lerchenfeld und es konnte zu keiner Einigung kommen[4].

Statt dessen griff die württembergische Regierung ihre Bemühungen um eine Übereinkunft nur mit Bayern auf. Nach der Thronübernahme König Ludwigs I., der wie Wilhelm I. von Württemberg eine Zollunion forcierte, schien einer Einigung eigentlich nichts mehr im Wege zu stehen.

Doch zunächst sollte es zwischen Bayern und Württemberg Unstimmigkeiten geben. Der Grund lag in den neuen bayerischen Zollverordnungen vom 11. Dezember 1828, die Vergünstigungen, die bislang auf württembergischen Produkten lagen, aufhoben. Auf ein Schreiben Wilhelms, in dem dieser seinen Unmut darüber äußerte, antwortete Ludwig I.:

König Ludwig I. von Bayern an König Wilhelm I. von Württemberg.

München, den 29. Dezember 1826

Ew. Majestät !

Das Schreiben, welches Ew. Majestät unterm 23. Ds. an mich gerichtet hattet, konnte mir bei den wechselseitig bestehenden freundschaftlichen Gesinnungen nur höchst angenehm und erfreulich sein; die Sprache der Offenheit, welche sich in demselben so deutlich kundgibt, mit gleicher Offenheit erwidernd, erkläre ich, ew. Majestät, dass ich die Eröffnung über eine beunruhigende Stimmung, welche durch die jüngste bayerische Verordnung über das Zollwesen in Württemberg hervorgebracht wurde, mit wahrem Bedauern vernommen habe.

Diese Zollbestimmungen sind lediglich aus landesväterlichen Rücksichten für Landwirtschaft, Industrie und Handel hervorgegangen; übrigens beurkundet der ausgesprochene Vorbehalt, dass man dem Wunsche, auf diesem Wege so wichtige Interessen des gemeinschaftlichen Vaterlandes zu ordnen und zu sichern, [ entgegen

kommen ], auch mögen Ew. Majestät Sich aus dem Inhalte einer demnächst in Bayern erscheinenden Verordnung, durch welche die Bekanntmachung des vollständigen Zolltarifs verfügt wird, von selbst überzeugen, mit welcher gewissenhaften Sorgfalt die ununterbrochene Einfuhr der württembergischen Weine und des württembergischen Eisens beachtet wird ...5.

Dieses Schreiben soll die Nähe beider Könige und den Wert, den Ludwig auf ein weiterbestehendes gutes Verhältnis zwischen Bayern und Württemberg legt, verdeutlichen. Tatsächlich wurden am 28. Dezember die Zollverordnungen in die obengenannten Richtung hin verändert.

Bereits im Januar 1827 kam es zu ersten gemeinsamen Verhandlungen um die gemeinsame Zollunion in München. Am 12. April des Jahres kam dann eine gemeinsame Vereinbarung zustande, die die Vereinigung beider Regierungen zu einem Zoll- und Handelsverein manifestierte, der später auch für andere deutsche Staaten offenstehen sollte. In der Präambel des Präliminarvertrags heißt es:

Anfang April 1827

Beide königlichen Regierungen werden sich zu einem gemeinsamen, vorerst nur den Länderumfang der Königreiche Bayern und Württemberg begreifenden Zoll- u. Handelssysteme vereinigen, in welchem auch andere an diese Königreiche grenzende deutsche Staaten mit vereinter Beistimmung Bayerns und Württembergs aufgenommen werden können. Infolge dieser Vereinigung sollen die längs der gemeinschaftlichen bayerisch-württembergischen Gebietsgrenzen dermal bestehenden Zollämter aufgelöst und die Eingangs-, Durchgangs- und Ausgangszölle an den äußeren Grenzen der in dieser Beziehung vereinten Staaten für derselben gemeinsame Rechnung erhoben werden. Beide Regierungen verzichten für die Dauer des Vereins auf alle und jede einseitigen Handelsverträge mit dem Auslande 6

Auch wenn zunächst noch Modifikationen in diesem Vertrag vorgenommen wurden ,wurden einige Punkte schnell in die Tat umgesetzt. So wurde auch versucht, noch andere Staaten in das neue Zollvereinsgebiet zu integrieren. Während Hohenzollern sich dem Verein anschloß, lehnten Baden sowie Hessennassau nach Verhandlungen ab. Der nun geschlossene Zollvereinsvertrag wurde am 18. Januar 1828 publiziert und galt aufgrund seiner klaren, einfachen und zweckmäßigen Bestimmungen vielen späteren Entwürfen als Vorbild. Jeder Staat behielt jeweils eine eigene Zolladministration, deren Generalbevollmächtigte sich gegenseitig kontrollieren sollten7. Nach einer Beratung über den genauen Zolltarif trat der Verein Anfang 1829 vollständig in Kraft.

[...]


[1] die Zahlen entstammen: Treml, Manfred: Geschichte des modernen Bayern, Bamberg 1994.

[2] Schumann, Dirk: Bayerns Unternehmer in Gesellschaft und Staat 1834-1914. Göttingen 1992. S. 33.

[3] vgl. Hardtwig, Wolfgang. Vormärz – Der monarchistische Staat und das Bürgertum. München 1985. S.63.

[4] vgl. Weber, W.: Der deutsche Zollverein . Leipzig 1871 ( Nachdr.: Glashütten / Taunus, 1972 ). S. 33 ff.

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Details

Titel
Bayerns Position bei der Gründung und Durchführung des Deutschen Zollvereins unter Ludwig I. ( 1825 - 1848 )
Hochschule
Universität Potsdam  (Institut für Geschichtswissenschaften)
Veranstaltung
PS Der Deutsche Zollverein von 1834
Note
2,5
Autor
Jahr
2000
Seiten
18
Katalognummer
V55045
ISBN (eBook)
9783638500944
ISBN (Buch)
9783656807490
Dateigröße
517 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Bayerns, Position, Gründung, Durchführung, Deutschen, Zollvereins, Ludwig, Deutsche, Zollverein
Arbeit zitieren
Bernd Evers (Autor:in), 2000, Bayerns Position bei der Gründung und Durchführung des Deutschen Zollvereins unter Ludwig I. ( 1825 - 1848 ), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/55045

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