Deutsche Auslandsschulen und ihre Problematik


Seminararbeit, 2003

48 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

1. Einleitung

2. Die Auslandsschule
2.1 Ein Definitionsversuch
2.2 Die Entstehung der deutschen Auslandsschule
2.3 Die Weiterentwicklung und Organisation der Auslandsschule
nach 1871
2.4 Kulturpolitik, Sprachpolitik und die Aufgabe der Begegnungsschule

3. Die deutsche Sprache und das deutsche Auslandsschulwesen in
der Türkei
3.1 Deutsch-türkische Beziehungen
3.2 Der Stellenwert der deutschen Sprache in der Türkei
3.3 Deutsche und deutschsprachige Schulen in der Türkei

4. Die Deutsche Schule Istanbul – DSI
4.1 Die Entstehung der DSI
4.2 Die Struktur der Deutschen Schule
4.3 Der Deutschunterricht

5. Das Istanbul (Erkek) Lisesi
5.1 Entstehung und Entwicklung
5.2 Die Struktur der Klassen und der Weg zum Abschluss
5.3 Der Deutschunterricht

6. Schlussbemerkung

7. Literaturverzeichnis

8. Anhang

1. Einleitung

"Die deutschen Schulen sind stabile Faktoren im kulturellen und gesellschaftlichen Umfeld ihrer Länder und ein hervorragendes Instrument für die auswärtige Kulturpolitik und die Pflege nachhaltiger außenwirtschaftlicher Beziehungen." (Strausberg 2001, 1)

Sie bilden, neben weiteren wichtigen Komponenten, ein zentrales Moment der deutschen Kulturpolitik, durch diese Schulen soll die deutsche Sprache in der Welt verbreitet werden. Was aber bewegt zum Beispiel einen jungen Menschen in der Türkei eine solche Schule zu besuchen?

Was in der Türkei die Vorstellung von Aufgabe und Wert einer deutschen Auslandschule im Denken der Angehörigen des Landes bestimmt, ist die Erwartung, dass der Unterricht in den Händen qualifizierter Fachkräfte liegt, dass sie nach modernen Methoden und mit fortschrittlichen Hilfsmitteln arbeitet und dass sie ihren Schülern die mühelose Beherrschung des Deutschen als Schlüssel zum Tor der Welt vermittelt. Diesen Erwartungen gilt es gerecht zu werden (Anstock 1969, 65).

In der vorliegenden Seminararbeit soll untersucht werden, inwieweit diesen Maßstäben genüge getan werden kann, was unter einer Deutschen Schule im Ausland zu verstehen ist und wie der Umgang der türkischen Schüler mit der deutschen Sprache im Allgemeinen erfolgt. Der Schwerpunkt wird hier auf die Beschreibung der deutschen Auslandsschulen und den an ihr angebotenen Deutschunterricht gelegt.

Zunächst soll ein Überblick über die verschiedenen Auslandsschulen geschaffen und ihre Bedeutung für die deutsche Außenpolitik beleuchtet werden. Anschließend werden die deutsch-türkischen Beziehungen und die Bedeutung der deutschen Sprache skizziert, sowie das deutsche Auslandsschulwesen in der Türkei veranschaulicht.

Daran anknüpfend werden zwei Auslandsschulen in der Türkei vorgestellt, anhand derer die Komplexität und die Schwierigkeiten der deutschen Schulen im Ausland herausgearbeitet werden soll. Der Vergleich der beiden Schulen basiert auf Gesprächen und Hospitationen oder wird durch diese ergänzt.[1]

Schließlich soll zusammenfassend die Problematik der Begegnungsschulen und die Stellung der deutschen Sprache in der Welt dargestellt werden und der Frage nachgegangen werden, wodurch diese Schwierigkeiten entstehen und wie sie möglicherweise behoben werden können.

2. Die Auslandsschule

2.1. Ein Definitionsversuch

Die Bezeichnung „Auslandschule“ umfasst im Allgemeinen Bildungsstätten zur Erhaltung und Pflege der deutschen Sprache, deren Bildungsinhalte sich an Schulen im deutschsprachigem Raum orientieren und eine besondere Beziehungen zu einem deutschsprachigen Land pflegen (Becker, 1990, 2). Eine genaue Definition ist aber durch die enorme Formenvielfalt der Schultypen nahezu unmöglich, ein eindeutiger Terminus wurde im Laufe der Jahrhunderte immer wieder zu finden versucht. Allen deutschen Auslandsschulen ist gemein, dass sie die deutsche Sprache und Kultur vermitteln und sich der Sprache und Kultur des Partnerlandes öffnen, indem sie Schüler deutscher und anderer Muttersprachen gemeinsam unterrichten. Die wichtigsten Prinzipien dieser Schulen sind die Begegnung mit Gesellschaft und Kultur des Gastlandes, die schulische Versorgung deutscher Kinder im Ausland und die Förderung des Deutschunterrichts im ausländischen Schulwesen.

So werden als Deutsche Auslandsschulen folgende genannt[2]:

- Begegnungsschulen
- Europäische Schulen
- Expertenschulen
- Sprachgruppenschulen
- Schulen mit verstärktem Deutschunterricht
- Sonnabendschulen
- Deutsche Schulen im Ausland

Die aufgeführten Schulformen[3] lassen die außerordentlich große Vielfalt im Deutschen Auslandsschulwesen deutlich und die damit auftretenden Differenzen in den exakten Schulzahlangaben verständlich werden. Auch die deutlich voneinander abweichenden Zahlen der in dieser Arbeit verwendeten Quellen lassen dies sichtbar werden.

So registriert die Statistik 252 vom Auswärtigen Amt geförderten Schulen(Froese, 1969, 15). Hans Georg Becker spricht „...von über 300 pädagogischen Einrichtungen.“ (Becker, 1990, 4) und im Rahmenplan[4] des Auswärtigen Amtes heißt es: „Im Haushaltsjahr 1977 wurden von der Bundesregierung 1467 Schulen (...) gefördert.“ (Auswärtiges Amt, 1978, 11).

Im Jahr 2001 spricht die Bundesregierung von 117 Auslandsschulen, davon 48 Begegnungsschulen[5], 44 deutschsprachige Schulen und 25 landessprachige Schulen mit verstärktem Deutschunterricht. Hildegard Strausberg führt „(...) 423 von der Bundesrepublik im Ausland geförderten Schulen(...).“ auf (Strausberg, 2001, 1).

Als „Deutsche Schulen“ mit deutschen Abschlüssen werden sie in der Regel aber in Deutschland nur anerkannt, wenn sie eine zweifache, unterstützende Rückkopplung in die Heimat besitzen: Wenn Lehrkräfte aus der Bundesrepublik von der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen (ZfA) vermittelt (und bezahlt) werden und sie zudem aus dem Haushalt des Auswärtigen Amtes eine „Schulbeihilfe“ erhalten.

In der vorliegenden Arbeit soll auf die Begegnungsschule als eine besondere Form der deutschen Auslandsschulen eingegangen werden.

2.2. Die Entstehung der deutschen Auslandsschulen

Bereits ab dem Mittelalter entstanden die ersten Auslandsschulen, die von deutschen Auslands- oder Kirchengemeinden überwiegend in Europa gegründet und erhalten wurden, um Kindern deutscher Emigranten eine Schulbildung nach deutschem Muster angedeihen zu lassen. Diese Schulen waren jedoch nicht institutionell an das alte Reich gebunden, sondern wurden unabhängig vom deutschen Staat verwaltet.

Die Massenauswanderungen nach Übersee (Nord- und Südamerika, Australien) im 18. und 19. Jahrhundert führten verstärkt zur Gründung neuer Auswandererschulen. Oft entwickelten sich diese Schulen im Zusammenhang mit den dort gegründeten evangelischen Gemeinden. Diese Auswandererschulen hatten oft dauerhaften Bestand und wuchsen in das Auslandsschulwesen hinein, welches sich ab der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts herausbildete, was folgend noch genauer erklärt wird.

Die Zahl jener Schulen war trotz der Auswanderungswelle bis 1850 eher begrenzt. Erst die Gründung des Deutschen Reiches 1871 und die damit verbundenen staatsrechtlichen Veränderungen forderten die Neuregelung der Verhältnisse der Auslandskolonien zum deutschen Staat.

Die Auslandsschulen, die man für die Kinder deutscher Emigranten und im Ausland beschäftigter Deutscher vorgesehen hatte, waren anfangs vorwiegend Volksschulen, von denen einige später zu Realschulen ausgebaut wurden (Fachverband Deutsch als Fremdsprache, 2000, 57). 1914 waren lediglich 4 Schulen zur Ausstellung des Reifezeugnisses berechtigt, und zwar die Deutschen Schulen in Antwerpen, Brüssel, Bukarest und Istanbul (Müller, 1995, 242).

2.3. Die Weiterentwicklung und Organisation der Auslandsschulen nach 1871

Ab 1874 lief allmählich die staatliche finanzielle Unterstützung der Aussiedlerschulen an, welche vorerst aber noch nicht eindeutig festgelegt war.

Das Reichskanzleramt regte 1877 die Einrichtung eines Etatpostens im Auswärtigen Amt an, welcher der Unterstützung deutscher Schulen im Ausland dienen sollte.

Im Zuge des Ansinnens des Reichskanzleramtes wurde daraufhin unter Bismarck ein Reichsschulfond[6] eingerichtet, das dem Auswärtigen Amt unterstellt war (Müller, 1995, 140). Anfangs wurden lediglich 15 Auslandsschulen mit 75.000 Reichsmark unterstützt, schnell jedoch kamen zahlreiche Neugründungen hinzu. 1913 wurden schon 511 Auslandsschulen mit ungefähr 1 Mio. Reichsmark durch den Etat unterstützt.

Mit den stetig wachsenden Aufgaben wurde schließlich 1906 das Auslandsschulreferat gegründet, das sich ausschließlich um die Auslandsschulen und deren finanzielle und personelle Unterstützung kümmern und die Versorgung der Schulen mit geeignetem Lehrmaterial ausstatten sollte.

Während des 1. Weltkrieges wurden die meisten Auslandsschulen und Kultureinrichtungen geschlossen, die jedoch nach der Niederlage Deutschlands wieder aufgebaut oder neu eröffnet wurden. In der Außenpolitik gewann die Sprach- und Kulturarbeit immer mehr an Bedeutung, und so wurde 1920 eine eigenständige Kulturabteilung im Auswärtigen Amt gegründet. Während der folgenden Jahre wurden mit Hilfe dieser „Abteilung für Deutschtum im Ausland und kulturelle Angelegenheiten“ weitere Organisationen ins Leben gerufen, so 1925 der „Akademische Austauschdienst“ in Heidelberg, die „Alexander-von-Humboldt-Stiftung“ in Berlin und der Vorläufer des 1932 gegründeten Goethe-Instituts, die „Deutsche Akademie zur wissenschaftlichen Erforschung und Pflege des Deutschtums“ in München. 1931 entstand aus einer Vereinigung mehrerer Stiftungen der Deutsche Akademische Austauschdienst.

Im Zweiten Weltkrieg war das deutsche Auslandsschulwesen weitgehend zusammengebrochen. Die Kulturabteilung des Auswärtigen Amtes wurde jedoch nach Kriegsende rasch wieder aufgebaut. Vor allem durch Musik, bildende Künste und Literatur, aber auch durch Wissenschaft und die deutsche Sprache sollte ein ehrenhaftes Bild des „neuen“ Deutschlands vermittelt werden.

Viele Auslandsschulen und auch andere Organisationen, die während der Kriegsjahre ihre Arbeit einstellen mussten, öffneten allmählich wieder ihre Pforten. Nach Neuordnung des Auswärtigen Amtes 1951 liefen die Förderungen für die deutschen Institutionen rasch wieder an. Aufgrund stetig wachsender Anforderungen für die Organisation der Auslandsförderung wurde 1968 die Zentralstelle für Auslandsschulwesen (ZfA) als besondere Abteilung des Bundesverwaltungsamtes eingerichtet, deren Hauptaufgaben die finanzielle und pädagogische Betreuung und der Lehrmittelversorgung war und heute noch ist. Das Weisungsrecht gegenüber der ZfA liegt beim Auswärtigen Amt.

Einen weiteren entscheidenden Aufgabenbereich übernehmen die Kultusverwaltungen der Länder, die sich für Fragen im Auslandsschulwesen zu einem „Auslandsschulausschuss der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder(KMK)“ zusammengeschlossen haben und dessen Zuständigkeit bei der Anerkennung einer Schule als „Deutsche Auslandsschule“ und der Beurteilung der Lehrpläne und Prüfungsangelegenheiten liegt (Auswärtiges Amt, 2001, 14).

2.4. Kulturpolitik, Sprachpolitik und die Aufgaben der Begegnungsschule

Die Entwicklung lässt deutlich werden, dass sich die Kulturpolitik der BRD zu einem wichtigen Bestandteil der deutschen Außenpolitik entwickelt hat, die gleichwertig neben der allgemeinen Diplomatie und der Außenwirtschaftspolitik steht. Sie hat in erster Linie die Aufgabe, den kulturellen Austausch mit den Partnerländern zu fördern und durch diesen Dialog Toleranz, geistige, kulturelle, politische und gesellschaftliche Werte zu vermitteln und ein wirklichkeitsnahes Deutschlandbild im Ausland zu entwerfen. Dies kann nur durch eine damit verbundene Sprachpolitik[7] erreicht werden, da Sprache nicht nur ein Mittel zur Verständigung darstellt als vielmehr und vor allem Ausdruck der Kultur ist. Die Förderung der deutschen Sprache im Ausland ist folglich eines der zentralen Anliegen der deutschen auswärtigen Kulturpolitik.

Das Grundgerüst der Sprachpolitik zur Verbreitung der deutschen Sprache in der Welt bilden die o.a. deutschen Auslandsschulen. Im Mittelpunkt stehen dabei vor allem die sogenannten Begegnungsschulen, die Kinder mit deutscher und nicht-deutscher Muttersprache zusammenführen und so einen nachhaltigen kulturellen Austausch im Geiste gegenseitigen Verstehens und Achtung fördern (Auswärtiges Amt, 1986, 227). Durch die Nachhaltigkeit ihrer Ausstrahlung auf das öffentliche Bewusstsein des Gastlandes und wegen der Dauer und Tiefe der Wirkung auf die oft jahrelang mit ihr verbundenen Schüler gehört die Begegnungsschule zu den wichtigsten Mitteln der deutschen Kulturarbeit im Ausland.

Diese Schulen sind Bildungsstätte, die im Ausland sowohl deutschen als auch Kindern des jeweiligen Partnerlandes offen stehen. Beide Kulturen sind in das Schulsystem integriert. Integration bedeutet Zusammenarbeit, Zusammenleben, Gemeinsamkeit für Schüler, Eltern und Lehrer z.B. in der Auseinandersetzung über Fragen des Lernens, der Methoden, der Erziehung. Besonderen Wert wird auf den Fremdsprachenunterricht gelegt. Fremdsprachenkenntnisse sind eine Schlüsselqualifikation für berufliche und private Mobilität und die Wahrnehmung von Wettbewerbschancen auf einem internationalen Arbeitsmarkt. Sie sind auch eine Grundvoraussetzung für eine vertiefte Begegnung mit anderen Kulturen. Das Unterrichtsprogramm ist zweisprachig gestaltet, das heimische Unterrichtsangebot wird durch intensiven und effektiven Deutschunterricht von aus Deutschland vermittelten Lehrern erweitert. Neben geographischem, historischem und politisch-wirtschaftlichem Sachwissen wird auch das Verständnis für die Kultur Deutschlands gefördert.

Der Fremdsprachenunterricht ist vornehmlich auf die Entwicklung kommunikativer Fähigkeiten und Fertigkeiten ausgerichtet, er beinhaltet eine allgemeinbildende Komponente, die Textkompetenz, Kenntnisse in Landeskunde und Literatur einschließt und die bewusste Verwendung von Lese- und Arbeitstechniken fördert. Auch werden naturwissenschaftliche Fächer in deutscher Sprache gelehrt.

Die Deutschen Schulen führen einerseits zum Sekundarabschluss des jeweiligen Gastlandes, darüber hinaus aber auch zum deutschen Sprachdiplom der Kultusministerkonferenz oder auch zur allgemeinen deutschen Hochschulreife[8].

Die Realisierung der Begegnungsschulen ist nur durch eine enge Zusammenarbeit mit den jeweiligen Partnerländern möglich.

Die deutschen Auslandsschulen haben meist Privatstatus und einen Schulträger einheimischen Rechts. Dadurch sind die deutschen Schulen direkt dem Erziehungsministerium des jeweiligen Gastlandes unterstellt, die deutschen Behörden haben demzufolge kein direktes Weisungsrecht. Der Entscheidungsspielraum der Schulen wird aber dadurch relativiert, dass sie an einer deutschen Förderung interessiert sind. Die Einflussnahme der Bundesregierung ist durch personelle, materielle und finanzielle Förderungen möglich, die wiederum an Rahmenbedingungen geknüpft sind.

Ihre elementare Bedeutung verdankt die Begegnungsschule ihrer nachhaltigen Wirkung auf die Verbreitung der deutschen Sprache und Kultur. Die Absolventen sind die besten Multiplikatoren für ihre Verbreitung und eines profunden Deutschlandbildes in der Welt. Allen deutschen Auslandsschulen ist gemeinsam, dass sie deutsche Sprache und Kultur vermitteln und sich der Sprache und Kultur des Partnerlandes öffnen, indem sie Schüler deutscher und anderer Muttersprache gemeinsam unterrichten.

Der Begegnungscharakter ist bei den einzelnen Formen deutscher Auslandsschulen ist sehr unterschiedlich ausgeprägt. Die Unterschiede ergeben sich durch die jeweilige Zielsetzung der Schule, die gesetzlichen und administrativen Bestimmungen, die für das Erziehungswesen des jeweiligen Partnerlandes maßgebend sind und die spezifischen Bedingungen, unter denen die Schulen, zumeist in privater Trägerschaft, entstanden sind und sich entwickelt haben.

Es bestehen daher zahlreiche Zwischenformen, wie z.B.: das Istanbul (Erkek) Lisesi, auf das in den folgenden Kapiteln näher eingegangen werden soll.

3. Die deutsche Sprache und das deutsche Auslandsschulwesen in der Türkei

3.1. Deutsch-türkische Beziehungen

Intensive Verbindungen zwischen Deutschland und der Türkei bestehen seit über 800 Jahren. Bereits während des osmanischen Reiches wurden bilaterale politische Beziehungen aufgenommen.

Im 19. Jahrhundert wurden sie um militärische und technische Zusammenarbeit erweitert, im weiteren Verlauf der Zeit folgten die Bereiche Kultur und Handel (Vgl. Homepage der Türkischen Botschaft Berlin, 2003, „Türkisch-deutsche Beziehungen“).

Nach der Bündnispartnerschaft im Ersten Weltkrieg entstand 1918 eine zwischenzeitliche Unterbrechung der diplomatischen Beziehung zwischen den beiden Ländern[9], diese wurde jedoch durch den Freundschaftsvertrag vom 3. März 1924 (Vgl. Steinbach, 2002, 47) endgültig aufgehoben und 1929 trat der erste Botschafter der Republik Türkei in Deutschland sein Amt an.

Nachfolgend erwies sich als besonders bedeutsam die Aufnahme zahlreicher deutscher Wissenschaftler und Künstler in den 1930er und 1940er Jahren, die, verfolgt durch die Nationalsozialisten, Zuflucht in der Türkei fanden und durch ihr Mitwirken am Aufbau der dortigen Universitäten die guten Beziehungen zwischen verschiedenen Universitäten beider Länder ebneten.

Zwischen 1944 und 1951 wurde der diplomatische Kontakt aufgrund einer Kriegserklärung der Türkei an Deutschland erneut unterbrochen, nach 1952 normalisierten sich die Beziehungen anschließend langsam wieder und vertieften sich seit jeher stetig.

Heute unterstützt Deutschland auf politischer Ebene den Beitritt der Türkei in die Europäische Union und es besteht ein intensiver deutsch-türkischer Wirtschaftsaustausch[10], der durch jährliche Regierungsverhandlungen zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit[11] erhalten wird.

Ca. 2,4 Mio.[12] Menschen türkischer Abstammung leben mittlerweile in Deutschland, davon sind rund 400.000 eingebürgert (Vgl. Şen, 2002, 53), was zur Folge hat, dass enge sozialpolitische Beziehungen zwischen den beiden Staaten bestehen.

So garantiert ein Sozialversicherungsabkommen aus dem Jahre 1984 unter anderem eine Gleichstellung von Türken und Deutschen im jeweiligen Land in der Kranken-, Renten- und Unfallversicherung.

Im Wechsel dazu sind es die Deutschen, die an allererster Stelle den Tourismus in der Türkei tragen. Im Jahre 2002 waren es z.B. ca. 3,5 Mio. Besucher deutscher Nationalität, die dort einreisten (Vgl. Internetredaktion des Auswärtigen Amts, 2003, Bilaterale Beziehungen zwischen der Türkei und Deutschland).

Die Verbreitung der deutschen Sprache in der Türkei wird seit Jahrzehnten von deutscher Seite aus weitgehend gefördert. Als Mitte der 80er Jahre die große Rückkehrwelle der türkischen Arbeitnehmer zurück in ihr Heimatland begann, beteiligte sich Deutschland an der Gründung von sogenannten Anadolu -Gymnasien, deutschsprachigen türkischen Schulen, die speziell für die Kinder der Remigranten, die oftmals besser Deutsch als Türkisch sprachen, gedacht waren. Sie sollten dem Erhalt deutscher Sprachkenntnisse zugute kommen, bei gleichzeitigem Aufbau der türkischen Sprache.

Des Weiteren förderte man durch deutschsprachige Studiengänge an der Marmara Universität auch die Ausbildung junger Erwachsener und Abgängern der Anadolu -Gymnasien sowie anderer deutschsprachiger Schulen.

Heute besteht zusätzlich zu den Deutsch unterrichtenden Schulen die Möglichkeit, an den staatlichen oder privaten Mittel- und höheren Schulen, den türkischen Gymnasien, Deutsch als Fremdsprache entweder als Pflicht- oder Wahlpflichtfach zu erlernen.

[...]


[1] Die Vorstellung der Deutschen Schule Istanbul setzt sich aus allgemeinen Informationen und Hospitationsbeobachtungen zusammen, die des Istanbul Erkek Lisesis basiert auf einer Befragung des stellvertretenden Fachleiters Deutsch.

[2] Es bestehen noch weitere Zwischenformen, auf deren Aufzählung jedoch verzichtet wird, da die genannten die wichtigsten und weltweit bekannten Schultypen darstellen. Siehe Anlage 1.

[3] Auf die exakte Beschreibung der einzelnen Schulen soll hier nicht weiter eingegangen werden, da diese Arbeit vor allem die Begegnungsschule als ihr Forschungsobjekt erklärt.

[4] Die genaue Bezeichnung lautet: „ Auswärtige Kulturpolitik im Schulwesen - Rahmenplan für Auslandsschulen, Sprachförderung und internationale Zusammenarbeit “

[5] Die Aufgaben der Begegnungsschulen werden in den folgenden Kapiteln genauer erläutert.

[6] Genaue Bezeichnung: Fonds zur „Förderung deutscher Schul- und Unterrichtszwecke im Ausland sowie zur Unterstützung von deutschen Bibliotheken und anderen gemeinnützigen Zwecken im Ausland bestehenden Unternehmungen mit Ausnahme der Krankenhäuser und Armen- und Unterstützungsvereine.“ (Düwell, 1976, 307)

[7] Siehe dazu die Stellungnahme der Bundesregierung 1977 zum Enquête-Bericht auswärtige Kulturpolitik, in der es heißt: „Keine auswärtige Kulturpolitik ohne sinnvolle Sprachpolitik.“(Auswärtiges Amt, 1986, 159)

[8] Ausführliche Informationen über Auslandsschulabschlüsse sind zu finden in: „ Auswärtige Kulturpolitik im Schulwesen - Rahmenplan für Auslandsschulen, Sprachförderung und internationale Zusammenarbeit “ (Auswärtiges Amt, 1978)

[9] Aufgrund des Waffenstillstandsabkommen von Mondros, 30.10.1918

[10] Im 1. Quartal 2002 stand Deutschland mit ca. 125 Mio. an erster Stelle der genehmigten ausländischen

Investitionen, deutsche Unternehmen sind die in der Türkei am stärksten vertretenen ausländischen

Unternehmen. Vgl. „Wirtschaftliche Beziehungen“, Bilaterale Beziehungen, Auswärtiges Amt.

[11] Der Türkei wurden seit 1960 über 4,3 Mrd. Euro im Rahmen der finanziellen Zusammenarbeit als

Darlehen und z.T. auch als Zuschuss zur Verfügung gestellt. Des Weiteren existiert ein

Kooperationsprogramm bezüglich der Abwasserentsorgung und Abfallwirtschaft in einigen Gebieten in

der Türkei, welches einzig von Deutschland finanziell unterstützt wird. Vgl. “Beziehungen der

wirtschaftlichen Zusammenarbeit“, Bilaterale Beziehungen, Auswärtiges Amt.

[12] Seit dem „Abkommen zur Anwerbung türkischer Arbeitskräfte für den deutschen Arbeitsmarkt“ von 1961

stieg die Zahl der in Deutschland lebenden Türken stetig, auch der Anwerbestopp von 1973 konnte nicht

verhindern, dass bis 1981 allein über 200.000 Familienmitglieder der türkischen Migranten einreisten und

sich in Deutschland niederließen. Vgl.“Türkische Minderheit in Deutschland“, Informationen zur

politischen Bildung, Türkei, S. 53

Ende der Leseprobe aus 48 Seiten

Details

Titel
Deutsche Auslandsschulen und ihre Problematik
Hochschule
Universität Bielefeld
Veranstaltung
Einführung Zweitsprachenerwerbsforschung/Sprachlehr- und lernforschung
Note
1,3
Autoren
Jahr
2003
Seiten
48
Katalognummer
V55025
ISBN (eBook)
9783638500838
ISBN (Buch)
9783638709187
Dateigröße
734 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Deutsche, Auslandsschulen, Problematik, Einführung, Zweitsprachenerwerbsforschung/Sprachlehr-
Arbeit zitieren
Anna-Lisa Esser (Autor:in)Hannah Osenberg (Autor:in), 2003, Deutsche Auslandsschulen und ihre Problematik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/55025

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