Suizidalität und ihre Diagnostik


Hausarbeit, 2006

20 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung Die Definition von Suizidalität

2. Epidemiologie
2.1. Häufigkeit von Suizidhandlungen
2.2. Risikofaktoren für Suizidalitä

3. Arten von Suizidformen

4. Darstellung verschiedener Erklärungsansätze und Faktoren von Suizid
4.1. Psychoanalytisches bzw. Tiefenpsychologisches Erklärungsmodell
4.2. Psychosoziale Suizidtheorie
4.2.1. Egoistischer Suizid
4.2.2. Anomischer Suizid
4.3. Erklärungsmodell der Biologie
4.4. Narzissmus-Modell von Henseler und Reimer

5. Diagnostik von Suizidaliät und deren Indikatoren
5.1. Anamnese
5.2. Die Exploration
5.3. Verläufe der Entscheidung zur Suizidhandlung

6. Therapiemöglichkeiten und Suizidintervention
6.1. Ambulante Angebote
6.2. Medikamentöse- bzw. Psychopharmakotherapeutische Behandlung
6.3. Stationäre bzw. teilstationäre Angebote und die Möglichkeit der Zwangseinweisung

7. Abschlussüberlegung zum Disput über das Recht auf Suizid

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

„Ich möchte sterben, nur noch sterben, wie ich sterbe ist mir völlig egal… Ich hasse mich, ich hasse mein Leben… Es tut mir so leid dass ich alle Menschen in meiner Nähe zum Verzweifeln bringe! […] Ich bin echt zu nichts zu gebrauchen, ich hasse mein ganzes verdammtes Leben… es soll endlich alles vorbeigehen, ich möchte endlich aus diesem Albtraum aufwachen… ich will endlich wieder aufstehen, aber ich kann nicht…“[1]

Wahrscheinlich gibt es kaum einen Menschen, der noch nie über den Sinn des Lebens allgemein und insbesondere über den Sinn des eigenen Lebens nachgedacht hat und der nicht in irgendeiner Form, insbesondere in leidvollen Situationen, zu der Frage gekommen ist: Kann und will ich so weiterleben?[2] Selbst wenn dem Suizid oft keine klare Entscheidung im Sinne des letzten Ergebnisses Lebensbestimmender Faktoren, sondern eher eine Antriebshandlung zugrunde liegt, scheint die Frage des Sinns, – ähnlich dem eingangs zitierten Beitrag aus einem Suizidforum – für die allein in Deutschland mehrfach pro Stunde festzustellenden vollendeten oder versuchten Selbsttötungen, entscheidend zu sein.[3]

Selbsttötung (Fachausdruck: Suizid) und Suizidversuch sind kennzeichnend menschliche Probleme, denn nur der Mensch kann seinen eigenen Tod wollen.[4] Sie berühren grundlegend das Dasein des Menschen und setzen ein bestimmtes Maß der Selbstbetrachtung voraus, dass zu einem bewussten Handeln mit der Folge bzw. dem Versuch führt, das eigene Leben auszulöschen.[5] Selbstzerstörendes Verhalten wie bei manchen Tieren (z.B. der Todesmarsch der Lemminge u. a.) gilt nicht als Suizid, da es nicht mit der Vorstellung des Todes verknüpft ist und im Übrigen auf ganz andere Ursachen zurückgeht.[6]

Sicher beschäftigt sich niemand gerne mit einem solch belastenden Thema, und häufig sind die meisten völlig ratlos, wenn sie im Familien- oder Bekanntenkreis mit drohendem- oder vollführtem Suizid konfrontiert werden, doch ein Mindestmaß an Kenntnissen über Ursachen, Risikofaktoren, Selbsttötungsmethoden u. a. kann Leben retten. Deshalb ist es wichtig sich zu informieren, was das Erkennen von Alarmzeichen, das Verstehen von Beweggründen, Vorbeugen und Handeln wenn es Not tut, anbelangt.[7]

Mein Ziel in dieser Arbeit ist, nachfolgend einen Überblick über das Thema und Problemfeld Suizidalität, deren Ursachen und dem Erkennen der Suizidgefährdung zu geben, sowie Zusammenhänge zu untersuchen und darzustellen.

Ich werde dabei so vorgehen, dass ich zunächst einen kurzen theoretischen Hintergrund mit Hilfe konkreter Begriffsbestimmung und Epidemiologischer Fakten aufzeige, daraufhin auf die Kennzeichen verschiedener Suizidformen eingehe, um mich anschließend im Besonderen mit den unterschiedlichen Erklärungsansätzen für Suizidalität zu befassen. Dann werde ich zu dem Bereich der Diagnostik kommen und abschließend verschiedene Interventions- und Behandlungsmöglichkeiten aufzeigen.

2. Die Definition von Suizidalität

Schon in der Begrifflichkeit kommen verschiedene Wertungen des Themas zum Ausdruck.[8] Noch immer wird der Tod von eigener Hand am häufigsten als „Selbstmord“ bezeichnet, was allerdings einen besonders kriminellen Beiklang beinhaltet, wenn man die Handlung aus dem strafrechtlichen Blickwinkel betrachtet, denn Mord definiert die vorsätzliche Tötung eines Menschen aus Mordlust oder sonstigen niedrigen Beweggründen. Weitere Bezeichnungen sind die Selbstvernichtung und der „Freitod“, womit der Haltung einer nihilistischen Lebenseinstellung entsprochen und die Freiheit des Menschen betont wird, sein Leben selbst zu beenden. Doch durchsetzen konnten sich diese Begriffe nicht, da sie alle bei genauem Hinsehen beanstandungswürdige Einschränkungen aufweisen.[9] In der Wissenschaft und mehr und mehr auch im allgemeinen Sprachgebrauch verwendet man lieber den unabhängigen Begriff „Selbsttötung“, ebenso wie die lateinische Übersetzung „Suizid“[10], da sie einen Abstand zum Geschehen schaffen, das heißt sie vermeiden es am ehesten, Gefühle wie Trauer, Wut oder Schuld hervorzurufen.[11]

Genau genommen versteht man unter Suizid eine zum beabsichtigten eigenen Tode führende Handlung. Suizidalität hingegen meint eine versteckt vorhandene Neigung, sich das Leben zu nehmen bzw. aus dem Leben scheiden zu wollen. Zum Erscheinungsbereich Suizidalität gehören im engeren, herkömmlichen Sinn die Gesamtheit all derjenigen Gedanken und Handlungen eines Menschen, die darauf abzielen, das eigene Versterben aktiv oder durch Unterlassung herbeizuführen. Im weiteren Sinne werden im diagnostischen Alltag auch der Wunsch nach Ruhe, Pause, Veränderung, Unterbrechung im Leben und die daraus folgenden direkten oder indirekten selbstdestruktiven, grundsätzlich lebensgefährdenden Verhaltensweisen eines Menschen dazugerechnet.[12]

Dabei können unterschiedliche Formen von Suizidalität mit unterschiedlichem Handlungsdruck separiert werden:

1. Ruhewünsche ohne Versterbensabsicht.
2. Todeswünsche, aktual oder in Zukunft, ohne direkte ausübende Handlung und ohne Handlungsdruck.
3. Suizidideen umfassen mehr oder minder genau z. B. das Nachdenken über den Tod im Allgemeinen und den eigenen Tod. Im engeren Sinn sind unter Suizidideen unmittelbare Vorstellungen von möglichen Suizidalen Handlungsweisen zu verstehen. Häufig ist es ein Ausdruck von Zwiespältigkeit, jedoch eher untätig, ohne tatsächlichen Handlungsdruck.
4. Suizidabsichten sind von Suizidideen abzugrenzen, denn sie sind mit tatsächlicher Planung und Absichtserklärung zur Durchführung verbunden und es besteht ein deutlich erlebter Handlungsdruck.
5. Unter Suizidversuch, im englischen Sprachraum auch Parasuizid, werden Handlungen zusammengefasst, die deutliche Todesabsichten zeigen und in dem Glauben durchgeführt werden, dass sie mit der angewandten Art und Weise das Ziel erreichen, jedoch dann überlebt werden.[13]
6. Die Selbstzerstörung ist häufig ein ausgeprägter Hilferuf, oder ein Mittel das als Zeichen dienen soll, um etwas zu erreichen oder auf eine Veränderung abzuzielen. Hierbei liegen kaum Todesabsichten vor, jedoch wird die Gefahr des Sterbens in Kauf genommen.[14]

3. Epidemiologie

Was die Verbreitung von Suiziden betrifft gibt es einige Auffälligkeiten.

Ab den 60er Jahren gab es in der Bundesrepublik Deutschland einen sehr schnellen Anstieg der amtlichen Suizidrate[15], die in den 80er Jahre bei 45 pro 100.000 der Allgemeinbevölkerung lag und ihren Höhepunkt um die 90er Jahre herum hatte, wo 1993 geschätzte 104 Bundesbürger von 100.000 versucht haben sich das Leben zu nehmen. In den letzten 10 bis 15 Jahren lässt sich Ergebnissen zufolge eine Abnahme der Entwicklungstendenz zur Selbsttötung registrieren, aber dennoch ist schwer zu sagen, ob vollendete Selbsttötungshandlungen in den letzten Jahren tatsächlich gesunken sind, was mit der Erfassungsweise bzw. mit der Beurteilung zusammenhängt.[16] Zum Einen hat die Zahl der Rauschdrogentoten in den letzten Jahren deutlich zugenommen, wobei jeder fünfte versteckt als Suizid anzunehmen ist, zum Anderen ist die Abnahme der bestätigten Suizidziffern mit dem Ansteigen so genannter „unklarer Todesursachen“ gleichlaufend.

Die Suizidrate der Männer ist zwei- bis dreimal höher als die der Frauen. Demgegenüber ist die Verteilung beim Suizidversuch gerade entgegengesetzt: die höchsten Raten finden sich hier bei Frauen zwischen 15 und 30 Jahren (zwei mal häufiger als Männer), wobei es hier eine hohe Dunkelziffer gibt, da Suizidversuche im Gegensatz zu Suiziden aus datenschutztechnischen Gründen nicht meldepflichtig sind.

Sowohl für Männer als auch Frauen steigen die erfolgreich durchgeführten Suizide pro 100.000 Einwohner im höheren Lebensalter, besonders ab dem Alter von 70 Jahren, an.

[...]


[1] Beitrag vom 27.02.2006; www.selbstmordforum.de, Eingesehen am 06.03.2006.

[2] vgl. Pohlmeier, Hermann : Depression und Selbstmord, 1980, S. 99.

[3] vgl. Faust, Volker: Psychosoziale Gesundheit. www.psychosoziale-gesundheit.net, Eingesehen am 21.12.2005.

[4] vgl. ebd.

[5] vgl. Bronisch, Thomas: Der Suizid, 1995, S. 7.

[6] vgl. Faust, Volker: Psychosoziale Gesundheit. www.psychosoziale-gesundheit.net, Eingesehen am 21.12.2005.

[7] vgl. Faust, Volker: Psychosoziale Gesundheit. www.psychosoziale-gesundheit.net, Eingesehen am 21.12.2005.

[8] vgl. Ruppert, Franz: Suizid und Suizidgefährdung www.franz-ruppert.de, Eingesehen am 21.12.2005

[9] vgl. Faust, Volker : Psychosoziale Gesundheit www.psychosoziale-gesundheit.net, Eingesehen am 21.12.2005.

[10] Vom lateinischen „sua manu caedere“ = durch eigene Hand fallen. Oder „sui caedere“ = sich fallen, töten, opfern.

[11] vgl. Ruppert, Franz: Suizid und Suizidgefährdung www.franz-ruppert.de, Eingesehen am 21.12.2005.

[12] vgl. Möller, H.J.: Suizidalität erkennen und behandeln. http://psywifo.klinikum.uni-muenchen.de, Eingesehen am 21.12.2005.

[13] vgl. www.med.uni-jena.de, Eingesehen am 21.12.2005.

[14] vgl. Empfehlung zur Diagnostik und zum Umgang mit Suizidalität in der stationär psychiatrisch – psychotherapeutischen Behandlung. In: Krankenhauspsychiatrie 16, S. 51 – 54.

[15] Suizidrate : Zahl der Suizide pro Jahr pro 100.000 Einwohner.

[16] vgl. Quednow, Boris B.: Suizid. www.meb.uni-bonn.de, Eingesehen am 21.12.2005.

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Suizidalität und ihre Diagnostik
Hochschule
Universität Vechta; früher Hochschule Vechta  (Erziehungswissenschaften)
Veranstaltung
Sozialpädagogische Diagnostik, Fallanalyse und Hilfeplanung : Lebensweltanalyse
Note
1,5
Autor
Jahr
2006
Seiten
20
Katalognummer
V54514
ISBN (eBook)
9783638496995
ISBN (Buch)
9783638765602
Dateigröße
469 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Suizidalität, Diagnostik, Sozialpädagogische, Diagnostik, Fallanalyse, Hilfeplanung, Lebensweltanalyse
Arbeit zitieren
Britta Brokate (Autor:in), 2006, Suizidalität und ihre Diagnostik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/54514

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