Die Reichsbürgerbewegung. Eine Herausforderung für die Mitarbeiter von Behörden


Facharbeit (Schule), 2020

27 Seiten

Anonym


Leseprobe


Inhalt

Einleitung

1. Verhältnis Deutsches Reich – Bundesrepublik Deutschland
1.1. Definition und Erläuterung der Reichsbürgerbewegung
1.2. Entstehungsgeschichte der Reichsbürgerbewegung
1.3. Ideologie der Reichsbürger

2. Umgang mit Reichsbürgern
2.1. Persönlicher Umgang mit Reichsbürgern
2.2. Behördlicher Umgang mit selbsterstellten Legitimationspapieren
2.3. Behördliche Schreiben und Bescheide
2.4. Nichtanerkennung von amtlichen Zustellungen der Bundesrepublik
2.5. Beglaubigung der selbsterstellten Dokumente
2.6. Umgang mit Reichsbürgern bei einer Vollstreckung
2.7. Erfordernis einer konsequenten Verhaltensweise gegenüber Reichsbürgern

3. Strafrechtliche Konsequenzen
3.1. Konsequenzen beim Gebrauch selbsterstellter Legitimationspapiere
3.2. Widerstand bei einer Vollstreckung
3.3. Straftaten gegen die Öffentliche Ordnung
3.4. Bisherige Rechtsprechungen im Zusammenhang mit der Reichsbürgererscheinung

Fazit

Literaturverzeichnis

Einleitung

„Regelmäßig tauchen in den Tageszeitungen Meldungen zu Bürgern auf, die die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und deren Rechtssystem ablehnen.“1 Aufgrund von daraus resultierenden Auseinandersetzungen werden im folgenden Polizisten schwer verletzt oder Steuern die vermeintlich rechtswidrig sind nicht gezahlt. Zudem handelt es sich um ein aktuelles Phänomen, welches durch Nachrichten und soziale Medien zunehmend präsenter für die deutsche Gesellschaft wird. Um die nötigen Informationen zum Erstellen dieser Seminararbeit zu erhalten, wurden unter anderen zwei Lektüren genutzt. Zum einem „Reichsbürger Die unterschätzte Gefahr“ von Andreas Speit und zum anderem „Reichsbürger, Selbstverwalter und Souveränisten Vom Wahn des bedrohten Deutschlands“ von Jan Rathje. Beide Autoren gelten als Experten auf dem Gebiet der rechtsextremen Szene in Deutschland. Jan Rathje wirkte sogar beim Erstellen staatlicher Leitfäden mit. Das Internet war hierbei ein weiterer wichtiger Bestandteil der Recherchen. Denn einzelne Bundesländer publizierten in jüngster Vergangenheit Ratgeber im Zusammenhang mit der Reichsbürgererscheinung. Als Beispiel hierfür gilt das Handbuch des Verfassungsschutzes Brandenburg oder der Leitfaden der Polizeifachhochschule in Sachsen-Anhalt. Diese analysierte ich systematisch und ließ Bestandteile in die vorgelegte Seminararbeit einfließen. Das Ziel der Seminararbeit ist aufzuzeigen wie deutsche Behörden, also unter anderem Polizei und Finanzamt mit den sogenannten Reichsbürgern umgehen. Das heißt in dieser Facharbeit wird erläutert welche Methoden die Staatsbeamten anwenden um Reichsbürgern erfolgreich das Handwerk zu legen und auch die damit verbundenen Konsequenzen, welche Zugehörige der Szene zu erwarten haben.

1. Verhältnis Deutsches Reich – Bundesrepublik Deutschland

Reichsbürger behaupten, dass das Deutsche Reich nach 1945 nicht untergegangen ist, sondern in der heutigen Zeit weiter existiert. So wird die Bundesrepublik Deutschland von Anhängern der Reichsbürgerszene nicht als souveräner und legitimer Staat anerkannt.

1.1. Definition und Erläuterung der Reichsbürgerbewegung

Für den Begriff Reichsbürgerbewegung existiert keine einheitliche Definition. Laut Jan Rathje versteht man unter dem Begriff Reichsbürger Menschen, „die das Deutsche Reich in den Grenzen von 1937 wiedererrichten wollen.“2 Jan-Gerrit Keil bietet die Grundlage einer Typologisierung, in welcher Reichsbürger als Menschen beschrieben werden, die glauben, dass sie bereits in einem Deutschen Reich leben und somit der Reichsregierung unterliegen.3 Im Weiteren besagt die Kategorisierung von Keil, dass Individuen, welche die Grenzen von 1937 wiederherstellen möchten Rechtsextremisten sind.4 So scheint die Unterteilung Keils exakter zu sein. Sie vermittelt den Eindruck, dass die Reichsbürgerbewegung eine große geschlossene Formation ist, welche zusammen arbeitet um ihre jeweiligen Ziele zu erreichen.5 Jedoch ist dem aber nicht so, denn es handelt sich hierbei um „sehr heterogene Gruppen und Einzelpersonen […] bei denen Spaltungen häufiger anzutreffen sind als Formen der Zusammenarbeit.“6 Es ist nahezu unmöglich, dass die verschiedenen Gruppen längerfristig miteinander arbeiten, da jede Konstellation sich als alleiniger Vertreter des Deutschen Reiches sieht.7 Reichsbürger propagieren also eigenständige Reichsregierungen. „Andere ‘Regierungen‘ und andere ‘Reiche‘ stellen aus ihrer Perspektive Verräter*innen bzw. Betrug dar.“8 Daraus ergibt sich „eine unüberschaubare Anzahl an Pseudostaatsregierungen“.9 „Darüber hinaus lässt sich die Zahl, der Anhängenden bisher nur unzureichend erfassen.“10 Ein ausschlagebener Punkt für die Nichterfassung von Mitgliedern derartiger Gruppen ist, dass „ [e]inzelne Akteure [abstreiten] Reichsbürger zu sein oder zur Bewegung zu gehören.“11 Diese bezeichnen sich dann beispielsweise als ‘Regimekritiker‘12. Die Forderung nach der Wiederherstellung des Deutschen Reiches findet in der breiten Öffentlichkeit keinen Anklang.13 „Veranstaltungen mit mehr als einer niedrigen dreistelligen Teilnehmerzahl sind nicht bekannt.“14 In den Sozialen Medien jedoch können bestimmte Seiten an die 40.000 Likes sammeln.15 „Längst finden sich […] heute Anhänger der verschiedenen Reichsideen auch in der Mitte der Gesellschaft – vom Polizeibeamten bis zum Anthroposophen.“16 So ermittelt beispielsweise die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth gegen einen 51-jährigen Polizeikommissar, der über sein Smartphone Kontakt zur Reichsbürgerszene gehabt haben soll.17 Auch Prominente hängen der Reichsbürgeridee an. „ Im Oktober 2011 überraschte [Xavier Naidoo] im ARD-‘Morgenmagazin‘ mit der Aussage, dass Deutschland ja ‘noch keinen Friedensvertrag‘ habe und ‘dementsprechend auch kein echtes Land und nicht frei‘ sei.“18 Daran erkennt man, dass Reichsbürger aus allen gesellschaftlichen Schichten stammen.

1.2. Entstehungsgeschichte der Reichsbürgerbewegung

„Die Freiheitsbewegung Deutsches Reich (FDR) und der Holocaustleugner Manfred Roeder begründeten sowohl die Symbolik als auch Vorgehensweisen für spätere ‘Reichsbürger‘-Gruppierungen[…].“19 So legten sie den Grundstein für das heutige Phänomen. „Eine nachhaltige Wiederbelebung des Reichsgedanken erfolgte am 12. September 1985.“20 Wolfgang Gerhard Günter Ebel übergab an diesem Tag dem damals regierenden Bürgermeister Berlins eine Ernennungsurkunde, in welcher er sich zum Generalbevollmächtigten des Deutschen Reiches erklärte.21 Wolfgang Gerhard Günter Ebel gründete die Kommissarische Reichsregierung (KRR), in der er sich selbst zum Reichskanzler ernannte.22 Diese Pseudoregierung gilt als bekannteste und erste selbstgegründete Reichsregierung und bezeichnet den Ursprung der heutigen Reichsbürgerbewegung. Gegen entsprechende Bezahlung bot Wolfgang Gerhard Günter Ebel „Personalausweise, Reisepässe, Führerscheine und weitere Papiere an […].“23 Darüber hinaus gründeten sich auch neue Regierungen, darunter Norbert Schittke und seine Exilregierung Deutsches Reich oder Volker Ludwigs Kommissarische Reichregierung.24 „Viele der späteren Reichsregierungen sind Abspaltung von der KRR, wobei sie Titel, Argumentationen und Aktionsformen übernommen haben.“25 Die Kommissarische Reichsregierung Ebels ist somit Vorläufer für die heutigen zahlreichen Pseudoregierungen. Ein Nachfolger der Reichsdeutschen Bewegung ist das Deutsche Kolleg.26 „Die Mitglieder des Deutschen Kollegs, Reinhold Oberlecher, Uwe Meenen und Horst Mahler [hatten] eine herausragende Rolle für die Entwicklung der extrem rechten Reichsideologie in den 1990er- und 2000er-Jahren […].“27

Für die aktuellen Phänomene ist weiterhin das Symbol des DK, die Wirmer-Flagge, von Bedeutung. Sie bildet ein schwarzes Kreuz mit goldenem Rahmen auf rotem Grund ab. Für das DK stellt sie den im noch handlungsfähigen Reich entstandenen Entwurf einer Flagge eines ‘Vierten Reiches‘ dar […].28

„Die Wirmer-Flagge ist seit dem Jahr 2014 ebenfalls im Umfeld deutscher rechtspopulistischen Bewegungen, wie etwa HoGeSa oder Pegida, deutlicher wahrzunehmen als in den Jahren zuvor.“29 Das zeigt wiederrum welchen massiven Einfluss das Deutsche Kolleg auf die Bevölkerung hat. Aufgrund von unterschiedlichen Auffassungen verließ Horst Mahler das Deutsche Kolleg, dennoch stand er mit Oberlecher und Meenen vor Gericht.30 „Dort inszenierten sie sich als ‘Reichsbürger‘ […].“31 Der Gerichtsprozess gab Horst Mahler in der gesamten deutschen Öffentlichkeit Aufmerksamkeit, die er nutzte um seine Thesen publik zu machen.

Horst Mahler nahm im Anschluss die prominenteste Rolle innerhalb des ‘Reichsbürger‘-Milieus ein. Der Prozess hatte ihm ausreichend Bühne geboten, die er im Sinne der Strategie der Wortergreifung nutzte, indem er durch Holocaustleugnung Aufmerksamkeit für das Thema der ‘jüdischen Weltverschwörung‘ gegen die Deutschen in der Öffentlichkeit zu erzeugen versuchte.32

Im Jahr 2004 gründete Horst Mahler eine Vereinigung mit dem Namen Reichsbürgerbewegung, welche für die Namensgebung des aktuellen gesellschaftlichen Phänomens verantwortlich zu sein scheint.33 Innerhalb dieser Organisation werden „Schulungsveranstaltungen in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Kolleg durch[geführt].“34 Dort werden Teilnehmern die Thesen und Auffassungen systematisch zu vermitteln.

1.3. Ideologie der Reichsbürger

„Das Fundament der Reichsideologie bilden sechs vermeintliche Argumentationen.“35 Diese können aber auf einfachste Weise entkräftet werden. Zunächst wird behauptet, dass das Grundgesetz keine Verfassung ist. Besonders der Artikel 146 GG ist für die Argumentationsketten der Reichsbürgerbewegung von Bedeutung: „Dieses Grundgesetz, das nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für das gesamte deutsche Volk gilt, verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist.“36 Nach dem Zweiten Weltkrieg forderten die Siegermächte explizit eine verfassungsgebende Versammlung. Das Grundgesetz erhielt seinen Namen durch die Hoffnung der baldigen Wiedervereinigung von Ost- und Westdeutschland. Daher machte die Wortwahl keinen Unterschied im rechtlichen Sinne.37 Der ausgewählte Name Grundgesetz gibt Reichsbürgern einen gewissen Interpretationsspielraum, den sie sich zunutze machen. Außerdem wird die These vertreten, dass das Grundgesetz keine direkten demokratischen Legitimation besitzt.38 Dieses Argument trifft teilweise zu, wenn man die Legitimation nur als gegeben ansieht, wenn das Grundgesetz durch eine Volksabstimmung (Referendum) entsteht. „Das ist aber für eine Verfassung nicht zwingend nötig.“39 Trotzdem fand eine Legitimation durch den Parlamentarischen Rat statt, denn die Mitglieder waren demokratisch gewählte Landtagsabgeordnete.40 Es kommt also auf die Definition des Wortes Legitimation an. Ob das Grundgesetz demokratisch legitim gewählt wurde ist also Auslegungssache. Als drittes Argument wird behauptet, dass das Grundgesetz keine Gültigkeit besitzt.41 „Am 17. Juli 1990 soll US-Außenminister James Baker die Bundesregierung angewiesen haben, den Artikel 23 GG räumlicher Geltungsbereich […] aufzuheben, damit wäre auch das GG insgesamt aufgehoben worden.“42 Dies stimmt aber nicht, denn die Aufhebung erfolgte aufgrund der Annäherung von West- und Ostdeutschland.43 Dazu fand am 17. Juli 1990 ein Vorverhandlungstreffen zum „Zwei-plus-vier-Vertrag“ statt, in welchem alle völkerrechtlichen Fragen geregelt wurden. Selbst ohne gültigen Geltungsbereich wäre das Grundgesetz rechtskräftig.44 Denn die „sogenannte Ewigkeitsklausel des Grundgesetztes sichert dieses zusätzlich ab.“45 Darrüberhinaus wird oft die These aufgestellt, dass die Bundesrepublik nicht souverän, sondern besetzt ist.46 Dies lässt sich durch geschichtliche Belege entkräften. „Die Souveränität der DDR und der BRD ist seit 1954 durch eine Erklärung der UdSSR […] gegeben.“47 Spätestens 1990 ist die Bundesrepublik Deutschland souverän, durch den rechtskräftigen „Zwei-plus-vier-Vertrag“. Als fünftes wird behauptet, dass Deutschland keinen Friedensvertrag hat. „Zwei Varianten werden vorgetragen.“48 Es wird auf den Versailler Vertrag verwiesen, welcher vom US-Kongress nicht ratifiziert wurde. Dies bedeutet wiederrum, dass sich Deutschland mit den USA noch im Krieg befinden würde.49 „ Zwar ist der Versailler Vertrag in der Tat nicht ratifiziert worden, doch 1921 haben die USA und das Deutsche Reich einen Separatfrieden abgeschlossen.“50 Die andere Variante besagt, dass es nach dem Zweiten Weltkrieg keinen Friedensvertrag gibt. Dies stimmt zwar, jedoch wurde eine einseitige Friedenserklärung der USA abgeben und zudem gilt der Zwei-plus-vier-Vertrag als gesonderter Friedensvertrag.51 Durch das Auslassen von geschichtlichen Ereignissen wird sich das Argument zu Gunsten der Reichsbürgerszene zurecht gelegt. Als letztes Argument wird behauptet die Bundesrepublik Deutschland ist eine Firma und man kann sie unter dem Namen BRD GmbH im Firmenverzeichnis finden. „Die Behörden von Bund, Ländern, Kommunen und die Verfassungsorgane sind zwar im Firmenverzeichnis zu finden, aber das nur, weil sie zugleich auch Akteure im Wirtschaftssystem sind.“52 Zudem wird diese Argumentation der Reichsbürger mit dem Beleg untermauert, „dass der Personalausweis im Namen den Begriff ‘Personal‘ führt […].“53 So schlussfolgern Akteure der Szene, die Inhaber eines Personalausweises sind das Personal eines Unternehmens. Also Angestellte der „BRD GmbH“. Jedoch bezieht sich das Wortfragment „Personal“ auf die Personalien im Ausweis.54 Auch hier bietet der Begriff erneut Interpretationsmöglichkeit. Bei den genannten Argumentationen sind Reichsbürger der vollen Überzeugung, dass sie im Recht. „In den Erzählungen von ‘Reichsbürgern‘ […] wird die Verschwörung gegen das Volk durchgeführt […].“55 Laut den Reichsbürgern richtet sich diese Verschwörung explizit auf das deutsche Volk. Feindbilder sind zunächst Menschen, die sich mit ihrem Handeln gegenüber dem deutschen Volk zu Verschwörer*innen machen.56 „Die ‘Weltverschwörung gegen die Deutschen ist, wie sich bereits gezeigt hat […] eine Verschwörungsideologie, die mit dem Bezug auf ‘Reichsbürger’ eine besondere Spezifik aufzeigt.“57 Durch die Verschwörungsideologie kommt ein Feind- und Selbstbild zustande, mit welchem man sich identifizieren kann.58 Zudem findet ein unbewusster Abwehrmechanismus statt „Widersprechende Informationen und Personen werden von ihnen entweder ignoriert […] oder, um die eigene Identität widerspruchsfrei zu halten, als Teil der ‘bösen‘ Verschwörung identifiziert.“59 Manche Rechtsextreme bezeichnen sich als auch Reichsbürger, jedoch trifft der Begriff im soziologischen Sinne nicht auf sie zu.60 Das führt zwangsläufig dazu, dass sich unter Reichsbürgern auch Menschen mit extrem Rechten Ansichten ansammeln. So wird auch die jüdische Weltverschwörung ein Teil der Ideologie mancher vermeintlicher Reichsbürger. „Der ‘Mythos der jüdischen Weltverschwörung‘ stellt eine komplexe Verknüpfung vieler […] Stereotype dar.“61 Ein Beispiel hierfür ist, dass alle Juden großen Reichtum genießen. „Der moderne Antisemitismus und die Protokolle der Weisen von Zion bilden die Grundlage für jene extremen Rechten Bewegungen, auf die sich die Reichsideologie des Milieus bezieht.“62 Der beschriebene Mythos bietet die Möglichkeit alles Übel auf das jüdische Volk zu schieben.63 Obwohl es den Mythos schon vor dem Mittelalter gab, spielt er in der modernen Gesellschaft immer noch eine Rolle. Viele Rechtsextremisten schieben so alles Übel auf der Welt auf die Juden.

2. Umgang mit Reichsbürgern

Die klassischen Reichsbürger treten den kommunalen Behörden meist als Einzelpersonen gegenüber und werden von der Öffentlichkeit nicht gleich als solche erkannt. Die Kommissarische Reichsregierung wird hingegen durch das Geltungsbedürfnis des führenden Vertreters eher wahrgenommen. Des Weiteren tritt die Kommissarische Reichsregierung als kommerzielles Unternehmen auf, welches Pässe, Ausweise und Führerscheine sowie Nummernschilder verkauft.64 Reichsbürger geben sich gerade dann zu erkennen, wenn es um Geldzahlungen geht, welche zu begleichen sind. In letzter Zeit sind Reichsbürger auch ohne finanziellen Hintergrund in Erscheinung getreten, sondern mit gezielten politischen Forderungen. So fordert beispielsweise die administrative Regierung des Freistaats Preußen, dass die Kreisverwaltung die Aushändigung von Personalausweisen einstellt, da die Pseudoregierung dies als ihren Aufgabenbereich wahrnimmt.65 Im Generellen protestieren viele Reichsbürger vor Behörden oder sogar vor dem Bundestag in Berlin, um dort die vermeintliche Nichtexistenz der Bundesrepublik Deutschland anzuzweifeln und ihre Argumentationen vor Ort in der Öffentlichkeit zu vertreten.

2.1. Persönlicher Umgang mit Reichsbürgern

„Im persönlichen Umgang ist es zu raten, den Reichsbürgern mit vorsichtiger Distanz und größter Sachlichkeit zu begegnen.“66 Es sollte vermieden werden, sich auf längere Diskussionen über einzelne Argumente einzulassen.67 Denn Reichsbürger lassen sich nicht durch logische Schlussfolgerungen und Argumentationen überzeugen. Sie weichen in der Regel nicht von ihrer Ideologie ab. Da sie alle logischen Argumente ignorieren oder als Teil der Weltverschwörung identifizieren. Dennoch sollte durch gezieltes Nachfragen nach historischen Belegen, Fundstellen und rechtlichen Grundlagen die Argumentation der Reichsbürger erschüttert werden. „In aller Regel verfügen die Anhänger einer Reichsideologie nicht über das intellektuelle Rüstzeug sowie die rechtlichen und historischen Kenntnisse, um gezielten Nachfragen fundiert antworten zu können.“68 Darüber hinaus haben manche Argumente von Reichsbürgern kein wissenschaftliches Fundament, da historische Quellen die Sachlage eindeutig darlegen. Dies muss aber in jedem Fall mit größter Vorsicht unternommen werden, denn Reichsbürger, die sich in die Ecke gedrängt und sich somit verbal angegriffen fühlen, neigen schnell zu starken Aggressionen oder Gewalttätigkeit.69 Mitarbeitern von Behörden wird geraten „Gespräche mit Reichsideologen nie allein zu führen, um für spätere Dienstaufsichtsbeschwerden und Strafanzeigen, notfalls Zeugen für das Gesagte und Getane zu haben.“70 Über geführte Telefonate oder Gespräche, die ohne Zeugen geführt wurden, ist die Anfertigung eines ausführlichen schriftlichen Vermerks zwingend erforderlich und sollte zu den Akten gelegt werden damit alle Vorgänge während der Kommunikation dokumentiert sind.71 So können keine falschen Tatsachen im Nachhinein behauptet werden.

[...]


1 Alter, Steve: "Reichsbürger" und "Selbstverwalter" - eine zunehmende Gefahr?. Internetpublikation unter: https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/topthemen/DE/topthema-reichsbuerger/topthema-reichsbuerger.html [Stand: 10.11.2019]

2 Rathje, Jan: Reichsbürger, Selbstverwalter und Souveränisten Vom Wahn des bedrohten Deutschen, Münster 2018, S. 31.

3 Vgl. ebd. S.45-47.

4 Vgl. ebd. 47.

5 Vgl. ebd. S. 31.

6 Vgl. ebd.

7 Vgl. ebd.

8 Ebd.

9 Ebd.

10 Ebd.

11 Speit, Andreas: Reichsbürger Die unterschätzte Gefahr, Berlin 2017, S. 14.

12 Ebd.

13 Rathje, 2017, S. 31.

14 Rathje, 2017, S. 31.

15 Vgl. ebd. S. 31-32.

16 Speit, 2017, S. 10.

17 Vgl. ebd.

18 Ebd. S. 15.

19 Krüger, Yasemin: „Reichsbürger“ als eigenständiges soziales Protestphänom, 2017. Internetpublikation unter: http://forschungsjournal.de/sites/default/files/fjsbplus/fjsb-plus_2017-2_krueger.pdf [Stand: 30.11.2019].

20 Speit, 2017, S. 11.

21 Vgl. ebd.

22 Vgl. ebd.

23 Ebd. S. 12.

24 Vgl. ebd. S. 13.

25 Ebd.

26 Vgl. Krüger, Yasemin: „Reichsbürger“ als eigenständiges soziales Protestphänom, 2017. Internetpublikation unter: http://forschungsjournal.de/sites/default/files/fjsbplus/fjsb-plus_2017-2_krueger.pdf [Stand: 30.11.2019].

27 Rathje, 2017,S. 63.

28 Ebd. S. 65.

29 Rathje, 2017, S. 65.

30 Vgl. ebd. S. 66.

31 Ebd.

32 Ebd.

33 Vgl. ebd. S. 68.

34 Ebd.

35 Speit, 2017,S. 16.

36 Ebd. S. 17.

37 Vgl. ebd.

38 Vgl. ebd.

39 Ebd.

40 Vgl. ebd.

41 Vgl. ebd.

42 Ebd.

43 Vgl. ebd.

44 Vgl. ebd. S. 18.

45 Speit, 2017,S. 18.

46 Vgl. ebd.

47 Ebd.

48 Ebd.

49 Vgl. ebd.

50 Ebd.

51 Vgl. ebd.

52 Ebd.

53 Ebd.

54 Vgl. ebd.

55 Rathje, 2017, S. 39.

56 Vgl. ebd.

57 Rathje, 2017, S. 39.

58 Ebd. S. 40.

59 Ebd.

60 Vgl. ebd. S. 47.

61 Ebd. S. 50.

62 Ebd. S. 53.

63 Vgl. ebd.

64 Vgl. Speit, 2017, S. 79.

65 Vgl. ebd. S. 80.

66 Wetzel, Gerhard: Zum praktischen Umgang mit der Reichsbürger- Bewegung – Aspekte der Strafbarkeit und Straf-verfolgung, 08.11.2014. Internetpublikation unter: https://mi.sachsen-anhalt.de/fileadmin/Bibliothek/Politik_und_Verwaltung/MI/MI/4._Service/Publikationen/4._Verfassungsschutz/Brosch%C3%BCren/Tagungsband_Reichsbuerger.pdf [Stand:01.01.2020].

67 Vgl. ebd.

68 Vgl. ebd.

69 Vgl. Wetzel, Gerhard: Zum praktischen Umgang mit der Reichsbürger- Bewegung – Aspekte der Strafbarkeit und Straf-verfolgung, 08.11.2014. Internetpublikation unter: https://mi.sachsen-anhalt.de/fileadmin/Bibliothek/Politik_und_Verwaltung/MI/MI/4._Service/Publikationen/4._Verfassungsschutz/Brosch%C3%BCren/Tagungsband_Reichsbuerger.pdf [Stand:01.01.2020].

70 Ebd.

71 Vgl. ebd.

Ende der Leseprobe aus 27 Seiten

Details

Titel
Die Reichsbürgerbewegung. Eine Herausforderung für die Mitarbeiter von Behörden
Jahr
2020
Seiten
27
Katalognummer
V542584
ISBN (eBook)
9783346154071
Sprache
Deutsch
Schlagworte
behörden, eine, herausforderung, mitarbeiter, reichsbürgerbewegung
Arbeit zitieren
Anonym, 2020, Die Reichsbürgerbewegung. Eine Herausforderung für die Mitarbeiter von Behörden, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/542584

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