Gewinn als realer Gewinn: Substanzwertrechnung und Realwertrechnung

HGB und IAS/ IFRS


Seminararbeit, 2005

20 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Problemstellung

2 Zur Berücksichtigung der Inflation in der externen Rechnungslegung
2.1 Realwerterhaltung und realwerterhaltender Gewinnbegriff
2.2 Die Nominalwertrechnung im deutschen Handels- und Steuerrecht
2.3 Die Regelung zur Inflationsbereinigung in den IFRS

3 Bilanzgewinn und organische Bilanztheorie
3.1 Die Grundidee der organischen Bilanztheorie
3.2 Inflationsbereinigter Gewinn und Wiederbeschaffungswerte
3.3 Die Neubewertungsrücklage nach IFRS als organische Wertänderung am ruhenden Vermögen?
3.4 Abgrenzung von organischer Bilanz und Erfolgsrechnung

4 Kritische Würdigung: Informationswert einer organischen Bilanzierung?
4.1 Informationsnutzen für die Unternehmung selbst?
4.2 Informationsnutzen für die Anteilseigner?
4.3 Informationsnutzen für die Gläubiger?
4.4 Informationsnutzen für die Öffentlichkeit?

5 Thesenförmige Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

Rechtsquellenverzeichnis

Urteilsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Problemstellung

Die Diskussion um eine Inflationsbereinigung in der Rechnungslegung der Unternehmungen gewann in Zeiten hoher Inflation immer wieder an Bedeutung.[1] Die Situation ist heute eine andere. Die Gegenwart ist von einem weltweiten Rückgang der Inflation gekennzeichnet, was zunächst bedeuten könnte, dass auch das Interesse der Rechnungslegungsadressaten an Informationen über die Wirkungen von Preisänderungen nachlässt. Gleichwohl stellt sich grundsätzlich die Frage nach einer Inflationsbereinigung des bilanziellen Gewinns, weil dessen Bedeutung im Hinblick auf seine Informationsfunktion durch den globalen Siegeszug der investor-orientierten IAS / IFRS eher noch gestiegen ist.[2] Aus diesem Grund befasse ich mich in Abschnitt 2 meiner Seminararbeit damit, die grundlegenden Konzepte und den gegenwärtigen Stand der nationalen und internationalen Rechnungslegungsnormen zur Inflationsbereinigung darzustellen.

Meine Ausführungen in Abschnitt 3 beziehen sich dann auf die von Fritz Schmidt ausgearbeitete organische Bilanztheorie. Den Anstoß für die Entwicklung seiner Theorie gab die in den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts vorherrschende Inflation, die zeitweilig ein sehr hohes Ausmaß annahm. In Zeiten hoher Inflation ist die Kernidee seiner Theorie, die tatsächlichen Substanzwerte der Unternehmung auszuweisen und den echten Gewinn vom inflationären Scheingewinn zu trennen, mehrfach dazu verwendet worden, der Forderung nach Abkehr von der Besteuerung und Ausschüttung inflationsbedingter Scheingewinne Nachdruck zu verleihen.[3]

Abschließend möchte ich den Informationswert einer organischen Bilanzierungs-weise im Sinne Schmidts kritisch würdigen. Dazu soll der Informationswert für die Unternehmung selbst und die externen Rechnungslegungsadressaten auf deren Nutzen hin untersucht werden. Die Vielzahl externer Adressaten wird dabei von mir in drei Gruppen zusammengefasst: Anteilseigner, Gläubiger und Öffentlichkeit (Fiskus, Volkswirtschaft).

2 Zur Berücksichtigung der Inflation in der externen Rechnungslegung

2.1 Realwerterhaltung und realwerterhaltender Gewinnbegriff

Die Inflation wird als eine Situation verstanden, in der die Durchschnittspreise für Güter und Dienstleistungen in einer Volkswirtschaft über einen längeren Zeitraum hinweg ansteigen oder, anders ausgedrückt, die allgemeine Kaufkraft des Geldes abnimmt.[4] Das Problem für die Rechnungslegung besteht nun darin, dass in Zeiten hoher Inflation „die Geldeinheiten verschiedener Perioden nicht vergleichbar sind“.[5] Das bedeutet, dass den Ausgaben der Vorperiode die Umsatzerlöse der laufenden Rechnungsperiode in Geldeinheiten ungleicher Kaufkraft gegenübergestellt werden.[6] Dadurch kommt es zum Ausweis inflationärer Scheingewinne im Jahresabschluss, welche „der Differenz zwischen den in der Gewinn- und Verlustrechnung enthaltenen Aufwendungen und den um die allgemeine Geldentwertung korrigierten Aufwendungen nach Verrechnung mit inflationsbedingten Schuldnergewinnen“[7] entsprechen.

Das Konzept der Realwerterhaltung sieht nun vor, einen Inflationsausgleich im Jahresabschluss der Unternehmung herbeizuführen, um das „ursprünglich eingesetzte Geldkapital [der Anteilseigner; Anm. d. Verf.] in Einheiten konstanter Kaufkraft zu erhalten“.[8] Damit ist gemeint, dass die Effekte inflationsbedingter Preissteigerungen, deren Ursachen vor allem in der Höhe der Geldentwertung, in der Dauer der Bindung der Vermögensgegenstände in der Unternehmung und in der Art der Finanzierung zu sehen sind, mit Hilfe eines generellen Preisindexes neutralisiert werden.[9] Dem Konzept der Realwerterhaltung liegt damit eine kaufkraftindizierte Realwertrechnung zugrunde, bei der die nicht-monetären Vermögenswerte mit einem allgemeinen Preisindex als stabilem Wertmaßstab umgerechnet werden.[10] Nach diesem Konzept ergibt sich der realwerterhaltende (reale) Gewinn durch eine Inflationsbereinigung des nominalen Gesamtgewinns und „bezeichnet [...] die aus dem Umsatz resultierende Kaufkraftmehrung“,[11] die in Einheiten gleicher Kaufkraft ausgedrückt wird. Dieser inflationsbereinigte Gewinn gibt die reale Ertragslage der Unternehmung wieder und erweist sich als Indikator für die künftigen realen Ausschüttungen.[12] Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Unternehmung wäre danach erhalten, wenn nur der reale Zuwachs an Einkommen besteuert und die Ausschüttung auf Grundlage des realen Gewinns erfolgen würde.[13]

Wird hingegen die Kaufkraft der Beträge erhalten, zu denen die eingesetzten Vermögenswerte der Unternehmung am Anfang des Jahres ausgewiesen wurden, spricht man von der Substanzwerterhaltung.[14] Dieses Konzept basiert auf einer Substanzwertrechnung, bei der neben der Inflation auch spezifische Preisänderungen und der technische Fortschritt berücksichtigt werden.[15] Hiernach wird die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit aufrechterhalten, wenn der Umsatzerlös oder der Verbrauch zur Wiederbeschaffung eines identischen Vermögenswertes ausreicht.[16]

2.2 Die Nominalwertrechnung im deutschen Handels- und Steuerrecht

Die handels- und steuerrechtliche Rechnungslegung fußt auf dem Konzept der Nominalwerterhaltung, was bedeutet, dass Geldwertänderungen bei der Bewertung des ursprünglich eingesetzten Kapitals nicht berücksichtigt werden.[17] Dies kommt bei der Bewertung von Vermögenswerten und Schulden auf der Basis von Anschaffungs- oder Herstellungskosten in § 253 HGB zum Ausdruck. Damit liegt dem Konzept der Nominalwerterhaltung „eine Nominalwertrechnung zugrunde, die von einer Geldeinheit als einem im Zeitablauf konstanten Wertmaßstab ausgeht“.[18] Der danach berechnete Nominalgewinn entsteht durch Zunahme des Eigenkapitals und unterliegt in voller Höhe der Besteuerung und Ausschüttung.[19] Bei steigenden Preisen folgt daraus, dass der Unternehmung Kapital entzogen wird, weil diejenigen Gewinnanteile am Nominalgewinn, die zur Erhaltung der wirtschaftlichen Leistungs-fähigkeit notwendig sind, nicht in der Unternehmung verbleiben (Scheingewinne).[20]

2.3 Die Regelung zur Inflationsbereinigung in den IFRS

Im Rahmen der IFRS befasst sich derzeit nur IAS 29 mit der Inflationsproblematik, dessen Zielsetzung es ist, „die Wirkung der Inflation auf den Aussagegehalt [des Jahresabschlusses; Anm. d. Verf.] transparent zu machen und diesen Verzerrungen durch geeignete Techniken der Inflationsbereinigung [...] entgegenzuwirken“.[21] Den Anlass zur Entwicklung von IAS 29 gaben einige lateinamerikanische Länder, in denen die Inflation während der achtziger Jahre zeitweise extrem hoch war.[22] Der Standard bezieht sich nur auf die Rechnungslegung in Hochinflationsländern und ist gemäß IAS 29.1 verpflichtend anzuwenden, wenn Anhaltspunkte für eine Hochinflation im Sinne von IAS 29.3 vorliegen. Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, schreibt der Standard „eine Abkehr von der Nominalwertrechnung vor“.[23] IAS 29 verfolgt nun das Konzept der Realwerterhaltung, wonach der komplette Abschluss mit Hilfe eines allgemeinen Preisindexes auf die historischen Zahlen umgerechnet wird.[24] Die indexierten Wertansätze der Abschlussposten werden somit in Einheiten mit den Kaufkraftverhältnissen am Bilanzstichtag ausgedrückt.[25]

IAS 15, welcher bisher freiwillig anzuwenden war und verschiedene Methoden zur Berücksichtigung der Auswirkungen von Preisänderungen enthalten hatte, ist mit Wirkung vom 1. Januar 2005 durch das IASB und in der Folge mit Verabschiedung der EU-Verordnung[26] durch die Europäische Kommission am 29.12.2004 gestrichen worden. IAS 15 hatte sowohl die Realwerterhaltung wie die Substanzwerterhaltung oder auch eine Kombination aus beiden Methoden als zulässig angesehen.[27]

[...]


[1] Vgl. Wiedmann / Euler (1991), S. 310 f.

[2] So sind alle kapitalmarktorientierten Unternehmungen in der Europäischen Union für Geschäftsjahre ab 2005 dazu verpflichtet, ihren Konzernabschluss nach den IFRS aufzustellen.

[3] Vgl. Fries (1988), S. 655.

[4]Vgl. Strobel (1980), S. 215.

[5]Wiedmann / Euler (1991), S. 312.

[6]Vgl. Moxter (1982), S. 184.

[7]Havermann (1974), S. 428.

[8]Wiedmann / Euler (1991), S. 313.

[9]Vgl. Havermann (1974), S. 425 f., S. 428.

[10] Vgl. Wiedmann / Euler (1991), S. 313.

[11] Moxter (1982), S. 184.

[12] Vgl. Moxter (1998), S. 283.

[13] Vgl. Moxter (1998), S. 286.

[14] Vgl. Wiedmann / Euler (1991), S. 314.

[15] Vgl. Becker (1992), S. 548.

[16] Vgl. Havermann (1974), S. 429.

[17] Vgl. Becker (1992), S. 547.

[18] Wiedmann / Euler (1991), S. 311.

[19] Vgl. Havermann (1974), S. 424.

[20] Vgl. Wiedmann / Euler (1991), S. 311 f.

[21] Adler / Düring / Schmaltz (2003), Abschn. 6, Tz. 2, S. 3.

[22] Vgl. Wiedmann / Euler (1991), S. 311.

[23] Adler / Düring / Schmaltz (2003), Abschn. 6, Tz. 4, S. 3.

[24] Vgl. Busse von Colbe (2002), Teil B, IAS 29, Tz. 3, S. 2.

[25] Vgl. Wagenhofer (2005), S. 394.

[26] Vgl. Artikel 1 der Verordnung (EG) Nr. 2238/2004 der Europäischen Kommission vom 29.12.2004 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1725/2003 betreffend die Übernahme bestimmter inter-nationaler Rechnungslegungsstandards, Amtsblatt der EU Nr. L 394 vom 31.12.2004, S. 1 f.

[27] Vgl. Kirsch (2002), Teil B, IAS 15, Tz. 10-11, S. 5 f.

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Gewinn als realer Gewinn: Substanzwertrechnung und Realwertrechnung
Untertitel
HGB und IAS/ IFRS
Hochschule
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main
Veranstaltung
Seminar: Bilanzierungsfragen
Note
2,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
20
Katalognummer
V54187
ISBN (eBook)
9783638494489
ISBN (Buch)
9783656521235
Dateigröße
500 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Referat im Rahmen des Seminars 'Bilanzierungsfragen nach IAS / IFRS und HGB'
Schlagworte
Gewinn, Substanzwertrechnung, Realwertrechnung, IAS/, IFRS, Seminar, Bilanzierungsfragen
Arbeit zitieren
Roman Damm (Autor:in), 2005, Gewinn als realer Gewinn: Substanzwertrechnung und Realwertrechnung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/54187

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