Qualitative Inhaltsanalyse und Interviewleitfaden als Grundlagen qualitativer Forschung


Einsendeaufgabe, 2019

25 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1. C1: Konzeption des qualitativen Interviewleitfaden zur Ermittlung der Kundenbindung bei Abonnementzeitungen
1.1. Operationalisierung und Konzeption der Fragengestaltung
1.2. Darstellung der Leser- bzw. Rezipientengruppen
1.3. Beschreibung der qualitativen Stichprobe
1.4. Durchführung der Interviews

2. C2 – Qualitative Fallauswahl
2.1. Definition der qualitativen Fallauswahl und die Verfahren
2.2. Unterschiede zu repräsentativen Stichprobeverfahren

3. C3 – Qualitative Inhaltsanalyse
3.1. Unterschied zwischen quantitativer und qualitativer Inhaltsanalyse und typische Anwendungsfelder
3.2. Grundbegriffe qualitative Inhaltsanalyse
3.3. Ablauf einer qualitativen Inhaltsanalyse
3.4. Notwendigkeit einer qualitativen Inhaltsanalyse mit zwei Praxisbeispielen

Anlage 1

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1 - Unterschiede zwischen qualitativer und quantitativer Stichprobe, Quelle: eigene Darstellung

1.C1: Konzeption des qualitativen Interviewleitfaden zur Ermittlung der Kundenbindung bei Abonnementzeitungen

1.1. Operationalisierung und Konzeption der Fragengestaltung

In der qualitativen Forschung werden verbale Daten auf zwei Arten gewonnen: durch Erzählung oder mittels Leitfadeninterview. Wird bei der Fragestellung der Schwerpunkt auf den Verlauf des einzelnen Falls und den Kontext von Erfahrungen gelegt, wird meistens das Erzählverfahren ausgewählt. Sind allerdings konkrete Aussagen über einen Gegenstand Ziel der Datenerhebung, wird das Leitfadeninterview genutzt 1.

Ein Leitfadeninterview ist ein Leitfaden mit offen formulierten Fragen für den Interviewer. Aufgrund des konsequenten Einsatzes des Leitfadens, wird die Vergleichbarkeit der Daten erhöht und die Daten durch die Fragen eine Struktur. Der Leitfaden ist somit Orientierung für den Interviewer und stellt zugleich sicher, dass keine wesentlichen Aspekte vergessen gehen. Das Interview muss allerdings nicht strikt nach dem Leitfaden durchgeführt werden. Die Reihenfolge der Fragen muss nicht vollständig eingehalten werden. Der Interviewer kann selbst entscheiden, ob und wann er detailliert Rückfragen stellt, ausholende Ausführungen des Befragten unterstützt bzw. ob und wann er Ausschweifungen des Befragten zum Leitfaden zurückkehrt. Da das Ziel einer qualitativen Forschung Offenheit ist, sollte sich der Interviewer auch nicht zu starr nach dem Ablauf des Leitfadens richten und in falschen Momenten Ausführungen unterbrechen. Allerdings sollte er auch Themen irrelevante Ausschweifungen erkenn und verhindern. Aufgrund der Komplexität zwischen Relevanz des Gesagten und den noch nicht beantworteten Fragen, der situativen Einzelentscheidungen während des Interviews und der notwendigen Sensibilität dem Befragten gegenüber, ist ein Interviewtraining für den Interview vorab unerlässlich 2.

Durch die Vielzahl digitaler Medien hat sich die Nutzung von Printprodukten der Presseverlage verringert. Dies führt zu einer Verschiebung der Bedeutung des klassischen Print-Abonnements. Ein Abonnement bedeutet eine mittel- bis langfristige Bindung eines Lesers oder Nutzers an ein journalistisches, redaktionelles Produkt. Allerdings ist dies in der heutigen Multioptionsgesellschaft schwierig. Menschen möchten sich bei vielen Lebensentscheidungen letztlich nicht mehr festlegen, sondern sich stattdessen möglichst viele Entscheidungsvarianten offen halten. Dies fällt unmittelbar auf klassische Abonnementverpflichtungen zurück. Hinzukommt, dass die Anerkennung des finanziellen Werts journalistischer Leistungen gesunken ist. Entsprechend hängt die Zukunftsfähigkeit des Abonnements davon ab, dass es gelingt nicht nur inhaltlich Medienprodukte zu konzeptionieren, sondern auch bei Geschäfts- und Erlösmodellen den Erwartungen der Leser zu entsprechen 3.

In der folgenden Tabelle ist das Konstrukt „Kundenbindung bei Zeitungen“ von Rogall auf drei Spalten dargestellt. Rogall untersuchte die Leserbindung am Beispiel regionaler Abonnementzeitungen mit der multiplen Regressionsanalyse und brachte zum Ergebnis die folgenden Einflussfaktoren bzw. Dimensionen auf die Leserbindung bei Zeitungen 4: habituelle Mediennutzung, Variety Seeking, Kundenzufriedenheit, soziale sowie ökonomische Wechselhemmnisse, Produktfunktionen, Forschungsmethodik und Forschungsergebnis. Die fünf Dimensionen sind in weitere Kategorien und Indikatoren aufgeschlüsselt und in der folgenden Tabelle aufgeschlüsselt. Folgnd wird eine Operationalisierung der Indikatoren in Fragen für einen Interviewleitfaden in der vierten Spalte vorgenommen 5. Zum Teil werden diese Fragen eingeleitet, da entsprechende überleitende Formulierungen zwischen den Fragen vor allem für ungeübte Interviewer empfehlenswert sind 6.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Zur Formulierung wurden das Beispiel von Reinhardt und Ornau herangezogen 7. Auf Grundlage der erstellten Fragen, ist dieser Arbeit in der Anlage 1 der vollständige Interviewleitfaden zur Ermittlung der Kundenbindung für die Tageszeitung MUSTER (Name für eine Beispielzeitung) beigefügt.

1.2. Darstellung der Leser- bzw. Rezipientengruppen

Die Lesergruppe zu definieren ist in Bezug auf die Kundenbindung bei Zeitungen nicht einfach. Denn ein Abonnent ist nicht gleich auch der Leser der Zeitung. Nur im Falle eines Einpersonenhaushalts kann davon ausgegangen werden, dass der Käufer der Zeitung identisch mit dem Leser der Zeitung ist. Bei einem Mehrpersonenhaushalt z.B. einer Familie, wird i.d.R. nur eine Ausgabe bestellt, obwohl mehrere Familienmitglieder die Zeitung lesen. Wird hier nur der Abonnent zur Kundenbindung befragt, werden die anderen Leser nicht berücksichtigt. Denkbar ist aber auch, dass in einem Mehrpersonenhaushalt mehrere Zeitungsabonnements auf ein und dieselbe Person ausgestellt sind, obwohl der Abonnent selbst nur eine dieser Zeitungen liest. Beispielsweise könnte ein 8 Familienvater für seine Töchter eine Klatschzeitung mitbestellen, ohne sie zu lesen. Daher sollte vorab überlegt werden, ob die Befragung auf den Lesermarkt, mit Schwerpunkt auf die Höhe der verkauften Auflage, oder auf den Anzeigenmarkt, mit Augenmerk auf die Reichweite des Mediums, ausgeweitet wird. Wird sich für die Gruppe des Lesermarkts entschieden, ist es sinnvoll die Untersuchung der Kundenbindung auf kaufentscheidungsrelevante Personen, also die Abonnenten, konzentrieren. Allerdings sollte nicht vergessen werden, dass z.B. in einem Mehrpersonenhaushalt auch die anderen Leser den Kaufentscheidungsprozess nachhaltig beeinflussen. Wird der Anzeigenmarkt untersucht, sind die Werbekunden und somit die Anzahl aller Leser einer Zeitung relevant und nicht die Anzahl der Käufer 9. Nun ist abzuwägen, ob die Kundenbindung der Käufer und somit Zahler wichtiger ist und sich somit auf den Lesermarkt beschränkt wird, oder ob die Beeinflussung der anhängenden Leser ebenfalls als relevant für die Kundenbindung eingestuft wird. Wird die aktuelle Entwicklung hinzu Abonnements die geteilt werden können berücksichtigt, wie es z.B. der Spotify-Family oder der Netflix-Account für vier Freunde vormacht, sollte in dem Fall der Kundenbindung der Zeitungsabonnenten die Rezipientengruppe auf den Anzeigenmarkt ausgeweitet werden. Denn hiernach sind alle weiteren Leser auch Abonnenten. Dieser Trend bezieht sich auf viele weitere Alltagsgegenstände wie z.B. Autos und wird als Sharing Economy bezeichnet 10. Entsprechend beinhaltet die Lesergruppe die Abonnenten bzw. Käufer und deren Mitbewohner und Familienmitglieder.

1.3. Beschreibung der qualitativen Stichprobe

Wie in Kapitel 2.1 genauer definiert wird, ist in diesem Fall der Umfang und die Merkmale der Grundgesamtheit noch weitgehend unbekannt. Die Stichprobe wird somit während der Untersuchung erweitert und ergänzt 11.

Das könnte so aussehen, dass in dem Interview mit Herrn Muster (Abonnent X1) während der Befragung herausgefunden wird, dass seine Frau die von ihm abonnierte und bezahlte Zeitung wesentlich öfter liest und nutzt als er selbst. In diesem Fall sollte das Interview auf Frau Muster erweitert werden, da der Anzeigenmarkt als Lesergruppe im vorherigen Kapitel definiert wurde. Bei Herrn Beispiel (Abonnent Y2) besteht bereits vorab die Vermutung, dass in seinem Haushalt mehrere Personen die Tageszeitung nutzen, da in seinem Haushalt zwei volljährige Töchter wohnen. Im Laufe dieses Interviews müssten dann alle weiteren Leser der Familie Beispiel miteinbezogen werden. Umgekehrt wohnt Frau Vorlage (Abonnent Z3) ebenfalls in einem Mehrpersonenhaushalt. Hier wird ebenfalls vermutet, dass es weitere Leser der Tageszeitung MUSTER gibt, allerdings wird in dem Interview mit Frau Vorlage deutlich, dass sie die einzige Nutzerin ist, da ihr Mann sowie ihre Kinder jeweils eigene Abonnements bei anderen Zeitungen abgeschlossen haben. Entsprechend wird bei der Untersuchung der Kundenbindung der Tageszeitung MUSTER erst während der Durchführung der Interviews der Umfang des Anzeigenmarkts bekannt.

1.4. Durchführung der Interviews

Die erste Phase der Durchführung ist die Planungsphase und beinhaltet die gedankliche Vorbereitung einer Studie. Hier werden mögliche Anforderungen eines Forschungsfeldes überlegt, Lernpotentiale hergestellt, Rahmenbedingungen ausgelotet, Informationen und Datenmaterialien gesammelt, die organisatorischen Voraussetzungen für die Realisierung des Vorhabens festgelegt, die sozialen Voraussetzungen des Zugangs zu einem Forschungsfelds bzw. die Handlungsweisen des Feldes sowie die Eignung der qualitativen Forschungsstrategie überprüfen. Die Orientierungsphase ist die zweite Phase und beinhaltet die Umsetzung der in der Planung vorgesehenen Schritte. Hierbei ist die Eröffnung des Kontaktes zum untersuchten sozialen 12 System, besonders bei Haftungsanstalten, Ministerien, Schulen, Familien oder Unternehmen, sehr wichtig. Die Art der Kommunikation und der Aufbau von Beziehungen haben eine besondere Bedeutung, da sie Folgekontakte bzw. Schnittstellen zu weiteren Kontaktstellen erleichtern oder blockieren kann 13. In dieser Phase wird auch die Eignung verschiedener Verfahrensweisen im Forschungsfeld geprüft und erste Gespräche geführt, wobei erste Informationen über den Umgang mit dem sozialen System und dessen interne Prozesse gewonnen werden. Dieser Schritt ist wichtig, um die Selbstbeschreibung des sozialen Systems zu bestimmten und um Wege zu definieren, wie sich für dieses System notwendiges Wissen angeeignet werden kann 14. Vor Beginn der Hauptforschungsphase sollte wie bereits erwähnt ein Probeinterview durchgeführt werden, um den Interviewleitfaden zu testen. Dies wird auch Pretest genannt. Komplizierte, verwirrende bzw. problematische Fragestellungen bzw. Formulierungen können hier erkannt und noch einmal verbessert werden. Zudem können Ergänzungen gemacht werden, sollten Themenpunkte nicht ausreichend berücksichtigt worden sein. Ein Pretest zu einem frühen Zeitpunkt kann die Information der gesamten Befragung und die Vergleichbarkeit der Ergebnisse erhöhen 15. In der zyklischen Hauptforschungsphase erfolgt nun der intensive Forschungsprozess. Die einzelnen Forschungszyklen treiben die inhaltliche sowie methodische Entwicklung des Forschungsprozess voran. Ein Forschungszyklus besteht aus Erhebungsverfahren, Analyseverfahren, Prüfverfahren und Zwischenbilanzen. Hierbei wird kontinuierlich während der Erhebung auch Interpretationen durchgeführt, indem immer wieder ein Zurücktreten hinter die eigenen Erfahrungen und die distanzierte Analyse des gesamten Forschungshandelns, weshalb auch von einer interpretativen Sozialforschung gesprochen wird. Die vorläufigen Ergebnisse werden permanent und sorgfältig überprüft sowie angepasst und es werden laufend vorläufige Teilanalysen erstellt. Zwischen den einzelnen Analysezyklen werden als Unterbrechungsfunktion Reflexions- und Planungsphasen geschaltet. Aufgrund der Gegenüberstellung der Stärken und 16 Schwächen der eingeschlagenen Forschungsstrategie und gewählten Verfahren wird über die weitere Vorgehensweise neu entschieden. Die einzelnen Analyse- und Reflexionsphasen werden so lange um weitere Zyklen ergänzt, bis sich die Interpretation stabilisiert und keine neuen Erkenntnisse mehr gewonnen werden 17. Während der Durchführung der Interviews mit den Befragten empfiehlt es sich das Gespräch mit einem Aufnahmegerät aufzunehmen. So kann sich der Interviewer voll und ganz auf das Interview konzentrieren, sodass es kein Frage- Antwort-Dialog wird und kann den Leitfaden besser flexibel handhaben. Hierfür ist die Einverständniserklärung des Befragten notwendig 18. Die letzte Phase ist die Ergebnisdarstellung und dient dem Beitrag zur Wissenschaft. Durch die Kommunikation der Erkenntnisse werden die Ergebnisse zugänglich und setzen sich dadurch kritischen Rezeptionen aus. Zudem hebt dies die Vertrauenswürdigkeit der Ergebnisse. Ziel ist es die Vorgehensweise, die Thematik und das erlangte Wissen systematisch zu erläutern und Hinweise für künftige Forschungsarbeiten auf ähnlichen Gebieten zu erleichtern 19.

2.C2 – Qualitative Fallauswahl

2.1. Definition der qualitativen Fallauswahl und die Verfahren

Sollen alle Studenten in Deutschland, oder alle Arbeitnehmer einer bestimmten Branche oder alle Kunden einer Einkaufsstraße in einer bestimmten Stadt untersucht werden, ist es empirisch nicht möglich alle Elemente der Grundgesamtheit zu untersuchen. Hierfür wird dann die sogenannte Stichprobe bzw. Fallauswahl herangezogen 20. In der qualitativen Forschung lassen sich zwei Typen von Stichprobenbildungen unterscheiden (Abbildung 1, Kapitel 2.2) 21.

[...]


1 Vgl. Flick (2000), S. 114

2 Vgl. Flick (2000), S. 114

3 Vgl. Breyer-Mayländer und Keil (2019), S. 1 ff

4 Vgl. Rogall (2000) zitiert nach Giloth (2018), S. 36

5 Vgl. Reinhardt und Ornau (2015), S. 18

6 Vgl. Reinhardt und Ornau (2015), S. 18

7 Vgl. Reinhardt und Ornau (2015), S. 18

8 Vgl. Rogall (2000), S. 68

9 Vgl. Rogall (2000), S. 68

10 Vgl. Iwd (2018)

11 Vgl. Flick (2000), S. 83

12 Vgl. Flick (2000), S. 83

13 Vgl. Froschauer und Lueger (2003), S. 25 ff

14 Vgl. Lueger (2000) zitiert nach Froschauer und Lueger (2003), S. 26 f

15 Vgl. Mayer (2013), S. 45 f

16 Vgl. Mayer (2013), S. 45 f

17 Vgl. Froschauer und Lueger (2003), S. 28 ff

18 Vgl. Friebertshäuser, Langer und Prengel (2013), S. 377

19 Vgl. Froschauer und Lueger (2003), S. 31 ff

20 Vgl. Mayer (2013), S. 38

21 Vgl. Merkens (2000), S. 290 ff; Merkens (1997), S. 97 ff zitiert nach Mayer (2013), S. 39

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Qualitative Inhaltsanalyse und Interviewleitfaden als Grundlagen qualitativer Forschung
Hochschule
SRH Fernhochschule
Note
1,7
Autor
Jahr
2019
Seiten
25
Katalognummer
V541148
ISBN (eBook)
9783346177025
ISBN (Buch)
9783346177032
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Forschung, Wissenschaft
Arbeit zitieren
Riccarda Jung (Autor:in), 2019, Qualitative Inhaltsanalyse und Interviewleitfaden als Grundlagen qualitativer Forschung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/541148

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