Mythos Brocken - Zwischen Blocksberg und Wetterprognostik


Referat (Ausarbeitung), 2004

18 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Der Brocken
2. 1. Die Namensentstehung
2. 2. Die Umweltbedingungen des Brockens

3. Mythen und Sagen um den Brocken
3. 1. Hexen und Zauberer
3. 2. Brockengespenst
3. 3. Walpurgis
3. 4. Der Brocken in der Literatur

4. Die Bebauung und Nutzung des Brockens
4. 1. Die ersten baulichen Veränderungen
4. 2. Die meteorologische Beobachtungsstelle
4. 3. Der Brockengarten
4. 4. Die Brockenbahn
4. 5. Die Nutzung des Brockens um und in der Zeit des II. Weltkrieges
4. 6. Der Brocken in der Besatzungszeit nach dem II. Weltkrieg
4. 7. Der Brocken nach der Wende
4. 7. 1. Nationalpark Hochharz
4. 7. 2. Das Brockenmuseum

5. Schluss

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

“Dramatisch steigt der Harz aus dem norddeutschen Tiefland zum sagenumwogenen, 1142 Meter hohen Brocken auf, wo in der Walpurgisnacht die Mächte der Unterwelt ihr Unwesen treiben. Heinrich Heine und natürlich auch Goethe haben das Waldgebirge gepriesen. Der Erzbergbau hat tiefe Wunde in seine Eingeweide geschlagen. Uralt ist die Besiedlungsgeschichte, und zauberhafte, idyllische, altertümliche Dörfer und Städte zeugen von einer ereignisreichen Vergangenheit. Heute ist die wiedervereinigte Region Freizeiteldorado und Erholungsgebiet zu allen Jahreszeiten. In ihr kann man mit nostalgischen Dampfzügen reisen, alle Arten von Sport treiben und vor allem auf hunderten von reizvollen Wegen Kilometer um Kilometer wandern. Wunder der Natur sind die Ziele: Felsklippen, Höhlen, Wasserfälle, Talsperren und romantische Flußtäler. Stattliche Burgen und Schlösser, uralte Kirchen und die vielfältigsten Kulturdenkmale, Museen und technische Schaudenkmäler aus der Bergwerkszeit stehen im Wettbewerb mit einer vielgestaltigen Landschaft, in der Sagen und Legenden Wirklichkeit zu sein scheinen.” (Kittle 1993: 8)

Auf diese Art und Weise wird der Harz vielfach in der Literatur angepriesen und romantisiert. Der berühmteste Berg aus der Harzregion, ist wohl der Brocken, der besser unter dem Namen Blocksberg bekannt ist. Der folgende Beitrag beschäftigt sich mit der Wahrnehmung und Funktion dieses Berges, angefangen bei der Hexenmystik bis hin zur modernen Wetterprognostik. Hierzu werden vorab die Entstehung seines Namens sowie der Berg allgemein beschrieben, um dann auf die Mystik, die den Berg seit jeher umgibt, und darauf auf seinen praktischen Nutzen für die Menschen in seiner Umgebung einzugehen.

2. Der Brocken

2. 1. Die Namensentstehung

Für die Entstehung des Namen Brocken, gibt es unterschiedliche Erklärungsversuche. Beispielsweise wird vermutet, dass sein Name vom mittelhochdeutschen bruoch (Sumpfgelände) stammt, da sumpfige Hochmoore typisch für den Brocken sind. Ein anderes Erklärungsmodell vermutet, dass die alte lateinische Bezeichnung mons Bructerus, was soviel bedeutet wie der Berg, der Brukterer, namensgebend für den Brocken war oder auch mons ruptus, was zerbrochener Berg bedeutet. Auch bracken, was untaugliches Holz bedeutet, womit die Krüppelfichten des Waldes gemeint sein könnten, oder brok (umwölkt, benebelt), was bezeichnend für den meist eingenebelten Gipfel stehen könnte, kommen als Namensgeber in Frage. (Krause 1997: 8)

2. 2. Die Umweltbedingungen des Brockens

Die Aussicht vom Gipfel des Brockens reicht bei klarer Sicht über 240km Umkreis bzw. 45.000km² (Werner 1994: 283) Die vorherrschende Wetterlage auf dem Brockengipfel ist allerdings Schnee, Regen, Kälte und Nebel, sodass diese Sicht nur an wenigsten Tagen des Jahres gegeben ist. Um genau zu sein, ist der Brocken mehr als 300 Tage im Jahr von Wolken und Nebel eingehüllt, davon ist der Gipfel etwa 130 Tage im Jahr ganztägige von einer Nebelkappe eingehüllt. (Wegener 1997: 23) Durch aufgestaute feuchte atlantische Luftmassen am Harz, regnet es etwa 230 Tage auf dem Gipfelplateau, sodass im Jahresmittel 1610 mm Niederschlag fallen. Schneefrei ist der Brocken nur von Juni bis September, aber selbst im August steigen die Temperaturen kaum über +10°C. Es kommt häufig zu abrupten und vehementen Wetterumschwüngen, die Schneestürme im Winter können Geschwindigkeiten bis zu 270km/h erreichen und in kürzester Zeit meterhohe Schneewände auftürmen (Werner 1994: 286) Die normale Schneehöhe beträgt dort, wo keine Verwehungen stattfinden 1,5 bis 2 Meter. (Wegener 1997: 4) Durch die starke Bewölkung findet allerdings eine Milderung der Temperaturextreme statt, sodass die mittlere jährliche Schwankung nur etwa bei 16°C liegt. (ebd.: 23)

3. Mythen und Sagen um den Brocken

Der Mythos Brocken geht weit über die Grenzen Deutschlands hinaus. (Werner 1994: 283) Er wird in der Literatur so oft wie kein anderer Berg Deutschlands beschrieben. Der Gegensatz zwischen seiner “unnahbaren, menschenfeindlichen Unwirtlichkeit” (ebd.: 284) und seiner “atemberaubenden, geradezu lyrischen Schönheit seiner herben Natur” (ebd.) regte seit alters her die Phantasie der Menschen an. “Sagen-, mythen- und legendenumwogen und geheimnisumwittert war der oft wolkenverhangene und häufig sturmumtoste Gipfel schon immer.” (ebd.) Im Volksmund wurde und wird der Brocken Blocksberg genannt und es existieren allerlei Gerüchte, Legenden, Sagen und Gespenstergeschichten um ihn. Auch sonst gibt es überall im Harzgebirge Teufelskanzeln, -mauern und -löcher, Hexentanzplätze, -küchen und -bänke. (Werner 1994: 287)

3. 1. Hexen und Zauberer

An Zauberei und Hexerei wurde in Altertum und Mittelalter geglaubt. Als sich im ausgehenden Mittelalter die gesellschaftlichen Verhältnisse durch Kriege, Epidemien und Hungersnöte, maßlose Unterdrückung und Ausbeutung der Bauern verschärften, kam es zu sozialen Wiederständen. Die sich von diesen bedroht fühlenden Mächte bedienten sich jeder Möglichkeit, um solche Entwicklungen zu verhindern. Der Glaube an Hexen und Zauberer kam hier grade gelegen, denn der Hexenvorwurf diente zum Vorwand der Bereicherung. Zudem galten Hexen als geile, wollüstige Frauen, die somit zum Sinnbild der verdrängten Sexualität wurden. Wissende Frauen wurden mit gefährlichen Kräuterfrauen und Mitgliedern eines heidnischen Kultes gleichgesetzt. (Wegener 1997: 26)

1484 erließ Papst Innozenz VIII. die sogenannte Hexenbulle: “Wer vom Glauben abfiel, sich mit dem Teufel vermischte, Missbrauch trieb, durch Zauberei und Beschwörung Menschen, Tiere, Feldfrüchte verhexte, war zu verfolgen” (ebd.) Um dieses Vorhaben in die Tat umzusetzen, wurden zwei Inquisitoren für Deutschland bestimmt, die den sogenannten Hexenhammer schufen. Der Hexenhammer stellte ein sadistisches Lehrbuch dar, in dem eine genaue Anleitung gegeben wurde, wie man Hexen und Zauberer ausfindig machen könnte und wie sie zu bestrafen seien. Den zahllosen Hexenprozessen fielen drei bis fünf Millionen Menschen zum Opfer. (ebd.)

Durch die Welle der Hexenverfolgung, die Brockenbesteigung und die in der Literatur verarbeitete Hexenthematik, begann im wesentlichen die Verknüpfung des Brockens mit den Vorstellungen über die Hexentanzplätze. (Krause 1997: 11)

“Nicht der Brocken, die Gesellschaft schuf die Hexen.” (Wegener 1997: 26)

3. 2. Das Brockengespenst

Früher fürchteten sich die Menschen vor dem Brockengespenst, (Werner 1994: 287) welches zur Mythisierung des Brockens beigetragen hat. (Krause 1997: 9) Das Brockengespenst ist ein optisches Phänomen, das auftritt, wenn die Sonne bei ihrem Auf- und Untergang mit dem Brocken auf gleicher Höhe steht. Wenn auf der entgegengesetzten Seite Wolken oder Nebelwände sind, wirft die Sonne den Schatten des Beobachters oder der Gebäude auf diese Wand. Hierbei können sich riesenhafte Gestalten bilden, die teils auch mit einem Glorienschein umgeben erscheinen können. Das Brockengespenst ist ein fester Bestandteil der meteorologischen Sprache. In Hawaii und Australien e.g. ist der Name dieser Erscheinung ebenfalls Brockengespenst. (Wegener 1997: 25)

Eine weitere Erklärung, weshalb man hin und wieder aus dem Tal Gestalten auf den Berg fliegen sehen kann, ist dass die große Granitfläche am Gipfel sich unter Sonneneinstrahlung stark aufheizt, die aufsteigende Luft erzeugt (wie in der Wüste) eine Fata Morgana. Sich auf dem Berg befindende Menschen und Tiere werden so in der Luft über dem Berg stark verzerrt abgebildet, wodurch die berühmten Hexen und Fabelwesen zustande kommen können. (www.fs.tum.de/FSMPI/sonstiges/radltour/tour1999/9-tag.html)

3. 3. Walpurgis

Die Walpurgisnacht vom 30. April auf den 1. Mai (home.t-online.de/home/eichfeld/foto3d.htm) wurde zum “Inbegriff für dämonisches Treiben der Kreaturen der Finsternis, die sich alljährlich in der Walpurgisnacht auf dem Blocksberg zum satanisch-schwefligen Hexensabbat versammeln.” (Werner 1994: 287) Der Walpurgisnacht liegen alte heidnische Glaubensvorstellungen zugrunde. “Die bösen Wintermächte, die noch in den Lüften umhergeistern und sich auch in engen Schlupfwinkeln des Gebirges verborgen halten, sollen aufgespürt und vertrieben werden.” (Krause 1997: 3) Der der Walpurgisnacht zugrunde liegende Walperntag, ist ein Rudiment eines dem altgermanischen Gewittergotte geweihten Frühlingsfestes. In dieser Nacht zeugte im ursprünglichen Glauben der Walgott Wodan mit der Walgöttin Erde oder Freya, der Maikönigin, den Lenz. Diese Feiern fanden ursprünglich als Opferfeste auf bestimmten Bergshöhen statt, und heute erinnern noch viele Namen an diesen heidnischen Kult, wie Bocksberg, Blocksberg, Zauberberg, Ziegenrücken, Hexentreppe, Hexentanzplatz usw. Im Mittelpunkt der Opfermahlzeit stand der Trank der Minni. Er sollte beleben, sollte nach den langen Wintermonaten wieder Lebensfreude schenken. Dem entspricht in seiner Bedeutung heute der Maitrank, die Maibowle aus Waldkräutern. (Krause 1997: 3f)

Ein anderes wichtiges Element der Frühlingsfeste waren die großen Feuer, die in dieser Nacht abgebrannt wurden, um das Gedeihen der Menschen und Haustiere und die Gesundheit, sowie die Fruchtbarkeit der Äcker zu fördern. “Erst dann wird der Segen über die Äcker und Gärten kommen, wenn der Rauch des Feuers über sie streicht und die verbrannte Asche über sie gestreut ist.” (ebd.: 4) Auch heute noch werden zur Vertreibung der Hexen große Feuer entfacht, damit sie den Menschen, Tieren und Äckern keinen Schaden zufügen oder Unheil über sie bringen können. (ebd.: 3f)

Im Zuge der Christianisierung im 7. und 8. Jahrhundert wurden die heidnischen Glaubensinhalte, Götterfiguren und Riten gezwungenermaßen in christlichen Gewänder gekleidet. Die alten Traditionen ließen sich aber nicht einfach ausmerzen, sodass die Machthabenden zum sichersten Mittel, alte Überlieferungen zu verdrängen, griffen: man brachte sie in Verruf, sodass alles mit dem alten Kultus in Zusammenhangstehende zu Werken des Teufels wurde. Da die gläubigen Heiden ihre Feste weiter feiern wollten, zogen sie sich bei Nacht und Nebel, und um ihre Verfolger abzuhalten, verkleidet mit Hexen- und Teufelsfratzen, zu entlegenen Orten zurück, “um dort ihren Göttern zu huldigen und Opfer zu bringen”, (ebd.: 5) wodurch die Sage im Harz um den Brocken entstand, dass heidnische Sachsen, um ihre Feste ungestört feiern zu können, sich auf den Brocken zurückzogen. (ebd.: 4ff)

1896 traf sich erstmals eine organisierte Gesellschaft in der Walpurgisnacht auf dem Brocken und bereits 1901 verbot der damalige Besitzer des Brocken, der Fürst von Stolberg-Wernigerode, für drei Jahre das “exzessive Massenbesäufnis” in der Walpurgisnacht. (Werner 1994: 289)

[...]

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Details

Titel
Mythos Brocken - Zwischen Blocksberg und Wetterprognostik
Hochschule
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg  (Institut für Europäische Ethnologie)
Veranstaltung
Individualexkursion zum Proseminar Wetterprognostik
Autor
Jahr
2004
Seiten
18
Katalognummer
V54058
ISBN (eBook)
9783638493406
ISBN (Buch)
9783640143733
Dateigröße
607 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Mythos, Brocken, Zwischen, Blocksberg, Wetterprognostik, Individualexkursion, Proseminar, Wetterprognostik
Arbeit zitieren
Nicole Rosenthal (Autor:in), 2004, Mythos Brocken - Zwischen Blocksberg und Wetterprognostik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/54058

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