Die Sprechakttheorie

Ein Essay


Essay, 2017

16 Seiten, Note: 2,0

Anonym


Leseprobe


Sprechakttheorie

Die folgende Zusammenfassung beschäftigt sich mit der Sprechakttheorie Austins und ihrer Weiterführung durch Searle.

Zunächst wird kurz auf die Wegbereiter der Sprechakttheorie eingegangen. Im Anschluss soll auf die Ideen Austins eingegangen werden, gefolgt von den Modifikationen und Veränderung durch Searle. Daraufhin werden Anfragen und Kritikpunkte der Sprechakttheorie aufgeführt. Den Abschluss bilden Ideen zu den fünf formulierten Thesen.

Die Sprechakttheorie gilt als Begründerin der linguistischen Pragmatik, die das sprachliche Handeln und die Sprachverwendung, d.h. die Beziehung von sprachlichen Zeichen zu ihren Benutzern erforscht.

In diesem Kontext prägte Austin den Begriff Performanz, der sich auf Gelingen von Sprechakten bezieht, die die soziale Welt verändern (z.B. Taufe). Durch diese Ansicht wurde die performative Wende (performative turn) eingeleitet, bei der nicht mehr der wahre oder falsche Inhalt eines Satzes im Zentrum steht, sondern dessen Handlungsfähigkeit und die des Emittenten. Treffend formulierte Villers den vollzogenen Wandel: „In diesem Sinne hat das Wort keine Bedeutung, sondern es ist Bedeutung.“

Austins Sprechakttheorie bzw. in Folge dessen der performtive turn lässt sich im linguistic turn verorten, einer interdisziplinären Bewegung (Philosophie, Literaturwissenschaft, Linguistik) mit dem Ziel, die Sprache an sich genauer zu untersuchen, worunter v.a. die Bedingungen von sprachlicher Kommunikation fallen. Man sieht Sprache im Sinne des linguistic turn nicht mehr als reines Medium von Informationen, sondern als ein Diskurs, der bestimmten Regeln folgt. Die Ausführungen unten werden zeigen, dass sowohl Austin als auch Searle Bedingungen bzw. Regeln formuliert haben, die für das Gelingen eines Sprechaktes notwendig sind.

Maßgeblich beeinflusst – wenn auch wohl nicht direkt – wurde Austin von den Ideen Wittgensteins, genauer seinem Begriff Sprachspiele. Generell versteht er darunter jegliche sprachliche Äußerung in einem praktischen Kontext. Diese Äußerungen können von einfachen Interjektionen bis hin zu komplexen Sprachgebilden (Philosophie, Fachsprachen etc.) reichen. Ausgangspunkt von Wittgenstein ist, dass jede sprachliche Äußerung in der menschlichen Praxis beheimatet ist, d.h. eine sprachliche Äußerung (Wort, Satz etc.) hat keinen vom Kontext unabhängigen Sinn, d.h. Äußerungen sind nur in Relation zu ihren Aktivitäten erklärbar.

Er – sowie Austin und Searle – wenden sich somit klar gegen den Neopositivismus (= Logischer Positivismus = Analytische Philosophie), der eine Äußerung nur dann als verifiziert ansieht, wenn sich die Bedingungen für ihre Verifizierbarkeit angeben lassen. Ferner gelten nicht-analytische Sätze nur dann als sinnvoll, wenn sie sich durch die unmittelbare Wahrnehmung verifizieren lassen oder bestimmte logisch zulässige Relationen zu solchen direkt verifizierbaren Sätzen aufweisen. Die Analytische Philosophie gilt als Begründerin des oben erwähnten linguistic turn, der Wendung zur Sprachanalyse. Zu ihren Vertretern zählen u.a. Frege, Wittgenstein, Austin. Da Austins Sprechakttheorie als Auslöser des performative turn angesehen wird, stellt seine Position innerhalb der Analytischen Philosophie eine eigene Strömung dar.

Das bedeutet, dass nicht die Einheiten Wort und Satz die Grundelemente der menschlichen Kommunikation sind, sondern bestimmte Sprechhandlungen, die mit Hilfe der Äußerung von Wörtern und Sätzen vollzogen werden (Austin: illokutionäre Akte).1

Die Sprache und die damit verwobene Tätigkeit nennt Wittgenstein Sprachspiel. Sprache ist für Wittgenstein also Teil einer Tätigkeit. Später nennt er exemplarisch Austins Sprechakte mit den Verben befehlen, bitten und danken als Beispiele.

Ein Mensch alleine ist allerdings nicht in der Lage, ein Sprachspiel zu etablieren, sodass jedes Sprachspiel einen sozialen Kontext erfordert.

Inwieweit Austin Wittgensteins Arbeit kannte ist umstritten. Levinson geht davon aus, dass er seine späteren Arbeiten kaum wahrgenommen hat und daher die Sprechakttheorie als autonom betrachtet werden kann.

Auch Peirce hatte Einfluss auf die Sprechakttheorie: Ausgangspunkt seiner Überlegung war die Wirkung einer sprachlichen Äußerung. Zwischen dem sprachlichen Zeichen, dem außersprachlichen Objekt und dem Interpretanten, also der Person, die das sprachliche Zeichen aufnimmt, besteht ein Handlungszusammenhang. Beispiel: Person A beschreibt Person B mittels sprachlicher Zeichen einen Situation, einen Prozess etc. Auch wenn beide Personen aus dem selben Kulturkreis stammen, ist es möglich, dass die von Person A intendierte Wirkung bei Person B nicht eintritt, da das sprachliche Zeichen anders gedeutet wird. So kann es zu Missverständnissen und Täuschungen kommen.

1955 hielt John Langshaw Austin an der Universität Harvard eine Vorlesungsreihe mit dem Titel How to Do Things with Words (Zur Theorie der Sprechakte), die 1962 postum veröffentlicht wurde. Sie lässt sich in zwei größere Blöcke teilen:

1. Spezielle Theorie der Performativität: Hier wird die Uterscheidung zwischen dem Konstativem und dem Performativem vorgenommen.
2. Allgemeine Theorie der Sprechakte: Die im ersten Teil vorgenommene Unterscheidung wird zugunsten einer allgemeinen Theorie der Sprechakte mit der Unterscheidungstrias von Lokution, Illokution und Perlokution verworfen.

Für die Verbreitung dieser Theorie war allerdings nicht Austin selbst, sondern sein Schüler Searle verantwortlich, der u.a. in Speech Acts (1969) Austins Thesen fortführte. Dieses Werk trieb die sogenannte Pragmatische Wende voran. Bekannt wurde diese Wende im deutschsprachigen Raum durch Wunderlichs Werk Zur Rolle der Pragmatik in der Linguistik (1970). Pragmatik kann definiert werden als die Lehre vom sprachlichen Handeln, die sich u.a. mit Sprechakten, Deixis, Implikaturen und Präsuppositionen beschäftigt.

Austin unterteile sprachliche Äußerungen in performative und konstantierende Äußerungen, in Konstantiva und Performativa.2 Diese These beruht auf seiner Beobachtung, dass nicht alle Sätze natürlicher Sprachen deskriptiv sind, dass sie nicht immer wahr oder falsch sind, sondern dass es auch Äußerungen gibt, mit denen man Handlungen vollzieht. Letzte nennt er performative Äußerungen, erstere konstative. Performative Äußerungen können niemals wahr oder falsch sein, sondern sie haben eine eigene Funktion, den Handlungsvollzug. Allerdings können sie ge- bzw. misslingen.

Eine performative Äußerung ist Handlung und Äußerung zugleich. Beispielsweise kann die Äußerung Ich stimme gegen diesen Antrag nicht mit wahr oder falsch bewertet werden. Allerdings kann die Handlung misslingen – bspw. wenn die betreffende Person gar nicht befähigt ist, für oder gegen den Antrag zu stimmen.

Aber es lässt sich auch bestimmen, ob er wirklich gegen den besagten Antrag gestimmt hat, was die Anwendung der Kategorien wahr und falsch zumindest eingeschränkt zulässt.

In der zweiten, dritten und vierten Vorlesung, nachdem er in der ersten die Differenzierung von Konstativa und Performativa vornahm, geht Austin auf die Bedingungen ein, die ein Sprechakt erfüllen muss, wenn er als gelungen bezeichnet werden soll. Er unterteilt die Bedingungen in Notwendige Bedingungen (Versager) und Nicht-notwendige Bedingungen (Missbräuche).

1. Notwendige Bedingungen
1.1. Konventional-inhaltliche Voraussetzungen
1.1.1. Konventional-inhaltliche Voraussetzungen: Es muss ein konventionales Verfahren mit einem bestimmten konventionalen Ergebnis vorliegen. Hierbei gilt es zu bedenken, dass Konventionen zeitabhängig sind und somit einem Wandel unterworfen sind. Beispielsweise gilt die Aufforderung zu einem Duell heute nicht mehr als üblich.
1.1.2. Angemessenheit des Kontexts: Die jeweiligen Personen müssen berechtigt und die Umstände geeignet sein, sich auf die betreffende konventionale Handlung berufen zu dürfen. Ein Akt schlägt demnach fehl, wenn Personen, Gegenstände etc. für die Anwendung des beabsichtigten Verfahrens ungeeignet sind, weil die benötigte Kompetenz, Berechtigung etc. fehlt.
1.2. Methodisch-formale Voraussetzungen
1.2.1. Das jeweilige Verfahren muss korrekt durchgeführt werden. Diese Voraussetzung setzt wiederum 1.1.1 und 1.1.2 voraus, da sich 1.2.1 auf ein bereits vorhandenes Verfahren bezieht. Diese Bedingung kann aber eingeschränkt werden, da sie nur in streng ritualisierten Verfahren relevant sind, In Alltagssituationen, z.B. bei einer Entschuldigung, ist kein fester Ritus notwendig, wobei begangene Tat – Entschuldigung – Anerkennung der Entschuldigung schon so etwas wie einen festen Ablauf einer Entschuldigung darstellen.
1.2.2. Das jeweilige Verfahren muss vollständig durchgeführt werden. Wie auch 1.2.1 setzt diese Bedingungen diejenigen unter 1.1 voraus. Auch hier muss zwischen einer ritualisierten Handlung und einer Alltagssituation differenziert werden, womit sich die Gültigkeit dieser Bedingung zumindest teilweise wieder relativiert.

2. Nicht-notwendige Bedingungen
2.1. Aufrichtigkeitsforderung: Wenn ein Verfahren vollzogen werden soll, müssen die TeilnehmerInnen auch die entsprechenden Gefühle oder Intentionen besitzen.
2.2. Konsistenzforderung: Sofern 2.1 zutrifft, müssen sich die TeilnehmerInnen auch gemäß ihrer Intention verhalten.

Austin gibt zu bedenken, dass die Liste nicht vollständig und somit ergänzungsbedürftig ist. So gibt es Sprachhandlungen mit fehlender oder eingeschränkter Verantwortlichkeit, also diejenigen Fälle, in denen ein Sprechakt unabsichtlich zustande kommt (Zwang, Versehen, Irrtum). Zudem gibt es den unernsten Gebrauch der Sprache z.B. in einem aufgeführten Drama.

In der fünften Vorlesung greift Austin noch einmal die Differenzierung von Konstativa und Performativa auf und versucht, grammatische Unterschiede zwischen beiden Äußerungsarten zu finden, womit er – um das Ergebnis schon einmal vorwegzunehmen – scheitert.

Zunächst stellt er fest, dass die meisten expliziten Performativa in der 1.Ps. Sg. Ind. Prä. Akt. Formuliert sind (ich taufe, ich verspreche, ich bitte). Allerdings ist auch eine Umformung ins Passiv möglich, ohne den Charakter eines expliziten Performativums zu verlieren (Die Passagiere werden gebeten...). Aber auch der Imperativ statt des Indikativs ist möglich (Halten Sie den Mund!). Ähnlich verhält es sich mit dem Konjunktiv (Ich würde Ihnen raten...). Auch sind elliptische Formen denkbar (Schuldig!).

Allerdings sprechen gute Gründe für die explizit performative „Normalform“ (1.Ps. Sg. Ind. Prä. Akt.). Nur Menschen können handeln, sodass eine Formulierung in der 1.Ps. sinnvoll erscheint. Aber auch die 1.Ps Pl. Ist möglich, wenn bspw. die Queen von sich als wir im Sinne des pluralis maiestatis spricht.

In den eben aufgeführten Beispielen wird, wie bereits erwähnt, ein explizit performativer Sprechakt vollzogen. Kriterien hierfür sind die Verwendung eines performativen Verbes und die mögliche Ergänzung durch das Partikel hiermit (hiermit-Test). Durch diesen Test kann bspw. das Verb ernennen als performativ klassifiziert werden: Hiermit ernenne ich dich zum x y. Dem hingegen ist schlagen kein performatives Verb: * Hiermit schlage ich dich ins Gesicht (aber: Hiermit schlage ich dich zum Ritter).3

Auch bezieht sich eine sprachliche Äußerung, wenn sie zugleich Handlung sein soll, auf den Moment der Äußerung, was für die Verwendung des Präsens spricht. Schriftliche Äußerungen sind daher problematisch, da sie dem Kontext enthoben sind.

Verwendet man bspw. das Perfekt für eine Aussage (Ich habe dich getauft) wird nicht eine Handlung, ein Akt, vollzogen, sondern nur auf ihn verwiesen.

In seiner sechsten Vorlesung geht Austin auf die Unterscheidung von expliziten und impliziten/primären Performativa ein. Explizite Performativa machen für ihn deutlich, wie eine Sprechhandlung verstanden werden soll. Sie sind demnach keine Beschreibungen, die mit wahr oder falsch verifiziert bzw. falsifiziert werden können. Primäre Performativa hingegen zeichnen sich durch eine Unbestimmtheit der Rolle aus (Ich werde morgen kommen. Drohung? Ankündigung? Prognose?), können aber bspw. durch non-verbale Hilfsmittel wie Mimik und Gestik im jeweiligen Kontext explizit gemacht werden, d.h. es sind Sprechakte, bei denen das performative Verb weggelassen wird, aber dennoch die Intention eines expliziten Sprechakts vorhanden ist.4 Dies muss allerdings, wie eben erwähnt, noch kenntlich gemacht werden.

Explizit machen oder explizieren wird hier verstanden als Deutlichmachen, welche Handlung gerade vollzogen wird. Deutlichmachen wiederum ist nicht als Beschreibung der Handlung zu verstehen, da diese konstantierend und somit wahr oder falsch wäre. Austin geht davon aus, dass die primären Formen aufgrund ihrer geringeren Komplexität den expliziten vorangingen (soziale Evolution der Sprache).

Zusammengefasst sind explizit performativ sind all diejenigen Äußerungen, bei denen ein performatives Verb verwendet wird (z.B. versprechen, taufen).

Direkt sind all diejenigen Äußerungen, bei denen die Proposition dem Ziel der Äußerung entspricht (z.B. versprechen, taufen). Somit sind explizit performative direkte Sprechakte möglich.

Innerhalb der explizit performativ direkten Sprechakte existiert eine Sonderform, die archetypischen Performativa (Furberg). Dies sind sprachliche Formeln, die in nicht-sprachlichen institutionellen Kontexten verwendet werden und nur in dieser Kombination soziale Tatsachen schaffen. Die Wirksamkeit der Äußerungen ist auf den korrekten Vollzug der außersprachlichen Praktiken angewiesen (Notwendigkeit von Austins B-Bedingungen), d.h. sprachliche und nicht-sprachliche Äußerung bilden eine Art Einheit, fast eine Symbiose.

Im Gegensatz zu rein sprachlichen Performativa, also solchen die nicht auf einen ritualisierten oder institutionalisierten Kontext angewiesen sind, sind die B-Bedingungen nicht zwangsweise erforderlich, sodass sie relativiert werden können. Beispielsweise ist ein Versprechen nicht an einen solchen Rahmen gebunden. Außerdem ist es möglich, für rein sprachliche Performativa Varianten dieser zu verwenden (Morgen komme ich vorbei statt Ich verspreche, morgen zu kommen), d.h. die Proposition ist dieselbe. Die Möglichkeit der Varianten ist bei den archetypischen Performativa nicht gegeben. Sie sind auf die Wiedergabe der genauen Formel angewiesen, zu denen es keine Synonyme gibt. Wer heiratet, muss zwangsweise Ja sagen und kann nicht auf Einverstanden oder Warum nicht? ausweichen. Krämer 2001 ist der Ansicht, dass die sprachlichen Formeln in derartigen Kontexten eine Bedeutungsentleerung erfahren, sodass sie zu reinen Formeln werden, die in bloßer Wiederholung derselben Lautkette besteht.

Ich stimme dieser Ansicht nicht zu, da bei einer Heirat die Aussage Ich will einen klaren Wunsch zum Ausdruck gibt, der den rechtlichen Akt erst wirksam macht.

Austin geht in seiner Theorie der sozialen Evolution von Sprache davon aus, dass explizite Performativa den impliziten vorausgingen, d.h. dass die Sprache im Laufe der Zeit immer komplexer und somit mehrdeutiger und sogar vager wurde. Auf Furbergs archetypische Performativa bezogen heißt das, dass diese am Anfang der Sprachevolution standen und den „normalen“ sprachlichen Performativa historisch vorangingen und evtl. sogar ihnen zugrunde liegen. Auf seine verworfene Theorie der Differenzierung von Konstativa und Performativa bezogen bedeutet das, dass jeder konstantierenden Äußerung letztendlich eine performative zugrunde liegt.

In der letzten Vorlesung des ersten Blockes klassifiziert Austin die performativen Verben in drei Klassen:

1. Konduktive Verben: Ausdruck von Einstellungen, Gefühlen, Haltungen und Überzeugungen (Ich bitte um Entschuldigung.)
2. Expositive Verben (engl. to expose = darlegen): Darstellung, wie eine Feststellung im Rahmen einer Darlegung gemeint ist (Ich komme zu dem Ergebnis, dass...)
3. Verdiktive Verben (engl. verdict = Urteil): Urteil oder Entscheidung (Ich urteile, dass...; Ich entscheide, dass...)

Abschließend sollen zum ersten Teil noch einige Kritikpunkte an der Differenzierung von Konstativa und Performativa nach Linke/Nussbaumer/Portmann dargelegt werden:

1. Nicht Sätze sind performativ, also Handlungen, sondern lediglich Äußerungen. Die Handlung wird durch die Sprachbenützer vollzogen, indem sie diese Sätze äußern. Weiterhin sind ach nicht Sätze konstativ, also wahr oder richtig, sondern seine Propositionen. Propositionen sind keine Sätze, sondern sie werden durch Sätze ausgedrückt. Somit sind Sätze der Zeichenträger der Propositionen.
2. Performative Äußerungen können auch konstativ sein, was ein einfaches Beispiel belegen kann: Die Aussage Sie sind ein alter Nazi kann sowohl performativ sein, da am bezeichneten Subjekt gehandelt wird, als auch konstativ, wenn die Äußerung, genauer seine Proposition, wahr ist. Das bedeutet, dass der Äußerung zum einen ein Handlungsaspekt und zum anderen ein Wahrheitsaspekt zu eigen ist.
3. Jegliche Sprechhandlung ist performativ. Selbst, wenn man eine einfache Behauptung aufstellt und diese einem Gegenüber mitteilt, verbindet damit irgendeine Absicht (Information, Persuasion etc.). Das bedeutet, dass nicht die reine Informationsvermittlung im Vordergrund steht, sondern die damit verbundene sprachliche Funktion.

Ferner können in sprachlichen Äußerungen Präsuppositionen enthalten sein. So ist es möglich, dass die Äußerung Ich habe heute über 100 Seiten Literatur gelesen die Präsupposition beinhaltet, dass diejenige Person fleißig war.

Nachdem auf den Inhalt des ersten Blockes von Austins Vorlesung eingegangen wurde, soll nun der zweite Block Thema sein. Nachdem er im ersten Block festgestellt hat, dass die Dichotomie von Konstantiva und Performativa nicht aufrecht gehalten werden kann, entscheidet sich Austin für einen Neuanfang seiner sprachlichen Phänomenologie. Kern dieses Anliegens ist es, die bisherigen Überlegungen auf eine allgemeine Theorie der Sprechakte auszuweiten. Diese lässt sich folgendermaßen zusammen: Jede sprachliche Äußerung besitzt Handlungscharakter oder einfacher: Sprache handelt immer!

Daher kann es nun nicht mehr darum gehen, zu sagen, welche sprachlichen Äußerungen handeln und welche nicht, sondern Teilhandlungen an jedem Sprechakt auszumachen, die aber in praktischer Hinsicht nicht isoliert, sondern nur in Verbindung mit den anderen, betrachtet werden können. Die folgenden Differenzierungen, die er in der achten bis zehnten Vorlesung immer präziser vornimmt, sind daher lediglich theoretischer Natur.

[...]


1 Wittgenstein wendet sich damit entschieden gegen den logischen Positivismus, deren zentraler Lehrsatz lautet: Lässt sich ein Satz nicht, zumindest prinzipiell, verifizieren (d.h. auf seine Wahrheit oder Falschheit prüfen), so ist er strenggenommen bedeutungslos.

2 Diese Differenzierung gab er in seinem Aufsatz Performative und konstantierende Äußerungen auf. Die Dichotomie beider Äußerungsarten hebt er zugunsten einer allgemeinen Theorie illokutionärer Akte, genauer einer allgemeinen theorie sprachlicher Performativität, auf.

3 Austin geht davon aus, dass es tausende performative Verben gibt.

4 Austin führt in seiner sechsten Vorlesung eine Reihe von Hilfsmitteln auf: Modus, Betonung/Intonation, Adverbien wie vielleicht, Konjunktionen, Mimik und Gestik sowie die Umstände der Äußerung.

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Die Sprechakttheorie
Untertitel
Ein Essay
Hochschule
Bayerische Julius-Maximilians-Universität Würzburg
Note
2,0
Jahr
2017
Seiten
16
Katalognummer
V539621
ISBN (eBook)
9783346211910
Sprache
Deutsch
Schlagworte
essay, sprechakttheorie
Arbeit zitieren
Anonym, 2017, Die Sprechakttheorie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/539621

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