Linguistische Untersuchungen zu Beiträgen in Frauen- und Männer-Lifestylemagazinen


Magisterarbeit, 2006

136 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Vorwort

1 Einleitung

2 Forschungsstand
2.1 Einordnung des Themas in den Bereich der Textlinguistik
2.2 Alltagssprachliche und linguistische Vorstellungen vom Textbegriff
2.3 Das Textsortenverständnis von Brinker und Franke
2.4 Aufklärerische Ratgeberbeiträge als journalistische Textsorte
2.5 Vorstellung des Textkorpus

3 Untersuchung
3.1 Zielstellung und Anlage der Methoden
3.2 Wissenschaftliche Fragestellungen und Arbeitshypothesen
3.3 Untersuchungsmethoden
3.3.1 Entwurf eines an Franke angelehnten Textanalysemodells
3.3.2 Die Methoden des Experteninterviews und der qualitativen Inhaltsanalyse
3.4 Methodenkritik
3.5 Darstellung und Interpretation der Ergebnisse
3.5.1 Darstellung und Interpretation der Textanalyseergebnisse
3.5.2 Ergebnisse und Interpretation der qualitativen Inhaltsanalyse von zwei Experteninterviews

4 Zusammenfassung und Ausblick

5 Literaturverzeichnis

6 Anhang
6.1 Das Textkorpus
6.2 Transkribiertes Interview mit der Textchefin von AMICA
6.3 Transkribiertes Interview mit dem Textchef der MAXIM

Vorwort

An dieser Stelle soll einigen Menschen gedankt werden, ohne die diese Arbeit nicht hätte entstehen können. Zunächst natürlich Herrn Dr. Skibitzki, der sich nicht nur bereit erklärte, als Erstkorrektor der vorliegenden Magisterarbeit zu fungieren, sondern auch eine Zusammenarbeit ermöglichte, die ich so in meinem Studium nur äußerst selten kennen lernen durfte. Ebenfalls sei Frau Dr. Ewald für ihr Engagement in den Vorlesungen und Seminaren sowie für die Bereitschaft gedankt, als Zweitkorrektorin die Arbeit zu bewerten.

Besonderer Dank gilt meiner Familie und meiner Freundin Manuela, die mich nicht nur materiell, sondern vor allem ideell in den letzten vier Jahren unterstützt haben. Ohne sie wäre weder diese Arbeit, noch mein Studium möglich gewesen. Das Vertrauen, das sie mir entgegengebracht haben, kann nicht mit Gold aufgewogen werden.

Da diese Arbeit auch den Abschluss des Studiums symbolisiert, seien noch ein paar Worte darüber verloren. Meine wissenschaftliche Präferenz liegt in meinem Erstfach, der Sportwissenschaft. Durch sträfliches Ignorieren bestehender Formalien wurde ich ungewollt durch die Prüfungsordnung dazu genötigt, den Magister in der Germanistik abzulegen. Es hat mir nicht geschadet. Es sei an dieser Stelle vor allem Herrn Prof. Dr. Baasner und dem nicht mehr an der Universität Rostock weilenden Prof. Dr. Baßler für ihr Engagement sowie das oft unkonventionelle Herangehen an literaturwissenschaftliche Problemfelder gedankt. So wurde Literatur lebendig. In den Vorlesungen und Hauptseminaren saß ich meist mit meinem guten Freund Jan Farclas. Zusammen schöpften wir Motivation und Kraft für anstehende Aufgaben. Ohne ihn wäre das Studium der Germanistik nicht so schnell und erfolgreich verlaufen, wie es jetzt ist. Dafür ein Dank. Der gilt auch meinem Computer, der mir trotz Altersschwäche treue Dienste geleistet hat.

Ein besonderes Dankeschön für die schönste Zeit in Rostock gilt meinem Freund Joe. Mit ihm zusammen war vieles erträglich, was mich vielleicht sonst zur Aufgabe gezwungen hätte.

Zu guter Letzt sei all jenen gedankt, die mit mir zusammen in den letzten Jahren gelernt, gearbeitet, gefeiert, also studentisch gelebt haben.

Karsten Görsdorf

1 Einleitung

Die vorliegende Arbeit will der Forschungsfrage nachgehen, ob sich aufklärerische Ratgeberbeiträge in Frauen- und Männer-Lifestylemagazinen zwar hinsichtlich bestimmter textstruktureller Aspekte in der Wissensvermittlung voneinander unterscheiden, aber dennoch diese Texte in beiden Magazinen bei der Leser-Blatt-Bindung eine entscheidende Rolle einnehmen. Dabei stützt sich die Untersuchung auf zwei Methoden. Einerseits eine textlinguistische, die sich an Franke (1997) orientiert und mit deren Hilfe einige Textstrukturen der ausgewählten Beiträge analysiert und interpretiert werden können. Gleiches soll andererseits durch Experteninterviews mit zwei exponierten Redaktionsmitgliedern, deren Auswertung mit einer sozialwissenschaftlich-empirischen Methode erfolgt, die sich an Gläser und Laudel (2004) anlehnt, erreicht werden. Der Verfasser dieser Magisterarbeit hofft, mit Hilfe der zwei Perspektiven aus wissenschaftlicher Textlinguistik und den Äußerungen von Textproduzenten, einen Beitrag leisten zu können, den Graben zwischen Theorie und Praxis bezüglich der Auseinandersetzung mit Medientexten anteilig zu überwinden.

Für die Untersuchung ist zunächst definitorische Vorarbeit zu leisten. Dies betrifft vor allem die Einordnung des Untersuchungsgegenstandes in den Bereich der Massenkommunikation, was im zweiten Abschnitt der Arbeit inklusive der Zuordnung des Textkorpus in ein Textsortensystem vorgenommen wird.

Im dritten Abschnitt der Arbeit werden die Arbeitshypothesen benannt und die Methoden vorgestellt, mit denen diese nach Möglichkeit zu verifizieren sind. Anschließend wird die Methodenkritik vorgenommen. Nach dem Erarbeiten der beiden methodologischen Vorgehensweisen sollen die Ergebnisse der Untersuchung am Textkorpus und an den durchgeführten Experteninterviews dargestellt und interpretiert werden. In der Diskussion der Ergebnisse erhebt der Verfasser dieser Arbeit keineswegs den Anspruch auf umfassende Repräsentativität. Vielmehr möchte er Tendenzen hinsichtlich der Unterschiede in der Wissensvermittlung sowie der Leser-Blatt-Bindung in Frauen- und Männer-Lifestylemagazinen aufzeigen.

Der vierte Abschnitt der vorliegenden Magisterarbeit bietet eine Zusammenfassung der gewonnen Ergebnisse anhand der Arbeitshypothesen und der übergeordneten Forschungsfrage. Abschließend wird ein Ausblick gewagt, der eine weitere mögliche Forschung und Zusammenarbeit mit der Praxis auf diesem Gebiet in Erwägung zieht.

Das Literaturverzeichnis und der Anhang belegen in den letzten Abschnitten die verwendeten Zitate.

2 Forschungsstand

2.1 Einordnung des Themas in den Bereich der Textlinguistik

Bevor eine Einordnung der Beiträge des Korpus und deren Untersuchung in den Bereich der Textlinguistik erfolgen kann, muss zunächst geklärt werden, woher diese Texte stammen und welche Funktion sie in der öffentlichen Kommunikation haben.

Im Artikel 5 der Grundrechte des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland ist das Recht der freien Meinungsäußerung festgehalten: „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet.“ (Schönfelder, 1999, S. 5).

Dieses Recht wird durch den Berufsstand der Journalisten wahrgenommen. Auch wenn Arntzen (2001, S. 275) bemerkt: „Der Journalist als Nachfahr des Autors ist eben darauf eingeschworen und seine schon aus der Meinungsfreiheit der Presse nur abgeleitete persönliche Meinungsfreiheit ist kategorial eingeschränkt durch Periodizität, Fakteninformation und Kommerzialität der Zeitung, die für den individuellen Autor gar keine oder nur eine Nebenbedeutung haben. Im Ganzen steht in der Presse im modernen Sinn das Medium über dem Autor“.

Produkte wie das Frauenmagazin AMICA, von der AMICA Verlag GmbH und Co. KG sowie das Männermagazin MAXIM vom Axel Springer-Verlag nehmen an einer massenmedialen Kommunikation teil. Diese ist nicht, wie die alltägliche Kommunikation zwischen zwei natürlichen Personen durch eine „Interaktion face-to-face“ (Burger, 2005, S. 1) geprägt, sondern besitzt andere Merkmale. Um diese darzustellen bezieht sich die Forschungsliteratur, unter anderem Franke (1997, S. 15), auf die Definition von Maletzke (1963) und stellt fest, „dass Massenkommunikation als die Form der Kommunikation anzusehen ist, bei der Aussagen öffentlich, also ohne begrenzte und personell definierte Empfängerschaft, durch technische Verbreitungsmittel, so genannte Medien, indirekt, also bei räumlicher und zeitlicher Distanz zwischen den Kommunikationspartnern, und einseitig, d.h. ohne Rollenwechsel zwischen Aussagendem und Aufnehmenden, an ein disperses Publikum im Sinne einer Anzahl von Menschen, die sich einer Aussage der Massenkommunikation zuwendet, vermittelt werden“.

Es sei darauf hingewiesen, dass in der Medienwissenschaft dieses Modell keineswegs unumstritten ist. Ebenfalls nicht mehr klar zu trennen sind die in der Definition angeführten Medien. Das Berufsfeld des Journalismus unterteilt sich zwar traditionell in die elektronischen Medien des Fernsehens, des Radios und auch des Internets sowie in den Bereich der Printmedien, aber in der Realität sind diese Grenzen nicht mehr derart streng zu ziehen, denn so bezeichnete ´crossmediale` Angebote bestimmen den Markt. Innerhalb der Printmedien wird wiederum je nach Definition zwischen Zeitungen und Zeitschriften oder Abonnements- und Kauftiteln unterschieden. Das für diese Arbeit entscheidende Medium der Zeitschrift oder des Magazins[1] gliedert sich, wie es zum Beispiel der „Verband deutscher Zeitschriften“ (Internetquelle 1) tut, nochmals zwischen Publikums- und Fachzeitschriften sowie konfessionellen Zeitschriften auf.

Denen ist gemeinsam, dass sie nicht „tagesaktuell“ (Burger, 2005, S. 206) sind, sondern mit der Absicht eines zeitlich unbegrenzten Erscheinens, jedoch mindestens viermal jährlich (Merten, Schmidt, Weischenberg, 1994, S. 513) konzipiert werden. Sie erheben keinen Anspruch auf Allgemeinplatziertheit, sondern gelten als „außerordentlich diversifiziert nach Themenbereichen und Adressatenuntergruppen“ (Burger, 2005, S. 206).

Eine Grobklassifizierung der Publikumszeitschriften kann nach Sachgruppen, Verbreitungsgrad, Darstellungsart oder auch Periodizität erfolgen (Internetquelle 2). Diese Arbeit will sich, wie im Thema zu erkennen, mit Beiträgen aus Frauen- und Männer-Lifestylemagazinen beschäftigen, die sich zum einen über das Geschlecht ihrer Leser und zum anderen in der Darstellungsart von anderen Publikationen abgrenzen lassen. Der Begriff Lifestylemagazin bedarf der Klärung. Ein Wesensmerkmal von Lifestylezeitschriften scheint der auf Unterhaltung oder, mediengerecht gesagt, auf Entertainment ausgelegte Inhalt zu sein. Sowohl Themen, Fotos, Grafiken, als auch die Sprache dienen diesem Prinzip. Fast alles, was im Assoziationsbereich popkulturellen Geschehens liegt, wird thematisiert. Der Spagat zwischen Boulevard- und Nutzwert wohnt dieser Art von Heften inne. Politische Themen findet man hier kaum.

Entertainment bedarf aber auch der Vermittlung von Wissen, vorzüglich von Handlungswissen. Dies entspricht dem Wissensdurst der westlichen Gesellschaft, auch wenn in Lifestylemagazinen Textbeiträge wohl nicht im Mittelpunkt des Interesses der Produzenten und Rezipienten stehen. Maximal sind sie gleichberechtigt mit anderen Elementen, wie Fotos, Grafiken und der Werbung, bei denen geschriebene Sprache zwar eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt, aber es sich nicht um Texte im traditionellen Verständnis handelt. Trotzdem lohnt es sich aus Sicht des Verfassers, eben jenen Beiträgen nachzugehen, die bisher selten Gegenstand linguistischer Untersuchungen waren, im Gegensatz zu anderen journalistischen Textsorten, wie etwa Nachricht oder Bericht.

Der oben erwähnte Begriff Handlungswissen meint die Frage nach der Form: Was muss ich tun, wenn ich ´x` will? Schon auf den Titelseiten der beiden untersuchten Magazine lassen sich Hinweise auf solche aufklärerischen bzw. ratgebenden Texte finden. Da heißt es bei AMICA (Heft 05/05): „Die Kunst der Verführung – so wickeln Sie jeden um den Finger! Unwiderstehlich in 5 Lektionen“ oder „Jeans-Mania – Die neuen Trends und wie man sie trägt“. Auf der Titelseite der MAXIM (Heft 04/04) ist zu lesen: „Legt ab! Profi-Nachhilfe: So klappt´s zu Hause mit dem Strippen“. Beide Hefte haben einen großen Anteil an wissensvermittelnden Beiträgen unterschiedlicher Art. Damit kommen sie dem traditionellen Aufklärungs- und Ratgeberstil von Zeitschriften nach. Die Voraussetzungen für eine schnellere Verbreitung populärer, fachlicher und wissenschaftlicher Schriften war mit Gutenbergs Buchdrucktechnik im 15. Jahrhundert geschaffen worden. Der Beginn des Zeitungswesens kann in Deutschland schon vor 1618, mithin vor dem 30-jährigen Krieg, datiert werden. Dies ist nach von Polenz (1994, S. 16) dem regierungsamtlichen Postwesen zu verdanken. Ende des 17. Jahrhunderts entstanden die ersten Zeitschriften. Kirchner (1958, S.1) bemerkt dazu: „Gutenbergs Tat hatte plötzlich einen neuen Sinn erhalten, die Buchdruckerkunst war zum zweiten Male entdeckt, um das Geistesleben des Abendlandes von neuem zu befruchten und seiner Entwicklung wahrhaft moderne Wege zu bahnen“. Hatte die Zeitschrift bis 1720 noch einen betont gelehrten Charakter, so wandelte sich ihr Aufgabenbereich „durch den Einbruch der bürgerlichen Welt“ (Kirchner, 1958, S. 72) und führte so zu einer wesentlichen Ausweitung des Zeitschriftenwesens. Dies waren zunächst Universalzeitschriften und dann Spezialzeitschriften der Medizin sowie der Musik. Kirchner definiert die Zeitschrift des 17. und 18. Jahrhunderts als eine (1928, S. 32f): „mit der Absicht der unbegrenzten Dauer begründete, in mehr oder weniger regelmäßigen Zeitabschnitten erscheinende und für einen im allgemeinen begrenzten Interessentenkreis durch mechanische Vervielfältigung hergestellte Publikation, deren einzelne Stücke als die (periodisch) wiederkehrenden Teile eines einheitlich geleiteten Ganzen erkennbar sind, und die wegen ihres besonderen Fach- oder Wissensgebietes eine Mannigfaltigkeit des Inhaltes anstreben“.

Dies trifft zu weiten Teilen auch auf die heutigen Lifestylemagazine zu. Vor allem der Part der Definition, in dem es heißt, dass einzelne Stücke der Publikation als wiederkehrende Teile eines Ganzen erkennbar seien, kann als wesentlicher Punkt in der Konzeption von modernen Magazinen angesehen werden. Der Leser soll sich schon nach dem Auslesen des alten Heftes auf bestimmte Rubriken des neuen Heftes freuen bzw. sich als Stammleser im Magazin gut zurechtfinden können. Damit wird auch der Wiedererkennungswert des Heftes gesteigert. Eine Leseraussage in von den Magazinen beauftragten Studien der Meinungsforschungsinstitute, wie etwa: ´Das sind doch die mit den witzigen Leserbriefantworten.` wäre ein Kompliment an die Redaktion. Es würde bedeuten, dass die Leser die zahlreichen Konkurrenzprodukte anhand bestimmter Rubriken im Heft nicht nur unterscheiden könnten, sondern dabei auch einen Qualitätsunterschied feststellen. Dies ist natürlich das Ziel der Macher, denn nur so wird ihr Heft immer wieder gekauft und weiterempfohlen werden. Dies steigert den Preis pro Anzeige und sichert damit das Überleben des Magazins. Somit kann die Beziehung zwischen den Lesern und den Magazinen deutlich zum Erfolg des Mediums beitragen. Wegen dieser schwierigen Konstellation innerhalb der Massenmedien ergibt sich die Frage, wie die Printerzeugnisse die Leser auch durch die Textbeiträge an sich binden können. Im weiteren Verlauf soll dieser Frage unter dem Begriff der Leser-Blatt-Bindung nachgegangen werden.

Gerade die feststehenden, informativen Rubriken bedürfen, wie eben festgestellt, hinsichtlich der Bedeutung für die Beziehung zwischen Leser und Publikation einer gesteigerten Aufmerksamkeit bei der Produktion. In der MAXIM könnten das „Wie man>n< ...“- und „33 1/3“- Beiträge sowie die Leserbriefseiten sein. In der AMICA sind das wahrscheinlich „AMICA loves“ sowie „Noch Fragen?“. Alle Rubriken dienen der Leserin oder dem Leser. Entweder bekommen sie oder er Rat, um den sie/er gebeten hat, wie bei den Leserbriefen oder sie/er wird ungefragt aufgeklärt über Themen, die sie/ihn wegen der Zielgruppenspezifik dieser Magazine interessieren müsste. Hier kommt der Begriff des Infotainments zum Tragen: „Unter Infotainment (Kunstwort aus dem Englischen: information und entertainment) versteht man die unterhaltsame Vermittlung von Bildungsinhalten und von Scheinwissen, das den Anspruch erhebt, Bildungsbestandteil zu sein.“ (Internetquelle 3).

Dieser Definition ist hinzuzufügen, dass unter dem Begriff eigentlich die unterhaltsame Information in elektronischen Medien verstanden wird und weniger in Printmedien. Trotzdem hat sich auch hier die Bezeichnung Infotainment durchgesetzt. Es ist auch nach Franke (1997, S. 111) „nicht zu übersehen, daß in vielen Beiträgen heutiger Zeitschriften [...] ´aufklärend` tätig zu sein, lediglich vorgeschoben ist, tatsächlich aber das Unterhaltungsbedürfnis des Rezipienten befriedigt werden soll“. Dennoch sei es zweifellos so, dass die „Weitergabe von praktischen Informationen und Ratschlägen zur Bewältigung von Alltagsproblemen, die auch heute noch fester Bestandteil des Angebots von Publikumszeitschriften [...] ist, zu den massenmedialen Aufklärungsaktivitäten.“ (Franke, 1997, S. 112) gehöre.

Die Verbindung aus Information und Entertainment scheint ein Wesensmerkmal der Beiträge in Lifestylemagazinen zu sein. Selbst ursprünglich nur zur Faktenvermittlung konzipierte Texte sollen noch den Anspruch bezüglich der Unterhaltung des Rezipienten erfüllen und zur Leser-Blatt-Bindung beitragen. Dadurch vermitteln die Textproduzenten nicht nur Wissen, sondern initiieren eine bestimmte Art der Lebensführung, die als erstrebenswert dargestellt wird. Der Begriff des Lifestylemagazins ist also auch dahin gehend zu verstehen, dass hier der Wunsch beim Leser geweckt wird, ein Teil des just stattfindenden gesellschaftlichen Geschehens zu sein. Dies wird einerseits durch die vorgestellten oder beworbenen Produkte und anderseits durch die empfohlenen Handlungen in bestimmten Situationen erreicht. Wegen der scheinbar besonderen Bedeutung der ratgebenden und aufklärerischen Art von Texten für die Lifestylemagazine seien eben diese für die linguistische Untersuchung ausgewählt. Medienkritisch ist anzumerken, wie die dienenden Beiträge deklariert und begründet werden: „So beruft sich noch die sensationierendste Boulevardzeitung bis jetzt auf ihre aufklärerische Aufgabe, die heute im neutraleren Terminus der Informationsaufgabe aufgehoben ist.“ (Arntzen, 2001, S. 274).

Es gilt der Frage nachzugehen, was diese dienenden Texte gemeinsam haben und wie sie benannt werden könnten. Dafür soll zunächst erläutert werden, wie die Kommunikationssituation zwischen Redakteur bzw. Autor und Leser in der Jetztzeit ist, wozu sich Häusermann (2001, S. 46) äußert: „Der journalistische Kommunikationsprozess kann vereinfacht als Auseinandersetzung von drei Gruppen gesehen werden, deren Rollen sich jeweils unterscheiden: die Gruppe der Akteure (also z.B. die interessierte politische Gruppierung, über die informiert wird), die Gruppe der Kommunikatoren (also z.B. die Zeitung, die über sie berichtet und kommentiert) und die Gruppe der Rezipienten (also das Publikum, an das sich die Botschaften richten)“.

Auch der einzelne Text ist selten als alleiniges Produkt des Kommunikators anzusehen. Er ist ein „Gemeinschaftsprodukt, an dessen Entstehung auch die Akteure und Rezipienten beteiligt sind“ (Häusermann, 2001, S. 46). Die Rezipienten bestimmen mit ihrer Kaufentscheidung und mit ihren Wünschen, zum Beispiel per Leserbrief sowie mit der stetig im Raum stehenden Frage nach der Verständlichkeit von Texten jede Redaktionssitzung. Die Akteure beeinflussen durch Marketing- und Public-Relations-Beziehungen, Interviewantworten und geschickt gewählte Rhetorik den vom Journalisten geschriebenen Text meist mehr, als sich dieser wünscht oder bemerkt, bis hinein in die Wortwahl bzw. den Faktenschwerpunkt. Aus den zuletzt getroffenen Feststellungen heraus stellt sich die Frage nach dem intertextuellen Charakter von medialen Texten, wie ihn Burger (2001a, S. 15) oder auch Biere (1993, S. 56) postulieren. Dies ist eigentlich eine von der Literaturwissenschaft, unter anderem in Person von Genette (1993), Kristéva (1974) oder Barthes (1977) aufgeworfene Frage nach der Beziehung eines jeden Textes zu vorhergehend produzierten. Genette (1993, S. 532) nutzt zur Beschreibung dieses Phänomens das Bild des „Palimpsests“. Damit wird in der Archäologie „zweimal beschriebenes, d.h. abgeschabtes u. wiederbeschriebenes Pergament (den ursprünglichen Text macht man heute durch fotografische Verfahren wieder lesbar) bezeichnet.“ (Lektorat Deutsche Sprache, 1986). Der Zustand, wenn auf dem gleichen Pergament ein Text über einem anderen steht, den er nicht gänzlich überdeckt, sondern nur durchscheint, kann auf das vorliegende Problem übertragen bedeuten: „Eine neue Funktion legt sich über eine alte Struktur und verschränkt sich mit ihr, und die Dissonanz zwischen diesen beiden gleichzeitig vorhandenen Elementen verleiht dem Ganzen seinen Reiz.“ (Genette, 1993, S. 532). Genette verwendet Palimpsest als Vergleich für das Phänomen, dass in jedem Text Auszüge anderer Texte, Prätexte, enthalten sind. Entweder direkt als gekennzeichnetes Zitat oder indirekt als implementiertes Wissen. Hier lässt sich wieder der Bezug zur Schrift herstellen. Barthes (1977, S. 146) schreibt dazu: „Wir wissen heute, daß ein Text nicht eine Wortfolge ist, die eine einzige, quasi theologische Bedeutung transportiert, sondern ein vieldimensionaler Raum, in dem eine Vielzahl von Geschriebenem, nichts davon originär aufeinander trifft und ineinander läuft. Der Text ist ein Gewebe von Zitaten, die den unzähligen Bereichen der Kultur entstammen.“

Die Linguistik nahm sich des Konzepts der Intertextualität erst an, als die Literaturwissenschaft dem Diskurs schon weitgehend abgeschworen hatte und sich dem Begriff des Ästhetischen näherte. Wenn der Intertextualitätsbegriff ernst genommen wird, dann bedeutet dies, dass Textproduzenten und Rezipienten als Individuen irrelevant werden. Burger nennt es an Kristéva angelehnt: „Die Welt ist ein Intertext.“ (2001a, S. 15). Die Linguistik unterteilt in schwache und radikale Auslegung der Intertextualitätsidee. Dies soll hier nicht weiter verfolgt werden, sondern als Bemerkung angesehen werden, die vor allem für die Lifestylebeiträge von Relevanz ist. Denn aus der Tatsache heraus, dass beide untersuchten Magazine Lizenzprodukte anderssprachiger Originale sind, ergibt sich die Frage, inwieweit Textideen übernommen werden. Zumindest für die MAXIM kann dies durch das dort vom Verfasser durchgeführte Praktikum bestätigt werden. Allgemein gesehen müssen journalistische Beiträge also stets im Intertextualitätskontext betrachtet werden.

Aber wie leisten die informativen Beiträge den Auftrag der Aufklärung und wie wird damit eine Leser-Blatt-Bindung initiiert? Gibt es Unterschiede in der Vermittlung von Wissen zwischen Frauen- und Männerzeitschriften? Dies soll exemplarisch an Beiträgen aus den beiden Heften AMICA und MAXIM untersucht werden. Dabei bedient sich die Arbeit einer Methode der linguistischen Textanalyse. Angesiedelt ist dieses Instrument in der sprachwissenschaftlichen Disziplin der Textlinguistik. Textlinguistik kann als eine sprachwissenschaftliche Disziplin beschrieben werden, die durch die kommunikativ-pragmatische Wende in der Linguistik um 1970 als Erweiterung der Systemlinguistik entstanden ist und sich nachfolgend in verschiedenen Teildisziplinen entwickelt hat. Deren selbsternannte Aufgabe ist es, die allgemeinen Bedingungen und Regeln der Textkonstitution, die den konkreten Texten zugrunde liegen, systematisch zu beschreiben und ihre Bedeutung für die Textrezeption zu erklären. Nach Brinker (1992, S. 8) setzt sich diese Teilwissenschaft zum Ziel: „die Struktur, d.h. den grammatischen und thematischen Aufbau, sowie die kommunikative Funktion konkreter Texte transparent zu machen und nachprüfbar darzustellen. Sie kann dadurch Einsichten in die Regelhaftigkeit von Textbildung (Textkonstitution) und Textverstehen (Textrezeption) vermitteln und dazu beitragen, die eigene Textkompetenz zu verbessern, d.h. die eigene Fähigkeit zu fördern, fremde Texte zu verstehen und eigene Texte zu produzieren“.

Dies möchte der Verfasser anhand eines spezifischen Modells, das weitgehend an Franke (1997) angelehnt ist, versuchen. Somit könnte die Erstellung der Arbeit im Fachbereich der Textlinguistik als begründet gelten. Oder wie es Franke (via E-Mail) ausdrückt: „[...] selbstverständlich haben Sie das Recht, sich mit Ratgebertexten der Medien unter der Fragestellung zu beschäftigen, inwiefern sie zur Leser-Blatt-Bindung beitragen. Es wäre dann allerdings in der Analyse und Beschreibung entsprechender Texte aufzuzeigen, wie diese Zielsetzung, die Leser zu binden, durch die Veröffentlichung von Ratgebertexten zu erreichen versucht wird“. Durch den Gegenstandsbereich kann die Arbeit auch in die von Burger (2005, Vorwort) benannte „Medienlinguistik“ als Teilbereich der Linguistik eingeordnet werden.

Nach der Auswertung der textlinguistischen Methode sollen die Ergebnisse anhand von Experteninterviews mit den Textchefs der beiden Magazine AMICA und MAXIM überprüft werden.

Zunächst muss aber geklärt werden, welche Auffassungen vom Textbegriff im Alltag und in der Textlinguistik existieren und inwieweit die zu untersuchenden Beiträge unter diese Definitionen subsumiert werden können.

2.2 Alltagssprachliche und linguistische Vorstellungen vom Textbegriff

Es gilt zu prüfen, was ein Text ist und wie sich die alltagssprachliche Vorstellung von diesem Begriff von der linguistischen unterscheidet. Im Alltag kann jeder Kommunikationsteilnehmer für sich entscheiden, ob die Aneinanderreihung von sprachlichen Einheiten, wie Sätzen, seiner Meinung nach einem Text entspricht. Wichtig wären hier zum ersten die Gesichtspunkte, unter denen dies jeder Einzelne tut und in welchen sprachlichen Kontexten der Begriff Text im Alltag genutzt wird. Vielleicht kommt die Definition im Fremdwörterbuch der alltäglichen Vorstellung nahe, in dem es zum Begriff Text lautet: „Wortlaut; Folge von Sätzen, die untereinander in Zusammenhang stehen; Begleitworte zu Gesangsstücken; Beschriftung; Buchstelle, Bibelstelle – 2. frühere Bezeichnung für den 20-Punkt-Schriftgrad; eigentlich Gewebe.“ (Lektorat Deutsche Sprache, 1986).

Kern dieser Definition ist neben den unterschiedlichen Bedeutungen des Wortes, dass Text eine sprachliche Einheit ist, die in der Regel mehr als einen Satz umfasst und dessen Elemente in Beziehung zueinander stehen. Der gekennzeichnete Zusammenhang kann als inhaltlich-thematisch gedeutet werden. Es ist daher anzunehmen, dass im Alltag zusammenhängende Sätze nur dann als Text erkannt werden, wenn sie inhaltlich-thematisch zueinander passen, mithin kohärent sind und von den Sprachteilnehmern ein kommunikativer Sinn zugeordnet werden kann.

Auch das Sachwörterbuch der deutschen Sprache (Sommerfeldt & Spiewok, 1989) nimmt Bezug auf den Kohärenzbegriff unter dem Stichwort Text: „Unter einem Text versteht man eine durch Kohärenz gekennzeichnete Satzfolge. Der Text ist Träger einer Nachricht, d.h. er will einen oder mehrere Rezipienten über einen bestimmten Sachverhalt informieren, und dies unter dem bestimmenden, organisierenden Einfluss einer vom Textproduzenten verfolgten Strategie (Intention). Der Text ist also eine mehr oder weniger strukturierte Einheit von Inhalt und Form. Dieser Ganzheitscharakter ist das Entscheidende, übergeordnete Kriterium für die Definition des Textes.“. Vor allem der Ausspruch, dass der Text Träger einer Nachricht ist, könnte in der vorliegenden Arbeit von Belang sein. Auf das Verständnis des Kohärenzbegriffs wird in den folgenden Absätzen eingegangen, die den Versuch darstellen, ein sprachwissenschaftliches Bild vom Text zu entwerfen.

Neben der alltäglichen Vorstellung vom Textbegriff existieren wissenschaftliche Definitionen. Es herrschen zwei Hauptrichtungen in der Textlinguistik vor, die aus ihrer jeweiligen Perspektive versuchen, sich dem Textbegriff zu nähern. Die nachfolgenden Ausführungen stammen aus Mitschriften der Vorlesung „Textlinguistik“ vom 26.10.2004 bei PD Dr. phil. habil. Skibitzki.

- Die sprachorientierte oder auch propositionale Textlinguistik ist ungefähr Mitte der 60er Jahre entstanden und dominierte etwa 10 Jahre lang. Sie geht vom Text als eine statische und unverändert gegebene Einheit aus. Der Text wird isoliert vom Entstehungskontext betrachtet. Die Einheit Text wird analog zur Einheit des Satzes beschrieben. Text ist nach dieser Auffassung eine Folge von Sätzen und besitzt syntaktische und semantische Merkmale. Der Text wird als relativ abgeschlossen behandelt.
- Die kommunikationsorientierte Textlinguistik ist in etwa Mitte der 70er Jahre entstanden. Grundlegend ist eine dynamische, kommunikative Textauffassung, bei der die Ansicht im Mittelpunkt steht, dass ein Text in einer sprachlichen Tätigkeit, im Sprechakt entsteht. Der Text wird als Produkt einer Sprechhandlung des Produzenten anerkannt. Der Text wird mithin als Ergebnis einer Abfolge von Sprech- und Schreibakten und nicht als Abfolge von Sätzen verstanden.

Diese Grundpositionen der Textlinguistik sind der sprachsystematisch ausgerichtete und der kommunikationsorientierte Ansatz. Beide sind nicht als „alternativ, sondern als komplementäre Konzeptionen zu betrachten und eng aufeinander zu beziehen.“ (Brinker, 1992, S. 17). Der Verfasser dieser Arbeit schließt sich Brinker (1992, S. 17) an und behauptet, dass der Textbegriff es möglich machen muss, den Text zugleich als sprachliche und kommunikative Einheit zu betrachten, denn dies ist für eine Textanalyse nötig, „wobei der kommunikativ-pragmatische Ansatz [...] die theoretisch-methodische Bezugsgrundlage bilden muss“. Im Folgenden sollen mehrere Definitionen vorgestellt und auf ihre Verwendbarkeit für das Textverständnis dieser Arbeit überprüft werden.

Harweg (1979, S. 148) versteht unter dem Begriff Text: „ein durch ununterbrochene, pronominale Verkettung konstituiertes Nacheinander sprachlicher Einheiten“. Bei dieser Definition von Text fehlt für die vorliegende Arbeit der Bezug zur kommunikativen Situation, in der sich jeder Lifestylebeitrag konstituiert. Da gerade die Kommunikationssituation zwischen Redaktion und meist anonymem Leser von besonderer Bedeutung für die sprachliche Umsetzung von Textinhalten ist, kann diese und die nachfolgende Definition von Text nur als zu eng angesehen werden. Die Textdefinition nach Koniszewski (1994, S. 277) sagt aus: „Ein Text ist ein Nacheinander von sprachlichen Einheiten, die durch Substitutionsausdrücke und dazugehörige Prädikate verbalisiert werden. [...] Die so verbalisierten sprachlichen Einheiten müssen des weiteren einer ununterbrochenen, aber nicht unbedingt chronologischen Zeitlinie zugeordnet werden“.

Obwohl diese Definition klar abgrenzbare, operationale Begriffe nutzt, kann sie, wie oben erwähnt, wegen des fehlenden Bezugs zur Kommunikationssituation nicht berücksichtigt werden. Heinemann und Viehweger (1991, S.126) schlagen hingegen vor: „Unter Texten werden Ergebnisse sprachlicher Tätigkeiten sozial handelnder Menschen verstanden, durch die in Abhängigkeit von der kognitiven Bewertung der Handlungsbeteiligten wie auch des Handlungskontextes von Textproduzenten Wissen unterschiedlichster Art aktualisiert wird, das sich in Texten in spezifischer Weise manifestiert und deren mehrdimensionale Struktur konstituiert. Die Struktur eines Textes indiziert zugleich die Funktion [...] Der dynamischen Text-Auffassung folgend, wird davon ausgegangen, dass Texte keine Bedeutung, keine Funktion an sich haben, sondern immer nur relativ zu Interaktionskontexten sowie Handlungsbeteiligten, die Texte produzieren und rezipieren. Texte sind somit auch nicht per se kohärent. [...] Es sind vielmehr die Handlungsbeteiligten, die in einem Text den Zusammenhang stiften und diesen in der Textstruktur manifestieren. [...] Kohärenz wird vom Produzenten intendiert, vom Rezipienten erwartet und im Prozess des Textverstehens Äußerungsfolgen zugeschrieben“.

Diese Definition versucht, Text in eine Kommunikationssituation einzugliedern und sich über ein bestimmtes Verständnis von Kohärenz, auch aus sprachsystematischer Perspektive dem Textbegriff zu nähern. Der Bezug auf das vermittelte Wissen scheint vorerst für diese Arbeit nützlich, genauso wie der interdisziplinär angelegte Stil der Definition. Aber gegen das Verständnis von Text bei Heinemann und Viehweger sprechen auf der einen Seite nicht überprüfbare Elemente, wie „Ergebnisse sprachlicher Tätigkeiten sozial handelnder Menschen“ und zum anderen eine für diese Untersuchung zu enge Vorstellung des Kohärenzbegriffs.

Nach Brinker (1992, S. 12) gibt es bisher noch keine allgemein akzeptierte Definition. Er versucht eine integrative Textdefinition zu liefern (1992, S. 17): „Der Terminus ´Text` bezeichnet eine begrenzte Folge von sprachlichen Zeichen, die in sich kohärent ist und die als Ganzes eine erkennbare kommunikative Funktion signalisiert.“. Diese Definition nähert sich dem Textbegriff von der sprach- und der kommunikationstheoretischen Perspektive. Aus sprachlicher Perspektive versteht Brinker einen Text als eine Folge von sprachlichen Zeichen. Die in der Definition erwähnten sprachlichen Zeichen können im Saussureschen Sinne als bilaterale Einheit aus ´signifié`, zu Deutsch Bezeichnetes, Bedeutung oder Inhalt und ´signifiant` also Bezeichnendes, Form und Ausdruck angesehen werden. Dabei sind einfache, zum Beispiel Morpheme und komplexe Zeichen, zum Beispiel Wortgruppen und Sätze zu unterscheiden. Brinker (1992, S. 17) erwähnt: „Als wichtigste Struktureinheit des Textes ist der Satz anzusehen.“.

Die linguistische Textanalyse hat somit als Gegenstandsbereich Texte, die sich als Folge von Sätzen darstellen. Diese darf aber, wie auch schon im alltagssprachlichen Sinne festgestellt, nicht wahllos sein. Der Satzfolge muss die in der Definition angeführte Kohärenz innewohnen. Die Kohärenz ergibt sich aus der Struktur des Textes, die als „Gefüge von Relationen, die zwischen den Sätzen bzw. den Propositionen als den unmittelbaren Strukturelementen des Textes bestehen und die den inneren Zusammenhang“ (Brinker, 1992, S. 21) ermöglichen. Ob ein Text kohärent ist oder nicht, hängt vor allem von den Prinzipien der expliziten und impliziten Wiederaufnahme ab (vgl. Brinker, 1992). Es genügt jedoch nicht, allein das grammatische Verknüpfungsverfahren zu untersuchen. Die grammatische Ebene „fungiert vielmehr als Trägerstruktur für die thematischen Zusammenhänge, d.h. sie verweist auf eine andere (´tiefere`) Schicht, die wir als ´thematische Textstruktur` bezeichnen.“ (Brinker, 1992, S. 44).

Hier gewinnt der Begriff der Sprechhandlung an Bedeutung. Eine Sprechhandlung hat immer einen illokutiven Teil, der den Sprechhandlungstyp bezeichnet und einen propositionalen, der den Inhalt der Handlung wiedergibt. Aus kommunikativer Perspektive wird Text „durch das Konzept der kommunikativen Funktion charakterisiert, das am Begriff des illokutiven Akts der Sprechakttheorie [...] orientiert ist.“ (Brinker, 1992, S.18). Unter dem Begriff Illokution kann, wie schon erwähnt, der Sprechhandlungstyp verstanden werden.

Nach Searle (1969, S. 100) gibt es fünf Typen von Illokutionsstrukturen. Diese sind: repräsentativ (zum Beispiel eine Feststellung, Vorhersage, Beschreibung, also einen Sachverhalt als wahr oder falsch darstellen); direktiv (zum Beispiel eine Anordnung, ein Befehl, eine Bitte, ein Adressat soll zu etwas bewegt werden); kommissiv (zum Beispiel ein Versprechen, eine Drohung, eine Garantie, hierbei legt sich der Sprecher auf ein bestimmtes Verhalten fest); expressiv (zum Beispiel ein Dank, ein Glückwunsch, ein Gruß, mithin der Ausdruck einer psychischen Einstellung des Sprechers zur Proposition) und deklarativ (zum Beispiel eine Ernennung, eine Entlassung, ein Ermächtnis, hier führt ein erfolgreicher Vollzug zur Übereinstimmung zwischen Proposition und Wirklichkeit).

Bezogen auf das Thema der Arbeit und die aufgeworfenen Fragen gilt es festzuhalten: Da sich Textbeiträge aus Frauen- und Männer-Lifestylemagazinen in einer Kommunikationssituation mit einer anonymen Leserschaft befinden und sich daraus das Spezifikum der Textproduktion ergibt, muss das angewandte Modell zur Untersuchung der Texte aus dem Bereich der kommunikationsorientierten Textlinguistik stammen bzw. in ihr anwendbar sein. Es würde keinen Sinn ergeben, sich hauptsächlich dem sprachsystematischen Ansatz zu verschreiben, denn so würde diese Arbeit der Produktions- und Rezeptionssituation von Magazinen nicht gerecht werden. Dazu Brinker (1992, S. 15): „Die kommunikationsorientierte Textlinguistik entwickelt sich vor dem Hintergrund der linguistischen Pragmatik, die die Bedingungen sprachlich-sozialer Verständigung zwischen den Kommunikationspartnern einer bestimmten Kommunikationsgemeinschaft zu beschreiben und zu erklären versucht [...]. Unter pragmatischer (sprechakttheoretischer) Perspektive erscheint der Text nicht mehr als grammatisch verknüpfte Satzfolge, sondern als (komplexe) sprachliche Handlung, mit der der Sprecher oder Schreiber eine bestimmte kommunikative Beziehung zum Hörer oder Leser herzustellen versucht.“.

Explizit ausgedrückt geht diese Arbeit also nicht von einem rezeptiven oder produktiven, sondern von einem kommunikativen Textverständnis aus, das an Brinkers Textdefinition angelegt ist. Daraus ergibt sich auch die Perspektive der Betrachtung des Korpus.

Der Erschließung eines Textbegriffs sollte eine Einordnung des Textkorpus in ein Textsortenverständnis folgen. Dabei soll diese Klassifizierung ausdrücklich nicht als Mittel zur Textstrukturanalyse dienen, sondern als Zuordnung der ausgewählten Beiträge sowohl in ein journalistisches als auch textlinguistisches System verstanden werden. Nur so kann aus Sicht des Verfassers auch ein geeignetes Modell für die Textstrukturanalyse gefunden werden.

2.3 Das Textsortenverständnis von Brinker und Franke

Der Verfasser der Arbeit geht mit Klotz (1991, S. 39) konform, der schreibt: „Ich kann mir Texte nur innerhalb von Textsorten vorstellen, weil ich sehr stark von unserer Geprägtheit ausgehe, zu der das Erlernen bzw. Erwerben pragmatischer Konventionen gehört.“. Bezüglich der linguistischen Untersuchung von Beiträgen soll Schildt (1987, S. 187) angeführt werden: „In der Tendenz ist in den letzten Jahren die Erkenntnis gewachsen, daß nicht die Analyse der Einzelerscheinung, sondern nur die komplexer Zusammenhänge zu weiterführenden Erkenntnissen führt.“. Daher bedarf es nicht nur der Analyse einzelner Beiträge, sondern der Einordnung derselben in ein kommunikatives System. Es könnte behauptet werden, dass eine Zusammenfassung von Texten in Kategoriensysteme wie Klassen, Sorten oder Typen auch alltagssprachlich vorgenommen wird. Hier wären zum Beispiel das Rezept, die Werbung oder der Fernsehkommentar zu nennen.

Aus dieser alltagssprachlichen Perspektive heraus sind nach Brinker (1991, S. 126) unter Textsorte „komplexe Muster sprachlicher Kommunikation“ zu verstehen, die innerhalb der Sprachgemeinschaft im Laufe der Zeit auf Grund bestimmter kommunikativer Bedürfnisse entstanden sind. Ein ähnliches Verständnis äußert Schildt (1987, S. 194), der unter Textsorten „die unter handlungstheoretischen Aspekten gewonnenen Produkte sprachlichen Handelns“ versteht, „deren Produktion konkrete gesellschaftliche Bedürfnisse zugrunde liegen.“. Dies entspricht auch den Einteilungen der Potsdamer Schule, zu der Michel, Starke und Schmidt gezählt werden (Keßler & Sommerfeldt, 1997). Deren Texttypologisierung entstand anhand von Kommunikationsabsichten bzw. Textfunktionen. Das hat die Einteilung in Textklassen: „informierende, aktivierende, klärende, kontaktierende“ (Schmidt, 1981, S. 43) zur Folge. Die eben genannten werden unterteilt in Texttypen, wie „sachbetont informierende, überzeugende, mobilisierende, interessierende, emotional bewegende“ (Schmidt, 1981, S. 43). Als „unterschiedliche Ausprägungen“ (Schmidt, 1981, S. 43) dieser Textarten werden von den Autoren um Schmidt die Textsorten benannt. Gemein ist allen Einteilungen, dass einer Textsorte bestimmte Texte zugeordnet werden können, die die gleiche Kommunikationsabsicht in sich tragen. Somit ist jeder einzelne Text stets Vertreter einer Textsorte. Die Kommunikationssituationen Rezeption und Produktion erfolgen also im Bewusstsein von Textsorten.

Der linguistische Textsortenbegriff ist geprägt durch die zwei Richtungen der sprachsystematisch ausgerichteten sowie der kommunikationsorientierten Textlinguistik. Gülich (1986, S.18), Brinker (1991, S.132) und andere gehen davon aus, dass nur der kommunikationsorientierte Ansatz dem alltagssprachlichen bzw. intuitiven Verständnis von Textsorten gerecht werden kann, da er zum einen die Begriffe verwendet, die Bestandteil des Alltagswissens der Kommunikationsteilnehmer sind und zum anderen sich an den unterschiedlichen Kommunikationssituationen orientiert.

Es sei vermerkt, dass es zahlreiche Modelle für Textsortenspezifikationen gibt. Hier könnte unter anderem die Auffassung von Adamzik (1995) genannt werden, die von derzeit drei unterschiedlichen Lesarten des Begriffs Textsorte ausgeht. Eine unspezifische Lesart, die häufig Textsorte „synonym zu Textart, Textklasse, Texttyp“ und zu „Umschreibungen wie Arten, Gruppen, Sorten, Mengen [...] von Texten, Büchern, Schriften, Gesprächen [...] verwendet.“ (1995, S. 14). Dies sei auf das allgemeine Bedürfnis zurückzuführen, Texte zu klassifizieren, wie es in Buchhandlungen oder Bibliotheken üblich ist. Die zweite Lesart sei spezifisch und entspreche der linguistischen Klassifizierung. Hierbei gehe es vor allem darum, Textsorten über eine Kombination mehrerer Merkmale, wie Funktion, Kommunikationsbereich und sprachliche Mittel zu definieren. Diese Auffassung sei aber nicht mehr weit verbreitet und statt dessen der Begriff des Textmusters eingeführt worden. Die dritte Lesart ist jene, die versucht, die alltagssprachlichen Begriffe durch neu definierte zu ersetzen. Die Begriffe gehen auf Isenberg (1984, S. 261-270) zurück: So zum Beispiel „gnosogene“ oder „ergotrope Texte“. Diese Lesart verwirft Adamzik mit dem Verweis darauf, dass diese Begriffe nicht näher zum Kern der Einordnung von Texten in ein Textsortensystem führen können als Erzählung, Interview oder ähnliche. Dem schließt sich der Verfasser der Arbeit an.

Ein anderer Ansatz ist der von Linke, Nussbaumer und Portmann (2004), der unter Textsorte eine Gruppe gleichartiger Texte versteht, die sich durch ein Bündel von bestimmten Merkmalen auszeichnen. Da aber die Differenzierungsmerkmale zu unübersichtlich erscheinen, soll es bei der bloßen Erwähnung des Modells bleiben.

Es erscheint im Folgenden weder möglich noch sinnvoll, einen kompletten Überblick über den Dissens der Einordnung von Texten in das System von Textsorten zu geben. Denn der Schwerpunkt der Arbeit soll die kommunikationsorientierte Analyse des Textkorpus sein und nicht die jeweilige Einordnung des einzelnen Textes anhand eines ausgewählten Textsortenmodells. Daher möchte sich die Arbeit zunächst auf das Vorstellen des Brinker-Modells und die Verweise auf Adamzik (1995) sowie Linke, Nussbaumer und Portmann (2004) beschränken.

Als Basiskriterium seines Ansatzes benennt Brinker (1991, S. 133) die Textfunktion. Dabei unterscheidet er zwischen fünf Textklassen: Informationstexte (Nachrichten, Berichte, usw.), Appelltexte (Werbeanzeigen, Kommentare, usw.), Obligationstexte (Verträge, Garantiescheine usw.), Kontakttexte (Danksagungen, Ansichtskarten, usw.) und Deklarationstexte (Testamente, Ernennungsurkunden, usw.). Diese Kriterien lassen jedoch noch keine exakte Beschreibung zu. Sie belegen eher den alltagssprachlichen Gebrauch von Textsorten. Um eine Differenzierung vornehmen zu können, schlägt Brinker (1991, S. 134) ein System von Merkmalen vor, die er nach „kontextuellen (situativen) und strukturellen (thematischen) Gesichtspunkten“ unterscheidet.

Zu den kontextuellen Kriterien führt Brinker (1991, S. 134) das Argument an, dass „Texte immer in abgrenzbare Kommunikationssituationen eingebettet sind“. Dem muss die Textsortenklassifikation gerecht werden. Nach Brinker tut sie das durch die Analysekategorien „Kommunikationsform und Handlungsbereich“ (1991, S. 134). Er unterscheidet fünf Kommunikationsformen, namentlich: „Face-to-Face-Kommunikation, Telefon, Rundfunk, Fernsehen und Schrift“ (1991, S. 134). Die für diese Arbeit interessante Kommunikationsform der Schrift hat für Brinker (1991, S. 135) eine monologische Kommunikationsrichtung, einen räumlich und zeitlich getrennten unmittelbaren Kontakt und die geschriebene Sprache als Charakteristikum. Bis auf die Kommunikationsrichtung kann dies für das Verständnis des Untersuchungsmodells genutzt werden. Es bedarf jedoch des Zusatzes, dass gerade Lifestylemagazine verstärkt auf eine dialogische und pseudodialogische Kommunikationsrichtung setzen, um eine Nähe zum Leser zu demonstrieren. Wie die Produzenten der Beiträge dies tun, soll in der Analyse der Beiträge ermittelt werden.

Den Handlungsbereich der Kommunikationsformen unterscheidet Brinker (1991, S. 136) in die Bereiche privat, öffentlich und offiziell. Die Beiträge aus den Lifestylemagazinen können sicher dem öffentlichen Handlungsbereich zugeordnet werden. Nicht nur das, sie sind sogar Teil der Massenkommunikation. Die Beiträge werden in „unilateraler Kommunikation“ (Franke, 1997, S. 9) an anonyme Rezipienten vermittelt. Dies unterscheidet sie von alltagsweltlicher Kommunikation, die meist zweiseitig und persönlich adressiert funktioniert.

Zu den strukturellen Kriterien Brinkers zählen die Art des Textthemas sowie die Form der thematischen Entfaltung. Die Art des Textthemas unterscheidet sich in die „Temporale Orientierung“, also die zeitliche Fixierung des Themas relativ zum Sprechzeitpunkt und die „lokale Orientierung“, mithin die Relation zwischen Emittent bzw. Rezipient und Thema. Die zeitliche Fixierung des Themas kann vor-, gleich- und nachzeitig sein. Die Beiträge in den Lifestylemagazinen können vorzeitig und nachzeitig sein. Die Varianten der „lokalen Orientierung“ sind Thema = Emittent; Thema = Rezipient; Thema = außerhalb der Kommunikationspartner. Hier fällt es schwer, eine Einordnung zu finden, und es scheint deshalb ratsam dies in den nachfolgenden Abschnitten der Arbeit näher zu erläutern.

Die Formen der thematischen Entfaltung nach Brinker (1991) sind: deskriptiv, narrativ, explikativ, argumentativ. Die Beiträge in den Lifestylemagazinen entsprechen zum Teil der deskriptiven als auch der explikativen Themenentfaltung.

Die Einordnung der Beiträge des Textkorpus kann nicht in Gänze über das System Brinkers erfolgen. Dies liegt an der für diese Arbeit zu allgemein gehaltenen Kategorien und Begriffe. Daher soll im Folgenden das Modell Frankes (1997) vorgestellt werden, der in seiner Studie der Frage nachgeht, zu welchem Zweck Beratungsgespräche der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden und was an die anonymen Rezipienten vermittelt wird. Diese Beratungsgespräche finden nicht nur im Hörfunk oder im Fernsehen statt, sondern auch in den Printmedien. Die ausgewählten Beiträge aus den beiden Magazinen AMICA und MAXIM haben, wie schon oben erwähnt, aufklärerischen bzw. ratgebenden Charakter. Daher muss der Frage nachgegangen werden, ob in der Forschungsliteratur eine Textsorte beschrieben wird, die den Auftrag der Aufklärung in sich trägt und damit Teil der Pressekommunikation ist. Dabei ist nicht gesagt, dass die Einordnung nach Franke dem System von Brinker widersprechen muss.

Franke postuliert, dass die Kommunikatoren in den Medien versuchen, über die Veröffentlichung ratgebender Beiträge, die breite Öffentlichkeit darüber aufzuklären, „was unter bestimmten situativen Bedingungen ratsam oder was möglich ist.“ (Franke, 1997, S. 374). Hierbei muss ergänzt werden, dass die Beiträge der Lifestylemagazine weniger den Anspruch der Vermittlung von Wissen bezüglich einer spezifischen Frage verfolgen, als vielmehr das Generieren einer aus Sicht der Textproduzenten anzustrebenden Lebensführung im Mittelpunkt des Interesses steht. Franke (1997) unterscheidet die Aufklärungstexte in die, die über theoretische Sachverhalte informieren und jene, die handlungsbezogenes Wissen vermitteln. Wobei letztere in verbindliche und nicht-verbindliche Art getrennt werden. Der Unterschied lässt sich anhand von Beispielen erläutern. Handlungsbezogenes, verbindliches Wissen wird zum Beispiel in Spielregeln vermittelt. Hier werden Fragen beantwortet, was unter bestimmten Bedingungen zu tun, erlaubt, verboten oder vorgeschrieben ist. Ein anderes Beispiel wären Rezepte, in denen beschrieben ist, welches Handlungsprocedere zu einem angestrebten Zustand führt. Dagegen wird in Aufklärungstexten zum Transfer von Handlungswissen nicht verbindlicher Art erläutert, was unter bestimmten Situationsbedingungen zu tun möglich bzw. ratsam oder zweckmäßig ist. Es gilt mithin zu prüfen, inwieweit die textlinguistische Unterteilung der Texte nach Franke (1997) und Brinker (1992) zum einen in die journalistischen Textsorten allgemein und zum anderen speziell zu den ausgewählten Beiträgen aus den Lifestylemagazinen passt.

2.4 Aufklärerische Ratgeberbeiträge als journalistische Textsorte

Mit der vorhergehenden Eingrenzung des Textkorpus auf ratgebende bzw. aufklärerische Beiträge muss eine Einordnung in journalistische Textsorten einhergehen. In der Regel werden drei unterschiedliche Darstellungsformen im journalistischen Arbeitsbereich unterschieden. Schulze (1997, S. 147) nennt informierende, wie: Nachricht, Reportage, Interview, Feature; meinungsäußernde, wie: Kommentar, Glosse, Kritik sowie unterhaltende Texte, wie: Roman, Kurzgeschichte, kleine Form (siehe auch Bucher, 1986, S. 68). Eine Nachricht soll nach Schulze (1997) die Aufmerksamkeit des Lesers erregen und einen Neuigkeitswert besitzen. Es gilt hier der Grundsatz ´Wichtigstes zuerst`. Die Textsorte Nachricht beantwortet die Frage nach den ´sechs W's`: Was ist geschehen? Wer war beteiligt? Wann, wo, wie, warum ist es geschehen? Die Kurzform der Nachricht bezeichnet Schulze (1997) als Meldung. Dessen Langform ist der Bericht, welcher mehrere Einzelinformationen zu einem Gesamtbild zusammenfügt. Bei diesen Formen stehen die wichtigsten Angaben stets am Anfang. Dazu Straßner (2001, S.92): „Maßgeblich wird nach 1945 in Deutschland die >LEAD-Technik<, die das Wichtigste, die Antworten auf die zentralen w-Fragen, an die Spitze des Artikels zu rücken erlaubte. Nun konnte durch das redaktionelle Wegstreichen vom Schluss des Beitrages her nicht mehr das Wichtigste wegfallen, was zu Manipulationszwecken üblich war, vor allem im Dritten Reich.“

Die Reportage wird von Schulze (1997) als ein anschaulich und lebendig geschriebener Erlebnisbericht gedeutet. Das Feature sei dagegen eine umfassende Reportage mit einer eher bildhaften Darstellung und allgemeingültigem Inhalt sowie kommentierenden Elementen. Zum Interview meint Schulze (1997), dass dies eine transkribierte Unterredung und dabei stets an der schriftlichen Gesprächsform erkennbar sei. Ein Kommentar offenbare die Meinung des schreibenden Journalisten bzw. der Redaktion. Wenn dieser Kommentar bildhaft und klar auf eine Pointe hin orientiert ist, so handelt es sich nach Schulze (1997) um eine Glosse. Eine Kritik sei die wertende Einschätzung zu Büchern, Filmen oder Theater- bzw. Operaufführungen. Bei zuletzt genannten, wird sie aber eher als Rezension beschrieben. Zur kleinen Form zählen Satire, Lyrik oder Essay (Schulze, 1997).

Das eben beschriebene System kann aber nur als „historische Momentaufnahme“ (Schröder, S. 262) gesehen werden. Denn auch die Einteilung von Textsorten unterliegt historischen Verfestigungsprozessen, die keine abgeschlossene Entwicklung darstellen. So sind heute schon in Theorie und Praxis formal begründete Bezeichnungen, wie Ein- und Zweispalter zu finden, die Meldung oder Bericht verdrängen.

Die von Schulze (1997) vorgenommenen Unterscheidungen sind vor allem für Zeitungen relevant. Der Magazinjournalismus muss aber noch andere Kategorien beinhalten, wenn die zu untersuchenden Texte des Korpus nicht oberflächlich in eine der vorhandenen eingeordnet werden sollen. Grundsätzlich können Magazine nicht nur, wie eingangs in dieser Magisterarbeit beschrieben, zwischen Sachgruppen, Verbreitungsgrad, Darstellungsart oder auch Periodizität unterschieden werden, sondern auch nach fachinternen und fachexternen Publikationen. Fachinterne sind meist wissenschaftlich orientierte Blätter, wie die zahlreichen medizinischen und juristischen. Dort herrschen die Textsorten „Originalarbeiten“ (Ylönen, 1999, S. 153) bei den medizinischen oder „Urteilsanmerkungen“ (Eckert, 2005, S. 625) bzw. Aufsätze bei den juristischen vor. Bei Originalarbeiten handelt es sich hier um von Medizinern eingereichte Arbeiten zu Forschungsergebnissen. Allgemein handelt es sich also um die Kommunikation zwischen „Wissenschaftlern und Fachleuten“ (Burger, 2005, S. 337).

Die fachexterne Kommunikation, bei der es um die „Kommunikation zwischen Fachleuten und ´Laien` sowie um die Popularisierung von Fachwissen in den Massenmedien“ (Burger, 2005, S. 337) handelt, unterscheidet sich nach Gläser (1990) in didaktisierende, popularisierende und verhaltenssteuernde Textsorten. Zu den didaktisierenden zählt Gläser zum Beispiel Texte in Schullehrbüchern. Unter popularisierenden Texten versteht sie populärwissenschaftliche Zeitschriftenartikel und Beiträge in Sachbüchern. Die dritte Gruppe unterteilt sie in instruktiv und direktiv verhaltenssteuernde Fachtextsorten. Den direktiven sind vor allem juristisch relevante Texte, mithin Verordnungen, Verträge und Gesetzestexte zugeordnet. Die instruktiven Texte sind produktbegleitende, Ratgeber- und Aufklärungstexte. Die beiden zuletzt erwähnten Textsorten könnten, aus der Sichtweise Burgers (2005) im Sinne der Popularisierung von Wissen betrachtet, denen im Korpus dieser Untersuchung zugrunde liegenden Beiträgen ähnlich sein. Daher bedarf es der Untersuchung, was Gläser unter diesen beiden Begriffen versteht. Dazu soll die Abbildung 1 auf der folgenden Seite beitragen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Merkmale der Textsorten Ratgeber- und Aufklärungstext nach Gläser (1990)

Die Fachtextsorte ´Ratgebertext` gehört im Sinne von Gläser (1990) zu der Klasse von Textsorten, die in der fachexternen Kommunikation zuallererst mit der Absicht publiziert werden, das Verhalten der Rezipienten zu beeinflussen. Es ist bemerkenswert, dass die Unterschiede, die Gläser (1990) zwischen Ratgeber- und Aufklärungstexten anführt, weitaus geringer ausfallen als die Gemeinsamkeiten der beiden Fachtextsorten. In die Tabelle 1 wurden schon Beispiele in der Kategorie „Inhalt/ Themen“ aus den Lifestylemagazinen eingefügt. Dies soll unterstreichen, dass das hier genannte Modell zur Einordnung des vorliegenden Textkorpus genutzt werden kann. Vor allem die Gläser-Kategorie „Makrostruktur“ offenbart einen Zusammenhang zu den Lifestylebeiträgen. Die dort in beiden Spalten genannte Gesprächsform des Dialoges entspricht einem Teil der ausgewählten Beiträge. Es kann weiterhin darauf hingewiesen werden, dass die von Gläser (1990) getrennten Arten von Texten in der Forschungsliteratur (zum Beispiel Baacke, 1974) auch im Zusammenhang interpretiert werden. Dort wird behauptet, dass Massenmedien zur Aufklärung der Rezipienten beitragen, indem sie Ratschläge erteilen. Bezogen auf die weitreichende Übereinstimmung der beiden Textsorten nach Gläser (1990) und den eben erwähnten Zusammenhang, möchte die Arbeit die zu untersuchende journalistische Textsorte als ´aufklärerische Ratgeberbeiträge` bezeichnen. Der Begriff orientiert sich an der von Franke (1997, S. 167) benannten Textsorte „ratgebender Aufklärungstext“. Der Leser dieser Arbeit sollte nicht annehmen, dass es sich beim Vertauschen der Reihenfolge um eine Spitzfindigkeit handelt. Mit der Bezeichnung sei explizit ausgedrückt, dass vor allem der aufklärerische Charakter der Beiträge im Sinne der Beschreibung eines gegenwärtigen, anzustrebenden Lebenswandel im Vordergrund steht und weniger der Stil eines Rates.

[...]


[1] Soll der Einfachheit wegen in dieser Arbeit synonym verwendet werden.

Ende der Leseprobe aus 136 Seiten

Details

Titel
Linguistische Untersuchungen zu Beiträgen in Frauen- und Männer-Lifestylemagazinen
Hochschule
Universität Rostock  (Institut für Germanistik)
Veranstaltung
Spezialprobleme der Textlinguistik
Note
2,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
136
Katalognummer
V53962
ISBN (eBook)
9783638492690
ISBN (Buch)
9783640667673
Dateigröße
3516 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Magisterarbeit beschäftigt sich anhand eines Analysesystems nach Franke mit Textstrukturen in Frauen- und Männer-Lifestylemagazinen. Dabei wird die conclusio gezogen, dass aufklärerische Ratgeberbeiträge in den Magazinen zwar zur Leser-Blatt-Bindung beitragen können, aber ihre Aufmachung oftmals nicht diesem übergeordneten Ziel gerecht werden kann.
Schlagworte
Textlinguistik, Lifestylemagazine, Geschlechterforschung
Arbeit zitieren
Karsten Görsdorf (Autor:in), 2006, Linguistische Untersuchungen zu Beiträgen in Frauen- und Männer-Lifestylemagazinen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/53962

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