Kryptowährungen als Gefahr für die Währungshoheit?

Eine Analyse anhand des Euroraums


Bachelorarbeit, 2019

46 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung: Historie des Geldes
1.1 Relevanz
1.2 Problemstellung
1.3 Zielsetzung und Ergebnisse
1.4 Aufbau

2. Eigenschaften von Kryptowährungen
2.1 Die Technologie der Blockchain
2.2 Einordnung von Kryptowährungen in den Geldkontext

3. Die Europäische Zentralbank
3.1 Die Währungshoheit der EZB
3.2 Das vorrangige Ziel der Preisstabilität
3.3 Transmissionsmechanismus der Geldpolitik

4. Die potentiellen Auswirkungen von Kryptowährungen auf die Währungshoheit
4.1 Zunehmende Etablierung des Bitcoins als Währung
4.1.1 Auswirkung des Bitcoins als Zahlungsmittel
4.1.2 Auswirkung des Bitcoins als Reservewährung
4.2 Verlust an Einflussnahme der EZB auf die Realwirtschaft
4.3 Mögliche Reaktionen der EZB zur Sicherung der Währungshoheit

5. Fazit: Ein Ausblick

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Transaktionsprozess. S. 7.

Abbildung 2: Erstellung von Datenblöcken. S. 7.

Abbildung 3: Verschiedene Geldformen. S. 12.

Abbildung 4: Gesamtzahl aller Bitcoin-Transaktionen weltweit. S. 23.

Abbildung 5: Historische durchschnittliche Renditevolatilität. S. 27.

Abbildung 6: Marktkapitalisierung von EUR, USD, AUD, BOB und BTC. S. 34.

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung: Eine kurze Historie des Geldes

Die Diskussion um private Währungen, die durch Kryptowährung erneut in den Fokus der Wissenschaft und der Öffentlichkeit rückt, ist als solche keine neue. Ganz im Gegenteil: Historisch betrachtet existieren private Währungen bereits länger als staatlich emittierte Währungen. Die älteste Form des Handels bestand aus Tauschgeschäften. In diesem wurden die Waren direkt miteinander getauscht. Daher bezeichnet man diese Art der Bezahlung als „Warengeld“. Auf Grund der Verderblichkeit oder Unhandlichkeit des Warengeldes etablierte sich in viele Kulturen das Metallgeld. Die Güter hatten demnach einen bestimmten Wert in Gold, Silber oder anderen Materialien. Edelmetalle hatten dabei den Vorteil, leicht teilbar zu sein, unverderblich zu sein und waren nur begrenz verfügbar, wodurch der Wert stabil blieb.1

Mit zunehmender Etablierung der Edelmetalle als Währung wuchs das Problem des Transports. Auch bei geringem Handelsvolumen musste mit großen Edelmetallbarren gehandelt werden. Da sich dieser Handel als unpraktisch erwies, wurden im 7. Jahrhundert vor Christus die ersten Münzen entworfen. Der Wert der ausgeprägten Münzen hatte meist einen höheren Wert als das verwendete Edelmetall. Diese Differenz deckte die Kosten des Münzdrucks. Für den Handel mit geringem Handelsvolumen wurden die sogenannten „Scheidemünzen“ verwendet. Die Scheidemünzen besaßen im Gegensatz zu den herkömmlichen Münzen einen deutlich höheren Wert als der Wert des verwendeten Materials, da vor allem leichte Materialen verwendet wurden. Doch auch diese Münzen waren in großen Mengen zu schwer, um sie praktisch transportieren zu können. Um den Handel zu optimieren, benötigten die Kaufleute deshalb leichteres Geld.2

Im mittelalterlichen Europa entwickelte sich dadurch das Papiergeld. Die Kaufleute gaben beim Kauf oder Verkauf von Gütern Wechselbriefe heraus, die eine Art von Schuldverschreibung darstellten. Im Laufe der Zeit etablierten sich die Wechselbriefe als eine geläufige Währung des Handels3. Neben den Wechselbriefen stellten auch Bankiers für die Einlagerung von Edelmetallen Banknoten aus. Der Empfänger einer Zahlung in Papiergeld konnte die Banknoten gegen die hinterlegten Wertgegenstände bei der Bank einlösen4. Erst im 19. Jahrhundert bildeten sich Notenbanken, die Gold, Silber und Wechselbriefe aufkauften und dafür Banknoten emittierten. In Deutschland beispielsweise wurden Banknoten erst 1909 zum gesetzlichen Zahlungsmittel erklärt.5

Heutzutage sind die meisten Währungen nicht mehr durch Edelmetalle gedeckt, sondern basieren auf dem Vertrauen in die Notenbanken. Sie besitzen demnach keinen inneren Wert. Diese Art von Währung wird als „FIAT-Währung“ bezeichnet6. Historisch betrachtet stellen daher private Währungen im europäischen Raum eine geläufigere Währungsform als staatliche Währungen dar.

1.1 Relevanz

Friedrich August Hayek, der als einer der wichtigsten Denker des Neoliberalismus im 20. Jahrhundert gilt, fordert in seinem Buch „Denationalisation of Money“, das staatliche Währungsmonopol in private Verwaltung zu übergeben7. Vor allem durch die Erfindung von Kryptowährungen und der Technologie der Blockchain könnte eine Etablierung von privater Währung, die transnational und international genutzt wird, möglich sein. Bei starker Akzeptanz der Kryptowährungen durch die Bevölkerung könnten allerdings auch potentielle Gefahren für die Währungshoheit der Europäischen Zentralbank (EZB) entstehen. Falls sich Kryptowährungen als starke Parallelwährung oder sogar als Leitwährung etablieren könnten, hätte dies einen enormen Einfluss auf die europäische Volkswirtschaft. Die Möglichkeit der EZB, auf die Realwirtschaft Einfluss zu nehmen, würde an Bedeutung verlieren.

Kryptowährungen sind nicht nur im historischen Kontext interessant, sondern stellen ein äußerst aktuelles Thema dar. Dies zeigt beispielsweise die Meldung, dass ab dem 13.01.2020 Investoren neben Futures auch Bitcoin-Optionen an der traditionsreichen Chicagoer Terminbörse CME handeln können8. Dies impliziert zunehmende Akzeptanz von Kryptowährungen in der Finanzwelt, was sich wiederum auf die Gesellschaft auswirken könnte. Jederzeit können derartige Änderungen die Risiken durch Kryptowährungen verstärken oder schwächen.

1.2 Problemstellung

Dabei stellt sich folgende grundsätzliche Forschungsfrage: Inwieweit stellen Kryptowährungen eine Gefahr für die Währungshoheit der EZB dar? Neben den Gefahren für die Währungshoheit existieren noch weitere Risiken. Konsumenten, die den Bitcoin als Zahlungsmittel nutzen, könnten Opfer von Cyberkriminalität werden9. Ferner könnten Bitcoins zur Geldwäsche, zur Terrorfinanzierung sowie zum Handel illegaler Waren genutzt werden10. Diese Arbeit behandelt jedoch ausschließlich die Gefahren, die für die Währungshoheit der EZB entstehen könnten. Da das Gros der regulatorischen Behörden die zuvor genannten Risiken behandelt und die Gefahren für die Währungshoheit größtenteils nur sehr sporadisch schildert, stellt diese Arbeit eine zusätzliche Vertiefung der Forschung dar.11

1.3 Zielsetzung und Ergebnisse

Das Ziel dieser Arbeit ist es, einen Überblick über die vorhandene Literatur zu geben, sowie potentielle Entwicklungsmöglichkeiten der Kryptowährungen darzustellen. Die Arbeit soll zeigen, welche Gefahren für die Währungshoheit existieren und wie realistisch diese sind. Ferner soll aufgezeigt werden, welche Einflüsse die Gefahren vergrößern können sowie welche Entwicklungen der Kryptowährungen die Gefahr erhöhen könnten. Diese potentielle Gefahr besteht nicht nur für den Euroraum, sondern auch für andere Währungsräume. Die Analyse bezieht sich dabei jedoch nur auf den Euroraum, da der Euro zu den weltweit stärksten Währungen zählt. Falls Kryptowährungen eine Gefahr für den Euro darstellen könnten, würde dies ein deutlich größeres Gefahrenpotential für die Zentralbanken schwächere Währungen implizieren. Die Betrachtung von den potentiellen Gefahren für diese Zentralbanken würde zu einer Verzerrung der Ergebnisse führen.

Um das Ziel der Arbeit zu erreichen, wurde überwiegend Literatur verwendet, die im Gros nicht älter als zwei Jahre ist, um so eine möglichst hohe Aktualität der Ergebnisse gewährleisten zu können. Ältere Literatur wurde verwendet, um Definitionen und Modelle zu erläutern.

Das Ergebnis der Arbeit ist, dass Kryptowährungen in ihrer jetzigen Form keine akute Gefahr für die Währungshoheit der EZB darstellen. Dies deckt sich mit den Befunden der restlichen Literatur und mit der eigenen Einschätzung der EZB12. Durch externe Faktoren oder durch die technische Weiterentwicklung der aktuellen Kryptowährungen kann das Risiko jedoch steigen, dass der Euro an Relevanz verliert. Durch den Verlust der Relevanz des Euros könnten Kryptowährungen auf längere Betrachtung damit eine Gefahr für die Währungshoheit der EZB darstellen.

1.4 Aufbau

Um den Sachverhalt optimal aufarbeiten zu können, beginnt die Arbeit mit der Historie des Geldes im 1. Kapitel. Darauf folgen im 2. Kapitel die Eigenschaften der Kryptowährungen. Innerhalb dieses Kapitels wird die Technologie der Blockchain im Kapitel 2.1 sowie die Einordung von Kryptowährungen in den Geldkontext im Kapitel 2.2 behandelt. Um analysieren zu können, inwieweit Gefahren für die Währungshoheit der EZB entstehen, wird in dieser Arbeit eine Analyse der Strukturen der EZB vorausgesetzt. Daher wird im Kapitel 3 die EZB näher betrachtet. Dafür folgt im Kapitel 3.1 eine Betrachtung der Währungshoheit der EZB. Im Kapitel 3.2 wird das vorrangige Ziel der Preisstabilität, welche für den Erhalt der Währungshoheit relevant ist, dargestellt. In Kapitel 3.3 wird der Transmissionsmechanismus der EZB betrachtet, anhand dessen die EZB auf die Realwirtschaft einwirken kann. Die Darstellung des Transmissionsprozesses wird benötigt, um die Auswirkungen von Kryptowährungen auf die Währungshoheit abzubilden.

Im 4. Kapitel werden die potentiellen Auswirkungen von Kryptowährungen auf die Währungshoheit dargestellt. Das Kapitel 4.1 beschäftigt sich mit der zunehmenden Etablierung des Bitcoins und der damit verbundenen Gefahren. Der Bitcoin könnte sowohl als Zahlungsmittel (Siehe Kapitel 4.1.1) als auch als Reservewährung – dargestellt in Kapitel 4.1.2 - an Relevanz gewinnen. Das Kapitel 4.2 stellt den Sachverhalt der Gefahr dar, dass die EZB durch die Entstehung eines parallelen Währungssystems Einfluss auf die Realwirtschaft verlieren könnte. In Kapitel 4.3 folgt die Betrachtung der möglichen Reaktionen, die die EZB zur Sicherung der Währungshoheit tätigen kann, um die potentiellen Gefahren abzuwehren. In Kapitel 5 werden die Ergebnisse zusammengefasst und weitere Anwendungsmöglichkeiten der Blockchain vorgestellt.

2. Eigenschaften von Kryptowährungen

„Krypto-Währungen haben keine greifbare Existenz, sondern sind elektronische Signale und Aufzeichnungen, die die mit der Währung vermittelten Transaktionen verfolgen. Aufgrund ihrer elektronischen Repräsentation werden Krypto-Währungen auch als "digitale" oder "virtuelle" Währungen bezeichnet, wobei zwischen allen drei Arten von Währungen unterschieden werden kann“.13

Kryptowährungen sind im Kontext der virtuellen Währungen ein relativ kleiner Teilbereich. Das Präfix „Crypto“ stammt aus der griechischen Sprache und steht für „geheim“ oder „verschlüsselt“. Bei einer Transaktion mit Kryptowährungen gibt es keine zentrale Behörde, wie beispielsweise eine Bank, welche die Transaktion überwachen könnte14. Die kryptographische Technik, die sog. „Blockchain“ - auf der die Kryptowährungen basieren - stellt dabei den Unterschied zu anderen virtuellen Währungen dar und ermöglicht anonyme Transaktionen. Kryptowährungen finden dabei eine große Mengen mediale Beachtung, da diese Art der Technologie als revolutionär betrachtet wird.15

2.1 Die Technologie der Blockchain

„Blockchains sind fälschungssichere, verteilte Datenstrukturen, in denen Transaktionen in der Zeitfolge protokolliert, nachvollziehbar, unveränderlich und ohne zentrale Instanz abgebildet sind. Mit der Blockchain-Technologie lassen sich Eigentumsverhältnisse direkter und effizienter als bislang sichern und regeln, da eine lückenlose und unveränderliche Datenaufzeichnung hierfür die Grundlage schafft“.16

Die Blockchain ist die Technologie, auf der der Bitcoin basiert. Der Bitcoin und damit auch die Technologie der Blockchain wurde 2009 als Open-Source-Projekt17 von einer Person mit dem Pseudonym Satoshi Nakamoto veröffentlicht18. Ein Jahr zuvor beschrieb Satoshi Nakamoto die Dringlichkeit und die Funktionsweise seines Projektes in dem Bericht „Bitcoin: A Peer-to-Peer Electronic Cash System“. Satoshi Nakamotos Ziel war es, ein neues, weltweit funktionierendes Zahlungssystem zu etablieren; ein System, das nicht von dem Vertrauen in die Banken abhängig ist, sondern auf einem sicheren kryptographischen Mechanismus beruht19. Denn durch die Wirtschaftskrise war das Vertrauen in die Banken zu dieser Zeit an einem Tiefpunkt angelangt.20

Mit Stand von 2018 existierten neben dem Bitcoin bereits 1500 verschiedene Kryptowährungen, die im Gros wie der Bitcoin auf der Blockchain basieren21. Der rapide Anstieg der Kryptowährungen konnte geschehen, da durch die Veröffentlichung des Quellcodes als Open Source Projekt durch S. Nakamoto der Quellcode weltweit einsehbar ist. Das bedeutet, dass jede Person die Funktionsweise der Blockchain online nachvollziehen kann und daraufhin in der Lage ist, eine eigene Währung auf Basis des Quellcodes zu programmieren. Aus diesem Grund entstanden weitere Kryptowährungen, die auf modifizierten Varianten der Blockchain beruhen.

Da derart viele Kryptowährungen existieren, benötigt es die Fokussierung auf lediglich eine Währung, die für alle Kryptowährungen repräsentativ zu betrachten ist. Da der Bitcoin sowohl die erste Kryptowährung war, als auch die stärkste Kryptowährung im Sinne der Marktkapitalisierung ist, macht eine Fokussierung auf den Bitcoin Sinn.22

Die Technologie der Blockchain von Bitcoin stellt ein öffentliches Register dar, das alle Bitcoin- Transaktionen umfasst. Über die Rückverfolgung aller Transaktionen, die getätigt wurden, generiert sich der Anspruch eines Nutzers auf seine Bitcoins. Möchte Person A beispielsweise zwei Bitcoins an Person B überweisen, benötigt sie die öffentliche Bitcoin-Adresse des Kontos von Person B, auf die die Bitcoins zurückzuführen sind und einen privaten Schlüssel, mit dem Person A die Transaktion autorisiert.23

Jede Transaktion besteht aus einem Zeitstempel, einer digitalen Unterschrift, einem Rückbezug zu älteren Transaktionen und einem Output, also der Information, wohin das Geld überwiesen werden soll. Der Zeitstempel ist von Bedeutung, um das Problem des „Double Spendings“ zu umgehen. Dadurch wird es unmöglich gemacht, durch zwei schnell hintereinander ausgeführte Transaktionen einen Bitcoin doppelt auszugeben. Die digitale Unterschrift bedeutet, dass Person A die Transaktion mit ihrem privaten Schlüssel gewährt hat. Mit Hilfe des Rückbezugs zu älteren Transaktionen überprüft das Systems, ob Person A überhaupt die zwei Bitcoin besitzt, die er nun an Person B übertragen möchte. Zuletzt wird überprüft, ob die Adresse von Person B als Output vorhanden ist.24

Untere Abbildung 1 zeigt den Prozess visualisiert auf. Bei der Prüfung der dritten Transaktion müssen dementsprechend auch die vorherigen Transaktionen geprüft werden.25

Abbildung1: Transaktionsprozess

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Abbildung in Anlehnung an Narayanan (2016). S. 16.

In Abbildung 1 geht es um den Transaktionsprozess innerhalb der Blockchain. Die Transaktionen sind aufeinander aufbauend. Um weitere Sicherheit innerhalb des Systems gewährleisten zu können, werden die Transaktionen zu einzelnen Datenblöcken zusammengefügt, die in sich von vorherigen Transaktionen abhängig sind. Grafisch ersichtlich wird dies anhand der nachfolgenden 2. Abbildung.

Abbildung2: Erstellung von Datenblöcken

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Datenblock 1 Datenblock 2 Datenblock 3

Quelle: Eigene Abbildung in Anlehnung an Narayanan (2016). S. 16.

Das Prüfen der Transaktionen und das Erstellen der Datenblöcke wird durch sogenannte „Miner“26 getätigt. Diese stellen die Rechenleistung zur Verfügung und erhalten pro erstelltem Datenblock eine Vergütung in Bitcoin. Ein Szenario in der Realität könnte wie folgt aussehen: Person A möchte mit der Rechenleistung ihres PCs Bitcoins schürfen. Dazu stellt Person A dem Netzwerk Rechenleistung zur Verfügung, indem der PC an der Validierung von Transaktionen und der Erstellung von Datenblöcken mitwirkt. Gedrosselt durch mathematische Rätsel kann nur alle zehn Minuten ein Datenbock geschürft werden. Das heißt, dass eine Transaktion mindestens zehn Minuten benötigt. Bei der Lösung des mathematischen Rätsels, also der Erschaffung des Datenblocks, wird anschließend jeder beteiligte Miner anhand der prozentualen Rechenleistung in Bitcoin vergütet.

Bei diesen Bitcoins, die als Belohnung fungieren, handelt es sich um neu geschaffene Bitcoins. Daraus ergibt sich mit dem Schürfen eine Vergrößerung der Geldmenge an Bitcoin, was einer Inflation gleichkommt. Um diese Art der Inflation zu verringern, halbiert sich die Menge der ausgeschütteten Bitcoins alle vier Jahre. Dies impliziert eine Verringerung der Belohnung für die Miner, da diese weniger Bitcoins ausgeschüttet bekommen27. Um weiterhin Anreize zu schaffen, Rechenleistung zur Verfügung zu stellen, erhalten Miner eine Gewinnbeteiligung an den Transaktionskosten28. Durch die konstante Halbierung kann außerdem prognostiziert werden, dass die maximale Menge von 21 Millionen Bitcoins bis 2040 geschürft sein wird. Mehr als 21 Millionen Bitcoins können nicht existieren, da dieser Wert in der Blockchain festgelegt wurde.

2.2 Einordnung von Kryptowährungen in den Geldkontext

Geld ist ein „allgemeines Tauschmittel, mit dessen Hilfe Güter getauscht werden können […]. Für die Vermittlung von Käufen und Verkäufen ist das Geld als allgemein anerkanntes Zahlungsmittel in einer arbeitsteiligen Wirtschaft unentbehrlich.“29

Aus der Geschichte des Geldes, welche im 1. Kapitel kurz skizziert wurde, haben sich drei Kernelemente herauskristallisiert, durch die Geld definiert werden kann. Als erstes Merkmal muss Geld als Tauschmittel genutzt werden können, um nicht mehr auf Tauschhandel mit Gütern angewiesen zu sein. Außerdem muss Geld als Rechnungseinheit dienen können. Jedem Gut muss ein numerischer Wert in Zusammenhang mit der Währung zugeordnet werden können. Als drittes Merkmal muss Geld ein Wertaufbewahrungsmittel sein. Geld muss gespart werden können, um Investitionen oder Konsum in der Zukunft gewährleisten zu können. Dies setzt eine gewisse Wertstabilität voraus.30

Um die potentiellen Gefahren für die Währungshoheit der EZB ermitteln zu können, bedarf es der Analyse, ob es sich beim Bitcoin um Geld handelt oder nicht. Der Bitcoin wird bereits als Tausch- und Zahlungsmittel genutzt. So belief sich der Wert der Transaktionen in Bitcoin im Jahr 2017 auf 900 Millionen Euro31. Das Merkmal des Tauschmittels ist damit erfüllt. Bezogen auf das Merkmal der Wertstabilität ist die des Bitcoins jedoch zu gering. So betrug die Standardabweichung32 von der prozentualen Veränderung des Wechselkurses von Bitcoin/US-Dollar von einem Monat zum anderen Monat 73,1%. Im gleichen Zeitraum betrug die Standardabweichung der prozentualen Veränderung des Wechselkurses von Neuseeland-Dollar/US-Dollar 3,6%33. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass große Transaktionen von US-Dollar/Bitcoin den Preis des Bitcoins bereits beeinflussen können, da der Bitcoin eine deutlich geringere Marktkapitalisierung als etablierte Währungen hat34. Aufgrund der enormen Preisschwankungen kann der Bitcoin nicht als Wertaufbewahrungsmittel dienen. Die Unsicherheiten und Risiken wären zu groß, um zukünftigen Konsum und Investitionen planen zu können.

Ferner kann der Bitcoin durch die hohe Preisvolatilität keine reliable Rechnungseinheit abbilden, da sich der Preis eines Produktes gemessen in Bitcoin immer wieder schlagartig ändern kann. Zwar bieten Onlineshops Bezahlungen in Bitcoin an, der Preis in Bitcoin bemisst sich aber immer nach dem Preis in der Fiat-Währung. Damit passt sich der Preis des Produkts in Bitcoin an die Schwankungen an. Nur so kann die Bezahlmethode in Bitcoin ohne potentielle Verluste angeboten werden.

Zum Zeitpunkt des aktuellen Forschungsstands kann der Bitcoin folglich noch nicht als „Geld“ definiert werden. Durch ansteigende Volumina von Transaktionen mit Bitcoins oder durch die Koppelung des Bitcoins an staatliche Währungen, könnte aber die Wertstabilität zunehmen. In der Folge würde der Bitcoin durch steigende Wertstabilität alle definitorischen Merkmale von Geld erlangen.35

Bitcoin als Kryptowährung ist eine virtuelle Währung, die von der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) wie folgt definiert wird: „Virtuelle Währungen sind definiert als eine digitale Wertdarstellung, die weder von einer Zentralbank oder einer Behörde ausgegeben wird, die nicht notwendigerweise an eine Fiat-Währung gebunden ist, sondern von natürlichen oder juristischen Personen als Tauschmittel verwendet wird und elektronisch übertragen, gespeichert oder gehandelt werden kann.“36

Unter den zahlreich vorhandenen virtuellen Währungen machen Kryptowährungen nur einen kleinen Teil aus. Grundsätzlich ist es möglich, virtuelle Währungen in drei Teilbereiche einzugliedern. Die erste Art von virtuellen Währungen basiert auf einem geschlossenen System und wird auch als „In-game- only“-Währungsschema bezeichnet. Dabei handelt es sich um virtuelle Währungen, die innerhalb einer virtuellen Welt gehandelt werden. Diese können nur innerhalb der virtuellen Welt erarbeitet und für virtuelle Güter ausgegeben werden. Es gibt jedoch keine Möglichkeit, diese Währungen in reales Geld, wie den Euro, umzutauschen.37

Das zweite Währungsschema zeichnet sich durch einen unidirektionalen Fluss des Währungsumtausches aus. Das bedeutet, dass die virtuelle Währung mit realem Geld erworben werden kann. Nach dem Erwerb kann die virtuelle Währung aber nicht mehr zurückgewechselt werden. Der Wechselkurs der beiden Währungen wird durch den Herausgeber der virtuellen Währung festgelegt38. Als Beispiel kann Facebook herangezogen werden, das 2009 mit der Einführung von Facebook-Credits ein solches Währungsschema etabliert hat.39

Das dritte Schema, auf dem eine virtuelle Währung basieren kann, wird als das Schema des „bidirektionalen Währungsumtausches“ bezeichnet. Folglich ist es möglich, eine reale Währung in die virtuelle Währung und umgekehrt eine virtuelle Währung in eine reale Währung umzutauschen. Die Wechselkurse werden hier im Währungsmarkt durch Angebot und Nachfrage bestimmt. Diesem Schema sind Kryptowährungen zuzuordnen40. Zusätzlich basieren – wie in Kapitel 2.1 beschrieben - Kryptowährungen auf einer kryptographischen Verschlüsselungsmethode.

Im Folgenden soll nun erörtert werden, welche Geldformen existieren und wie sich Kryptowährungen in diesen Rahmen eingliedern lassen. Eine Unterscheidung kann durch die Einteilung nach Herausgeber, Form und Transaktionsart getroffen werden. Bei einem Herausgeber kann es sich entweder um einen privaten Akteur, wie beim Bitcoin, oder um eine staatliche Institution, wie beim Euro die EZB, handeln. Die Form kann entweder digital oder physisch gegeben sein. Bei der Transaktionsart unterscheidet man ein zentralisiertes und ein dezentralisiertes System. Sowohl bei der Art des Herausgebers als auch bei der Form des Geldes gibt es schon lange verschiedene Formen. Beispielsweise Banken, die ihr eigenes Geld emittierten oder das digitale Geld auf dem Bankkonto.

Die verschiedenen Arten der Transaktion stellen ein Novum dar. Bei herkömmlichen Transaktionen mit dem Euro benötigt es einen Intermediär, meist eine Bank, die die Zahlungen bestätigt und überwacht. Dadurch entsteht einerseits Vertrauen unter den Kunden und das Problem des „Double-Spendings“ kann verhindert werden. Das heißt, dass ein Euro auf dem Konto nur einmal ausgegeben werden kann. Das „Double-Spending“-Problem konnte digital erst mit der Erfindung der Blockchain gelöst werden. Außerdem kann durch diese dezentrale Technologie Vertrauen unter den Privatpersonen geschaffen werden, ohne einen Intermediär zu benötigen41. Alle Bedingungen, die bei einer Bargeldtransaktion gegeben sind, können durch die Blockchain digital ausgeführt werden. Denn bei einem Bargeldtausch benötigt es ebenfalls keinen Intermediär, die Nutzer vertrauen sich gegenseitig und vorhandenes Geld kann nicht mehrfach ausgegeben werden.

[...]


1 Vgl. Deutsche Bundesbank: Geld und Geldpolitik. 2019. S.11-12.

2 Vgl. ebd. S. 12-14.

3 Vgl. ebd. S. 15.

4 Vgl. Thomas Mayer: Die Evolution des Geldes. In: Ifo Schnelldienst 70 (2017). S. 7.

5 Vgl. Deutsche Bundesbank, Geld und Geldpolitik. S. 15.

6 Vgl. Mayer, Die Evolution des Geldes. S. 7.

7 Vgl. Friedrich August Hayek: Denationalisation of Money. An Analysis of the Theory and Practice of Concurrent

Currencies. 1976. S. 13.

8 Vgl. Marc Stephan: Bitcoin erreicht den Mainstream. 13.01.2020. https://www.tagesschau.de/wirtschaft/boerse/bitcoin-153.html. Stand: 13.01.2020.

9 Europäische Bankenaufsichtsbehörde: EBA warns consumers on virtual currencies. 08.07.2019. https://eba.europa.eu/eba-warns-consumers-on-virtual-currencies. Stand: 06.01.2020.

10 Vgl. Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie (EU) 2015/849 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung und zur Änderung der Richtlinie 2009/101/EG.

11 Vgl. Europäische Bankenaufsichtsbehörde: EBA Opinion on ‘virtual currencies’. 2014. S. 21-36.

12 Vgl. Kiel Institute for the World Economy: Virtual Currencies. Monetary Dialogue. Hrsg. v. Policy Department for Economic, Scientific and Quality of Life Policies. 2018. S. 22.

13 Christie Smith und Aaron Kumar: Crypto-Currencies. An introduction to not-so-funny moneys. In: Journal of Economic Surveys 32 (2018). S. 6.

14 Vgl. ebd.

15 Vgl. Blockchain - Die Stille Revolution. 28.05.2018. https://tool.handelsblatt.com/specials/blockchain/. Stand: 08.01.2020.

16 Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht: Blockchain-Technologie. 19.06.2017. https://www.bafin.de/DE/Aufsicht/FinTech/Blockchain/blockchain_node.html. Stand: 10.01.2020.

17 Der Ausdruck "Open Source" wird gebraucht, um mehr oder weniger dasselbe auszudrücken wie freie Software (im Sinne von freier Zugriff auf den Quellcode).Definition basierend auf: Wolfgang Semar: Geschäftsmodelle im Kontext von Industrie 4.0. 05.05.2019. http://www.semar.de/dh/ec7_0_oss2.pdf. Stand: 01.01.2020.

18 Vgl. Als Satoshi Nakamoto den Bitcoin erfand. 09.01.2020. https://www.dw.com/de/als-satoshi-nakamoto- den-bitcoin-erfand/a-46089122. Stand: 13.01.2020.

19 Vgl. Satoshi Nakamoto: Bitcoin. A Peer-to-Peer Electronic Cash System. 2008. S.1.

20 Vgl. Bankenverband: Vertrauen in Banken / Zufriedenheit von Bankkunden. Repräsentative Umfrage im Auftrag des Bankenverbandes Befragung vom 4. bis 10. Oktober 2011 (1.044 wahlberechtigte Deutsche). 21.11.2018. https://bankenverband.de/media/files/Umfrageergebnis_zooI3aY.pdf. Stand: 13.01.2020.

21 Vgl. Claeys, Grégory, Demertzis, Maria und Efstathiou Konstantinos: Cryptocurrencies and monetary policy. Hrsg. v. Policy Department for Economic, Scientific and Quality of Life Policies. 2018. S. 8.

22 Vgl. ebd. S.9.

23 Vgl. Rainer Böhme, Nicolas Christin, Benjamin Edelmann und Tyler Moore: Bitcoin: Economics, Technology, and Governance. In: The Journal of Economic Perspectives 29 (2015), S. 215–216.

24 Vgl. Arvind Narayanan u.a.: Bitcoin and cryptocurrency technologies. A comprehensive introduction. 2016. S. 15-16.

25 Vgl. ebd. S. 15-16.

26 „Miner“ ist ein in der Bitcoin-Szene genutzter Begriff und kann im deutschen mit „Schürfer“ übersetzt werden

27 Vgl. Virtual Currency Schemes. Hrsg. v. Europäische Zentralbank. 2012. S. 23-24.

28 Diejenigen Kosten, die durch die Benutzung des Marktes, also im Zusammenhang mit der Transaktion von Verfügungsrechten (z.B. Kauf, Verkauf, Miete), oder einer innerbetrieblichen Hierarchie entstehen. Definition basierend auf: Fachhochschule Nordwestschweiz: Transaktionskosten. 01.11.2020. http://www.vwl- online.ch/ploneglossary.2009-03-16.8052689907/ploneglossarydefinition.2009-03-30.1743602264. Stand: 01.11.2020.

29 Bundeszentrale für politische Bildung: Das Lexikon der Wirtschaft. 16.02.2018. http://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/lexikon-der-wirtschaft/. Stand: 12.01.2020.

30 Vgl. Europäische Zentralbank, Virtual Currency Schemes. S. 9-10.

31 Vgl. Claeys, Demertzis, Efstathiou Konstantinos, Cryptocurrencies and monetary policy. S. 9.

32 Die Standardabweichung ist ein Maß für die Streubreite der Werte eines Merkmals rund um dessen Mittelwert (arithmetisches Mittel). Vereinfacht gesagt, ist die Standardabweichung die durchschnittliche Entfernung aller gemessenen Ausprägungen eines Merkmals vom Durchschnitt. Definition basierend auf: Statista: Statistik- Lexikon: Definition Standardabweichung. 24.12.2019. https://de.statista.com/statistik/lexikon/definition/126/standardabweichung/. Stand: 05.01.2020.

33 Vgl. Smith, Kumar, Crypto-Currencies. S. 23.

34 Vgl. Rainer Böhme, Nicolas Christin, Benjamin Edelman und Tyler Moore: Bitcoin: Economics, Technology, and Governance. In: Journal of Economic Perspectives 29 (2015). S. 226.

35 Vgl. Houben, Robby und Snyers, Alexander: Cryptocurrencies and blockchain. Legal context and implications for financial crime, money laundering and tax evasion. Hrsg. v. Policy Department for Economic, Scientific and Quality of Life Policies. 2018. S. 20-21.

36 Europäische Bankenaufsichtsbehörde, EBA Opinion on ‘virtual currencies’. S. 11.

37 Vgl. Europäische Zentralbank, Virtual Currency Schemes. S. 13.

38 Vgl. ebd. S. 14.

39 Vgl. Facebook: Introducing subscriptions and local currency pricing. 19.06.2012. https://developers.facebook.com/blog/post/2012/06/19/introducing-subscriptions-and-local-currency- pricing/. Stand: 11.01.2020.

40 Vgl. Europäische Zentralbank, Virtual Currency Schemes. S. 14.

41 Vgl. Claeys, Demertzis, Efstathiou Konstantinos, Cryptocurrencies and monetary policy. S.8.

Ende der Leseprobe aus 46 Seiten

Details

Titel
Kryptowährungen als Gefahr für die Währungshoheit?
Untertitel
Eine Analyse anhand des Euroraums
Hochschule
Universität der Bundeswehr München, Neubiberg
Note
1,7
Autor
Jahr
2019
Seiten
46
Katalognummer
V539351
ISBN (eBook)
9783346183446
ISBN (Buch)
9783346183453
Sprache
Deutsch
Schlagworte
analyse, eine, euroraums, gefahr, kryptowährungen, währungshoheit
Arbeit zitieren
Romaeus Hover (Autor:in), 2019, Kryptowährungen als Gefahr für die Währungshoheit?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/539351

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