Mikroplastik in der Umwelt. Herkunft, Verbleib und Auswirkungen


Fachbuch, 2020

89 Seiten

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Einleitung

2 Die Entwicklung der Kunststoffproduktion

3 Entstehung und Herstellung von Kunststoffen
3.1 Polymerisation
3.2 Polykondensation
3.3 Polyaddition
3.4 Polymerklassen
3.5 Anwendungsbereiche und Vorteile von Polymeren
3.6 Eigenschaften von Polymeren
3.7 Additive in synthetischen Polymeren

4 Mikroplastik
4.1 Primäres Mikroplastik
4.2 Sekundäres Mikroplastik

5 Quellen von Mikroplastik
5.1 Kosmetika und Reinigungsmittel
5.2 Kunststoffindustrie
5.3 Littering
5.4 Sport- und Spielplätze
5.5 Straßenverkehr

6 Der Mikroplastikkreislauf

7 Die Problematik von Single-use-plastic

8 Wo verbleibt der Plastikmüll?

9 Kunststoffe in der Umwelt
9.1 Der Abbau von Polymeren
9.2 Mikroplastikvorkommen
9.3 Wirkungen von (Mikro-)Plastik

10 Handlungsalternativen

11 Fazit und Ausblick

12 Literaturverzeichnis

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Impressum:

Copyright © Science Factory 2020

Ein Imprint der GRIN Publishing GmbH, München

Druck und Bindung: Books on Demand GmbH, Norderstedt, Germany

Covergestaltung: GRIN Publishing GmbH

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Plastikproduktion zwischen 1950 und 2011

Abbildung 2: Das Kunststoffsortiment

Abbildung 3: Lineare, verzweigte, vernetzte, und verschlaufte Makromoleküle

Abbildung 4: Beispiel für primäres Mikroplastik Typ A aus Kosmetikprodukten

Abbildung 5: Ein Stück Makroplastik auf dem Weg zu sekundärem Mikroplastik

Abbildung 6: Einteilung der Kunststoffemissionen in primäres Mikroplastik Typ A und Typ B sowie Makroplasti

Abbildung 7: Entstehung von sekundärem Mikroplastik durch Verwitterung einer Kunststoffflasche

Abbildung 8: Der Mikroplastikkreislauf

Abbildung 9: Das kommunale Abwassersystem

Abbildung 10: Verwertung von Klärschlamm in Deutschland im Jahr 2015

Abbildung 11: Einweg-Kunststoffabfälle in Deutschland 2017

Abbildung 12: Entwicklung der Plastikmüllproduktion von 1950 – 2015

Abbildung 13: Plastikproduktion weltweit

Abbildung 14: Der jährliche werkstoffliche Kunststoffverbrauch in Deutschland (2013)

Abbildung 15: Verbreitung der Single-use-plastic-Produktion (2014)

Abbildung 16: Kunststoffverpackungsabfälle im Mengenvergleich (2014)

Abbildung 17: Plastikmüllstrudel in den Ozeanen

Abbildung 18: Entsorgung des gesamten jemals produzierten Plastikmülls

Abbildung 19: Was passiert mit dem Verpackungsmüll nach dessen Gebrauch?

Abbildung 20: Ein strangulierter Wasservogel

Abbildung 21: Mehrweg-Umweltzeichen

Abbildung 22: Die Hierarchie der Abfallwirtschaft

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Übersichtstabelle zu den Kunststofftypen, Beispielkunststoffen und Anwendungsbereichen

1 Einleitung

Kunststoff – umgangssprachlich Plastik – scheint aus der heutigen Zeit nicht mehr wegzudenken zu sein und wird in vielen Bereichen der Industrie, unter anderem in der Automobil- und Textilindustrie, im Baugewerbe, in der Medizintechnik sowie im alltäglichen Leben genutzt. Hauptsächlich aber dient Kunststoff in großen Mengen als Verpackungsmaterial. Das war nicht immer so, denn Kunststoffe, so wie wir sie kennen, gibt es noch gar nicht so lange. Innerhalb der letzten 70 Jahre hat sich die Produktion von Kunststoffen um ein Vielfaches erhöht. Im Jahr 1950 wurde die Industrie langsam auf die Kunststoffe aufmerksam. Vorteile, wie die Vielseitigkeit und das geringere Gewicht gegenüber anderen Werkstoffen, wurden erkannt. Die kostengünstige Herstellung ermöglichte der Wirtschaft große Gewinnspannen und führte zu einem weltweit steilen Anstieg der Kunststoffproduktion. Die Vorteile der Kunststoffe erschienen auf den ersten Blick revolutionär, sodass die negativen Seiten dieses Werkstoffes vernachlässigt wurden. Erst später wurde offensichtlich, dass Kunststoffe auch große Probleme bereiten. Diese beliefen sich zunächst hauptsächlich auf die riesigen anfallenden Kunststoffabfallmengen, womit die Abfallindustrie nicht umzugehen wusste. Die Überforderung der Abfallindustrie sowie die teilweise gleichgültige Einstellung von Konsumenten führten dazu, dass nicht die Gesamtheit der Kunststoffabfälle verantwortungsvoll entsorgt wurde. Ein Großteil landete und landet noch heute in der Umwelt. Dort verursacht der Kunststoffmüll nicht nur ästhetische Veränderungen, sondern durch den Zerfall zu Mikroplastik, bei dem die Partikelgröße weniger als 5 mm beträgt, nehmen auch die Gefahren zu, die mit Mikroplastik einhergehen. Ein Zustand ist erreicht, in dem selbst Kleinstlebewesen das Plastik aufnehmen können. Das führt dazu, dass sich Mikroplastik über die Nahrungskette bis zu den Endkonsumenten ausbreitet und unabsehbare Folgen verursacht. Am Ende der Nahrungskette steht der Mensch.

Diese Arbeit rückt das Problem Mikroplastik, speziell seine Herkunft, seinen Verbleib und seine Wirkungen in der Umwelt (Deutschland) in den Fokus.

2 Die Entwicklung der Kunststoffproduktion

Kunststoffe sind Produkte der Forschung insbesondere des 20. Jahrhunderts und zählen damit zu den vergleichsweise neueren Werkstoffen. Die Abbildung 1 zeigt die Entwicklung der Kunststoffproduktion zwischen 1950 und 2011. In dieser Zeitspanne konnte die weltweite Kunststoffproduktion einen Anstieg von 1,5 Mio. Tonnen (1950) auf 288 Mio. Tonnen (2011) verzeichnen, Prognose steigend (UBA 2015a). Heute haben Kunststoffe nicht nur Holz-, Leder-, Papier-, Metall-, Glas- und Naturfaserprodukte in vielen Anwendungen ersetzt, sondern auch die Entwicklung völlig neuer Produkttypen ermöglicht (Curlee & Das 1991). Mit der Flut günstiger Kunststoffprodukte begann die Ära des Einweg-Verbrauchs sowie der Kunststoffverpackungen. Kleinste Lebensmittelmengen werden heute einzeln verpackt. Dabei nahmen zwischen 1954 und 1962 Glasverpackungen um 120%, Blechverpackungen um 84% und Kunststoffverpackungen um 3780% zu (Morlok et al. 1998).

Die stetig wachsende Weltbevölkerung in Verbindung mit dem steigenden Konsumverhalten wird den Kunststoffbedarf sowie den Kunststoffverbrauch weiter in die Höhe treiben und uns Menschen vor große Probleme stellen, solange keine alternativen Werkstoffe entwickelt werden und die Menschen ihr Konsumverhalten nicht ändern.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Plastikproduktion zwischen 1950 und 2011 (UBA 2015a, S. 12)

3 Entstehung und Herstellung von Kunststoffen

Als Kunststoffe werden Festkörper bezeichnet, die in bestimmten chemischen Prozessen aus entweder natürlichen oder petrochemischen1 Rohstoffen hergestellt werden. Alle Kunststoffe sind Polymere, welche aus vielen gleichen Grundbausteinen, den sogenannten Monomeren, aufgebaut sind und zusammen ein Molekül darstellen (Pretting & Boote 2014).

Das Wort „Polymere“ kommt aus dem Griechischen und setzt sich aus den Teilen „poly“ (viele) und „meros“ (Teile) zusammen. Polymere bestehen also aus langkettigen Makromolekülen, die sich aus einer großen Anzahl von kleinen Einheiten (Monomeren) zusammensetzen (EC 2007).

Die synthetischen, petrochemisch hergestellten Kunststoffe sind verbreiteter und vielfältiger als die abgewandelten Naturstoffe (vgl. Abb. 2). In den Bereichen Forschung und Technik werden ständig neue synthetische Kunststoffe erfunden, sodass deren Anzahl unablässig steigt. So entsteht eine Vielzahl an Möglichkeiten bei der Auswahl monomerer Bausteine sowie den verschiedenen Arten ihrer Aneinanderlagerung zu hochmolekularen Ketten (linear, verzweigt, vernetzt) (Domininghaus 1998).

Für die Produktion von traditionellem Plastik (synthetische Kunststoffe) ist Erdöl unerlässlich, sodass die weltweite Kunststoffindustrie zwischen 4% und 6% der globalen Erdölfördermenge verbraucht (Petting & Boote 2014).

Die Polymerherstellung bei der Herstellung von traditionellem Kunststoff geschieht während eines Synthese-Verfahrens, bei dem drei verschiedene Arten der Synthese unterschieden werden. Die Polymerisation, die Polykondensation und die Polyaddition. Im Folgenden werden die drei Synthese-Verfahren kurz erklärt.

3.1 Polymerisation

Polymerisation ist ein Synthese-Verfahren, bei dem es durch Aufbrechen der Doppelbindungen zu einer Verkoppelung von reaktionsfreudigen Monomeren kommt. Dabei werden Einzelbausteine zu Ketten aneinandergehängt ohne Nebenprodukte abzuspalten. Eingeleitet wird die Polymerisation durch Temperatur, Druck und Katalysatoren. „Das entstehende Polymerisat enthält die Bausteine des Monomeren ohne Doppelbindungen bei einer höheren molaren Masse (Molekulargewicht).“ (Hellerich, Harsch & Baur 2010, S. 9). Es werden also mehrere kleine Moleküle zu einem großen Molekül aneinandergereiht. So entstehen Kunststoffe, wie zum Beispiel Polystyrol (PS), Polypropylen (PP) und Polyethylen (PE).

3.2 Polykondensation

Die Polykondensation beschreibt eine Reaktion zwischen reaktionsfähigen Gruppen unterschiedlicher Ausgangsstoffe. Dabei sind mindestens zweifunktionelle (bifunktionelle) Ausgangsstoffe notwendig. Die Reaktion erfolgt meistens zwischen Wasserstoff und Hydroxylgruppen (-OH) unter der Bildung von Wasser. Es entstehen Thermoplaste, wenn lineare Ketten gebildet werden, wie beispielsweise bei bifunktionellen Ausgangsmonomeren. Duroplaste dagegen entstehen, wenn die Kondensationsreaktion an mehr als zwei Stellen ablaufen kann und dadurch eine räumliche Vernetzung möglich ist (Hellerich et. al 2010).

3.3 Polyaddition

Bei der Polyaddition werden unterschiedliche Komponenten infolge einer Umlagerung von Wasserstoffatomen verknüpft, wobei die Ausgangsmonomere mindestens bifunktionell sein müssen. Die Ausgangsmonomere können auch schon aus größeren Molekülen bestehen. Die einzige Bedingung ist, dass diese Moleküle dennoch reaktionsfähige Gruppen enthalten müssen. Bei der Polyaddition entstehen keine Nebenprodukte. Durch die verschiedenen Kombinationsmöglichkeiten von Ausgangskomponenten ist eine große Vielfalt der entstehenden Polyurethane möglich (Hellerich et. al 2010).

Das Kunststoffsortiment mit der Unterteilung in synthetische Kunststoffe und abgewandelte Kunststoffe sowie die verschiedenen Synthese-Arten mit den jeweiligen Endprodukten sind zur Verdeutlichung in Abbildung 2 dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Das Kunststoffsortiment (verändert nach Domininghaus 1998, S. 5)

3.4 Polymerklassen

Nicht alle Polymere sind gleich. Es gibt unterschiedliche Klassifizierungen für Polymere, die Rückschlüsse auf Ausgangsmaterialien (fossile oder native Biomasse), Monomertypen, Polymerstrukturen oder Art der Synthese geben (UBA 2015a). Deshalb werden Polymere in drei unterschiedliche Klassen untergliedert:

- Die natürlichen Polymere, zu denen z. B. Proteine (Enzyme, Harze, Seide), Peptide, Nukleinsäuren und Lingnin gehören.
- Die halbsynthetischen Polymere entstehen durch die Verarbeitung von natürlichen Polymeren (EC 2007). Zelluloid entsteht z. B. durch die Nitrierung der Baumwollzellulose und anschließender Zugabe von Kampfer.
Dieses Zelluloid wird unter anderem für die Produktion von Tischtennisbällen verwendet.
- Die synthetischen Polymere (Schwedt 2013).

3.5 Anwendungsbereiche und Vorteile von Polymeren

Polymere finden nahezu in allen Lebens- und Wirtschaftsbereichen Anwendung. Die Vorteile der Polymere sind zum einen die hervorragenden, einfach zu variierenden Materialeigenschaften, zum anderen die kostengünstige Produktion, sowie ihre Persistenz. Synthetische Polymere werden nach Anordnung und Anzahl der verwendeten Monomere in Homopolymere und Copolymere eingeteilt. Das bedeutet, sie können entweder aus nur einem Monomer (Homopolymere), oder aus mehreren verschiedenartigen Monomeren (Copolymere) bestehen. Ein Beispiel für ein Copolymere ist Polyethylentherephtalat (PET), was sich aus den Monomeren Terephthalsäure und Ethylenglycol zusammensetzt. Doch nicht nur einzelne Monomere derselben Sorte ermöglichen eine Verkettung. Auch unterschiedliche Monomere können eingesetzt werden, wodurch sich eine unendlich hohe Anzahl von Möglichkeiten ergibt, synthetische Polymere herzustellen (UBA 2015a).

3.6 Eigenschaften von Polymeren

Synthetische Polymere können mit einer großen Bandbreite von Eigenschaften produziert werden. Das geschieht durch eine flexible Gestaltung der verschiedenen Polyreaktionen (Polymerisation, Polykondensation und Polyaddition) und der Ausgangsmonomere. Außerdem können die Eigenschaften beliebig kombiniert werden, sodass die fertigen Polymere in verschiedensten Formen vorkommen und deshalb in unterschiedlichen Bereichen Anwendung finden. Sie können:

- starr oder elastisch,
- transparent, intransparent oder transluzent (durchscheinbar),
- hart oder weich,
- abbaubar oder witterungsbeständig,
- hoch- oder niedertemperaturbeständig (EC 2007).

Die Hauptursache für die unterschiedlichen Eigenschaften sind die Grundstrukturen, die abhängig von der Polymerkettenbildung, die physikalischen Eigenschaften der Polymere bestimmen. „So können sowohl lineare, verzweigte, eng- und weitmaschig vernetzte, als auch verschlaufte Makromoleküle entstehen [...]“ (UBA 2015, S. 11). Abbildung 3 verdeutlicht die unterschiedlichen Strukturen der Makromoleküle.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Lineare, verzweigte, vernetzte, und verschlaufte Makromoleküle

(Ehrenstein 1999 in UBA 2015a, S. 11)

Die vielfältigen Eigenschaften, die Kunststoffe gegenüber anderen Werkstoffen haben, können in der Umwelt negative Effekte verursachen (Barnes et al. 2009). Aus diesem Grund ist es enorm wichtig, dass Kunststoffe in Bezug auf ihr Verhalten in der Umwelt (beeinträchtigt durch ihre physikalische, chemische und biologische Beständigkeit) ausführlich wissenschaftlich untersucht werden (UBA 2015a).

In Bezug auf die verschiedenen Eigenschaften der Polymere wird zwischen drei Gruppen unterschieden: Den Thermoplasten, den Duroplasten und den Elastomeren. Mehrere Faktoren beeinflussen dabei die Eigenschaften des Kunststoffes. Zu nennen sind hierbei die Stereoregularität, welche die Anordnung der Seitenketten in einem Polymer beschreibt, der Vernetzungsgrad sowie Kettenlänge und Kettenlängenverteilung. Sie entscheiden beispielsweise über Härte, Sprödigkeit, Formbeständigkeit, sowie den Schmelzpunkt (Fath 2019a).

3.6.1 Thermoplaste

Thermoplaste sind linear angeordnete Kohlenstoffketten. Sie bestehen aus Tausenden aneinandergereihten Monomeren. Diese Art von Kunststoff wird formbar und schmilzt bei erhöhten Temperaturen (Fath 2019a, S. 24). Thermoplaste ist der Kunststofftyp, der am häufigsten eingesetzt wird. Aufgrund seiner schwachen physikalischen Bindungen, die eine sehr geringe bis gar keine Verzweigung aufweisen, zersetzt sich diese Kunststoffart durch äußere Einflüsse am schnellsten (Fath 2019a).

3.6.2 Duroplaste

Duroplaste machen nur einen kleinen Teil der Kunststoffe aus und unterscheiden sich sowohl hinsichtlich ihres chemischen Aufbaus als auch in Bezug auf die Verarbeitungstechnik deutlich von den Thermoplasten. Zu den wichtigen Vertretern der Duroplaste zählen z. B. ungesättigte Polyesterharze (UP), Expoxidharze (EP), Phenolharze (PF), Melamin- (MF) und Harnstoffharze (UF), Acrylharze und Siliconharze. Verwendung finden sie insbesondere als faserverstärkte Kunststoffe in Bereichen wie dem Apparate- und Sportgerätebau, dem Flugzeugbau sowie in der Raumfahrt. Weitere Einsatzgebiete stellen die Bereiche der Elektrotechnik und Elektronik dar, wo Duroplaste als Gießharze und Isolierstoffe Verwendung finden. Des Weiteren stellt der Bereich des Bauwesens für die Duroplaste einen großen Anwendungsbereich dar. Hier werden Duroplaste für Beschichtungen eingesetzt und fungieren als Mörtelgrundstoff. Die Gemeinsamkeit der Duroplaste liegt darin, dass praktisch ein großes, engmaschig vernetztes „Makromolekül“ dargestellt wird mit einer Vernetzungsdichte von bis zu einer Vernetzung pro 20 Atome der Hauptkette, wohingegen der Aufbau von Thermoplasten aus langen einzelnen Molekülketten besteht. Aus diesem Grund sind Duroplaste steif und spröde, sowie temperatur- und medienbeständig. Sie sind allerdings nicht schmelzbar. Es lösen sich bei entsprechender Wärmezufuhr zwar die physikalischen Bindungen, die chemischen Bindungen dagegen schließen ein Abgleiten der Ketten voneinander aus. Das heißt, es gibt einen Erweichungsbereich, der die Steifigkeit auf bis zu [1]/100 absinken lassen kann, ohne einen Schmelzvorgang des Materials zu bewirken (Ehrenstein 2011).

3.6.3 Elastomere

Elastomere stellen den dritten Kunststofftyp dar. Im Gegensatz zu den linear angeordneten Kohlenstoffketten der Thermoplasten und des stark vernetzten Makromoleküls der Duroplasten, bestehen Elastomere aus chemisch weitmaschig untereinander gebundenen Makromolekülen. Vergleicht man die Vernetzungsdichte der Duroplasten (eine Vernetzung pro 20 Atome der Hauptkette) mit der Vernetzungsdichte der Elastomere (etwa eine Vernetzung pro 1000 Atome der Hauptkette), wird die sehr viel geringere Vernetzung der Elastomere deutlich, was letztendlich die Materialeigenschaften dort hingehend beeinflusst, dass Elastomere grundsätzlich eine hohe Elastizität im Material aufweisen (Ehrenstein 2011). Beispiele für den Einsatz von Elastomeren sind Autoreifen, Gummibänder und Schwämme. Sowohl bei Zug- wie auch bei Druckbelastung können sich Elastomere verformen und anschließend wieder ihre ursprüngliche Gestalt annehmen.

Die folgende Tabelle liefert einen Überblick über die Kunststofftypen, Beispiele der dazu gehörigen Kunststoffe und deren Anwendungsbereiche.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Übersichtstabelle zu den Kunststofftypen, Beispielkunststoffen und Anwendungsbereichen

(eigene Darstellung)

3.7 Additive in synthetischen Polymeren

Zusätzlich zu der großen Bandbreite verschiedener Eigenschaften von Polymeren, können durch Additive weitere Merkmale ergänzt werden. Durch eine entsprechende Ausrüstung der Werkstoffe, kann auf besondere Anforderungen eingegangen werden, die der Werkstoff am Ende haben soll (Bertling et al. 2018). Weichmacher wie z. B. Diethylhexylphthalat (DEHP) in PVC können zur Verringerung der Sprödigkeit und Härte beitragen, wohingegen Stabilisatoren zur Verbesserung von chemischen Eigenschaften angewandt werden. Beispiele für Stabilisatoren sind: Bromierte Flammschutzmittel2, Wärmestabilisatoren3 oder Antioxidationsmittel4 (Birnbaum & Staskal 2004).

Für die Modifikation von Kunststoffen werden jährlich ca. 15 Mio. Tonnen Additive und 16 Mio. Tonnen Füllstoffe eingesetzt. Werden diese Zahlen auf die gesamte globale Kunststoffproduktion von 335 Mio. Tonnen bezogen, entspricht das einem durchschnittlichen Anteil von 4,5% Additiven und 4,8% Füllstoffen (Bertling et al. 2018).

Jedoch wird immer wieder über Begleiteffekte additiver Chemikalien in Polymeren diskutiert. Bisphenol A steht in Verdacht, endokrine Wirkungen sowohl im öko- als auch im humantoxikologischen Kontext zu haben. PBDEs sind für ihre karzinogene Wirkung bekannt. Flammschutzmittel lassen sich vermehrt in Umweltproben nachweisen, was bedeutet, dass es zu einer Verflüchtigung des Additivs aus der Polymermatrix kommt und sich dieses Additiv ubiquitär in der Umwelt verteilt (Birnbaum & Staskal 2004). Die Additive werden jedoch nicht in jeder Form des Kunststoffes in gleicher Menge eingesetzt. Im Baustoffsektor z. B. werden aufgrund von gewünschten langen Nutzungsdauern und der Tatsache, dass die Kunststoffe häufig der Witterung ausgesetzt sind, größere Additivmengen eingesetzt als im Verpackungsbereich. Aus diesem Grund ist es durchaus möglich, dass große Mengen Mikroplastik der Umwelt zugeführt werden. Der mengenmäßig größte Teil von Additiven wird zur Modifikation von PVC (73%) eingesetzt, gefolgt von Polyolefine (10%) und Polystyrol (5%). PVC benötigt vor allem Weichmacher und Hitzestabilisatoren. Polyolefine sind besonders oxidationsempfindlich und erfordern den Einsatz von Antioxidantien, sowie UV-Stabilisatoren. Polystyrol dagegen wird häufig mit Flammschutzmitteln aufgerüstet (Bertling et al. 2018). So gibt es für nahezu jedes Polymer bestimmte Additive, die dessen Merkmale hinsichtlich der späteren Nutzung verändern bzw. anpassen können.

4 Mikroplastik

Der Begriff Mikroplastik wurde erstmals im Jahr 2004 von dem Ozeanographen Richard Thompson eingeführt und wird hauptsächlich im Kontext der Belastung von Umwelt und Lebensmitteln verwendet. Kunststoffpartikel werden je nach Größe in Makro-, Meso- und Mikroplastik gegliedert, wobei es keine einheitlich klaren Abgrenzungen zwischen den Klassen gibt, sie daher ineinander übergehen. Diese Bachelorarbeit wird sich hauptsächlich mit der Thematik „Mikroplastik“ befassen. Doch was bedeutet „Mikroplastik“? Die Vorsilbe „Mikro“ kommt aus dem Griechischen „mikros“, und bedeutet so viel wie „klein“. Heute wird mit „Mikro“ der einmillionste Teil z. B. eines Meters bezeichnet. Mikroplastik besteht also aus sehr kleinen Kunststoffpartikeln oder Fasern, die in der Größenordnung von µm liegen (Fath 2019b). Größe, Form, Oberfläche und auch chemische Zusammensetzung von Mikroplastik können sehr unterschiedlich sein. Eine allgemein anerkannte Definition fehlt bislang noch, sodass unterschiedliche Größenklassifizierungen für Mikroplastikpartikel Verwendung finden. Meeresforscher definieren Mikroplastik z. B. als Summe aller Kunststoffpartikel kleiner als 1 mm Durchmesser (UBA 2015a). In den Meeresstrategie-Rahmenrichtlinien (MSRL) dagegen, werden als Mikropartikel alle Teilchen unter einem Durchmesser von 5 mm verstanden. Die Europäische Arbeitsgruppe zu marinem Müll hat folgende Größenklassifizierungen für Kunststoffpartikel vorgeschlagen (UBA 2015a):

- > 25 mm à Makroplastik
- 5 - 25 mm à Mesoplastik
- 1 - 5 mm à Große Mikroplastikpartikel
- < 1 mm à Kleine Mikroplastikpartikel

Die Forschung geht davon aus, dass aus dem Großteil des vorhandenen Makroplastiks der Umwelt im Laufe der Zeit Mikroplastik entsteht. Vor allem die modifizierten Polyolefine stehen in diesem Zusammenhang in der Kritik, denn sie zerfallen besonders schnell zu Mikroplastik (Bertling, 2018).

Folgende Definition wird für Mikroplastik vorgeschlagen:

„Als MP werden anthropogene, synthetisch hergestellte Polymerstoffe bezeichnet, die in die Umwelt gelangt sind, bzw. das Potenzial haben, in die Umwelt zu gelangen. MP-Partikel liegen in einem Größenbereich von 0,1 – 100 µm und können in allen Formen und Farben sowie mit verschiedenster Oberflächenbeschaffenheit und Porosität vorliegen. Es wird weiterhin zwischen primärem und sekundärem MP differenziert: Primäres MP wird direkt als solches produziert. Sekundäres MP entsteht durch physikalische, chemische und/oder biologische Degradation und Fragmentierung“ (Ivar do Sul & Costa 2013; Hidalgo-Ruz et al. 2012 zitiert in: UBA 2015, S. 15).

4.1 Primäres Mikroplastik

Wie bereits in der Definition erwähnt, wird primäres Mikroplastik für spezifische Anforderungen bereits in kleiner Größe industriell produziert und in verschiedensten Produkten und Verfahren unterschiedlicher Bereiche genutzt (UBA 2015a). Zu nennen sind hier vor allem die Bereiche der Kosmetikbranche sowie die Wasch- und Reinigungsmittelbranche. Darüber hinaus findet Mikroplastik auch noch in weiteren Bereichen Anwendung (vgl. Kapitel 5.1 Kosmetika und Reinigungsmittel).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Beispiel für primäres Mikroplastik Typ A aus Kosmetikprodukten

(BUND)

Primäres Mikroplastik wird aufgeteilt in primäres Mikroplastik Typ A und primäres Mikroplastik Typ B. Der bereits beschrieben Fall, wenn Mikroplastik bei der Herstellung eines Produktes erzeugt wird, wird dem Mikroplastik Typ A zugeschrieben. Die Freisetzung von primärem Mikroplastik Typ A kann entweder intendiert, bewusst in Kauf genommen oder durch einen Unfall verursacht sein. Mikroplastik Typ B dagegen entsteht erst in der Nutzungsphase. Beispiele dafür sind der Abrieb von Reifen, freigesetzte synthetische Fasern beim Waschen sowie die Verwitterung von Farben. Die Entstehung ist oftmals nur schwer zu vermeiden, die Reduktion der Freisetzung von primärem Mikroplastik Typ B eine Innovationsaufgabe (Bertling et al. 2018).

4.2 Sekundäres Mikroplastik

Sekundäres Mikroplastik entsteht durch physikalische, biologische und chemische Degradation aus Makro- oder Mesoplastik (UBA 2015a). Die Abbildung 5 zeigt ein Stück Makroplastik, dass im Mittellandkanal in Hannover gefunden wurde. Im Laufe der Zeit wird sich dieses noch relativ große Stück Plastik zu sekundärem Mikroplastik zersetzen. Kunststoffe sind in der Natur gewissen Umwelteinflüssen ausgesetzt, die mehrere, teils parallele, teils sequenzielle biotische und abiotische Abbauprozesse einleiten (Andrady 2011).

Dazu gehören:

- Biologischer Abbau (Wirkung von lebenden Organismen, in der Regel Mikroben)
- Photooxidativer Abbau (Lichtwirkung)
- Thermooxidativer Abbau (langsamer oxidativer Abbau bei gemäßigten Temperaturen)
- Thermischer Abbau (Einwirkung von hohen Temperaturen) (à Kein Mechanismus zur Umweltzerstörung)
- Hydrolytischer Abbau (Reaktion mit Wasser) (Andrady 2011)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Ein Stück Makroplastik auf dem Weg zu sekundärem Mikroplastik

(Eigene Aufnahme)

Das UBA 2015 fügt zusätzlich zu den bereits genannten Umwelteinflüssen die „mechanische Desintegration“ hinzu, welche einen weiteren möglichen Abbauprozess darstellt. Es gibt also zahlreiche verschiedene Möglichkeiten wie sekundäres Mikroplastik entstehen kann. Rückführend ist es jedoch nicht möglich festzustellen, welchen Abbauprozess ein Mikroplastikpartikel durchlaufen hat. Stattdessen wirkt das Zusammenspiel aller ablaufenden Prozesse auf die Zersetzung der Plastikpartikel ein, wobei auch der Transport in der Umwelt eine wichtige Rolle spielt. Je nach geographischer Lage und den damit verbundenen, sich ändernden klimatischen Einflüssen, kommt es zu Unterschieden bezüglich der jeweiligen Abbauzeiten (Shah et al. 2008).

[...]


1 Chemische Produkte aus Erdgas bzw. Erdöl

2 Organische polybromierte Diphenylether (PBDE)

3 organische Zink-, Barium- und Zinnverbindungen

4 Dialkyldithiocarbamate oder Bisphenol A

Ende der Leseprobe aus 89 Seiten

Details

Titel
Mikroplastik in der Umwelt. Herkunft, Verbleib und Auswirkungen
Jahr
2020
Seiten
89
Katalognummer
V538045
ISBN (eBook)
9783964871930
ISBN (Buch)
9783964871947
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Mikroplastik, Plastik, Umwelt
Arbeit zitieren
Anonym, 2020, Mikroplastik in der Umwelt. Herkunft, Verbleib und Auswirkungen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/538045

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