Hegemonie unter den Bedingungen gesellschaftlicher Pluralisierung

Die radikaldemokratische Perspektive von Ernesto Laclau und Chantal Mouffe in der Kritik


Masterarbeit, 2018

63 Seiten, Note: 2.1


Leseprobe


Inhalt

I. Einleitung

II. Die Hegemonietheorie Ernesto Laclaus und Chantal Mouffes
II.I. Der Kontingenzgedanke Ernesto Laclaus
II.II. Artikulation und das Konzept des leeren Signifikanten

III. Die Kritik an der Hegemonietheorie
III.I. Karin Priester
III.I.I. Das mystische Verständnis von Hegemonie
III.I.II. Die Hegemonietheorie Antonio Gramscis
III.I.III. Populismus und Demokratie
III.I.IV Zwischenfazit
III.II. Simon Critchley und das normative Defizit
III.III. Slavoj Zizek und die Universalität

IV. Fazit

V. Ausblick

Literaturverzeichnis

I. Einleitung

„Demokratie muß nicht - und kann auch nicht - radikal gegründet werden. Wir kön­nen uns einer demokratischeren Gesellschaft nur durch eine Pluralität von Demokratisierungsakten nähern.“ (Laclau 2002: 120)

Während sich das Politische für die Klassiker der Politischen Theorie von Machiavel­li über Hobbes, Locke, Rousseau bis Kant und Hegel unlösbar mit der Rolle des Staates verbindet, steht diese Einheit in der Gegenwart zur Debatte. Zunächst waren es in den 1960er und 1970er Jahren vor allem herrschaftskritische Ansätze, die im Staat den Inbegriff einer zentralisierten und repressiven Macht sahen und versuchten diesen zu überwinden. Später waren es die Verfechter des Neoliberalismus, die in der Deregulierung die Lösung für ein ungebremstes Wirtschaftswachstum sahen. Im 21. Jahrhundert verfolgen die Staaten der westlichen Hemisphäre nun durch diese Dereg­ulierung ihre eigene Abschaffung. Die Rolle des Staates beschränkt sich auf die Durchsetzung der Marktmechanismen und unterstellt der gesamten Gesellschaft einen ökonomischen Imperativ mit dem Ziel eines größtmöglichen Wachstums, wobei die erwirtschafteten Früchte dieses Wachstums nicht dem Staat selbst zu Gute kommen. Global agierende wirtschaftliche Eliten reinvestieren die Gewinne erneut und beanspruchen darüber hinaus oftmals staatliche finanzielle Zuschüsse und Investi­tionshilfen.

Mit dem Ende des Kommunismus als Herrschaftspraxis und der systemkritischen Auseinandersetzung hat die radikale Linke ihren oft zitierten ideologischen Kompass verloren. Stets steht dabei die Frage um das organisatorische Zentrum der Gesellschaft im Raum. Soll der Staat auch postrevolutionär zunächst als „Diktatur des Proletariats“ fortbestehen, aber zeitlich begrenzt und schließlich den Einfluss re­duzierend einwirken, oder ist eine sofortige Abschaffung der Staatsmacht notwendig? Die Folgen dieser „Diktatur des Proletariats" und ihre Mutation zur „Diktatur des Kommunistischen Partei“ sind allseits bekannt und werden hier im Folgenden nicht weiter ausgeführt. Eine fehlende Neuausrichtung der radikalen Linken ist auch gegenwärtig noch ein akutes Problem (vgl. Priester 2014: 267ff.). Weder eine kom­munistische „Neugründung“ im Sinne einer Rückkehr zum Ursprung noch eine radikale Sozialdemokratisierung haben stattgefunden. Vor diesem Hintergrund en­twickelten der 1994 verstorbene, argentinische Politologe Ernesto Laclau und die in London lehrende Belgierin Chantal Mouffe ihre Diskurs- und Hegemonietheorie in ihrem 1985 erschienen Hauptwerk Hegemonie und radikale Demokrati e 1 , welche sich durch die Dekonstruktion des Marxismus und unter dem Einfluss gramscianischer Ansätze zu einem zentralen Begriff poststrukturalistischer Theoriebildung entwickelt hat, und nicht nur in die Sozialwissenschaften, sondern auch weit in die Kulturwis­senschaften hinein ausstrahlt (vgl. Laclau und Mouffe 1985; Laclau 1990, 2005; Mouffe 2000, 2005; Marchart 1998, 2017; Nonhoff 2007).

Laclau und Mouffe avancierten so zu den führenden Theoretikern einer post­marxistischen Linken. Sie haben vielfach gemeinsam publiziert und während vor allem Mouffe sich auf die Entwicklung ihrer agonistische n 2 Demokratietheorie fokussiert, welche sie als Alternative zu den vorherrschenden deliberativen Demokratietheorien versteht, haben sie gemeinsam ihr Konzept der „radikalen Demokratie“ entwickelt. Mit der Zeit und im Zuge ihrer „postmodernen Erfahrung“ distanzierten sich beiden von ihren theoretischen Wurzeln des Marxismus (vgl. Priester 2014: 7). Der Sound der Bücher von Laclau und Mouffe ist antiautoritär, re­bellisch und subversiv - aber ist es auch ihr Inhalt? Karin Priester hat an dieser Stelle ihre Zweifel. Die Politikwissenschaftlerin, bis 2007 an der Universität Münster aktiv, wurde durch ihre Studien zum Populismus auf das radikale Duo aufmerksam. In einer äußerst sorgfältigen Analyse, der oft um wissenschaftliche Standards unbekümmerten Schriften Laclaus und Mouffes, arbeitet Priester zunächst überzeugend heraus, dass beide einem letztlich antiliberalen Politikmodell anhängen, welches den rationalen Diskurs durch ein Aufpeitschen der Leidenschaften und die Repräsentation unter­schiedlicher Interessen im Parlament durch ihre vermeintlich Aufhebung in einer mythisch überhöhten Führerfigur ersetzen wollen.

Obwohl das Ehepaar Laclau und Mouffe zu den Vordenkern moderner, europäischer, linkspopulistischer Bewegungen wie Syriza in Griechenland oder Podemos in Spanien gilt, beschäftigt sich vor allem Chantal Mouffe intensiv mit Carl Schmitt und dem Begriff des Politischen. Der „Kronjurist des Dritten Reiches“ (Priester 2014: 8) formuliert das theoretische Fundament auf welchem Chantal Mouffes ihre Distanz zur politischen „Kompromissbereitschaft“ begründet. Wie auch der Theoretiker des Dezi- sionismus Carl Schmitt , lehnt Mouffe die im Liberalismus präsente prinzipielle Bere­itschaft zum Aushandeln politischer Kompromisse ab und sieht in diesem konsensori­entierten Politikstil gar den Ursprung allen Übels (vgl. Schmitt 1933a: 51f. und 69). Der unaufhebbare Konfliktcharakter des Politischen würde durch die Politik des Kon­sens und der dadurch entstehenden populistischen Lücke (vgl. Flecker / Kirschenhofer 2007) unterschlagen und zu einer Verwischung der Grenzen zwischen links und rechts führen (vgl. Priester 2014: 189). Die Vermeidung des Konflikts öffne somit den (Rechts-)Populisten die Tür für Wahlerfolge. Das dekonstruktivistische Dilemma ist die Feststellung, dass die gesellschaftlichen Grundbegriffe wie beispielsweise Gerechtigkeit und Toleranz Ausdruck herrschender Interessen sind. Dies führt schließlich zu der Frage nach der Macht und wer „die Massen“ am besten überzeugen kann bzw. das beste Wahlergebnis erzielt. Karin Priester präsentiert in ihrem Buch „Mystik und Politik. Ernesto Laclau, Chantal Mouffe und die radikale Demokratie“ (2014) eine ausführliche Kritik des Postmarxismus, Neogramscianismus und Linkspopulismus rund um die beiden politischen Theoretiker und plädiert dafür, sich nicht auf den rücksichtslosen Wettkampf um die Mobilisierung der Massen mit der undemokratischen Rechten einzulassen.

Die vorliegende Arbeit beginnt zunächst mit einer Zusammenfassung der poli­tischen Theorie der beiden Autoren Ernesto Laclau und Chantal Mouffe. Dabei wird auf verschiedene Aspekte ihrer Theorie eingegangen um eine begriffliche Grundlage zu schaffen. Neben einer Darstellung der theoretischen Vordenker wird vor allem auf das Konzept der Hegemonie als Diskurstheorie und Einheit der Differenz eingegan­gen. Zentrale Begriffe ihrer Theorie wie Äquivalenz und Antagonismus stehen hierbei im Fokus. Der Antagonismus nimmt für die Autoren eine paradoxe Rolle ein, da er sowohl diskursblockierende als auch konstituierende Instanz ist (vgl. Martell 2014).

Den Hauptteil dieser Arbeit wird die Rekonstruktion der Kritik Karin Priesters an den Ausführungen der beiden Autoren bilden. Zunächst sollen dabei die Kernpunkte ihrer Kritik herausgearbeitet werden (Mystik, Gramsci sowie Populismus und Demokratie), um dadurch zu prüfen inwiefern ihr Vorwurf des theoretischen um sich selbst „Kreisens“ berechtigt ist (Priester 2014: 265).

An diese Kritik anlehnend werden Theorieansätze anderer Autoren, welche die Hegemonietheorie Laclaus und Mouffes ebenfalls einer kritischen Betrachtung un­terziehen, dargestellt. Dazu wird zunächst der Verdacht Simon Critchleys untersucht, dass die Hegemonietheorie von Laclau und Mouffe ein normatives Defizit aufweise. Seine Kritik fußt auf der Annahme, dass die normative Basis der radikalen Demokratie, die radikale demokratische Ehtik, sich aus dekonstruktivistischem Vorgehen ergibt. Die Potentiale der dekonstruktivistischen Ethik und deren Verant­wortung werden allerdings von Laclau und Mouffe seiner Ansicht nach nicht ausre­ichend ausgeschöpft. Weiterhin wird Slavoj Zizek's kritische Betrachtung zur An­alyse herangezogen. Zizek geht in seinen Ausführungen besonders auf den Begriff der Universalität respektive den Begriffen Kontingenz und Hegemonie ein. Seine Kritik zielt darauf ab, dass Laclau zwar der Kontingenz politischer Kämpfe um Hegemonie Rechnung trage, die fundamentale Frage, wie das Terrain der kontingenten Kämpfe überhaupt zustande kommt, allerdings nicht mehr stellt.

Eine abschließende Gegenüberstellung der Kritiken der drei Autoren an der politischen Theorie Laclaus und Mouffes soll schließlich dazu beitragen das kritische Porträt zu „vervollständigen“. Den Abschluss dieser Arbeit bilden eine kurze Zusam­menfassung der gewonnenen Erkenntnisse sowie eine kritische Auseinandersetzung mit den Ausführungen in Karin Priesters Veröffentlichung „Mystik und Politik“ und den Kritiken der jeweiligen Autoren. Den Schluss bildet ein Ausblick auf die Heraus­forderungen gegenwärtiger Entwicklungen westlicher Demokratien im Kontext recht­spopulistischer Aufwinde und alternativen radikaldemokratischen Ansätze um diesen entgegenzuwirken.

II. Die Hegemonietheorie Ernesto Laclaus und Chantal Mouffes

Ernesto Laclau und Chantal Mouffe liefern in ihrem 1985 erschienen Hauptwerk Hegemonie und radikale Demokratie den Startschuss für ihre Hegemonie- und Diskurstheorie, welche sich durch die Dekonstruktion des Marxismus und unter dem Einfluss gramscianischer Ansätze zu einem zentralen Begriff poststrukturalistischer Theoriebildung entwickelt hat. Erstmals gelang es ihnen die Dekonstruktion, welche bis dato vornehmlich in der Literaturwissenschaft vorzufinden war, schlüssig in das Feld der politischen Theorie zu übertragen (vgl. Critchley 1998). Dies gelang Laclau und Mouffe durch eine Verbindung hegemonieller Ansätze mit dekonstruktiven Strategien und einem allgemein diskursanalytischen Theorieansatz (vgl. Marchart 1998: 7).

Zentral für die Herausbildung ihrer Theorie ist das Interesse, gesellschaftliche Machtstrukturen und Machtverhältnisse zu analysieren und in einer radikaldemokratischen Perspektive die Kontingenz dieser Machtkämpfe zu verdeut­lichen. Es ist vor allem der eklatante Mangel einer linken Theorie des Politischen den die Autoren Laclau und Mouffe „mittels einer Verknüpfung von radikaldemokratis­chen Motiven und poststrukturalistischer Theorie“ in ihrem Buch beheben wollen (Jörke 2004: 165). Da die Machtkämpfe um Hegemonie immer Ergebnis politischer Auseinandersetzungen und Prozesse sind, verabschieden sich die Autoren dabei vor allem von der essentialistischen Vorstellung des Marxismus von der Gesellschaft als Raum, welche einer gewissen Unveränderlichkeit unterlege (vgl. ebd). Generell wird die Vorstellung von geschlossenen gesellschaftstheoretischen Konzepten, wie das der Gesellschaft als überholt betrachtet. Laclau und Mouffe verstehen sie nicht als Total­ität und Objektivität des Sozialen sondern als „kontingentes Resultat politischer Kämpfe“ (ebd.). Mit ihrer neuen Theorie von Hegemonie als Logik des Politischen verschieben sie die marxistisch-ökonomische Basis postmarxistisch3 auf das Politis­che aller Bereiche der (nicht vorhandenen) Gesellschaft und Ökonomie durchdrin­gend (Marchart 1998: 7). Laclau und Mouffe arbeiten die gramscianischen Begriffe in eine poststrukturalistische Diskurstheorie ein, wobei jedes Subjekt und jede Praxis seine Identität durch Diskursverschiebungen erlangt. Die Hegemonietheorie dient als Instrument zur Analyse sozialer Identitätsbildung und politischer Machtformationen, dessen Basis die, am strukturalistischen Verständnis der Sprache, orientierte Konzep­tion des Sozialen ist, welche die Vorstellung von fixen Strukturen ablehnt (vgl. Mar­chart 2017: 1). Mit ihrem Diskursverständnis schließen die Autoren insbesondere an die strukturalistische Sprachwissenschaft Ferdinand de Saussures an, welcher die Identität und Bedeutung von sprachlichen Zeichen in ihrer Differenz zu anderen Ze­ichen begründet sah.

Anlehnend daran ist Artikulation zu verstehen als Relativierungen von Ele­menten, die im Zuge dieser Relationierung erst als differente, sinnhafte Elemente entstehen (vgl. Laclau/Mouffe 2000: 105). Daraus resultiert für die Autoren eine soziale Wirklichkeit, die als wesentlich diskursiv verstanden wird und deren Bedeu­tung aller Einheiten erst in Relation und somit in Differenz zu anderen Subjekten etabliert wird. Die innere Instabilität und Kontingenz des Sozialen führt aufgrund der vorhandenen antagonistischen Machtstrukturen, zu einem Aufeinanderprallen gesellschaftlicher Alternativen. Das Soziale dabei stets kontingent, weswegen die ständigen Destabilisierungen und Verschiebungen der Machtverhältnisse stattfinden (vgl. Nonhoff 2007: 282).

Der Einfluss ihrer Theorie beschränkt sich außerdem keineswegs ausschließlich auf politikwissenschaftliche Forschungsgebiete wie Politische Theorie oder Populis­musforschung. Wie erwähnt kommt die Theorie in vielen Feldern der Wissenschaft, wie beispielsweise der Soziologie, Kulturwissenschaft oder Humangeographie zu tra­gen (vgl. Marchart 2017: 3). Die Bedeutung des Politischen als instituierende Instanz in jeglicher gesellschaftlichen Ordnung ist somit eines der Merkmale ihrer Theorie. Die häufigste Verwendung ihrer Theorie findet sich allerdings in demokratietheoretis­chen Ansätzen mit denen die Autoren ihr erwähntes Hauptwerk abschließen. Mouffe und Laclau entwickeln vor dem Hintergrund des Entstehens der Neuen Sozialen Be­wegungen der 1970er und 80er Jahre einen radikaldemokratischen pluralistischen Ansatz, welcher an liberalen Vorstellungen festhält und dabei das Politische erneut in den Mittelpunkt weiterer Bereiche des Sozialen rückt (vgl. Marchart 2017: 3). Mitte der 1980er Jahre befand sich die radikale Linken in einer paradoxen Konjunktur: Der Marxismus war nicht mehr der einstige Theoriegenerator für Ökonomie und Klassenkampf (vgl. Martell 2014). Die Neuen Sozialen Bewegungen und die New Left prägten das neue politische Klima jener Zeit, welche Diskurse über Ungleichheit und über die klassische Arbeit versus Kapital-Konfliktlinien hinaustrieben. Die Er­schöpfung des Marxismus und die Entstehung neuer kritischer Theorien wie die Werke Michel Foucaults und Jacques Derridas, sind der Startpunkt, von dem Laclau und Mouffe ihren Ansatz beginnen.

Das Radikale an ihrer Demokratietheorie ist die Anwendung des demokratischen Prinzips der Gleichheit auf weitere Bereiche. Das plurale Novum ist die Anerkennung der Forderungen partikularer Gruppen innerhalb der Gesellschaft, welche zu einer breiteren Forderung, an neuen Konfliktlinien artikuliert werden (vgl. Martell 2014). Vermeintlich homogene Gruppen wie die einstige „Arbeiterklasse“ weichen neuen Akteuren entlang neuer Konfliktlinien, wie beispielsweise ökologischen, feministis­chen, anti-rassistischen oder identitären Bewegungen. Die einstigen Klasseninter­essen des Sozialismus werden somit in neue soziale Kämpfe eingeliefert (vgl. ebd.).

II.I. Der Kontingenzgedanke Ernesto Laclaus

„Die einzig demokratische Gesellschaft ist eine, die permanent die Kontingenz ihrer eigenen Grundlagen offenlegt“ (Laclau 2013: 111)

Um den Kontigenz-Gedanken in Hegemonie und radikale Demokratie darzustellen, berufen sich Laclau und Mouffe auf Ansätze verschiedener Autoren. Der klassische Laclau'sche Gedanke einer demokratischen Ordnung, die nicht auf festem Grund „gebaut“ werden kann und somit die Kontingenz sozialer Verhältnisse im demokratis­chen Zusammenspiel anerkennt, wird bereits in Hegemonie und radikale Demokratie veröffentlicht. Der Begriff Kontingenz macht deutlich, dass die Grundlagen philosophischer und politischer Theorien nicht einfach gegeben sind, sondern durch Prozesse der Ein- und Ausschließung hervorgehen. Die entscheidende Frage ist dem­nach, was durch den theoretischen Schritt gewisse Grundlagen festzulegen, autorisiert und was ausgeschlossen bzw. verworfen wird (vgl. Butler 1993: 37). Diese Grundla­gen sind stets notwendig, allerdings niemals fest und a priori gegeben. Vielmehr müssen diese Grundlagen immer wieder aufs Neue hergestellt und begründet werden. Politische Identitäten sind also immer nur vorläufig und ohne Letztbegründung und somit sind die Grundlagen des Politischen selbst kontingent und es bedarf einer ständigen Institutionalisierung, um diese zu stabilisieren (vgl. Butler 2013: XIVf.).

Laclau und Mouffe greifen dazu auf die unter dem Begriff des Poststruktural- ismus4 verbuchten Theorien, wie die Dekonstruktion Jacques Derridas, Psychoana­lytik Jacques Lacans und punktuell die Diskursanalyse Michel Foucaults zurück. Ernesto Laclau wendete sich in späteren Werken zur Dekonstruktion einer ganze Rei­he traditioneller Konzepte der politischen Theorie wie Macht, Ordnung, Repräsenta­tion, Emanzipation etc. zu (vgl. Marchart 2017: 5). Jacques Derrida eröffnete mit seiner Arbeit um den Begriff der philosophischen Dekonstruktion die Frage nach ihrer politischen Relevanz. Der Dekonstruktivismus kann einerseits als Teildisziplin der politischen Philosophie verstanden werden, andererseits hat er das Potenzial poli­tische Praxen zu beeinflussen und zu konstituieren (vgl. Rüdiger 1996:18, Obracaj 2015: 13). Andere Autoren wie Niederberger und Wolf (2007) oder Bonacker (2009) sind sich einig, dass die Dekonstruktion als etabliert in der politischen Theorie betra­chtet werden kann. Wie hoch die öffentliche Relevanz ist, ist allerdings umstritten. Die Relevanz emanzipatorischer Politik Derridas wird beispielsweise von Richard Rorty stets bestritten (vgl. Rorty 1999, 2000).

Die Frage nach der praktischen Relevanz der Dekonstruktion ist deshalb so interessant, da zunächst drei Grundfragen erörtert werden müssen um sich einer Antwort nähern zu können. Zunächst muss geklärt werden, ob die philosophische Dekonstruktion überhaupt eine Relevanz für die politische Praxis besitzt. Im Falle einer positiven Beantwortung dieser ersten Frage, muss die nächste lauten, für welche politischen Projekte die Dekonstruktion relevant sein kann. Abschließend gilt es zu klären, welches spezifische Verhältnis die Verwendung der Dekonstruktion für ein Projekt der politischen Praxis hat.

Laclaus Integration der poststrukturalistischen Ansätze in die Hegemonietheorie ermöglichten ihm, diese zu einer allgemeinen Theorie der Rhetorik zu erweitern. Zu den Schlüsselkonzepten der Hegemonietheorie gehören neben dem Begriff der Ar­tikulation und dem des „leeren Signifikanten“, der des Antagonismus. Der Grundgedanke des Antagonismus, einer der Schlüsselbegriffe der poststrukturellen Diskurstheorie von Laclau und Mouffe, ist die Annahme dass eine Stabilisierung poli­tischer Identitäten nur durch die Abgrenzung in radikaler Negation stattfinden kann (vgl. Marchart 1998: 5). Er ist für die Autoren paradoxerweise sowohl eine diskurs­blockierende als auch -konstituierende Instanz. Einerseits blockiert der Antagonismus den Diskurs indem er diesen auf das bezieht was sich außerhalb des Diskurses befindet, andererseits konstituiert der Antagonismus den Diskurs durch die Abgren­zung zum konstitutiven Außen (vgl. Martell 2014). Somit übernimmt der Antagonis­mus die Funktion der Grenzziehung zwischen dem Diskursinneren und seinem Außen, wobei die antagonistischen Grenzen stets mit dem Diskursinneren ver­schränkt ist.

Durch die bereits erwähnte poststrukturalistische Herausbildung einer Theorie der Hegemonie als Logik des Politischen, verschieben Laclau und Mouffe den Fokus der orthodox-marxistischen Theorie von der ökonomischen Basis nun post-marxistisch auf das Politische, welches alle Bereiche der Gesellschaft und des Ökonomischen durchdringt (vgl. Marchart 1998: 7). Dadurch sind alle Relationen einer diskursiven hegemonialen Artikulation geöffnet. Laclaus Diskursbegriff unterscheidet sich in­sofern von der klassischen soziolinguistischen Verwendung im Sinne von schriftlichen oder mündlichen Texten, dass er den Begriff in Richtung einer Diskurs- bzw. Signifikationslogik verschiebt. Daraus resultiert, sodass der Diskursbegriff bei Laclau immer auf Artikulation als Produktionsweise diskursiver Formationen bezo­gen ohne vereinheitlichendes Prinzip verstanden wird (vgl. ebd.: 8). Allein durch die Relation aller Momente5 wird die Identität der Formation geschaffen. Laclau und Mouffe verdeutlichen, dass unter Diskurs nicht nur Sprache und Schrift in Abgren­zung zu Nicht-diskursivem zu verstehen ist, sondern eine Totalität aus sowohl linguis­tischer als auch nicht-linguistischer Komponenten. Um den Vorwurf des Diskurs-Ide­alismus zu entkräften, greifen sie auf Wittgenstein'sche Konzept des Sprachspiels.6

II.II. Artikulation und das Konzept des leeren Signifikanten

Dieser an de Saussures anknüpfende Relationismus wird zum Startpunkt und dem theoretischen Fundament für Laclaus Signifikationstheorie. Unter Lacan'schen Ein­flüssen entwickelt sich schließlich der leere Signifikant als Zentralkategorie der Hegemonietheorie7 (vgl. Laclau 1994). Das Problem, dass sich aus der Annahme, dass Bedeutung in einem System differentieller Positionen produziert wird ergibt, ist die der Natur des Äußeren. Um ein Feld abgrenzen zu können, bedarf es der Klärung was jenseits des Feldes differentieller Positionen liegt. Wenn außerhalb vom Dif­ferenzsystem nur weitere Differenzen wären, wäre eine Unterscheidung zwischen dem Inneren und Äußeren nicht möglich. Das führt zu der Schlussfolgerung, dass das Äußere sich radikal von diesem System unterscheiden muss. Nur dann kann von einem Außen gesprochen werden. Die Grenzen sind somit nicht neutral sondern an­tagonistisch zueinander (vgl. Marchart 1998: 8).

Laclau spricht von einer Notwendigkeit des Jenseits als Signifikanten, anders wäre es nicht möglich Grenzen und somit ein System einer objektiven Ordnung herzustellen (vgl. Laclau 1994). Allerdings kann der notwendige Ausschluss keine weitere Differenz sein. In einer Hinsicht müssen die Positionen somit äquivalent sein, nämlich in Bezug auf ihre gemeinsame Grenze, auf das konstitutive Äußere. Genau aufgrund dieses Wechselverhältnisses zwischen Differenz- und Äquivalenzlogik wird von Laclau die so genannte Dislokation als konstitutives Prekarität eingeführt (vgl. Marchart 1998: 9). Allerdings besteht weiterhin ein „konstitutiver Mangel“ der un­möglichen Objekte, welche sich durch die Unmöglichkeit einer adäquaten Repräsen­tation darstellen. Dies führt zu einem Problem der Darstellbarkeit des Signifikation- ssystems, welches Laclau durch die „Subversion des Bezeichnungsprozesses selbst, d.h. durch einen Signifikanten, der selbst kein Signifikat besitzt“ löst (Marchart 1998: 9). Laclau legt damit dar, dass eine partikulare Differenz innerhalb des Systems die Rolle übernehmen muss, die Grenze zu repräsentieren. Mit Laclaus Worten nimmt ein „ontischer“ Inhalt die „ontologische“ Funktion dieser unmöglichen Repräsentation an (für Laclau ist dies eine Definition der hegemonialen Relation).

Der leere Signifikant soll für Laclau die Gesamtheit der differentiellen Positionen eines Systems bezeichnen. Durch die differentiellen Positionen die er durch Äquiv- alenzierung einnimmt, kann er kein bestimmtes Signifikat besitzen. Das bedeutet, dass der leere Signifikant dadurch selbst zum Signifikanten der abwesenden Ordnung wird und Hegemonie der Begriff des politischen Kampfes wird (vgl. ebd.). Der leere Signifikant hat allerdings für Laclau eine doppelte Bedeutung. Einerseits ist er notwendig für die Aufrechterhaltung der Ordnung im Signifikationssystem, anderer­seits ist der Signifikant die Unmöglichkeit der Signifikation beispielsweise im Falle einer Revolution (vgl. ebd.:10). Bei einem Zusammenbruch alter Signifikationsma- trizen durch den Einzug eines noch nicht-signifizierbaren Neuen, beispielsweise einer Revolution, verdeutlicht sich das Paradox des leeren Signifikanten, ob der „Umkehrung der Unmöglichkeit der Darstellung in die Darstellung der Un­möglichkeit“ (Zizek 1991: 88).

Die völlige Entleerung der Signifikanten ist allerdings im Feld der Politik nicht vorstellbar. Laclau führt diesbezüglich das Beispiel der Mystik im Sinne einer re­ligiösen, christlichen Beziehung zwischen Gott und Mensch an. Mystisches Denken kreist immer um das, was sich entzieht: Um Abwesenheit, Differenz, das radikal An­dere. Das Ziel der Mystik sei es das inkommunikable zu kommunizieren und denjeni­gen, der damit konfrontiert wird dabei in „Unentscheidbarkeit“ zu bringen (vgl. Luh­mann 1989: 93f.). Denn wäre der Signifikant vollständig leer und frei von Inhalt, würden folglich die durch den Signifikanten hergestellten Äquivalenzen der partiku­laren Differenzen innerhalb des Systems kollabieren. Die Grenzen des konstitutiven Außen wären somit direkt repräsentierbar und daher nicht mehr außerhalb dieses Sys­tems, sondern Teil von dessen Identität (vgl. Marchart 1998: 10). Sobald sich also das Äußere mit den partikularen Differenzen des Systems überschneidet, indem sich diese äquivalent und nicht differentiell verhalten, endet auch das Partikulare eines bes­timmten Signifikanten. Signifikation an sich verweist auf die Rolle die vom leeren Signifikant übernommen wird (ebd.).

Dies erklärt die Funktion und die Beziehung des leeren Signifikanten zur Politik. Denn die Frage danach, welcher partikulare Signifikant temporär die Rolle der „qua­si-universellen“ Repräsentation übernimmt, ist immer Gegenstand des hegemonialen Kampfes innerhalb der politischen Auseinandersetzung. Der leere Signifikant zeigt durch seine Systemrepräsentation, was zum Inneren und was zum Äußeren gehört. Vereinfacht gesagt, könnte der leere Signifikant in Laclaus Hegemonietheorie an­lehnend an Niklas Luhmanns Code seiner Systemtheorie eine analoge Funktion haben (Beispielsweise demokratisch / nicht-demokratisch, legal / illegal) (vgl. Marchart 1998: 10).

Das Paradox des leeren Signifikanten wird also immer dann sichtbar, wenn dieser vor einer systemischen Unentscheidbarkeit auf sich selbst zurückfällt. Als Beispiel und zur Veranschaulichung für diese paradoxe Autosignifikation gibt Mar­chart das Dilemma zwischen Demokratie und Anti-Demokratie an. So berufe sich eine demokratisch gewählte Opposition auf ihren demokratischen Wahlsieg, um ihre anti-demokratischen Ziele durchzusetzen. Umgekehrt beschließt die Regierung in nicht-demokratischer Weise Gesetze um das Vorhaben der Opposition zu verhindern (vgl. ebd.: 11). Er fragt: Ist es demokratisch oder ist es anti-demokratisch, die Demokratie abzuschaffen, um sie zu bewahren? Aus normativer Perspektive müsste die Frage lauten: Wie kann man sich auf eine Instanz berufen, welche man abschaffen will, und wie kann man das, was man bewahren will, gleichzeitig abschaffen? Ist diese Unterscheidung zwischen dem was demokratisch ist und was nicht, überhaupt noch demokratisch? Auf diese Fragen folgt politisch der Konflikt. Die Unentscheid- barkeit dieses Paradoxons kann nur durch eine praktische Handlung in Form einer Entscheidung ersetzt werden. Erneut tritt hier die Relevanz des leeren Signifikanten für das Politische zum Vorschein.

Für Laclau ist nicht die Durchsetzung der eigenen Ideologie für den Erfolg eines hegemonialen Blocks ausschlaggebend. Vielmehr ist es die Verunmöglichung der möglichen Alternativen, die über den hegemoniellen Erfolg entscheiden. Anknüpfend an Gramscis Hegemonietheorie formuliert Laclau sein eignes Verständnis des Be­griffs der Hegemonie in der die undarstellbare Komponente eines Differenzsystems selbst das Ergebnis der politischen, innersystemischen hegemonialen Konstruktion ist (vgl. Marchart 1998: 14). Als Beispiel für das Phänomen einer hegemonialen Artiku­lation könnte das neoliberale Paradigma (oder abgeschwächt: der liberal-demokratis­che Kapitalismus) als Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung dienen, welche vor allem durch die Verunmöglichung der Denkbarkeit von Alternativen etabliert werden konnte. Ernesto Laclau formuliert dazu, dass der Diskurs „nur die Bedingungen der Denkbarkeit bestimmter Objekte konstituiert durch die Konstruktion der Un- denkbarkeit anderer Objekte. Wir können so von der diskursiven Intervention sprechen, d.h. der Politik als dem Prozeß der Konstruktion des Undenkbaren“ (Laclau 1988: 57).

Daraus resultiert die Annahme, dass der Erfolg einer hegemonialen Artikulation nicht von ihrer Popularität abhängt, sondern davon, wie gut es ihr gelingt die Idee zu normalisieren und folglich eine Alternativlosigkeit zu erschaffen. Alle Alternativen erscheinen im Lichte der Wiederholung und der Etablierung der hegemonialen Kon­struktion als undarstellbar und undenkbar. Allerdings ist dieser Prozess der Installa­tion der Hegemonie niemals absolut und vollständig umzusetzen, denn dann wie er­wähnt der Fall einträte, in dem die Differenzen eines Systems durch ihre Fixierung von Bedeutung in Identität kollabieren. Dies führe zum Abbruch des Signifikation- sprozesses und dem einhergehenden völligen Verlust von Bedeutung.

Des Weiteren wird jede hegemoniale Sedimentierung von Bedeutung „qua Wiederholung von einer Gegenbewegung konterkarriert“ (Marchart 1998: 15). Diese „Reaktivierung“ soll die Kontingenz der hegemonialen Konstrukte aufzeigen, also die Tatsache, dass jede Hegemonie selbst nur eine Alternative neben anderen ist. Jede Reaktivierung führe daher zu einer neuen Sedimentierung und jede Dislokation eines hegemonialen Raums eröffne neue Möglichkeiten. Allerdings kann die Subversion von hegemonialen Räumen nicht als einfache Lösung betrachtet werden, welche die bestehende Hegemonie „umgehen“ könne. Vielmehr sei jede Subversion eines hege­monialen Raums von den Konstruktionen und Stärkungen alternativer Räume ab­hängig (vgl. ebd.). Das Unrepräsentierbare selbst sei somit Resultat einer Konstruk­tion.

Abschließend kann resümiert werden, dass der Vorteil der Laclau'schen Hege­monietheorie die Aufrechterhaltung der Differenz und Spannung zwischen den Ob­jekten Partikularismus und Universalismus oder zwischen dem Ontischen und Ontol­ogischen ist. Da die Hegemonietheorie weit davon entfernt ist, eine reine normative Demokratietheorie oder nur eine positivistische, linguistische Diskursanalyse zu sein, ist sie weder rein normativ noch rein deskriptiv. Somit schreibt sie weder ein konkretes politische Leitbild vor, noch beschränkt sie sich auf theoretische Konstruk- tions- oder Deskriptionsleistungen. Die Hegemonietheorie kann als Bedingung der (Un-)möglichkeit von Demokratie als solcher (vgl. Marchart 2007b: 114) bezeichnet werden, als „Konstruktion einer nichtnormativen Norm“, als Versuch einen „nichtbe­grifflichen Begriff“ (Riha 1998: 86) zu konstruieren.

Das Paradoxon des singulären Universellen ist immer einer historisch-politis­chen Konstruktion unterliegend, wobei diese Kontingenz notwendig ist für das Uni­verselle (vgl. Marchart 1998: 17). Um dieses Verhältnis darstellen zu können, ist die Differenz der verschiedenen Ebenen zwischen dem Ontischen und Ontologischen, der Politik und des Politischen, der hegemonialen Artikulation und der Artikulationslogik, aufrecht zu erhalten. Diese Differenz ist für Laclau die Bedingung für die ontischen Inhalte, welche den Weg für die ontologische Differenz öffnet, die Macht, Hegemonie und Demokratie ermöglicht.

Zusammenfassend bewegen Laclau und Mouffe ihre Hegemonietheorie stets in Abhängigkeit von gesellschaftlichen Akteuren und Gruppen. Was ihren Begriff der Hegemonie von dem von Gramsci unterscheidet, ist der Fokus auf eine gesellschaftliche Klasse. Sie entfernen sich dabei von der essentialistischen Logik hin zur Offenheit des Prozesses. Demnach ist die Hegemonie das Resultat von Diskursen und Prozessen in denen immer ein „diffuses kollektives Begehren in einen manifesten Willen transformiert“ wird (Nonhoff 2006: 149).

Nach der Rekonstruktion der Hegemonietheorie in diesem Kapitel wird im Folgenden nun der Schwerpunkt der vorliegende Arbeit dargestellt. Dazu wird der Fokus auf den Ausführungen Karin Priester und ihrer detaillierten Kritik der Schriften der Autoren Laclau und Mouffe liegen. Gegenstand der Kritik Priesters ist neben dem mystischen Rückbezug der Autoren vor allem die Rolle des hegemonietheoretischen Ansatzes Antonio Gramscis sowie ihre Vorstellung des Populismus als theoretische Option des radikaldemokratisches Projekts. Abschließend werden darüberhinaus die

[...]


1 1985 als Hegemony and Socialist Strategy erschienen und 1991 ins Deutsche übersetzt.

2 Eine anderer Formulierung für agonistische Demokratie könnte an dieser Stelle radikale und plurale Demokratie lauten.

3 Der Begriff Postmarxismus wird seit den 1980er Jahren verwendet, allerdings ohne klare Definition. Sinnvoller ist es daher den Begriff mehr als eine Tendenz als eine Schule verstehen. Unter dem Begriff wird in einschlägiger Literatur die Philosophien verschiedenster Autoren wie Theodor Adorno, Hannah Arendt, Jürgen Habermas, Ernesto Laclau und Alain Touraine zusammengefasst. Allerdings wird der Begriff als programmatischer Titel nur von Ernesto Laclau und Chantal Mouffe in Hegemonie und radikale Demokratie verwendet. Auch sollte der Begriff Postmarxismus nicht als Ex-Marxismus ver­standen werden da Laclau und Mouffe in ihrem Werk nicht mit „dem Marxismus“ brechen sondern vielmehr mit der metaphysischen Orthodoxie innerhalb des marxistischen Traditionszusammenhangs (Vgl. Marchart 2007b: 106).

4 Der Begriff Poststrukuralismus ist eine anglo-amerikanische Wortschöpfung. Im französischen ist er so nicht zu finden.

5 Als „Momente“ beschreiben Laclau und Mouffe all jeden Differenzierungen, deren Bedeutung in einem spezifischen Diskurs partiell fixiert sind. Daneben existieren auch „Elemente“, welche aufgrund des Überschuss an Bedeutung in anderen Diskursen exisitieren.

6 In Hegemonie und radikale Demokratie geben Lalcau und Mouffe ein von Wittgenstein inspiriertes Beispiel anhand des Baus einer Mauer: Wenn ein Maurer einen anderen Maurer darum bittet einen Stein gereicht zu bekommen und diesen dann verarbeitet, dann ist sowohl die sprachliche als auch die nichtsprachliche Aktion Teil einer größeren Aktion, in dem Fall des Mauerbaus. Allerdings hätte auch ohne die sprachliche Bitte um den Stein die Handlung eine Bedeutung, die je nach Situation ver­schieden sein kann. Nur in diesem einem Relationssystem mit bestimmten anderen Objekten ist der Stein ein Teil der Mauer, in einem anderen allerdings ist der Stein wieder etwas anderes, was jedoch die reale, materielle Existenz des sphärischen Objekts unangetastet lässt. Diese „natürliche“ Fakten sind selbst diskursiv, denn auch die naturwissenschaftlich Idee des natürlichen Steins ist historisch gewachsen und das natürliche Objekt „Stein“ wird dieses nur innerhalb des Klassifikationssystems der Mineralogie (Vgl. Laclau/Mouffe 2000: 156ff.).

7 Laclau und Mouffe greifen bereits in Hegemonie und radikale Demokratie auf das Lacan'sche Konzept der Knotenpunkte zurück. Diese sind notwendig um ihr Konzept von Fixiertheit und Dif­ferenz vorzustellen. Durch die Fixierung werden leere Signifikante zu Momenten, Artikulation genan­nt. (Laclau 1991: 165f.)

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Titel
Hegemonie unter den Bedingungen gesellschaftlicher Pluralisierung
Untertitel
Die radikaldemokratische Perspektive von Ernesto Laclau und Chantal Mouffe in der Kritik
Hochschule
Technische Universität Darmstadt  (Politikwissenschaft)
Note
2.1
Autor
Jahr
2018
Seiten
63
Katalognummer
V537897
ISBN (eBook)
9783346136800
ISBN (Buch)
9783346136817
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Hegemonie, Radikale Demokratie, Demokratietheorie, Hegemonietheorie, Chantal Mouffe, Ernesto Laclau, Antonio Gramsci, Slavoj Zizek, Karin Priester, Demokratie, Populismus
Arbeit zitieren
David Breitwieser Alfaro (Autor:in), 2018, Hegemonie unter den Bedingungen gesellschaftlicher Pluralisierung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/537897

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