Der Dual mit besonderer Berücksichtigung des Slowenischen


Hausarbeit, 2016

18 Seiten, Note: 1,3

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Der Dual
2.1. Der räumliche Umfang und die historische Entwicklung des Duals
2.2. Der pragmatische und philosophische Wert des Duals

3. Der Dual im Slowenischen
3.1. Die Formen des Duals in der slowenischen Sprache
3.1.1. Die Personalpronomina
3.1.2. Die Substantive
3.1.3. Die Verben
3.1.4. Die Adjektive
3.1.5. Die Numeri
3.2. Der Gebrauch des Duals im Slowenischen
3.3. Kongruenz des Duals im Slowenischen
3.4. Die Frage der Optionalität des Duals im Slowenischen
3.4.1. Natürlicherweise Paariges benennende Nomen
3.5. Die Erhaltung und das Aussterben des Duals im Slowenischen
3.6. Unterschiede zwischen den Dialekten
3.6.1. Die Umgangssprache von Ljubljana und Umgebung

4. Fazit

5. Abkürzungen

6. Literaturangabe

Einleitung

Die folgende Hausarbeit befasst sich mit einer besonderen grammatikalischen Unterkategorie des Numerus, dem Dual (auch Zweizahl oder Dualis genannt). Die slawischen Sprachen sind zur Betrachtung des Duals besonders gut geeignet, da heute keine andere indoeuropäische Sprachgruppe mehr den Dual in diesem Ausmaß beinhaltet. Slowenisch ist eine der drei einzigen indoeuropäischen Sprachen, die noch eine zusätzliche Numeruskategorie bis heute erhalten haben (Jakop 2008:3). Der Dual ist ein obligatorischer Bestandteil des Slowenischen1 und wird auch in den verschiedenen Dialekten in unterschiedlichem Maße benutzt.

Im ersten Teil der Arbeit wird zunächst der Dual im Allgemeinen, sein geschichtlicher Hintergrund und räumlicher Umfang beschrieben. Infolgedessen wird auf das pragmatische und philosophische Gewicht des Duals hingewiesen und auf die einzigartige Möglichkeit, die Sprache mittels des Duals lebendiger und klarer zu illustrieren und zu strukturieren.

Im Folgenden wird spezifisch auf den Gebrauch des Duals im Slowenischen eingegangen und näher beschrieben. Es werden die einzelnen Formen des Dual in verschiedenen Wortarten analysiert und mit den entsprechenden Singular-und Pluralformen verglichen. Daraufhin wird der Gebrauch des Duals behandelt und gezeigt, dass alle anderen Wortarten mit dem dualen Nomen übereinstimmen.

Eine Aufgabe dieser Arbeit ist es zu untersuchen, warum Nomen, die natürlicherweise Paariges benennen, im Slowenischen den Plural verwenden anstatt den Dual. Da in mancher existierender Literatur behauptet wird, dass der Dual im slowenischen fakultativ anwendbar sei, wird auf die Frage eingegangen, inwieweit dies der Fall ist.

Deutlich sei auf das allmähliche Aussterben des Duals in manchen Dialekten und dessen Ersetzung durch die entsprechenden Pluralformen verwiesen. Es wird den Fragen nachgegangen, in welchen Dialekten das Aussterben am deutlichsten ist, welche Wortarten unter diesem Prozess leiden und warum es überhaupt dazu kommt. Zum Schluss wird kurz auf die Unterschiede zwischen den Dialekten eingegangen und spezifischer über die Umgangssprache der Region um die Hauptstadt Ljubljana berichtet.

2. Der Dual

In den meisten Sprachen kann mittels des Numerus die Unterscheidung zwischen „ein“ und „mehr als ein“, d.h. zwischen dem Singular und dem Plural gemacht werden. Das Slowenische besitzt jedoch einen dritten Numerus, der sich auf genau zwei Einheiten bezieht.

Duden (2005) zum Numerus:

[lat. Numerus = (An)zahl, Menge; Teil (eines Ganzen)]: grammatische Kategorie beim Nomen u. Verb, die durch Flexionsformen die Anzahl der bezeichneten Gegenstände od. Personen bzw. die der Handelnden angibt.

Im Großteil der Sprachen, die in der Vergangenheit oder auch heute noch den Dual kannten bzw. kennen, wird er vor allem für natürlicherweise Paariges verwendet. Dies sind z.B. doppelt vorhandene Körperteile wie Augen, Beine oder Hände, entsprechende Kleidungsstücke wie etwa Handschuhe, oder Ehepaare. Teilweise wird jedoch der Plural verwendet, wenn die Anzahl von Personen oder Gegenständen nur zufällig zwei ist (Brugmann 1904:387).

Im Kontrast zum Plural gilt der Dual als markiert, was bedeutet, dass er keine Grundform ist, sondern spezialisierter und nur unter eingeschränkten Bedingungen auftritt. Der Plural ist gegenüber dem Singular markiert, wogegen der Dual gegenüber dem Plural markiert ist (Toporišič 2000:271, ähnlich wie Corbett 2000: 38). Daher ist es möglich, in bestimmten Zusammenhängen den Singular anstelle des Plurals und den Plural anstelle des Duals zu verwenden.

Einer der ersten Sprachwissenschaftler, die sich näher mit dem Dual auseinandergesetzt haben, war Wilhelm von Humboldt. Er hat in seinem Buch Ueber den Dualis folgendes festgestellt:

„Zur Wahl des Dualis ladet aber auch außserdem ein, daßs das Daseyn dieser Sprachform sich ebensowohl aus dem natürlichen Gefühl des uncultivierten Menschen, als aus dem feinen Sprachsinn des höchst gebildeten erklären läßst.“ (Humboldt 1828:7)

Humboldt trennt die Sprachen, die einen Dual besitzen in drei Gruppen, bedingt durch die Art in welcher der Dual in der Sprache vorkommt:

1) entweder ist er auf bestimmte Pronomen beschränkt, an denen er haftet;
2) er basiert auf realen Erscheinungen aus der Welt, die paarweise vorkommen 2, er geht also vom Nomen aus;
3) bei der dritten Option verbreitet sich der Dual endlich auch über die gesamte Sprache und alle Wortarten passen sich ihm an. Auch Slowenisch gehört zu dieser Kategorie.

2.1. Der räumlicher Umfang und die historische Entwicklung des Duals

Der Dualis war einst ein Merkmal von weitaus mehr Sprachen als heute (Jakop 2008:4). Er stammt in Europa hauptsächlich aus dem Altindischen. In der indogermanischen Sprachgruppe haben vor allem früh überlieferte Sprachen Dualformen, wie etwa das klassische Altgriechisch, Gotisch, Sanskrit, Altkirchenslawisch, Avestisch, Altnordisch, älteres Litauisch und Altirisch (Humboldt 1828:10). Das Lateinische hat den Dual bis auf wenige Ausnahmen nicht mehr erhalten, doch die Wörter duo (zwei) und ambo (beide) tragen noch die alte Dualendung -o. Im bairischen Deutsch gibt es ebenso keinen Dual mehr, es werden jedoch manche ursprüngliche Dualformen als allgemeine Pluralform verwendet, wie etwa eß für „ihr“ und enker für „euer“ (eigentlich „euer beider“). Das Wort beide gilt ebenso als Überrest des altgermanischen Duals.

Der Dual ist auch in zahlreichen außereuropäischen Sprachen vorhanden. Er besteht in den meisten semitischen Sprachen, wie etwa im Hebräischen und Arabischen. In der nordirokesischen Sprache, im Sorbischen, Maori, Arapesh, Mohawk, Mansi etc. existiert er heutzutage noch als lebendige Form (Corbett 2000).

Im Sanskrit war der Dual zwar noch voll in Gebrauch, doch schon im Gotischen und im späteren Altgriechischen existierte der Dual nur noch in Überresten. Er war auch in anderen germanischen Sprachen gebräuchlich, doch verlor er wegen seiner Komplexität zunehmend an Bedeutung. Obwohl auch die meisten slawischen Sprachen über einen Dual verfügten, hat ihn ein Großteil lediglich in Fragmenten beibehalten. Es schien allmählich überflüssig, die Zweizahl anders als die Dreizahl, Vierzahl usw. zu behandeln. Das Ergebnis dieses Verschmelzungsvorgangs war eine Vereinfachung der grammatischen Formen und so ergaben sich aus drei Numeri nur noch zwei (Brugmann 1904:415). Das Dualparadigma wurde also in den meisten Sprachen, die einen Dual besaßen, durch Pluralformen ersetzt.

2.2. Der pragmatische und philosophische Wert des Duals

Wie Humboldt es so schön ausgedrückt hat: Die Sprache ist kein bloßes Verständigungsmittel, sondern der Abdruck des Geistes und der Weltansicht der Redenden (Humboldt 1828:20). Die Außenwelt und das Innere des Geistes werden also in den grammatischen Bau der Sprache übertragen. Humboldt hat sich intensiv mit der Frage beschäftigt, was den Dualis über sprachwissenschaftliches Erkenntnisinteresse hinaus interessant macht. Er hat über die Wahrnehmung und Empfindung der Zweiheit geschrieben und behauptet, dass ein unabänderlicher Dualismus im Wesen der Sprache, der Natur und des Menschen liegt. Tag und Nacht, Erde und Himmel, Sein und Nichtsein, Ich und Du, Mensch und Tier – diese bilaterale Symmetrie sei überall zu finden und ginge mit dem Dual in die Sprache über. Mit ihm gelingt die Verwandlung der Welt in Sprache mittels ihres grammatischen Baues. Der lebendige Eindruck der Sprache wird erhöht und deswegen sei der Dualis ein Luxus und Auswuchs der Sprache.

Auch der Slowene Lenček (1982) hat die pragmatische und poetische Seite des Duals untersucht. Die Sprecher haben die Möglichkeit, mit dem Dual besser Solidarität, Intimität und eine besondere emotionale Verbindung auszudrücken. Der Dual wird infolgedessen oft in der Liebesdichtung angewandt. Auch der slowenische Dichter Dane Zajc hat sich zu diesem Thema geäußert und behauptet, dass er bei einem Liebesgedicht in einer anderer Sprache (die keinen Dual hat) ebenso unbewusst im Dual denkt und fühlt wie im Slowenischen. Der Dual wird mit Intimität und Selbstbewusstsein verbunden, wogegen der Singular und Plural für das Alleinsein oder mit der ganzen Welt sein stehen. Diese Konnotationen sind ein Teil jedes Menschen, der sich im Dual äußert.

Es passiert oft, dass jemand bewusst nicht den Dual benutzt, um etwas Intimes geheimzuhalten oder etwas zu umgehen, wie etwa im Satz smo bili v kinu “wir waren im Kino” (Plural), anstatt der dualen Form sva bila v kinu.

3.0. Der Dual im Slowenischen

Der Dual ist für viele Slowenen das bedeutendste Unterscheidungsmerkmal ihrer Sprache und wird oft in touristischen Broschüren erwähnt.

Mit dem bisherigen Wissen, dass die unmarkierten Formen häufiger verwendet werden als die markierten, kann man darauf schließen, dass die Dualformen seltener vorkommen als die Singular- und Pluralformen. Diese These wurde von Neweklowsky und Ožbalt bestätigt (zitiert in Corbett 2000: 281-282). Ihre Untersuchungen zeigen, dass die drei slowenischen Numeri wie folgend vorkommen: Der Gebrauch des Singulars verglichen mit dem des Plurals ist 3:1, während der Dual nur in etwa einem Prozent der Fälle angewandt wird (zufolge mancher anderen Untersuchungen etwas häufiger). In Bezug auf die Wortarten wird der Dual wie folgend verwendet: Nomina: 0,5 %, Adjektive: 1 %, Pronomina: 1,9 % und Verben: 2,4 %.

3.1. Die Formen des Duals in der slowenischen Sprache

Die Dualformen weisen manche strukturelle Eigenheiten auf: sie sind länger als die entsprechenden Singular- und Pluralformen (Toporišič 2000: 272) und die meisten tragen die Endung -a, die typisch für die männliche Dualform ist.

Der Numerus wird vorwiegend durch die entsprechenden Endungen ausgedrückt, was in den folgenden Tabellen gut zu erkennen ist.

3.1.1. Die Personalpronomina

In der slowenischen Grammatik gibt es für alle flektierten Wortarten explizite Formen für den Dual. Von einem historischen Standpunkt aus betrachtet bestehen für die Personalpronomina die ausgedehntesten Paradigma, die sich von den Pluralformen in allen Fällen unterscheiden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Toporišič 2000: 305-306)

Unterschiedliche Geschlechter sind mit zwei Schrägstrichen gekennzeichnet, wobei verschiedene Varianten desselben Pronomens mit einem Schrägstrich gekennzeichnet sind.

Es bestehen drei verschiedene Formen abhängig vom Geschlecht für die dritte Person Singular im Nominativ, wobei es in den anderen Fällen der Pronomen im Singular nur zwei Formen gibt: eine weibliche und eine gemeinsame Form für das Neutrum und das männliche Geschlecht. Genauso gibt es auch zwei Formen im Dual und Plural im Nominativ. Es sei darauf verwiesen, dass es auch besondere Dualformen für Possessivpronomina gibt: najin (unser:DU), vajin (euer:DU) und njun (ihrer:DU).

3.1.2. Die Substantive

Anders als bei den Pronomina kann beobachtet werden, dass es bei anderen Wortarten besondere Dualformen nur im Nominativ, Akkusativ, Dativ und Instrumentalis gibt, wobei die Formen des Genitiv und Lokativ mit den Pluralformen identisch sind. In der folgenden Tabelle werden die Dualformen der Nomen dargestellt und mit den Singular- und Pluralformen verglichen.

[...]


1 Falls nicht anders angegeben, ist damit die slowenische Standardsprache/Hochsprache gemeint.

2 Mehr zu den „natürlichen Paaren“ in 3.4.1.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Der Dual mit besonderer Berücksichtigung des Slowenischen
Hochschule
Universität zu Köln
Veranstaltung
Numerus
Note
1,3
Jahr
2016
Seiten
18
Katalognummer
V537685
ISBN (eBook)
9783346137395
ISBN (Buch)
9783346137401
Sprache
Deutsch
Schlagworte
dual, berücksichtigung, slowenischen
Arbeit zitieren
Anonym, 2016, Der Dual mit besonderer Berücksichtigung des Slowenischen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/537685

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