Die Staatsschuldenkrise Griechenlands. Entstehung, Verlauf und Auswirkungen


Hausarbeit, 2018

21 Seiten, Note: 1,0

Lukas Schwientek (Autor:in)


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

1. Griechenland heute – zwischen Luxushotels und Schuldenbergen

2. Entstehung der Staatsschuldenkrise
2.1 Die wirtschaftliche Lage Griechenlands bis zum Eintritt in die Europäische Gemeinschaft
2.2 Beitritt in die Europäische Gemeinschaft sowie in die Eurozone
2.3 Gründe für die überdurchschnittliche Staatsverschuldung
2.3.1 Unsolide Haushaltspolitik
2.3.2 Korruption und Schattenwirtschaft
2.3.3 Steuerhinterziehung
2.4 Die Weltwirtschaftskrise 2008

3. Verlauf der Staatsschuldenkrise
3.1 Der Ausbruch der Krise nach Regierungswechsel 2009
3.2 Rettungspakete der Troika
3.3 Hohe Zinsen der Staatsanleihen als zusätzliches Hindernis
3.4 Maßnahmen gegen die Staatsverschuldung

4. Auswirkungen der Krise auf Griechenland
4.1 Hohe Arbeitslosenquote
4.2 Politische Instabilität
4.3 Unzufriedenheit in der Bevölkerung

5. Aktuelle und zukünftige Situation der griechischen Wirtschaft

Literatur- und Quellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1. Griechenland heute – zwischen Luxushotels und Schuldenbergen

Was verbinden viele Menschen instinktiv mit Griechenland? Sonne, Strand, Meer und schöne Hotels? Wahrscheinlich. Angesichts der schier unendlich vielen Luxushotels wie beispielsweise an den Küsten Kretas, Rhodos‘ oder der Halbinsel Peloponnes[1], an denen 2018 über vier Millionen Deutsche[2] ihren Urlaub verbrachten, erscheint dieses Bild von Griechenland als durchaus nachvollziehbar.

Der Südstaat, der von 11 Millionen Menschen[3] bewohnt wird, bietet für Touristen insgesamt 1,34 Millionen Schlafgelegenheiten[4], die mit ihrem Aufenthalt und Konsum ein Fünftel des gesamten Bruttoinlandsprodukts erwirtschaften.[5] Somit ist genügend Kapital für den Bau vieler prunkvoller und luxuriöser Hotels gegeben, die die Touristenmassen beherbergen und mit Sport- und Poolanlagen sowie Bars und Restaurants verwöhnen können. Eben wegen der großen europäischen und internationalen Konkurrenz[6] sind Hotelbesitzer gezwungen, ein möglichst breit gefächertes Angebot sowie eine pittoreske und ansprechende Lokalität aufweisen zu können.

Schlussendlich ist es nicht verwunderlich, dass eben diese Hotel- und Ferienanlagen das Land falsch repräsentieren und mithilfe einer künstlichen Fassade Missstände in der Wirtschaft und der Gesellschaft überdecken. Folglich wird auch von wenigen Touristen ein Land wahrgenommen, das von einer prekären wirtschaftlichen Krise gezeichnet ist. Fernab von jeglichem Tourismus an den Küsten sind im Landesinneren marode Häuser und veraltete Technik zu sehen und die Bevölkerung leidet an einer schwachen Wirtschaft, hoher Arbeitslosigkeit und strikter Sparpolitik.[7] Der Auslöser für diesen fehlenden Wohlstand und die rigorosen Sparmaßnahmen war die Staatsschuldenkrise ab 2010, die im Folgenden erklärt wird, indem ihre Entstehung, ihr Verlauf und anschließend ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft und die politische Lage Griechenlands beschrieben werden.

2. Entstehung der Staatsschuldenkrise

Griechenlands Wirtschaft ist umfänglich: Neben Agrarprodukten wie Olivenöl, Wein und Tabak werden außerdem Industriegüter wie verpackte Medikamente und Textilien exportiert.[8] Trotzdem ist der griechische Außenbeitrag seit Jahren negativ[9], was sich mit der Entwicklung seit dem 2. Weltkrieg, vor allem im wirtschaftlichen sowie politischen Bereich, begründen lässt.

2.1 Die wirtschaftliche Lage Griechenlands bis zum Eintritt in die Europäische Gemeinschaft

Nach dem Zweiten Weltkriegs und dem Wiederaufbau des Landes unter der Hand von den USA und Großbritannien bis zum Jahr 1952[10] wuchs Griechenlands Wirtschaft im Laufe der Nachkriegszeit. Das „einstige Wirtschaftswunderland“[11] hatte in der Zeit von 1950 bis 1967 dank relativ niedriger Löhne, eines Baubooms sowie des aufkommenden Tourismus‘ ein durchschnittliches Wirtschaftswachstum von 7% des Bruttoinlandprodukts zu verzeichnen.[12] Ab 1967 wurde Griechenland jedoch sieben Jahre von einem sehr repressiven Militärregime[13], das 1974 zusammenbrach[14], kontrolliert. Jenes häufte aufgrund von verschiedenen fremdfinanzierten und nicht nachhaltigen Investitionen und Subventionen einen enormen Schuldenberg an. „Die Militärdiktatur hatte das Land in allen Bereichen heruntergewirtschaftet“[15], sodass beispielsweise gegen Ende jener Periode rund ein Drittel der griechischen Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze lebte.[16] Anschließend wurde eine demokratische Regierung gebildet[17], die wirtschaftliche Stabilität und Grundrechte wie Meinungsfreiheit sowie die Abschaffung der zuvor eingeführten Zensur erließen, sodass sich Griechenland immer mehr den europäischen Industriestaaten annäherte.[18]

Obwohl die Schuldenexplosion Griechenlands erst im folgenden Jahrzehnt, in den 1980ern, begann, wurden in den eben genannten Jahren der Nachkriegszeit erste strukturelle Missstände[19] nicht konsequent genug bekämpft. Diese bildeten den Grundstock für die folgende Staatskrise.[20]

2.2 Beitritt in die Europäische Gemeinschaft sowie in die Eurozone

Der Südstaat trat am 1. Januar 1981 unter dem damaligen Ministerpräsidenten Georgis Rallis der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft[21] bei. Somit hatte das Land später, unter dem Ministerpräsident Konstantinos Simitis sowie dem Finanz- und Wirtschaftsminister Yannos Papantoniou, die Möglichkeit, im Jahre 1999 in den neu gegründeten Euroraum aufgenommen zu werden. Dies war allerdings nur mit dem Nachweis des Einhaltens der Konvergenzkriterien[22] möglich. So bestimmt der AEU-Vertrag unter anderem, dass ein Mitgliedsland der Europäischen Union eine Nettoneuverschuldung von maximal 3% seiner jährlichen Wirtschaftsleistung vorweisen muss. Außerdem erlauben die Behörden der EU eine Gesamtverschuldung eines Landes von höchstens 60 %, gemessen am Bruttoinlandsprodukt. Jedoch verfehlte Griechenland die im AEU-Vertrag geforderten Bedingungen anfänglich, sodass keine Beitrittsgespräche geführt wurden. Dies lag primär an der „viel zu hohen Inflationsrate, der Staatsdefizitgrenze, dem Verschuldungsgrad und ebenso an der Höhe der […] Zinssätze, zu welchen sich das Land Geld von etwaigen Geberländern leihen konnte“[23]. Folglich bekam Griechenland eine Frist von eineinhalb Jahren zugesprochen, um die Konvergenzkriterien zu erfüllen. Da die Erfüllung der Kriterien innerhalb eines derart kurzen Zeitraums schier unmöglich schien, publizierte das griechische Statistikamt seit 1997 geschönte und teils fiktive Zahlen, auf deren Grundlage das Finanzministerium Werte und Hochrechnungen der aktuellen Wirtschaftslage stützte. Diesen Statistiken zufolge belief sich das Haushaltsdefizit des Südstaats beispielsweise im Jahr 1999 auf 1,8 %[24] über einen Prozentpunkt unterhalb des Maastrichter Referenzwertes. In Wirklichkeit – wie später festgestellt wurde – gab Griechenland in diesem Jahr um 3,4 %[25] Prozent mehr aus, als der Haushaltsetat zuließ.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Die geschönten und tatsächlichen Daten zum griechischen Haushaltsdefizit (Quelle: https://media1.faz.net/ppmedia/video/medien/interaktiv-1/1940287155/1.198851/default/griechische-defitzite.gif)

Dank jener größtenteils unwahren Zahlen wurde es Griechenland ermöglicht, Mitglied des Euroraums zu werden.[26] Da zu diesem Zeitpunkt das Fälschen der Zahlen noch nicht offiziell bekannt war, wurde seine Eingliederung von allen Euroländern einstimmig beschlossen.[27]

Auch im Anschluss daran führten die Behörden des Landes das Verschönern der Zahlen weiterhin fort, bis dem Europäischen Statistikamt Unregelmäßigkeiten auffielen und die von Griechenland angegebenen Zahlen kontrollierten. Die Überprüfung der Haushaltsdaten des Mittelmeerstaates erfolgte somit erst im Jahre 2004, woraufhin „die griechischen Angaben zu Defizit und Schuldenstand der öffentlichen Hand […] [durch Eurostat] erheblich revidiert“[28] wurden. So wurde auch bekannt, dass auf Griechenland bereits vor der Einführung des Euros eine Staatsverschuldung von über 100 % der jährlichen Wirtschaftsleistung lastete, wobei laut den Konvergenzkriterien nur Kredite in Höhe von 60 % erlaubt gewesen wären. Juristisch gesehen konnte Griechenland wegen Bekanntgabe von falschen Zahlen jedoch nicht aus dem Eurosowie dem EU-Raum ausgeschlossen werden. Bis auf die Sperrung von EU-Fördergeldern folgten für das Land keine Konsequenzen, weswegen die griechische Regierung wenig Engagement zeigte, die Schulden zu dezimieren.[29]

[...]


[1] Vgl. Symbolbild Anlage 1.

[2] Vgl. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/304047 (abgerufen am 22.08.2019).

[3] Vgl. https://countrymeters.info/de/Greece (abgerufen am 28.10.2019).

[4] Vgl. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/49871 (abgerufen am 22.08.2019).

[5] Vgl. https://www.mfa.gr/usa/en/ (abgerufen am 22.08.2019).

[6] 2018 war das beliebteste Strandurlaubsziel Spanien (12,7% der deutschen Touristen), gefolgt von Italien (9,6%) und der Türkei (3,7%) (vgl. http://www.tourismusanalyse.de/zahlen/daten/statistik/tourismus-urlaub-reisen/2019/reiseziele-in-europa-2018/; abgerufen am 22.08.2019).

[7] Vgl. WDR Dokumentation 2017

[8] Vgl. https://oec.world/de/profile/country/grc/ (aufgerufen am 05.10.2019).

[9] Vgl. ebd.

[10] Vgl. Klemm et. al. 2015: 171.

[11] S. Aswestopoulos 2012: 13.

[12] Vgl. Aswestopoulos 2012: 31-38.

[13] Vgl. Klemm et. al. 2015: 217f.

[14] Die Diktatur endete in Folge einer Widersetzung des Militärs gegen den Befehl der allumfänglichen Mobilisierung, wodurch offenbart wurde, dass das Regime ohne das Heer keine Gewaltbefugnisse besitzt (vgl. Hall 2006: 12f.).

[15] S. Aswestopoulos 2012: 44.

[16] Vgl. Aswestopoulos 2012: 45.

[17] Vgl. Aswestopoulos 2012: 47.

[18] Obwohl Griechenland bereits 1949 Mitglied des Europarats wurde, trat das Land aus jener Institution von 1967 bis 1974 aufgrund der Militärdiktatur aus. Mit dem Ende dieser Regierungsperiode sowie der Bildung einer demokratischen Regierung wurde der Südstaat wieder in den Europarat aufgenommen (vgl. https://www.bundestag.de/resource/blob/564224/437752b3e878c184cd2db2b226cde82e/WD-2-062-18-pdf-data.pdf; abgerufen am 22.10.2019).

[19] So vergrößerte sich beispielsweise die Kluft zwischen Arm und Reich, welche schließlich nur halbherzig mithilfe von neuen Schulden in Form von Sozialleistungen aufgefüllt wurde (vgl. Aswestopoulos 2012: 13).

[20] Vgl. Aswestopoulos 2012: 13.

[21] Dank der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft fielen Ein- und Ausfuhrbeschränkungen, Zollschranken sowie eingeschränkter Personenverkehr weg, sodass ein Handelsvorteil erreicht werden konnte (vgl. Bührer 1990: 257f.).

[22] Am 7. Februar 1992 beschlossen die Mitglieder der Europäischen Gemeinschaft, dass ein Mitgliedsland gewisse Kriterien erfüllen muss. Diese sind in Art. 126 und Art. 140 des AEU-Vertrags zu finden.

[23] Vgl. Wilkens 2015: 13.

[24] Vgl. https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/konjunktur/griechenland-erschwindelte-euro-beitritt-1189739.html (aufgerufen am 13.10.2019).

[25] Vgl. ebd.

[26] Jedoch ist anzumerken, dass auch Länder, deren Staatsverschuldung über den Maastricht-Referenzwerten liegt, in den Euroraum aufgenommen werden können, sofern Tendenzen in Richtung Schuldentilgung vorgewiesen werden können. Dies war bei Griechenland nur eingeschränkt der Fall (Vgl. Klemm et. al. 2015: 17).

[27] Vgl. Braunmar 2013: 87-92.

[28] S. https://ec.europa.eu/eurostat/de/web/products-eurostat-news/-/COM_2010_REPORT_GREEK (abgerufen am 05.10.2019).

[29] Vgl. https://www.spiegel.de/wirtschaft/beitrittsbetrug-griechenland-kommt-ungeschoren-davon-a-328030.html (aufgerufen am 22.10.2019).

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Die Staatsschuldenkrise Griechenlands. Entstehung, Verlauf und Auswirkungen
Note
1,0
Autor
Jahr
2018
Seiten
21
Katalognummer
V537117
ISBN (eBook)
9783346147011
ISBN (Buch)
9783346147028
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Griechenland, Euro, Europa, Krise, Eurokrise, Griechenlandkrise, Staatsschuldenkrise
Arbeit zitieren
Lukas Schwientek (Autor:in), 2018, Die Staatsschuldenkrise Griechenlands. Entstehung, Verlauf und Auswirkungen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/537117

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