Darstellungen und Wertungen von Liebe in Mittelalter, Neuzeit und Gegenwart


Essay, 2016

17 Seiten, Note: 10,0


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung und Kurzbiografie

2. Sitzungsprotokoll 16.11.2016

3. Sitzungsprotokoll 23.11.2016

4. Exkurs zu der Thematik „Liebe im Islam“
4.1 Liebe im Islam – eine Übersicht
4.2 Zufriedenheit mit seinem eigenen Körper und dem seines Ehepartners
4.3 Fazit

5. Quellenverzeichnis

1. Einleitung und Kurzbiografie

Zu Beginn sollte eine Kurzbiografie des Autors des Seminartextes gegeben werden. Der Mittwoch des 16. Novembers diente als Einstieg und behandelte zuvor das Leben Thomas von Aquins sowie mehrere kurze Exkurse zu weiterführenden Thematiken. Der Quellentext wurde noch nicht behandelt, jedoch bekamen wir schon die Kopien ausgehändigt. Es handelte sich um einen Auszug aus Thomas von Aquins „Summa theologiae“ / „Liebe als Urgeschenk“, dieser diente in weiteren Sitzungen als Quelltext, während kleinere Exkurse stattfanden.

Thomas von Aquin ist einer der bekanntesten und einflussreichsten Philosophen und durch seine Zugehörigkeit zu der römisch-katholischen Kirche ebenso ein namhafter Theologe. Geboren auf Schloss Roccasecca, eine Gemeinde in der Provinz Frosinone, welches in der Region Latium liegt, verfasste er Werke, die noch in unserer Zeit behandelt und als Vorlage genutzt werden. Durch die Nähe seines Geburtsortes zu der Stadt Aquino in Frosinone, wurde er italienisch Tommaso d’Aquino, in unserer Sprache jedoch zusätzlich Thomas Aquinas, nur Thomas oder der Aquinat genannt. In dem Schloss Roccasecca, welches neun Kilometer von Aquino entfernt ist, kam Thomas von Aquin als Kind des Grafen Landulf von Aquino und der Gräfin von Teate Donna Theodora, auf die Welt. Er hatte sechs Geschwister und als jüngster wurde er traditionsgemäß in die Obhut der geistlichen Ämter gegeben, in welchem Thomas Onkel Sinibald sich als Abt betätigte und in dessen Fußstapfen er treten sollte. Somit trat er mit fünf Jahren als Oblate in das Benediktinerkloster in Montecassino ein. Es folgte das fünfjährige Studium Generale1 an der Universität in Neapel und im Anschluss wurde er Dominikaner.2 Trotz all ihrer Bemühungen, welche unter anderem eine Entführung und anschließende Gefangenhaltung in Roccasecca beinhalteten, ließ Thomas nicht von seinem Vorhaben, Dominikaner zu sein, ab, was zur Folge hatte, dass die Familie schlussendlich einlenkte. Sein Studium setzte er bis 1248 in Paris fort und begleitete Albertus Magnus, welchen er während seines Studiums kennengelernt hatte, nach Köln, wo er von ihm lernte und ihm assistierte. Als er nach Paris zurückgekehrt war, lehrte er von 1252 bis 1256 über Petrus Lombardus3 und ab 1256 als Magister der Theologie. Daraufhin kehrte er nach Neapel zurück und lehrte dort, bis er Konventslektor des Dominikanerkonvents wurde. Es folgten weitere Tätigkeiten als Magister in Rom und in Paris, währenddessen begann er mit seinen Schriften „Summa theologiae“ / „Liebe als Urgeschenk“ (welcher unser Grundlagentext im Seminar war) sowie einige Kommentare bezüglich Aristoteles, anschließend reiste er wieder nach Neapel und lehrte dort bis 1273. Er verstarb am 7. März 1274 und hinterlässt eine große Anzahl von Schriften, welche vermuten lassen, dass sein Hauptsekretär Recht hatte mit der Aussage, er habe drei bis vier Sekretären parallel diktiert. 1323 wurde vom Papst Johannes XXII heiliggesprochen, erst war er in der Basilika Saint-Sernin beerdigt, bis sie ihn in die Kirche Les Jacobins überführten.

2. Sitzungsprotokoll 16.11.2016

In dieser Seminarssitzung wurde zunächst angesprochen, dass die Liebe zu Gott nicht nur etwas Moralisches oder Frommes sei, ebensowenig ausschließlich eine Handlung des Menschen, sondern etwas, das die Menschheit nachhaltig und grundlegend verändern könne. Der Mensch sei geschaffen worden durch die Liebe Gottes den Menschen gegenüber und genauso würde der Mensch durch die Liebe vervollkommnet, somit sei hier der Fall, dass der Mensch durch Liebe zum vollen Menschen würde. Verlieben sich beispielsweise Person A und Person B ineinander, wird sowohl Person A mehr, als auch Person B. Außerdem hätte Liebe die Fähigkeit, jedem Ding einen Rang zu geben: So wie der Aufstieg zu Gott verschiedene Stufen habe und geordnet sei, so könnte ebendies auch die Liebe tun. Die Utopie sei eine Welt, in der die lenkende Kraft die Liebe, welche schaffend sei - denn wie oben erwähnt, sei die Welt an sich und ebenso die Menschen durch die Liebe Gottes erschaffen- statt des Hasses sei, welches vernichtende Charakteristika beinhalte.

Es folgte ein kurzer Exkurs zum Thema Liebe und Ehe im Judentum, welcher mit der Information begann, dass man, falls man als Jüdin Witwe wurde und noch kinderlos war, der Schwager die Witwe heiraten musste. Da man im Judentum stets auf den endgültigen Erlöser wartete, hoffte jede Frau, ebendiesen Erlöser gebären zu können und war dadurch nur dann vollwertig, wenn sie Kinder auf die Welt brachte. Auch wurde kurz angesprochen, dass Platon noch mit 80 Jahren ein Kind bekam, weil das Gesetz es so vorgeschrieben habe. Daraufhin besprachen wir das Frauenbild in Indien, bezüglich der Misshandlungen, der Abtreibung weiblicher Föten oder auch die verlangte Mitgift. Hierbei wurde ebenso die Massenvergewaltigung einer indischen Studentin erwähnt, welche größere Proteste gegen die verheimlichten Vergewaltigungen im Land auslöste. Anschließend wurde hervorgehoben, dass die Benachteiligung der Frauen nicht nur im Judentum oder in Indien vorkomme, sondern ebenso beispielsweise in der griechischen Antike: So ist beispielweise der Name von Perikles‘ erster Frau unbekannt, weil sie offensichtlich nichts Bedeutendes vollbracht hatte, jedoch die Namen seiner Söhne sind bekannt. Es gibt aber auch Gegenbeispiele, so etwa Epikur, welcher entgegen der Traditionen Ehepaare, Frauen und Sklaven als Schüler bei seinen Symposien auf.4

Daraufhin folgte die Bemerkung, dass die sogenannte „Freundschaftsliebe“ in der Antike sehr wichtig gewesen, in der heutigen praktischen Ethik jedoch nicht bzw. wenig von Bedeutung sei. Auch bei Augustinus sei die Freundesliebe sehr stark ausgeprägt gewesen, die Feindes- und Nächstenliebe fehle hier wiederum, und die Freundschaft sei auch nur bedingt selbstlos. Im Neuen Testament wiederum werde die Nächstenliebe sehr groß geschrieben und spiele eine entscheidende Rolle.

Es wurde wiederholt, dass Gott den Menschen nur aus Liebe geschaffen habe und für ebendiese auch Ansprechpartner, in Personen. Diese Personen seien verschieden (also Frau und Mann) und die höchste Form der personalen Liebe sei die verschiedengeschlechtliche Liebe, welche zur Vervollkommnung führe. Die Liebe Gottes zur Kreatur sei wiederum begründet in der Trinität, wobei im Christentum die Trinität nie vollkommen erklärt und explizit spezifiziert würde und somit das komplizierteste Mysterium des Christentums darstelle. Man könne das Geheimnis der Trinität nicht verstehen, sondern nur glauben. Die Dreifaltigkeit sei darin manifestiert, dass sie aus drei „Personen“ bestehe, diese jedoch nicht zählbar seien, nur sei Gott eben nie allein. An dieser Stelle wurden die Fragen geäußert, ob der Heilige Geist wohl nicht weiblich sei und ob Gott sich nicht selbst belüge – denn er genügt sich ja selbst und brauche die Dreifaltigkeit nicht. Jedoch trage die Trinität Liebe in sich (da Gott trinitarisch erfüllt sei) und verströme Liebe.

Ferner wurde festgehalten, dass Sehnsüchte existieren würden, damit die Welt erträglich würde. Die ewige Glückseligkeit sei gleichzusetzen mit der absoluten Vollendung, somit immateriell und mit der Liebe erklärbar. In Bezug auf die Problematik mit der ganzmenschlichen Liebe und somit zur Sexualität, wurde Kritik am Zölibat geübt und die Frage kam auf, wie dies mit dem zuvor erarbeiteten Prinzip der Liebe als Vervollkommnung vereinbar sein könne. Daraufhin wurde erarbeitet, dass das Zölibat ein Geschenk Gottes sei, wodurch der Mensch sich vollkommen der Liebe Gottes hingeben könne.

Ferner wurde noch schlussendlich angemerkt, dass Luther durch die Reformation als größte Befreiung angesehen werden könne, da der Mensch weniger gehorchen müsse. Im Mittelalter sei der Aufbau der Theologie genutzt worden, um die Menschen politisch steuern zu können. Betont wurde vor allem, dass nur weil der Islam, das Christentum und weitere Religionen ausgenutzt würden, seien sie nicht durch und durch schlecht und man solle eine absolute Verurteilung vermeiden. Abgeschlossen wurde die Sitzung mit dem Verweis, dass wir die Texte von Thomas von Aquin mindestens zwei Abende behandeln werden.

3. Sitzungsprotokoll 23.11.2016

In dieser Sitzung wurden Textausschnitte aus Thomas von Aquins „Summa Theologiae“ behandelt, welche wir zwar nicht zu Ende führen konnten und uns in weiteren Sitzungen beschäftigten, doch werde ich sie um des besseren Überblicks willen hier gänzlich wiedergeben. Somit beinhaltet dieser Protokollabschnitt zwei bis drei Sitzungen.

Zunächst wurde geklärt, was eine scholastische Disputation ist, weswegen und wie sie abläuft und was sie mit unserem Thema zu tun hat. Eine sogenannte scholastische Disputation behandelt eine Behauptung, diese wird auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft und diskutiert. Von Aristoteles ausgehend, ist dies eine Methode, welche meist dazu genutzt wurde, theologische Fragen zu beantworten, wobei natürlich auch jegliche andere Fragestellungen auf diese Art und Weise zu beantworten sind. Nachdem eine Behauptung geäußert wird, beispielsweise „An Gott zu glauben ist mit Vernunft nicht vereinbar“, werden zu Beginn die dafür sprechenden Argumente und Beweise geäußert. Anschließend folgen die Antworten auf ebendiese Einwände, um sie zu entkräften. Schlussendlich wird basierend auf dieser Für- bzw. Gegenargumentation entschieden, ob die Aussage wahrheitsgemäß sei oder nicht. Thomas von Aquin war, ebenso wie Albertus Magnus, ein bekannter Scholastiker.

Mithilfe eines Arbeitsblattes, welches Herr M. erstellt hatte, konnten wir uns ein Bild über das Schema einer scholastischen Disputation machen. Die Quaestio5 war „De amore Dei“6 unterteilt in Articuli 7. Hierbei war der Artikel Nummer 1: „Ob es in Gott Liebe gibt?“, daraufhin folgten die Obiectiones8 , unterteilt in Erstens, Zweitens und Drittens, beginnend mit „Es sieht nicht so aus als ob nicht…“9 Im Anschluss folgte der Satzanfang „Sed contra est quod dicitur…“10 und ein Zitat eines Autors, anschließend „die positive Darstellung des Vertreters der These“11, wobei sich die These von der Titelfrage ableiten lässt. Dieser Einwand ist meist eine längere Abhandlung und soll die These klar und deutlich herausstellen sowie die Argumente hierfür benennen. Danach werden die Antworten auf die obigen Einwände präsentiert, ebenso aufgeteilt in Erstens, Zweitens und Drittens. Schlussendlich wird betrachtet, ob die genannten Argumente zutreffend und mit bereits bewiesenen Tatsache vereinbar sind, ist dies nicht der Fall, so wird die Ausgangsthese als nicht evident und unlogisch abgelehnt.

Nachdem das Prinzip der scholastischen Disputation geklärt war, bearbeiteten wir die Ausschnitte aus Thomas von Aquins „Summa theologiae“12, in welchem zunächst die Frage „Gibt es in Gott Liebe?“ behandelt wird. Dies findet nach scholastischem Prinzip statt, die Grundfrage wird gestellt, es folgen drei Gegenthesen. Zunächst wird postuliert, dass Liebe gleichzusetzen sei mit Leidenschaft und basierend auf dieser These wird weitergeführt, dass in Gott keine Liebe enthalten sein könne, da Gott keine Leidenschaft sei. Als Zweites wird angesprochen, dass Gefühlszustände wie Liebe, Traurigkeit und Zorn von Gott nur in „übertragenen Sinn“13 projiziert würden. An dieser Stelle zitiert er als Drittes Gegenargument für die These Dionysius, welcher behauptet, dass Liebe eine einigende und verbindende Kraft und nicht mit Gott vereinbar sei, da ebendieser einfach sei.14 Somit bestünde keine Möglichkeit für die Liebe, Teil Gottes zu sein.

Es folgt der Zwischenschritt, in welchem die These positiv dargestellt wird. Wie zuvor angekündigt, handelt es sich hierbei um eine längere Abhandlung und wird eingeleitet mit einem Zitat. Die positive Darstellung der These wurde durch die Fragestellung abgeleitet und wird im Folgenden von Aquin begründet. Andererseits hält Aquin hier ein Bibelzitat hingegen, welches besagt „Gott ist die Liebe“15 und betont wiederum, dass man Liebe in Gott voraussetzen müsse, sei doch die Liebe „die erste Regung des Willens und jeglicher Strebekraft“16 überhaupt und die Liebe Gottes dem Menschen gegenüber der erste Grund, warum die Menschheit und die Erde geschaffen worden seien. Hieraus folgert Aquin, dass Liebe unter den Menschen das Höchste sei, was es gebe. Weiterhin äußert er, dass „das, was durch sich ist, eher als das, was durch ein anderes ist“17. Dies kann man insofern ausführen, dass laut Aquin das Gute an sich der Ursprung des Willens sei und von sich selbst heraus stamme, während das Schlechte durch etwas anderes verursacht würde. Somit „ist die Freude eher als die Trauer und die Liebe eher als der Haß“18, dies begründet Aquin mit dem Beweis, dass sowohl Freude als auch Liebe durch sich selbst entstünde, während Trauer und Hass anderweitig verursacht werden müssten. Daraus wiederum folgt das Fazit, dass Liebe, weil es als Ursprung das Gute – unbeachtet der Frage, ob man es besitzt oder nicht – „naturgemäß der erste Akt des Willens und des Strebevermögens“19 sei. Es wird wieder argumentiert, dass in jedem Lebewesen, welches einen Willen in sich hat, auch Liebe in sich haben müsse, da die Liebe, wie im Voraus verifiziert, Ursprung jeden Willens sein müsse und somit würde es sich selbst widersprechen, die Liebe an sich, also „das Erste“ abzusprechen, da dadurch auch alles folgende abgesprochen werden müsse. Aquin bezieht sich hier auf sein eigenes Werk an der Stelle 19,1 und erinnert daran, dass in Gott Wille sei. Hieraus schlussfolgert er, dass man Liebe in Gott voraussetzen müsse, da in Gott Wille sei und Liebe jedes Willens Ursprung sei.

[...]


1 Studium Generale: Große Schule des Mittelalters (https://de.wikipedia.org/wiki/Studium_generale)

2 Dominikaner: 1215 als Bettelorden gegründet, aufgrund dessen von Thomas‘ Eltern nicht akzeptiert (https://de.wikipedia.org/wiki/Thomas_von_Aquin)

3 Petrus Lombardus: Scholastischer Theologe, Leiter der Kathedralschule von Notre Dame, Bischof von Paris (https://de.wikipedia.org/wiki/Petrus_Lombardus)

4 Griechischer Philosoph (https://de.wikipedia.org/wiki/Epikur)

5 Quaestio: Frage

6 De amore Dei: Die Liebe Gottes

7 Articuli: Artikel

8 Obiectiones: Einwände

9 Zitat Prof. Dr. H. M., Arbeitsblatt aus dem Seminar „Über die Liebe“ vom 23.11.2016

10 Sed contra es quod dicitur: Andererseits heißt es

11 Zitat Prof. Dr. H. M., Arbeitsblatt aus dem Seminar „Über die Liebe“ vom 23.11.2016

12 Aquin, Summa Theologiae I ,1485, 20, 1

13 Aquin, Summa Theologiae I ,1485, 20, 1

14 Aquin, Summa Theologiae I ,1485, 20, 1

15 1 Jo 4, 16

16 Aquin, Summa Theologiae I ,1485, 20, 1

17 Aquin, Summa Theologiae I ,1485, 20, 1

18 Aquin, Summa Theologiae I ,1485, 20, 1

19 Aquin, Summa Theologiae I ,1485, 20, 1

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Darstellungen und Wertungen von Liebe in Mittelalter, Neuzeit und Gegenwart
Hochschule
Justus-Liebig-Universität Gießen
Note
10,0
Autor
Jahr
2016
Seiten
17
Katalognummer
V536595
ISBN (eBook)
9783346126825
ISBN (Buch)
9783346126832
Sprache
Deutsch
Schlagworte
darstellungen, wertungen, liebe, mittelalter, neuzeit, gegenwart
Arbeit zitieren
Talia Baskaya (Autor:in), 2016, Darstellungen und Wertungen von Liebe in Mittelalter, Neuzeit und Gegenwart, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/536595

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