Bonusprogramme für gesundheitsbewusstes Verhalten der Krankenkassen

Zwischen Prävention und Marketing


Hausarbeit, 2017

12 Seiten

Anonym


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Aktueller Forschungsstand
Gesundheitsprävention
Bonusprogramme
Mitnahmeeffekt
Studien

3. Diskussion und Ausblick

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Viele deutsche Krankenkassen bieten heutzutage sogenannte Bonusprogramme an, in denen man als Versicherter Punkte sammeln kann und davon dann am Ende des Jahres Prämien erhält. Auch ich habe in diesem Jahr fleißig Punkte gesammelt, um eine Geldprämie für eine professionelle Zahnreinigung zu erhalten. Doch letztendlich frage ich mich, ob dieses Programm für mich eine Motivation zu mehr Gesundheit war, oder ob ich ohnehin an den präventiven Maßnahmen teilgenommen hätte. Ich würde mich als sportlich einschätzen, was aber ist mit den Menschen, die keinen Sport machen und anfälliger für Krankheiten sind? Motivieren Bonusprogramme auch diejenigen, die noch nicht so viel für ihre Gesundheit unternehmen? Gehören Bonusprogramme überhaupt zur Gesundheitsprävention und inwieweit dienen diese der Marketingstrategie der Krankenkassen?

Die Frage, ob diese Programme eher auf Prävention oder zu der Marketingstrategie der Krankenkassen zielen soll im Folgenden nachgegangen werden. Dafür wird zuerst der aktuelle Forschungsstand wiedergeben, wobei Begrifflichkeiten geklärt und die Bonusprogramme für gesundheitsförderliches Verhalten allgemein vorgestellt werden. Ein großer Kritikpunkt an den Programmen wird vorgestellt und zum Schluss die Ergebnisse aus aktuellen Studien vorgestellt. Im letzten Teil der Arbeit werden diese Informationen, bezogen auf die Forschungsfrage, diskutiert und es wird ein Ausblick gegeben.

2. Aktueller Forschungsstand

Gesundheitsprävention

Unter Prävention versteht man einen Prozess, bei dem ein zukünftiger unerwünschter Zustand verhindert werden soll. Im Kontext von Gesundheit wird darunter die Vermeidung einer Krankheit oder zumindest die Abschwächung derer Auswirkungen verstanden (vgl. Leppin & Anja, 2010, S. 35-36). Primärprävention sind nach Leppin Maßnahmen, die vor dem Erstauftreten des Zustandes werden. Darunter fallen zum Beispiel Impfungen oder auch Prävention von Drogenkonsum. Sekundärprävention umfassen hingegen Maßnahmen im Frühstadium einer Krankheit, die es nun einzudämmen gilt. Dies sind zum Beispiel Screening-Programme im Bereich Brust- oder Darmkrebs oder Früherkennungsuntersuchungen. Wenn sich die Krankheit bereits manifestiert hat und Folgeschäden oder Rückfälle verhindert werden sollen, nennt man dies Tertiärprävention (vgl. ebd.). Hier runter fallen zum Beispiel Maßnahmen der Rehabilitation.

In den letzten Jahrzehnten spielte die Prävention eine untergeordnete Rolle, da der Gesundheitssektor auf die Behandlung und Therapie der Krankheiten ausgerichtet gewesen ist. Da dies mit erhöhten Kosten verbunden ist und immer mehr Vorteile von Krankheitsprävention deutlich werden, gibt es verschiedene Ansätze, um diese Situation zu verändern (vgl. Hurrelmann, Klotz & Haisch, 2010, S. 18).

Bonusprogramme

Zu einem der Ansätze gehören die sogenannten Bonusprogramme der Krankenkassen für gesundheitsbewusstes Verhalten. Der Grundgedanke ist dabei, dass sich die Teilnehmenden um eine gesundheitsbewusste Lebensführung bemühen und dafür belohnt werden (vgl. Blöß, 2004, A393). Weitere vier zentrale Merkmale von Bonusprogrammen haben Musiol und Kühling herausgearbeitet: Hiernach ist ein Bonusprogramm über einen relativ langen Zeitraum angelegt, in dem eine bestimmte Verhaltensweise durch Werteinheiten belohnt wird. Der Teilnehmende sammelt diese und kann sie dann in einen Bonus oder Prämie umwandeln (2009, S.6).

Musiol und Kühling ergänzen dazu, dass der Kauf eines bestimmten Produkts oder die Inanspruchnahme einer Dienstleistung durch die meisten Anbieter der Bonusprogramme belohnt wird. Oft wird jedoch auch eine Verhaltensänderung der Teilnehmenden unterstützt. Zum Beispiel, wenn eine gesundheitsbewusste Lebensweise geführt, regelmäßig Sport gemacht oder an Vorsorgeuntersuchungen teilgenommen wird. Dabei gibt es viele Varianten, die von Nichtrauchen bis zum Erreichen eines bestimmten Body-Maß-Indexes reichen (vgl. Musiol & Kühling, 2009, S. 8).

Die Entwicklung der Bonusprogramme geht zurück auf das Jahr 1970, in dem durch das zweiten Krankenversicherungsänderungsgesetz erstmals eine Regelung eingeführt wurde, mit der Versicherte Anspruch auf Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten erhielten (Mosebach, Schwartz & Walter, S. 373). Unter Norbert Blüm wurden verschiedene präventive Maßnahmen in den Leistungskatalog der Krankenversicherungen aufgenommen (vgl. ebd., S. 374). Mit dem Gesundheits-Reformgesetz (GRG) könnte man den Beginn der Bonushefte benennen, da ab dem 01.01.1989 zum Beispiel Zuschüsse bei Zahnersatz nur noch denjenigen zugesichert wurden, die regelmäßige Vorsorgemaßnahmen wahrgenommen haben. Erstmalig war also der Zuschuss davon abhängig, wie oft man an präventiven Maßnahmen teilgenommen hat. Diese Maßnahmen wurden von Horst Seehofer zunächst eingeschränkt und erst 1998 wurden primärpräventive Maßnahmen wieder in die Gesetze aufgenommen (vgl. ebd.). Der neue Paragraf (Prävention und Selbsthilfe) verpflichtete nun die Krankenkassen über Gesundheitsgefährdungen und Verhütung von Krankheiten aufzuklären (vgl. ebd.). Seit Beginn des Jahres 2004 sind nun auch die zuvor genannten Bonusprogramme erlaubt (Blöß, 2004, A394), die gesundheitsbewusstes Verhalten belohnen sollen (§ 65a SGB V).

Mitnahmeeffekt

Der größte Kritikpunkt der Bonusprogramme liegt bei dem sogenannten Mitnahmeeffekt. Rosenbrock zum Beispiel kritisiert, dass sich Versicherte mit bereits vorhandener gesundheitsbewusster Lebensweise lediglich ihre Aktivitäten bescheinigen lassen, aber nicht neu motiviert sind, um eine Prämie zu erhalten (vgl., zitiert nach Blöß, 2004, A394). Diese nähmen die Prämien nur „mit“, seien aber nicht durch das Programm an sich motiviert. Blöß stellt dabei auch die Frage, „wen man eigentlich belohnen sollte: diejenigen, die fortan gesünder leben, oder die, die schon immer gesundheitsbewusst waren?“ (2004, A394). Nach Rosenbrock reichen diese materiellen Anreize eben nicht aus um die Menschen von der Notwendigkeit der Gesundheit zu überzeugen, sondern vielmehr müsse die Primärprävention weiter ausgebaut werden (vgl. ebd.). Dieses Problem der Erreichbarkeit von sogenannten Risikogruppen mit präventiven Maßnahmen fordert nach der Sicht von Mosebach eine „stärkere Zielgruppenorientierung“ (Mosebach et al., 2010, S. 375). Man solle "[…] von sogenannten <<Komm-Leistungen>>“, welche nur bei individueller Inanspruchnahme aktiviert werden,“ verabschieden und „[…] mehr <<Aktiv-zugehenden-Leistungen>>“ fördern (Walter et al. 2003 zitiert nach Mosebach et al., 2010, S. 375).

In der Politik und bei den Krankenkassen ist man jedoch weiterhin überzeugt, dass materielle Anreize die Menschen zu einem gesundheitsbewussten Leben motivieren würden (vgl. Blöß, 2004, A394).

Dass Bonussysteme oder Prämienprogramme jedoch auch ein Mittel zur Kundenbindung seien können und somit eine Form vn einer Marketingstrategie sind, verdeutlichen Musiol und Kühling (vgl. 2009, S. 6). Lauer sieht die Programme der Krankenkassen wiederum als ein gutes Beispiel für Verhaltenssteuerung im Allgemeinen (vgl. Lauer, 2011, S. 205). Dies zeigt das breite Spektrum an Interpretationsansätzen der Bonusprogramme.

Studien

In verschiedenen Studien wurde die Effektivität der Bonusprogramme grundsätzlich überprüft. Dabei zeigte sich ein positiver Zusammenhang von gesundheitsbewusstem Verhalten und der Teilnahme an Bonusprogrammen, jedoch immer mit dem Hinweis, dass ein Zusammenhang zu dem Mitnahmeeffekt bestehen könnte. Circa ein Fünftel der Versicherten nahmen an einem Bonusprogramm ihrer Krankenkasse teil (Jordan, Lippe, Starker, Hoebel & Franke, 2015, S. 862). Doppelt so viele Bonusprogrammteilnehmende beteiligten sich mindestens an einer Maßnahme zur Verhaltensprävention im Bereich Ernährung, Bewegung oder Entspannung (28,6 %) (Lange & Lampert, 2011, S. 30).

In einer weiteren Studie von Friedrichs, Friedel und Bödeker wurde auch die Teilnehmendenstruktur im Zusammenhang mit der Programteilnahme erhoben (2009, S. 625). Dabei hängen zum Beispiel die Höhe der Schulbildung und die Teilnahmebereitschaft miteinander zusammen (ebd., S.624). Zudem nahmen Frauen vermehrt an den Bonusprogrammen teil (1,95% der Versicherten; Männer: 1,08%) (ebd.).

Rechtlich gesehen, nach § 65a SGB V Absatz 3, müssen die Bonusprogramme mittelfristig aus Einsparungen und Effizienzsteigerung finanziert werden. Weitere Studien, siehe z.B. Lorrek, Simic, Möhlendick & Stock, 2016 beschäftigten sich mit der Wirtschaftlichkeit der Programme, da dies vom Gesetzgeber vorgeschrieben ist. Dabei zeigte sich ein positiver Zusammenhang mit dem Ergebnis, dass die Einsparungen erzielt werden konnten (vgl. ebd.).

Im Vergleich zu anderen Ländern des europäischen Raums gibt es nach Gericke und Busse erhebliche Unterschiede in den präventiven Maßnahmen und deren Wirksamkeit (2010, S. 399). Erst die konsequente Umsetzung von Maßnahmen durch den Gesetzgeber oder die Beeinflussung der Organisation des Gesundheitssystems, wie zum Beispiel Screening-Programme, seien effektiv in der Gesundheitsprävention (Gericke & Busse, 2010, S. 399).

Dass Prävention nicht nur Aufgabe des Gesundheitssektors sein darf, sondern auch auf politischer Ebene gefordert werden soll, wird in den Forderungen an den Deutschen Bundestag zur Weiterentwicklung von Gesundheitsförderung und Prävention (Stand Oktober 2009) zur Bedingung gemacht (Haisch, Klotz & Hurrelmann, 2010, S. 435). Dazu gehören die Forderungen nach mehr Transparenz der Ziele und Inhalte der einzelnen Maßnahmen.

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Details

Titel
Bonusprogramme für gesundheitsbewusstes Verhalten der Krankenkassen
Untertitel
Zwischen Prävention und Marketing
Jahr
2017
Seiten
12
Katalognummer
V536507
ISBN (eBook)
9783346138804
ISBN (Buch)
9783346138811
Sprache
Deutsch
Schlagworte
bonusprogramme, verhalten, krankenkassen, zwischen, prävention, marketing
Arbeit zitieren
Anonym, 2017, Bonusprogramme für gesundheitsbewusstes Verhalten der Krankenkassen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/536507

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