Mediale Repräsentationen des Alters in der Werbung. Welche (stereotypen) Bilder zeichnen die 2000er?


Akademische Arbeit, 2018

41 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Was sind Stereotype und welche Funktionen ubernehmen sie?
2.1 Was sind Altersstereotype?

3. Mediale Reprasentationsformen
3.1 Altere Menschen als Werbetrager
3.1.1 Unterreprasentation
3.1.2 Qualitatstrager fur Vertrauensmarken
3.1.3 Positive Representation
a. Praxisbeispiel: Werbefilm der Sparkasse Holstein (2018)
3.1.4 Alter als Kontrast
b. Praxisbeispiel: Werbefilm der Marke CocaCola Zero (2018)
c. Praxisbeispiel: Werbefilm „Old World" der ERGO-Versicherungsgruppe (2018)
3.2 Altere Protagonisten in altersspezifischer Werbung
d. Praxisbeispiel: Werbefilm von Ginkobil ratiopharm (2017) und Vitasprint (2018)

4. Einflusse und Auswirkungen medialer Altersstereotype
4.1 Sozialer Vergleich und Uberforderung
4.2 Die Rolle der Werbemacher

5. Schlussreflexion

6. Literaturverzeichnis

7. Anhang

1. Einleitung

Das Thema Alter ist nicht nur in Anbetracht sich verandernder gesellschaftlicher Umstande Gegenstand offentlicher Debatten geworden, sondern treibt, neben den Printmedien, die sich vor allem als Streitorgan eines wachsenden Generationenkonfliktes hervorgetan haben1 (z.B. „Uberalterung- Deutschland wird zur Rentnerdemokratie“- FAZ Online 2014), auch die Werbung an.

Diese nimmt das altere Klientel seit den 1990er Jahren zunehmend als Zielgruppe war, die angesprochen werden mochte. Hierbei bedient sie sich unterschiedlicher Bilder und nicht allzu selten auch stereotyper Vorstellungen, wie das Alter und der Mensch im hoheren Lebensalter zu sein haben.

Diese Stereotypen konnen von ganz unterschiedlicher Qualitat sein, sich vermeintlich positiv oder negativ zeigen und den alteren Menschen in verschiedenen Rollen wahrnehmen.

Wahrend bis in die 1990er Jahre hinein altere Menschen als Protagonisten in der Werbung eher unterreprasentiert und/ oder negativ visualisiert worden sind, ergab sich insbesondere seit den 2000ern ein grundlegender Wandel. Mit dem Aufkommen der Generation der „Best“ oder „Golden Agers“, der „Silver generation“ und der „Senior Models“ unterscheidet sich die jungere kaum noch von der alteren Zielgruppe. Es gilt das Gebot der Stunde, Jugendlichkeit als Standard festzusetzen, weshalb nun nicht mehr junge und alte Menschen, sondern nur noch Personen „ unterschiedlich jungen Alters“2 existieren. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit mochte ich insbesondere die Entwicklungen stereotyper Reprasentationen des Alters in der Werbung fur die ausgehenden 2000er nachzeichnen, und hierbei vorrangig auf die zunehmende Relevanz positiver Stereotype eingehen. Anknupfend an die Unterreprasentation der alteren Klientel bis in die 90er Jahre hinein, stellt sich insbesondere auch in Bezug auf positive Stereotypisierung die Frage, inwieweit alle Alterssegmente der Lebensspanne „Alter“ wirklich medial erfasst werden.

Zugleich konnen auch konstante Beobachtungen im Bereich der Traditions-oder Vertrauensmarken gemacht werden, die fur einen Einsatz alterer Werbetrager schon langerfristig bekannt sind.

Ob und inwieweit sich die Werbung auch im Bereich der altersspezifischen Werbung entwickeln konnte, d.h. der Werbung, die explizit fur Produkte des Alters wirbt, wird ebenfalls ein Bestandteil der vorliegenden Arbeit sein.

Da sich Entwicklungen und Beobachtungen nur anhand praktischer Uberprufbarkeit nachvollziehen lassen, habe ich mich dafur entschieden, im Rahmen von „Praxisbeispielen“, aktuelles Werbematerial herauszusuchen und auf stereotype Darstellungsweisen zu prufen, soweit mir dies auch hinsichtlich zeitlicher Kapazitaten moglich gewesen ist.

Diese Beispiele geben Aufschluss uber stereotype Tendenzen der Werbewelt, wenngleich ich darauf verweisen muss, dass ein Anspruch auf Vollstandigkeit leider nicht gegeben ist. Fur eine vollstandige Sichtung und umfangreiche Betrachtung aller Werbebeitrage der Fernsehwerbung fur den Zeitraum der 2000er musste mit zusatzlichen zeitlichen Kapazitaten zu rechnen sein.

Auf Grundlage meiner Beobachtungen ergab sich auch die Notwendigkeit, die Auswirkungen, die die reprasentierten Stereotypen auf altere Menschen ausuben konnen, naher vorzustellen und hierbei auch die Rolle der Medienschaffenden mit einzubeziehen.

2. Was sind Stereotype und welche Funktionen beinhalten sie?

Der Begriff des Stereotyps erschlieBt sich ursprunglich aus der Druckersprache, die mit dem Stereotyp einen feststehenden Druck mit beweglichen Lettern meinte3. Eine Begriffserweiterung auch auf den Bereich der menschlichen Wahrnehmung erhielt das Stereotyp 1922 durch Walter Lippmann, der mit „Die offentliche Meinung“ den Weg fur die Stereotypenforschung ebnete4.

In diesem Zusammenhang sind Stereotype mentale Reprasentationen eines semantischen Netzwerkes unseres Gedachtnisses5, die sich aufgrund unserer Wissensstruktur verfestigen (konnen), indem sie zumeist Gruppen (z.B. „die Gruppe der Alten“) bestimmte Merkmale zuweisen (z.B. alter Mensch= graue Haare). Diese Stereotypen sind fur uns Individuen in erster Linie Orientierungshilfen, die dazu beitragen, Wissen zu ordnen und Erfahrungen in bestehende Wissensmuster einzuordnen. Sie sind daher auch abgrenzbar von Einstellungen und Vorurteilen und zunachst nicht ausschlieBlich negativ konnotiert.6 Stereotypen helfen uns, kognitive und sprachliche Unterscheidungen zu treffen7 („ein Kind ist kleiner als ein Erwachsener“; „ein alter Mensch bekommt graue Haare“), die fur unsere Orientierung in der Alltagswelt unbedingt von Noten ist.

Wahrend Einstellungen zu etwas oder jemandem von tatsachlichen Erfahrungen und Auseinandersetzungen mit eben jenen gepragt sind und Vorurteile grundsatzlich negative Einstellungen gegenuber Personen und Gruppen in sich vereinen, richtet sich der Stereotyp an Orientierungswissen und kulturellen Zuschreibungen, insbesondere in Bezug auf Gruppen, aus und muss nicht negativ gepragt sind8.

Nichtsdestotrotz ist bei der Betrachtung des Stereotypenbegriffs zu beachten, dass ihm die Gefahr innewohnt, zu einem Vorurteil zu avancieren. Da die Zuschreibung von Merkmalen ausschlieBlich fur Gruppen und Personen, die Teil dieser Gruppe sind, vorgenommen werden, neigen sie zu einer Hypergeneralisierung und sind daher unabhangig von individueller Begutachtung des Einzelfalls.9

Stereotypen unterliegen einem Lernprozess, der uns nur teilweise bewusst ist. Dieser Prozess dauert langere Zeit an, weshalb er nur sehr schwer, wenn uberhaupt, reversibel erscheint und daher auch gezielt in den Medien Anwendung findet.

Beginnend mit der (unbewussten) Wahrnehmung bestimmter (auBerer) Merkmale (graue Haare bei alten Menschen) setzt sich der Stereotypisierungsprozess automatisch in Gang und ist Ausgangspunkt fur den weiteren Verlauf. Erst wenn wir uns von diesem Bild unserer Wahrnehmung unreflektiert leiten lassen, dieses folglich ganz bewusst aufnehmen, kann es sich zu einem Vorurteil herausbilden. Hierbei werden dann, ungeachtet dessen, dass bspw. auch junge Menschen graue Haare und altere Menschen noch ihre ursprungliche Haarfarbe haben konnen, entschieden, dass der Faktor „graue Haare“ ein zentrales Merkmal des Alters sein muss- ein Stereotyp. An dieser Stelle ist der Stereotyp kognitiv manifestiert. Inwieweit sich dieser auch auf das Verhalten und damit auf mogliche Diskriminierung ausdehnt, ist von individuellen Komponenten, der eigenen Sozialisation sowie dem sozio- kulturellen Umfeld abhangig10.

2.1 Was sind Altersstereotype?

Altersstereotype bezeichnen nun im Speziellen die spezifischen Merkmale, die die Alltagswelt mit alt sein und alteren Menschen assoziiert und jene Erwartungshaltungen, die die Offentlichkeit, allen voran Politik und Medien, an altere Personen richten.

Diese Merkmale, Bilder, Erwartungen werden dem alteren Menschen einzig aufgrund seiner Zugehorigkeit zur Gruppe der Alten auferlegt, unabhangig von der Kenntnis individueller Erfahrungen mit Personen dieser Altersgruppe11. Die Gesamtheit aller Altersstereotype sind in einem schematischen Netzwerk miteinander verknupft. Wird alt aktiviert, setzen sich vollig automatisch gelernte

Verbindungen in Bewegung (alt-weise-erfahren- Lebenserfahrung oder aber alt-vergesslich-schwache Gedachtnisleistung), die dann zu einer Hypergeneralisierung fuhren konnen, aber nicht mussen12. Der Altersstereotyp kann entsprechend des generellen Stereotypenaufbaus als nutzliche Hilfestellung zur Einordnung von Alltagswissen dienen (z.B. graue Haare zur Unterscheidung zwischen Kind und altem Menschen) oder sich vom Stereotyp zum Vorurteil ausbilden, welches dann wiederum generalisierend und zumeist diskriminierend agiert13.

Im letztgenannten Fall reichen die Zuschreibungen an alte Menschen von optischen Merkmalen bis hin zu stereotypen Verhaltensmustern, die von alteren Personen erwartet werden konnen. Auf diese Weise kann das, im Text bereits mehrfach genannte, Attribut der „grauen Haare“ im semantischen Netzwerk sowohl Verknupfungen mit „alt“ hervorrufen als auch mit „senil“, „vergesslich“, „faltig“ oder „Abbau“ assoziiert werden oder mit gegensatzlichen Attributen wie „fit“, „aktiv“, „golden agers“, „privilegierte Generation“, etc., je nachdem, welche Deutungsrahmen bedient werden.

Zu beachten ist, dass ein sprachlicher Ausdruck neben seiner Benennungs-und demzufolge auch Unterscheidungsfunktion, immer zusatzliche Bedeutungen impliziert. Diese Implikationen liegen jedem Wort zugrunde, weshalb Sprache nie vollstandig werturteilsfrei und neutral sein kann14. Die Verwendung des Begriffs

„alt“ ruft vollkommen automatisch bestimmte Frames15 hervor, ohne dass wir diesen Prozess steuern konnten. Jedoch obliegt es jedem Menschen, inwieweit er sich seiner eigenen Deutungsrahmen bewusst macht und uber sie reflektiert.

3. Mediale Reprasentationsformen

3.1 Altere Menschen als Werbetrager

3.1.1 Unterreprasentation

Das gemeinhin bekannte Ziel der Werbepsychologie ist es, Zielgruppen zu bestimmten, Werbung zu definieren, die auf diese perfekt zugeschnitten ist, um die Bereitschaft zu Konsum voranzutreiben und einen hoheren Absatzmarkt zu generieren.

Die Definition der Hauptzielgruppe der 14 bis 49jahrigen setzte sich bereits in den 1960er Jahren durch16, weshalb es zu einer deutlichen Unterreprasentation sowohl des Themas Alter als auch alterer Protagonisten kam. Hierbei waren insbesondere altere Frauen unterreprasentiert17.

Grunde fur diesen Mangel an alteren Menschen in der Werbung waren vielschichtig: zum einen galt das Defizitmodell des Alters in den 1960er Jahren als wissenschaftlich tragende Saule, welches das Alter als eine Zeitspanne des Abbaus physischer und psychischer Fahigkeiten betrachtete18, zum anderen galten altere Menschen als fur den Konsum zu unbedeutend, um passgenaue Werbung fur sich beanspruchen zu konnen.

Erst mit den 1970er Jahren erhielten altere Personen schrittweise Prasenz in der Werbung, jedoch noch stark bestimmt von stereotypen Rollenbildern19 (z.B. GroBeltern) oder einem eingegrenzten Themenspektrum wie Spirituosen, Kaffee20, Versicherungs-und Finanzprodukten oder Schokolade. Betrachtet man die gegenwartige Situation genauer, sind gleich zwei parallel verlaufende Entwicklungsstrange zu vermerken: die negative Stereotypisierung im „klassischen“ Sinne lasst sich fur die Altersdarstellung in den Werbesendungen nicht mehr nachvollziehen. Eine defizit-und abbauorientierte Darstellungsweise ist fur die 2000er auch nach langerer Sichtung des Fernsehwerbematerials nicht mehr explizit zu erkennen. Ursachlich hierfur konnte sein, dass in den Werbemedien eine realistische Darstellung aller Alterssegmente vermieden wird.

Zwei Dinge werden deutlich: eine Unterreprasentation alterer Personen als Werbetrager oder angesprochene Konsumenten fur die Gruppe U60, mittlerweile sogar U50, ist nicht grundsatzlich gegeben, vielmehr lasst jedoch die Reprasentation alterer Menschen in fortgeschrittenem Lebensalter ab 80 oder gar 90 Jahren zu wunschen ubrig. An dieser Stelle konnte man generell daruber nachdenken, ob die Frage nach einem Reprasentationsmangel im Alter, wie man ihn in Publikationen zahlreich vorfindet, tatsachlich korrekt gestellt ist. Die Werbestrategen haben ihr Bewusstsein fur das Alter nicht konsequent verandert, sondern vielmehr ein Konzept der sichtbaren Jugend beibehalten. Vielmehr hat sich unsere genuine Vorstellung von Alter verschoben: wahrend wir einen 60jahrigen Menschen heutzutage nicht mehr als „alt“ empfinden, dies jedoch vor 50 Jahren womoglich noch der Fall gewesen ware, zeigt auf, dass eine Neudefinition von Alter erfolgen muss.

Ein werbestrategischer Grund fur den sichtbaren Mangel der Altersklientel U80 konnte sein, dass „junge Alte“ noch eine groBe mediale Wirksamkeit besitzen und das Konsumverhalten der Personen ihres Alters (oder bei Vertrauensmarken auch daruber hinaus) positiv beeinflussen. Sobald jedoch ein Alter uberschritten wurde, welches den biologischen Abbauprozess nicht mehr verdecken kann, sind die Protagonisten auch fur die Werbung uninteressant. Studien zufolge seien die Grunde hierfur, dass das explizite Aufzeigen der unvermeidlichen, Alterungsprozesse im Bereich U80, an die eigene Verganglichkeit und Endlichkeit des Lebens erinnere21 und somit die Kaufkraft sowohl der alteren als auch der jungeren Konsumenten mindere.

3.1.2 Qualitatstrager fur Vertrauensmarken

Ein Bereich der Werbung, der sehr schnell auf das Einsetzen alterer Protagonisten in der Werbung reagierte, waren seit den 1970er Jahren die Vertrauens-oder Traditionsmarken.

Sie stellen hierbei einen Sonderstatus fur altere Personen als Werbetrager dar, da es weniger um die Thematisierung des Alters oder altersrelevanter Produkte geht, als vielmehr um die positive Konnotation des Produktes durch eine unmittelbare Instanz, die dadurch auch positiv attribuiert wird22. Die Wahl alterer Protagonisten in diesen Bereichen hat einen werbestrategischen Hintergrund: Marken sollen Vertrauen stiften. Ein alterer Protagonist kann die Aspekte Qualitat, Vertrauen in das Produkt, Seriositat und Bestandigkeit besser verkorpern, als die junge Klientel. Auf diese Weise kann auch dort Vertrauen etabliert werden, wo grundsatzlich Zweifel bestehen, d.h. fur neue, noch wenig erprobte Produkte, die durch altere Protagonisten ein indirektes, qualitatives Siegel erhalten wurden23. Insbesondere Produkte, die eine hochwertige Qualitat erfordern, sind mit den, zumeist recht hohen Qualitatsanspruchen alterer Personen gut zu verbinden (Kaffee, Schokolade)24, konnen jedoch zugleich als Kaufaufforderung an jungere Klientel verstanden werden. Altere Werbetrager insbesondere in vertrauten Rollenmustern, wie dies beispielhaft bei Marken wie Werther's Original25 oder Iglo Fischstabchen26 der Fall ist, die mit dem Stereotyp des liebevollen GroBvaters bzw. des groBvaterahnlichen Status operieren, konnen beim jungeren Publikum einen Vertrauensvorschuss leisten.

Der Faktor Vertrauen ist erstrecht dann von groBer Relevanz, wenn es um sensible Produkte, wie zum Beispiel Babynahrung geht. So arbeitet das Familienunternehmen Hipp bis in das Jahr 2016 hinein mit Claus Hipp in persona als Trager der Marke27, bevor die Nachfolge durch seinen Sohn Stefan Hipp ubernommen wurde28. Ob im Rahmen dieser werbestrategischen Entscheidung das Alter des Werbetragers hierbei entscheidend war, oder ob es in erster Linie um die Verbindung zwischen Produkt und personlicher Burgschaft („Dafur stehe ich mit meinem Namen“) gegangen ist, kann an dieser Stelle nicht abschlieBend geklart werden.

Es kann konstatiert werden, dass der Einsatz alterer Werbetrager fur die Werbung dann von besonderer Brisanz ist, wenn das Produkt eines oder gleich mehrere Merkmale fur sich beanspruchen kann: es verfugt uber eine lange, generationenubergreifende Tradition (Werther's Original, Iglo Fischstabchen) und hat sich langfristig bewahrt (Hipp, Jacobs Kronung)29.

3.1.3 Positive Representation

In den Termini der Silver Generation, der Best oder Golden Agers, der Whoopies (Well-off old people) finden sich diese Bestimmungen bereits verborgen. Sie bezeichnen eine altere Generation, die sich von der Jugend kaum noch zu unterscheiden vermag, weder in Optik und Fitnessgrad, noch grundsatzlich in der Gestaltung der Freizeit, wobei der einzige verbleibende Unterschied hierbei noch der unterschiedliche Anspruch sein konnte.

Dieser positive Stereotyp der Best Agers ist vor allem eine Proklamation der (Fernseh)Medien und der Werbung. Dem demographischen Wandel und dessen eher negativen Inszenierungen der Printmedien, insbesondere in Fragen des Generationenkonfliktes, tritt gerade die Fernsehwerbung der Gegenwart und jungsten

Vergangenheit mit emem neuen Altersbild gegenuber. Dieses orientiert sich einerseits an einer sich tatsachlich verandernden alteren Generation, die gesunder, fitter und sportlicher denn je erscheint, aber naturlich auch an den eigenen Interessen, da gesunde und attraktive U60er ein nicht zu unterschatzendes, konsumgeneigtes Publikum ist30. In einer Studie von Miller, Levell und Mazachek von 2004 konnte fur 80% aller Werbespots eine positive Altersdarstellung nachgewiesen werden31.

Dass die Entwicklung einer aktiven, attraktiven und lebensbejahenden alteren Generation begruBenswert erscheint, ist unstrittig. Jedoch verkennen die Bilder, die durch Werbevisionen gezeichnet werden, auch eine zweite Realitat: dass einerseits die visuelle Darstellung alter Menschen mit inhaltlichen Aspekten deutlich divergieren kann32, negative Alterserscheinungen dennoch gezeigt werden33 und andererseits ein uberdurchschnittlich positives Altersbild aufgegriffen wird, dass einer realistischen und ausdifferenzierten Sichtweise auf die Komplexitat des Altersvorgangs durchaus widersprechen kann. Mayer geht sogar so weit zu sagen, dass generell kein realistisches Bild vom Alter in der Werbung gezeigt wird und nur die spektakularen Ausnahmen Gegenstand der Inszenierung seien.34

Ob diese Annahme flachendeckend verifiziert werden kann, ist sicherlich strittig, jedoch finden sich auch hier Anhaltspunkte. Beispielhaft konnte hier der Werbefilm der Marke CocaCola Zero von 2018 dienen35, der einen, zu Beginn im Altersheim lebenden alten Mann in aufsehenerregenden Szenen und Aktivitaten zeigt.

[...]


1 http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/ueberalterung-deutschland-wird-zur-rentnerdemokratie- 12780830.html.

2 Jackel, Michael: Altere Menschen in der Werbung. In: Schorb, Bernd/ Hartung, Anja/ ReiBmann, Wolfgang (Hrsg.): Medien und hoheres Lebensalter. Theorie- Forschung- Praxis. Wiesbaden: Verlag fur Sozialwissenschaften 2009, S.131.

3 Dabrowska, Jarochna: Stereotype und ihr sprachlicher Ausdruck im Polenbild der deutschen Presse. Tubingen: Gunter Narr Verlag 1999, S.82.

4 vgl. siehe: Lippmann, Walter: Die offentliche Meinung (Originaltitel „Public Opinion“). Munchen: Rutten und Loenig 1964.

5 Maier, Stefanie: Der Einfluss von Altersstereotypen auf sprachliche Instruktionen. In: Fiehler, Reinhard/ Thimm, Caja: Sprache und Kommunikation im Alter. Radolfzell: Verlag fur Gesprachsforschung 2003, S. 196; vgl. siehe: Rothermund, Klaus: Altersstereotyp. Struktur, Auswirkungen und Dynamiken. In: Kocka, Jurgen/ Staudinger, Ursula (Hrsg.): Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina: Bilder des Alters im Wandel. Historische, interkulturelle und aktuelle Perspektiven Halle/ Saale: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH Stuttgart 2009, S.139.

6 Vgl. siehe: Filipp, Sigrun- Heide/ Mayer, Anne- Kathrin: Zur Bedeutung von Altersstereotypen. In: APuZ 49-50 (2005), S.26.

7 Stefanowitsch, Anatol: Sprache und Ungleichheit. In: APuZ 16-17 (2012), S.27.

8 Rothermund, Klaus/ Mayer, Anne-Kathrin: Was ist Altersdiskriminierung? In: Rothermund, Klaus/ Mayer, Anne-Kathrin: Altersdiskriminierung: Erscheinungsformen, Erklarungen und Interventionsansatze. Stuttgart: Kohlhammer 2009, S.33.

9 Maier, Stefanie: Der Einfluss von Altersstereotypen auf sprachliche Instruktionen. In: Fiehler, Reinhard/ Thimm, Caja: Sprache und Kommunikation im Alter. Radolfzell: Verlag fur Gesprachsforschung 2003, S. 196; vgl. auch: Rothermund, Klaus/ Mayer, Anne-Kathrin: Was ist Altersdiskriminierung? In: Rothermund, Klaus/ Mayer, Anne-Kathrin: Altersdiskriminierung: Erscheinungsformen, Erklarungen und Interventionsansatze. Stuttgart: Kohlhammer 2009, S.33.

10 Maier, Stefanie: Der Einfluss von Altersstereotypen auf sprachliche Instruktionen. In: Fiehler, Reinhard/ Thimm, Caja: Sprache und Kommunikation im Alter. Radolfzell: Verlag fur Gesprachsforschung 2003, S.196/197.

11 Ebd., S.196.

12 Vgl. siehe: Filipp, Sigrun-Heide/ Mayer, Anne-Kathrin: Zur Bedeutung von Altersstereotypen. In: APuZ 49-50 (2005), S.26.

13 Rothermund, Klaus: Altersstereotyp. Struktur, Auswirkungen und Dynamiken. In: Kocka, Jurgen/ Staudinger, Ursula (Hrsg.): Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina: Bilder des Alters im Wandel. Historische, interkulturelle und aktuelle Perspektiven. Halle/ Saale: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH Stuttgart 2009, S.139.

14 Stefanowitsch, Anatol: Sprache und Ungleichheit. In: APuZ 16-17 (2012), S.27-33; vgl. hierzu auch: Balsliemke, Petra: Noch nicht in die Jahre gekommen...Altersdiskriminierung als Gegenstand der Sprachkritik. In: Neuland, Eva (Hrsg.): Sprache und Generationen. Mannheim/ Zurich: Duden 2012, S. 325.

15 Eig. Anm.: Der Begriff des Frames in der Linguistik, im Speziellen der Framesemantik, meint einen Wissens-oder Deutungsrahmen innerhalb dessen wir unsere Weltsicht konstituieren und unser Alltagswissen einordnen. Frames bestimmen die Art und Weise unseres Denkens und Interpretierens von Situationen, unsere mentale wie korperliche Wahrnehmung, unseren politischen Entscheidungsprozess und unser gesellschaftliches Miteinander. Sprachliche Frames bewirken in uns eine spezifische Art zu denken und lassen uns Kategorien entwerfen, in denen wir eine Vielzahl semantischer Netze hervorrufen konnen, die eben nicht der objektiven Faktenlage, sondern vielmehr unseren eigenen Emotionen, unserem bekannten Weltwissen sowie eigener Sozialisationserfahrungen entsprechen.

16 Jackel, Michael: Altere Menschen in der Werbung. In: Schorb, Bernd/ Hartung, Anja/ ReiBmann, Wolfgang (Hrsg.): Medien und hoheres Lebensalter. Theorie-Forschung-Praxis. Wiesbaden: Verlag fur Sozialwissenschaften 2009, S.131/132.

17 Vgl. siehe: Neuland, Eva: Alt und jung. Vom Wandel der Generationenbilder in der Werbung. In. Neuland, Eva (Hrsg.): Sprache der Generationen. Berlin/Bern/ Frankfurt a.M./ New York et al.: Lang 2015, S.378.

18 Fiehler, Reinhard/ Thimm, Caja: Das Alter als Gegenstand linguistischer Forschung. Eine Einfuhrung in die Thematik. In: Fiehler, Reinhard/ Thimm, Caja (1998): Sprache und Kommunikation im Alter. Opladen: Westdeutscher Verlag, S. 12.

19 Neuland, Eva: Alt und jung. Vom Wandel der Generationenbilder in der Werbung. In: Neuland, Eva (Hrsg.): Sprache der Generationen. Berlin/ Bern/ Frankfurt a.M./ New York u.a.: Lang 2015, S.372.

20 Werbung von „Darboven Idee-Kaffee“ (1978) ab Minute 2:13, auf: https://www.youtube.com/watch?v=ygIrYaLAM-M [letzter Zugriff: 31. August 2018].

21 Studien liegen hierzu von Kessler, Schwenden und Bowen (2008) sowie von Martens, Goldenberg und Greenberg (2005) vor; vgl. siehe: Kessler, Eva-Marie: Altersbilder in den Medien: Wirklichkeit oder Illusion? In: Schorb, Bernd/ Hartung, Anja/ ReiBmann, Wolfgang (Hrsg.): Medien und hoheres Lebensalter. Theorie- Forschung- Praxis. Wiesbaden: Verlag fur Sozialwissenschaften 2009, S.149/150.

22 Vgl. siehe: Jackel, Michael: Altere Menschen in der Werbung. In: Schorb, Bernd/ Hartung, Anja/ ReiBmann, Wolfgang (Hrsg.): Medien und hoheres Lebensalter. Theorie-Forschung-Praxis. Wiesbaden: Verlag fur Sozialwissenschaften 2009, S.140.

23 Z.B. Alterer Handwerker wirbt fur die Installation einer Erdgasheizung (1978) ab Minute 11:51, auf: https: //www.youtube. com/watch?v=ygIrYaLAM-M [letzter Zugriff: 31. August 2018].

24 Vgl. z.B. Kaffeewerbung: Werbefilm fur Jacobs Kroenung (2008) auf: https://www.youtube.com/watch?v=wKJHzzmP0ok&index=11&list=PL5u7cNlIaInLPUyXPKNydude6Q-Hky5BL [letzter Zugriff: 07.September 2018] oder Schokolade: Lindt Chocolatier (2009): https://www.youtube.com/watch?v=300cEiq4mOk [letzter Zugriff: 07.September 2018].

25 Werbefilm von Werther's Original (1992) auf: https://www.youtube.com/watch?v=6R0i4c5ipgI [letzter Zugriff: 07. September 2018].

26 Die Marke Kaptain Iglo greift seit 1988 beinahe konsequent auf einen groBvaterlichen Typus zuruck. 2006 referiert der Spot dann lediglich auf diese Figur, erlebt aber seit 2016 sein Revival unter einem neuen, weniger groBvaterlichen, sondern attraktiven alteren Kapitan: auf: https://www.youtube.com/watch?v=4w6AvoRjP0w [letzter Zugriff: 07. September 2017].

27 Werbefilm mit Claus Hipp (2016) auf: https://www.youtube.com/watch?v=3bRY1DbCAbw [letzter Zugriff: 08. September 2018].

28 Werbefilm mit Stefan Hipp (2018) auf: https://www.youtube.com/watch?v=PgawBQG0xs4 [letzter Zugriff: 08. September 2018].

29 Vgl. Kessler, Eva-Marie: Altersbilder in den Medien: Wirklichkeit oder Illusion? In: Schorb, Bernd/ Hartung, Anja/ ReiBmann, Wolfgang (Hrsg.): Medien und hoheres Lebensalter. Theorie- Forschung Praxis. Wiesbaden: Verlag fur Sozialwissenschaften 2009, S.150.

30 Mayer, Anne-Kathrin: Vermittelte Altersbilder und individuelle Altersstereotypen. In: Schorb, Bernd/ Hartung, Anja/ ReiBmann, Wolfgang (Hrsg.): Medien und hoheres Lebensalter. Theorie-Forschung- Praxis. Wiesbaden: Verlag fur Sozialwissenschaften 2009, S.119.

31 Ebenda.

32 siehe hierzu: Werbespot Ginkobil von Ratiopharm auf: https://www.youtube.com/watch?v=X2n5JZ72TI0 oder Werbespot Prostagutt Forte von Schwabe auf: https://www.youtube.com/watch?v=DFdkoi6Y9Zk [beide Werbefilme letzter Zugriff: 07. September 2018].

33 Mayer, Anne- Kathrin: Vermittelte Altersbilder und individuelle Altersstereotypen. In: Schorb, Bernd/ Hartung, Anja/ ReiBmann, Wolfgang (Hrsg.) Medien und hoheres Lebensalter. Theorie- Forschung- Praxis. Wiesbaden: Verlag fur Sozialwissenschaften 2009, S.119.

34 vgl. ebd. S.120.

35 Werbefilm CocaCola Zero auf: https://www.youtube.com/watch?v=DFdkoj6Y9Zk [letzter Zugriff: 07. September 2018].

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Details

Titel
Mediale Repräsentationen des Alters in der Werbung. Welche (stereotypen) Bilder zeichnen die 2000er?
Note
1,0
Autor
Jahr
2018
Seiten
41
Katalognummer
V535908
ISBN (eBook)
9783346123503
ISBN (Buch)
9783346123510
Sprache
Deutsch
Schlagworte
mediale, repräsentationen, alters, werbung, welche, bilder
Arbeit zitieren
Julia Eydt (Autor:in), 2018, Mediale Repräsentationen des Alters in der Werbung. Welche (stereotypen) Bilder zeichnen die 2000er?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/535908

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