Die Nürnberger Gesetze vom 15.9.1935


Seminararbeit, 1999

16 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung
1. Quellenkritik
1.1. Quellenbeschreibung
1.2. Innere Kritik
1.2.1. Sprachliche Aufschlüsselung
1.2.2. Sachliche Aufschlüsselung

2. Quelleninterpretation
2.1. Inhaltsangabe
2.2. Einordnung in den historischen Kontext
2.2.1. Grundzüge der Judenverfolgung vom Mittelalter
bis ins 3. Reich
2.2.2. Entstehung der „Nürnberger Gesetze“
2.2.3. Zielsetzungen der „Nürnberger Gesetze“

3. Weitere Stationen der Judenverfolgung

4. Ergebnis und Ausblick

5. Auswahlbibliographie
5.1. Quellen
5.2. Literatur

6. Anhang: Die Quelle

Einleitung

Bereits das Parteiprogramm der NSDAP vom 24. Februar 1920 hatte den Ausschluß der Juden aus dem deutschen Wirtschafts– und Kulturleben (Punkt 4,5,8) vorgesehen. Zu diesem Zweck hat der nationalsozialistische Staat insgesamt mehr als 1.500 Gesetze und Verordnungen rassistischen Inhalts erlassen, vom Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums von 1933 bis zum Gesetz „über die Strafrechtspflege gegen Polen und Juden in den eingegliederten Ostgebieten“ von 1941[1]. Das „Gesetz zum Schutz des deutschen Blutes und der deutschen Ehre“ und das „Reichsbürgergesetz“ vom 15. November 1935 bildeten den Kern der „Rassegesetze“, mit denen die jüdischen deutschen Bürger und die „Zigeuner“ ausgegrenzt wurden und gelten als Grundlage für den Beginn der systematischen Beseitigung derselben.

Warum „Nürnberger“ Gesetze?

Nach Parteitagen in München und Weimar fiel schon 1927 die Wahl der Nationalsozialisten auf Nürnberg als Versammlungsort. Neben der zentralen Lage der Stadt mit ihrer guten Verkehrsanbindung wollte man vor allem die historische Kulisse und die Reichstradition der Stadt zur Selbstdarstellung der NSDAP nutzen. Nach dem Parteitag 1929 weigerte sich zwar die Stadt, in den folgenden beiden Jahren Gebäude für die Veranstaltungen zur Verfügung zu stellen, doch schon ab 1932 wurde Nürnberg zur „Stadt der Reichsparteitage“.

1. Quellenkritik

1.1. Quellenbeschreibung

Bei den ausgewählten Quellen handelt es sich zum einen um das „Reichsbürgergesetz“ und zum anderen um das „Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre“, die beide vom Deutschen Reichstag anläßlich des 7. Reichsparteitags der NSDAP am 15. September 1935 verabschiedet wurden. Beide Quellen liegen in Form einer Kopie der Seite 1146 des Reichsgesetzblattes, Jahrgang 1935, Teil 1[2] vor.

1.2. Innere Kritik

1.2.1. Sprachliche Aufschlüsselung der Quelle

Die Texte des „Reichsbürgergesetzes“ und des „Gesetzes zum Schutz des deutschen Blutes und der deutschen Ehre“ hinterlassen in ihrem Wortlaut Zweifel an der Bedeutung des Begriffes „Jude“ in nationalsozialistischen Gesetzestexten. Ministerialrat Loesener beseitigte dieses Problem in einem Memorandum vom

1. November 1935, in dem er eine Definition des Begriffes „Jude“ schuf, so wie er von da an in den Gesetzen des 3. Reiches verwendet wurde[3]. Danach ist Jude, wer 1. von wenigstens drei jüdischen Großeltern (Voll – oder Dreivierteljuden) abstammte oder wer 2. von zwei jüdischen Großeltern (Halbjuden) abstammte und zugleich a) am 15. September 1935 der jüdischen Religionsgemeinschaft angehörte oder ihr nach diesem Datum beitrat; oder b) am 15. September 1935 mit einem Juden verheiratet war oder sich nach diesem Datum mit einem Juden verheiratete; oder c) Abkömmling einer nach Inkrafttreten des Gesetzes zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre mit einem Dreiviertel – oder Volljuden geschlossenen Ehe war; oder d) Abkömmling einer außerehelichen Beziehung mit einem Dreiviertel – oder Volljuden war und nach dem 31. Juli 1936 unehelich geboren wurde. Für die Bestimmung des Status der Großeltern galt weiterhin, daß ein Großelternteil jüdisch war, wenn er (oder sie) der jüdischen Religionsgemeinschaft angehörte[4].

Die Worte „Reinheit des deutschen Blutes“ und „deutschen oder artverwandten Blutes“ waren Begriffe aus der nationalsozialistischen Rassenkunde. Danach wurden die Menschen in Angehörige höherstehender und minderwertiger Rassen eingeteilt. Das Blut galt als Träger der Rasseneigenschaften. Als den Deutschen „artverwandt“ galten im wesentlichen die europäischen Völker ohne „artfremde Blutbeimischung“.

1.2.2. Sachliche Aufschlüsselung der Quelle

Zum Reichsbürgergesetz ergingen 13 Durchführungsverordnungen und im Rahmen des Gesetzes zahlreiche Erlässe und Bestimmungen. Bis ins einzelne und in den privaten Bereich wurden die Arbeits- und Lebensbedingungen der jüdischen Bürger eingeschränkt.

Die 1. Verordnung zum Reichsbürgergesetz enthielt eine Vorschrift, die bestimmte, daß unter gewissen Voraussetzungen Ausnahmen (Befreiungen) möglich sein sollten, allerdings nur durch Adolf Hitler persönlich. Ausnahmen von der Klassifizierung der 1. Verordnung bedeuteten, daß die Betroffenen in eine bessere Kategorie kommen oder sogar mit Deutschblütigen (Ariern) gleichgestellt werden konnten.

2. Quelleninterpretation

2.1. Inhaltsangabe

Durch das „Reichsbürgergesetz“ wurden die Bürger des Staates in die Kategorien „Reichsbürger“ und „Staatsangehöriger“ eingeteilt. „Reichsbürger“ waren danach nur „Staatsangehörige deutschen oder artverwandten Blutes“ und galt als die eindeutig höher bewertete Kategorie. Die minderbewerteten „Staatsangehörigen“ wurden nun „von der Mitwirkung am politischen Leben des deutschen Volkes ausgeschlossen“. Politische Rechte, wie das Stimmrecht oder die Wahrnehmung öffentlicher Ämter, konnten nur noch von „Reichsbürgern“ wahrgenommen werden. Das „Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre“ verbot bei Gefängnis- oder Zuchthausstrafe Eheschließungen und außerehelichen Geschlechtsverkehr zwischen Juden und „Deutschblütigen“ („Rassenschande“). Ehen, die wider diesem Gesetz geschlossen wurden, waren nicht legal, auch wenn die Trauung außerhalb Deutschlands stattfand. Diese Bestimmung wurde auch auf Eheschließungen angewendet, bei denen neben Deutschen auch Zigeuner oder Schwarze beteiligt waren. Zuwiderhandlungen wurden mit Gefängnis oder Zuchthaus bestraft. Auch war es den Juden untersagt, weibliche deutsche Hausangestellte unter 45 Jahren zu beschäftigen. Es war den Juden erlaubt, ihre Farben zu zeigen, nicht aber, die Reichsflagge zu hissen.

2.2. Einordnung in den historischen Kontext

2.2.1. Grundzüge der Judenverfolgung vom Mittelalter bis ins

3. Reich

Antisemitismus hatte es in Deutschland - wie in vielen anderen Ländern auch - lange vor Hitler gegeben. Seit Jahrhunderten waren die Juden Gegenstand kirchlicher und staatlicher Verfolgung gewesen; der von theologischen Vorurteilen geprägte Antijudaismus der Kirchen konnte auf eine lange Tradition zurückblicken. Im gesamten Mittelalter waren Judenverfolgungen in christlichen Ländern an der Tagesordnung. Während der Kreuzzüge wurden Tausende von Juden zum Opfer der ausziehenden Kämpfer. 1215 zwang sie Papst Innozenz III. sich öffentlich kenntlich zu machen. In ganz Europa grenzte man die Juden aus. In den Städten mußten sie fortan in Ghettos leben und durften sich nicht mehr frei bewegen. Im 13. und 14. Jahrhundert füllten die europäischen Könige ihre Schatzkammern mit konfisziertem jüdischen Eigentum, dessen rechtmäßige Besitzer sie vertrieben. 1290 enteignete König Edward I. von England die Juden und verwies sie des Landes. 1394 folgte Karl VI. von Frankreich seinem Beispiel. Im 14. Jahrhundert taucht im Zusammenhang mit der Pest der Vorwurf der Brunnenvergiftung auf, woraufhin abermals zahlreiche Juden sterben mußten, weil die Christen sie für die Urheber der Seuche hielten. In Spanien führten die von der Kirche ausgehenden Verfolgungen dazu, daß die Juden scharenweise konvertierten, um ihr Leben zu retten. Die Emigranten aus Westeuropa fanden im östlichen Teil des Kontinents Zuflucht. Tausende von spanischen Juden flohen in die europäische Türkei, wo zu der Zeit eine Politik der islamischen Toleranz herrschte. Im 16. Jahrhundert befand sich die größte jüdische Gemeinde Europas in Konstantinopel. Die meisten Juden, die in England, Frankreich, Deutschland und der Schweiz verfolgt wurden, ließen sich in Polen und Russland nieder. Um 1648 betrug ihre Zahl in Polen über 500 000, die innerhalb des Königreiches ihre Autonomie bewahrten. Zwischen 1648 und 1658 kam es zu Verfolgungen in der Ukraine anläßlich des Kosakenaufstandes.

[...]


[1] Gudrun Schwarz: Die nationalsozialistischen Lager. Campus Verlag, 1991

[2] Eschwege, Helmut (Hrsg.): „Kennzeichen J – Bilder, Dokumente, Berichte. Berlin (Ost) 1981, S. 79f.

3 Ebenda, S. 83ff.

[4] Hilberg, Raul: Die Vernichtung der europ. Juden, Bd.1. Frankfurt a. M. 1994, S.76

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Details

Titel
Die Nürnberger Gesetze vom 15.9.1935
Hochschule
Universität Rostock  (Historisches Institut)
Note
2,3
Autor
Jahr
1999
Seiten
16
Katalognummer
V53257
ISBN (eBook)
9783638487610
ISBN (Buch)
9783638840798
Dateigröße
481 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Es handelt sich formal um eine allgemeine Arbeit zur Entstehung und Bedeutung der "Nürnberger Gesetze". Weiterhin werden die ausgewählten Quellen (das 'Reichsbürgergesetz' und das 'Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre', die beide vom Deutschen Reichstag anläßlich des 7. Reichsparteitags der NSDAP am 15. September 1935 verabschiedet wurden)im historischen Kontext untersucht und interpretiert.
Schlagworte
Nürnberger, Gesetze
Arbeit zitieren
Andy Schalm (Autor:in), 1999, Die Nürnberger Gesetze vom 15.9.1935, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/53257

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