Exegese aus dem Mainzer Reichsfrieden von 1235


Hausarbeit, 2000

23 Seiten, Note: 9


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

A. Einleitung
I. Die historische Situation des Rechts
II. Gottesfrieden- und Landfriedensbewegung
III. Der Mainzer Reichslandfrieden von 1235
IV. Kaiser Friedrich II. von Hohenstaufen

B. Exegese
I. Formale Auslegung
1. Die Sprache des Mainzer Reichslandfriedens von 1235
2. Aufbau und Inhalt der Quelle
II. Inhaltliche Auslegung
1. Die Situation des Rechts Anfang des 13. Jahrhunderts
2. Der rechtliche Charakter des Mainzer Landrechtsfriedens
3. Das Verfassungsrecht im Mainzer Landrechtsfrieden
a. Die Situation des Verfassungsrechts
b. Die Gesetzgebungsgewalt des Königtums
c. Das Privileg der Gerichtsbarkeit / Die Gerichtsverfassung
d. Das königliche Hofgericht
e. Der Reichshofrichter
4. Das Verfahrensrecht
5. Das Strafrecht/ Strafprozeßrecht im MLF
a. Die Fehde
b. Die Einschränkung der Fehde
c. Die Fehdeerlaubnis bei Notwehr

C. Die Entwicklung bis zur Gegenwart
I. Der Mainzer Landrechtsfrieden
II.Vom Reichshofsgericht zum Bundesverfassungsgericht
III. Die Fehde
IV. Der zuständige, gesetzliche Richter
V. Die Notwehr

Literaturverzeichnis:

A. Einleitung

Bei der vorliegenden Quelle handelt es sich um einen Auszug aus der Präambel und den Kapiteln 4 ,5 ,6 und 28 des Mainzer Reichsfriedens Kaiser Friedrichs II. von 1235 aus der Übersetzung des lateinischen Textes Arno Buschmanns, Kaiser und Reich: Verfassungsgeschichte des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation von Beginn des 12. Jahrhunderts bis zum Jahre 1806 in Dokumenten, Teil I, 2. Auflage, Baden-Baden 1994, S. 80 ff.

Der Mainzer Reichsfrieden war ein Reichsgesetz, also selbst geltendes Recht und ist somit eine unmittelbare Quelle

( siehe Z. 8).

I. Die historische Situation des Rechts

Der Anfang des 13. Jahrhunderts war gekennzeichnet durch die Reichs- und Rechtszersplitterung, die sich u. a. in dem Bestehen vieler Land- und Stadtrechte äußerte.[1]

Seit Ende des 12. Jahrhunderts ging man in starken Maße dazu über, das bisher mündlich überlieferte Gewohnheitsrecht aufzuschreiben, was die Entstehung von Rechtsbüchern, wie dem Sachsenspiegel ( um1220) , zeigt.[2]

Die Ursache für die fehlende Ordnung im Reich war die Schwäche des Staates, der unfähig war, die Ordnung im Reich aufrecht zu erhalten und den Rechtsfrieden zu wahren.[3] Außerdem ging die „Heiligkeit“ des Rechts verloren und es fehlten Kräfte, die das Gebot der Rechtsordnung erzwungen hätten.[4]

Die Fehde hatte zu einer großen Rechtsunsicherheit geführt, die man durch Land- und Gottesfrieden zu bekämpfen versuchte.[5]

Gerade ein allgemeines Strafrecht fehlte in im Mittelalter.[6]

II. Gottesfrieden- und Landfriedensbewegung

Im 10.Jahrhundert ging eine Reformbewegung französischer Mönche von Cluny aus, die das Ziel hatte, den Frieden mit Hilfe des christlichen Glaubens wiederherzustellen und zu erhalten, der durch Fehde und Verbrechen gefährdet worden war.[7]

Der Gottesfrieden bildete die Grundlage für die Entwicklung des im 11. Jahrhundert entstehenden mittelalterlichen Landfrieden.[8] Während die Kirche Träger des Gottesfrieden war, wurde die Errichtung eines Landfrieden durch den König befohlen.[9] Die Aufgaben bestanden vor allem in der Friedenswahrung, d. h. der Herstellung des inneren Friedens und Friedensordnung, insbesondere der Bekämpfung der Fehde.[10]

Durch den Schutz spezieller Personengruppen, z. B. Geistlichen, Kaufleuten und Frauen, und bestimmter Orte, z. B. Kirchen, sowie das Verbot der Fehde zu bestimmten Zeiten wurde die Möglichkeiten der Fehdeführung immer mehr eingeschränkt.[11]

Bei dem Bruch des Friedens drohten dem Fehdebrecher schwere kirchliche Strafen im Gottesfrieden ( z. B. Exkommunikation oder Verweigerung der Sakramente ) und weltliche Strafen, d. h. Leibes- und Lebensstrafen, im Landfrieden[12]

Die Ersetzung der alten Geldbußen durch peinliche Strafen ist eine der Hauptbedeutungen der Landfrieden für die Geschichte des Strafrechts und des Strafprozeßrechts.[13]

Durch das wieder erstarkende Königstum wurden z.B. 1103 der Reichslandfriede zu Mainz oder 1158 der Landfriede von Roncalia erlassen.[14]

Abgeschlossen wurde die Landfriedensbewegung schließlich durch den „Ewigen“ Landfrieden Kaiser Maximilians I. von 1495.[15]

III. Der Mainzer Reichslandfrieden von 1235

Dem Mainzer Reichslandfrieden ging eine Zeit des Unfriedens, innerer Spannungen und politischer Differenzen voraus.[16]

Dieses Reichsgesetz von 1235 stellt den wichtigsten Beitrag in der Entwicklung der hochmittelalterlichen Reichsverfassung dar, weil in ihm Reichsgesetze kodifiziert wurden, die von „reichsgrund-gesetzlicher“ Bedeutung waren.[17]

Gerade diese Leistung auf dem Gebiet der Verfassung und des Verfassungsrecht des Hl. Römischen Reiches war von besonderer Bedeutung, denn sie war eine der wenigen Maßnahmen dieser Zeit, die dauerhaft Wirkung behielten.[18]

Als Vorbild sind die sizilianischen Konstitutionen von Melfi anzusehen, auch wenn der Mainzer Landrechtsfrieden weder die vielen geltenden Rechtsbräuche vereinheitlichte, noch das adlige Fehderecht beseitigte.[19] Anlaß für den auf dem Reichstag in Mainz beschlossenen Reichslandfrieden ( siehe Zeile 7-8 „ ... auf...Reichstag zu Mainz ... Gesetzen verkünden lassen ...“) war insbesondere die Bekämpfung der ausufernden Fehde .[20] Die Fürstenprivilegien wurden nicht rückgängig gemacht, aber die der Reichsgewalt noch erhalten gebliebenen Hoheitsrechte über Gericht, Zoll, Geleitrecht und Münzprägung wurden durch strenge Strafen gegen Entfremdung und vor allem Mißbrauch geschützt.[21]

Außerdem wurde eine Regalienordnung aufgestellt, die dem Mißbrauch dieser verliehenen Reichsrechte vorbeugen sollte.[22]

Das rationale, setzbare Recht im Mainzer Reichslandfrieden wurde durch die Herrschaftsgewalt des Kaisers garantiert.[23]

Dieser Landfrieden bot die Möglichkeit der Straffung der Reichsgewalt zu Lasten der Fürsten, wenngleich seine Umsetzung schwierig war , weshalb in späterer Zeit wiederholt der Versuch der Erneuerung unternommen wurde.[24]

Der Mainzer Reichslandfrieden war im ganzen 13. Jahrhundert von großer Wirkung und wird als 1. schriftlich fixiertes Grundgesetz in der deutschen Verfassungsgeschichte angesehen.[25] Durch seine Fassung sowohl in lateinischer, als auch in deutscher Sprache markiert er den Anfang der Reichsgesetzgebung in deutscher Sprache.[26]

IV. Kaiser Friedrich II. von Hohenstaufen

Kaiser Friedrich II.( 1212- 1250) war der Autor des Mainzer Landrechtsfriedens.[27] Er hatte bereits in Sizilien die Konstitutionen erlassen, die die 1. Kodifikationen von Staats- und Verwaltungs-recht im Mittelalter seit Kaiser Justinian waren.[28] Er war im Frühjahr 1235 nach Deutschland gekommen, um den Aufstand, den sein eigener Sohn König Heinrich VI. gegen ihn angezettelt hatte, zu beenden.[29] Nach der Niederschlagung des Aufstandes berief er den Reichstag zu Mainz ein, um die verfassungsmäßige Ordnung im Reich wiederherzustellen und einem zukünftigen Aufruhr vorzubeugen.[30]

Den Mainzer Landrechtsfrieden, das bedeutendste Kaisergesetz, schuf Friedrich II. auf dem Höhepunkt der königlichen und kaiserlichen Macht ( siehe Zeile 2 „ in Unseren glücklichen Zeiten ...“).[31] Adressaten dieses Reichsgesetzes waren alle Bewohner im Reich ( siehe Z. 8-9 „ jedermann befohlen haben zu befolgen“), insbesondere jedoch die Reichsfürsten und Personen, denen er die Gerichtsbarkeit übertragen hatte ( siehe Z. 12).

B. Exegese

I. Formale Auslegung

1. Die Sprache des Mainzer Reichslandfriedens von 1235

Nach der Rechtssprache des Mittelalters wurde der Mainzer Reichslandfrieden in Latein abgefaßt.[32] Allerdings existiert auch eine deutsche Übersetzung, welche der Verkündung diente und in mittelhochdeutsch verfasst ist.[33] Die Frage, ob der Mainzer Reichslandfrieden ursprünglich in Latein oder Deutsch verfasst worden ist, ist in der Literatur bis heute strittig, zumal beide nur in Abschriften existieren .[34]

Im Text sind Einflüsse der Frührezeption zu erkennen, so wird der subjektive Strafausschließungsgrund der Notwehr objektiv formuliert ( siehe Z. 20-21) und z. B. abstrahiert ( siehe Z. 25 „ ... Personen und Sachen ...“ oder siehe Z. 16 ...niemand... “), denn die Gesetzessprache und die Gesetzestechnik des alten römischen Rechts waren den Möglichkeiten der deutschen Sprache, was exakte Formulierungen betrifft, weit überlegen und .[35]

Auch erinnern Rhetorik und Terminologie, sowie Aufbau und Stil ( siehe z. B. Z. 1 „ ... Uns anvertrautes Gemeinwesen ...“, o. Z. 12 „... Unsere Huld...“) besonders an die spätrömische Kaisergesetz-gebung, zumal das Reichsgesetz auch in Kapitel eingeteilt ist.[36]

[...]


[1] Eisenhardt, U., Dt. RG., S. 57

[2] Eisenhardt, U., Dt. RG., S. 51

[3] Hattenhauer, H., Gottes- und Landfried., S. 88

[4] Hattenhauer, H., Gottes- und Landfried., S. 95

[5] Eisenhardt, U., Dt. RG., S. 56

[6] Sellert, W., Ges. d. dt. Strafrechtspflege, S. 95

[7] Sellert, W., Ges. d. dt. Strafrechtspflege, S. 91

[8] Schmidt, E., Dt. Strafrechtspflege, S. 38

[9] Mitteis, H., Dt. RG. (1992), S.16

[10] Mitteis, H., Dt. RG. (1992), S.16

[11] Schmidt, E., Dt. Strafrechtspflege, S. 39

[12] Sellert, W., Ges. d. dt. Strafrechtspflege, S. 91

[13] His, R., Strafrecht d. dt. Mittelalters, S.14

[14] Sellert, W., Ges. d. dt. Strafrechtspflege, S. 91

[15] Schmidt, E., Dt. Strafrechtspflege, S. 39

[16] Buschmann, A.,FS. für G. K. Schmelzeisen, S. 36

[17] Mitteis, H., Dt. RG. (1992), S. 16

[18] Mitteis, H., Dt. RG. (1992), S. 13

[19] Gebhardt. B., HB Dt. Ges., S. 366

[20] Schmidt, E., Dt. Strafrechtspflege, S. 39

[21] Gebhardt. B., HB Dt. Ges., S. 366

[22] Buschmann, A., in: JuS Heft 6 ( 1991), S. 455-456

[23] Hattenhauer, H., Gottes- und Landfried., S. 244

[24] Gebhardt, B., HB. Dt. RG., S. 366-367

[25] Eisenhardt, U., Dt. RG., S. 56

[26] Buschmann, A., in: JuS Heft 6 ( 1991), S. 453

[27] Willoweit, D., Dt. Verfassungsgeschichte, S. S. 63

[28] Hattenhauer, H., Gottes- und Landfried., S. 245

[29] Buschmann, A., in: JuS Heft 6 ( 1991), S. 453

[30] Buschmann, A., in: JuS Heft 6 ( 1991), S. 453-454

[31] Mitteis, H., Dt. RG. (1992), S. 13

[32] Baethgen, F., Dt. Kaiserges., S. 293

[33] Mitteis, H., Rechtsidee, S. 394

[34] Buschmann, A., in: JuS Heft 6 ( 1991), S. 453-454

[35] Hattenhauer, H., Gottes- und Landfried., S. 226-227

[36] Buschmann, A., in: JuS Heft 6 ( 1991), S. 454

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Exegese aus dem Mainzer Reichsfrieden von 1235
Hochschule
Georg-August-Universität Göttingen  (Juristische Fakultät; Lehrstuhl Prof. Dr. Sellert)
Veranstaltung
Arbeitsgemeinschaft/ Grundlagenschein
Note
9
Autor
Jahr
2000
Seiten
23
Katalognummer
V5301
ISBN (eBook)
9783638132329
Dateigröße
536 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Der Mainzer Reichsfrieden - königliches Gesetz oder Vereinbarung des Königs mit den Reichsfürsten, das war hier die Frage. Gottes- und Landfrieden gut erkannt, alte Gewohnheiten zu wenig. 146 KB
Schlagworte
Fehde
Arbeit zitieren
André Fünfeich (Autor:in), 2000, Exegese aus dem Mainzer Reichsfrieden von 1235, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/5301

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