Hans Christian Andersen, Die Schneekönigin - Auf der Spurensuche nach dem Schrecken des Eises und der Finsternis


Seminararbeit, 2004

12 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

1. Vorwort

2. Scherbenuntersuchung

3. Flockenuntersuchung

4. Fazit

5. Literaturverzeichnis

Vorwort

Hans Christian Andersen schuf mit dem Märchen „Die Schneekönigin“ ein Werk, dass die Bedrohung des Kalten und Unerforschten bereits im Titel trägt. Beim genaueren Untersuchen des Kunstmärchens, erkennt man jedoch schon bald, dass die eigentliche Bedrohung nicht der Schnee oder das Eis, sondern der Mensch selbst darstellt.

Ich möchte mich in dieser Hausarbeit auf die Spurensuche nach dem eigentlichen Bösen begeben und aufzeigen, dass die personifizierte Herzenskälte in Form der Schneekönigin oder auch die Herzenskälte der Menschen an sich, die Grundlage dieses Märchens sind.

Die Untersuchung möglicher Parallelen zwischen dem mysteriösen Spiegel und dem Schnee sowie der Schneekönigin selbst, wird diese Hypothese unterstützen.

Scherbenuntersuchung

Das Märchen Die Schneekönigin umfasst insgesamt sieben Kapitel. Das erste Kapitel handelt von einem Spiegel der von Teufelshand geschaffen wurde. Er besitzt die Eigenschaft alles Gute und Schöne verblassen und alles Schlechte prägnanter hervortreten zu lassen, als es eigentlich ist. „Die schönsten Landschaften sahen in dem Spiegel aus wie gekochter Spinat, und die besten Menschen wurden ekelhaft und standen auf dem Kopfe ohne Bauch. Die Gesichter wurden so verzerrt, dass sie nicht zu erkennen waren [...].“[1]

Den Teufel amüsierte das so sehr, dass er den Spiegel den Kobolden zutrug und diese bald darauf den Entschluss fassten, mit dem Spiegel in den Himmel zu fliegen, um Gottes wahres Gesicht sehen zu können. Den Grundstein für dieses Vorhaben, legte eine besondere Eigenschaft des Spiegels. „Ging [nämlich] ein guter, frommer Gedanke durch einen Menschen, dann gab der Spiegel ein Grinsen wieder [...].“[2] Je höher die Kobolde mit dem Spiegel flogen, und je näher sie den guten und frommen Engeln sowie Gott kamen, umso stärker erbebte dieser unter einem schrecklichen Grinsen. Da Gott unter den gläubigen Menschen als besonders gut und fromm gilt, zerbrach der Spiegel in „hundert Millionen, Billionen und noch mehr Stücke“[3]. Diese reflektierenden Teilchen rieselten wie kleine Eiskristalle auf die Erde herab.

Dieser Umstand verlieh dem einstigen Spiegel mehr Macht als zuvor. Wer die kleinen Stücke ins Auge bekam, hatte nur Augen für die negativen Aspekte einer Sache oder eines Menschen. „Einige Menschen bekamen sogar eine kleine Spiegelscheibe ins Herz, und dann war es ganz grässlich, das Herz ward gleichsam zu einem Klumpen Eis.“[4]

Allein die Tatsache, dass der Spiegel weit über den Wolken zerbricht, in unzählbar viele Stücke zerspringt und auf die Erde herabrieselt wie kleine reflektierende Eiskristalle, unterstützt die Vermutung der Parallele zum Schnee. Schnee ist das einzige anorganische Element der Natur, das die Eigenschaft besitzt auf die Erde herabzufliegen und dabei etwas – in diesem Falle Licht – in seinem Urzustand zu reflektieren. Während Regentropfen das Licht zuerst brechen, um es dann zu reflektieren, trifft das Licht bei Schnee direkt auf die Oberfläche der Flocken und wird in seinem Erstzustand reflektiert. Die Reflektion des Urzustandes unterstützt die aufgestellte Behauptung, dass die Scherben des Spiegels den Flocken des Schnees, oder gar dem Eis sehr ähnlich sind.

Gefestigt wird die Hypothese über den Zusammenhang zwischen dem Spiegel und dem Schnee, bzw. dem Eis, durch die Beschreibung des königlichen Eispalastes. So heißt es: „Mitten drinnen in dem leeren, unendlichen Schneesaal lag ein gefrorener See, der war in tausend Stücke zersprungen, aber jedes Stück war genau wie das andere, es war ein förmliches Kunststück; und mitten auf diesem See saß die Schneekönigin, wenn sie zu Hause war, und dann sagte sie, daß sie im Spiegel des Verstandes sitze, und das sei das einzige und das Beste auf dieser Welt.“[5] Die Tatsache, dass der See ebenso wie der Spiegel zersprungen ist, verdeutlicht einen Zusammenhang zwischen beiden. Das Adjektiv zersprungen untermalt diesen, da ein Spiegel in seine Einzelteile zerspringt, wenn man ihn beispielsweise fallen lässt, während ein See vielmehr taut. Das Adjektiv scheint bewusst gewählt worden zu sein, um diesen Kontext hervorzurufen.

Der Fakt, dass die Schneekönigin den See als „Spiegel des Verstandes“[6] bezeichnet erhärtet den Verdacht der Kongruenz.

Während der Teufel sowie die Kobolde davon ausgehen, dass der Spiegel das Wunder geschehen lässt, dass „man sehen [könne], wie die Welt und die Menschen wirklich aussähen“[7], sitzt die Schneekönigin auf dem See „im Spiegel des Verstandes“ und bezeichnet diesen als „das einzige und beste auf dieser Welt“[8].

Die Kobolde sowie der Teufel stellen fest, dass der Spiegel die Wirklichkeit und somit ebenfalls den Urzustand des menschlichen Seins, Verhaltens und Aussehens reflektiert. So, wie der Schnee das Licht in seinem Erstzustand wieder spiegelt.

[...]


[1] Andersen, Hans Christian: S. 8 f.

[2] Andersen, Hans Christian: S. 10

[3] Andersen, Hans Christian: S. 13

[4] Andersen, Hans Christian: S. 13

[5] Andersen, Hans Christian: S. 95

[6] Andersen, Hans Christian: S. 95

[7] Andersen, Hans Christian: S. 10

[8] Andersen, Hans Christian: S. 95

Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Hans Christian Andersen, Die Schneekönigin - Auf der Spurensuche nach dem Schrecken des Eises und der Finsternis
Hochschule
Universität Erfurt  (Philosophisches Institut/ Literaturwissenschaften)
Veranstaltung
Polarfahrten
Note
1,7
Autor
Jahr
2004
Seiten
12
Katalognummer
V52983
ISBN (eBook)
9783638485500
ISBN (Buch)
9783656786849
Dateigröße
488 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Hans, Christian, Andersen, Schneekönigin, Spurensuche, Schrecken, Eises, Finsternis, Polarfahrten
Arbeit zitieren
Andrea Staub (Autor:in), 2004, Hans Christian Andersen, Die Schneekönigin - Auf der Spurensuche nach dem Schrecken des Eises und der Finsternis, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/52983

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