Der Unterhauswahlkampf in Großbritannien 1983


Hausarbeit, 2005

20 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Die politisch-zeitgeschichtliche Ausgangsposition 1983

2. Die Parteien und ihre Spitzenkandidaten 1983
2.1 Die Conservative Party unter Margaret Thatcher
2.2 Die Labour Party unter Michael Foot
2.3 The Alliance (Liberal Party/SDP) unter David Steel und Roy Jenkins

3. Die Wahlkampfstrategien der Parteien
3.1 Allgemeines
3.2 Der Wahlkampf der Conservative Party
3.3 Der Wahlkampf der Labour Party
3.4 Der Wahlkampf des Bündnisses aus Liberal Party/SDP

4. Das Wahlergebnis und der Erfolg der Wahlkampfstrategien

5. Literaturverzeichnis

6. Eidesstattliche Versicherung

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Handzettel der Conservative Party

Abbildung 2: Beispiele für Anzeigenwerbung der Labour Party

Abbildung 3: Wahlergebnis der Unterhauswahl 1983

1. Die politisch-zeitgeschichtliche Ausgangsposition 1983

Betrachtet man Wahlkämpfe in Großbritannien, so ist immer auch zu berücksichtigen, dass sie im Vergleich zu anderen Ländern von extrem kurzer Dauer sind. So vergingen im Zeitraum von 1918 bis 1979 zwischen der Bekanntgabe der Unterhauswahlen und der eigentlichen Wahl mit einer Ausnahme nur jeweils 21 Tage (vgl. Butler 1986, 4-5). Am 8. Mai 1983 gab Premierministerin Margaret Thatcher ihre Entscheidung zu Neuwahlen bekannt, bereits fünf Tage später – am 13. Mai – wurde das Parlament aufgelöst und am 9. Juni folgten die Unterhauswahlen (vgl. Butler 1986, 5). Margaret Thatcher amtierte zu diesem Zeitpunkt bereits seit vier Jahren als Premierministerin an der Spitze einer konservativen Regierung. 1979 hatte die Conservative Party mit einem Vorsprung von 70 Stimmen vor der Labour Party einen deutlichen Wahlsieg errungen und so nach fünf Jahren unter einer Labour-Regierung wieder einen Regierungswechsel herbeigeführt (vgl. BBC 2005 [c]). Die ersten drei Jahre von Thatchers Amtszeit waren jedoch nicht besonders erfolgreich. Ihre Popularität in der britischen Bevölkerung war äußerst niedrig (vgl. BBC 2005 [e]). Erst der Sieg des Vereinigten Königreichs über Argentinien im Falkland-Krieg im April 1982 sorgte für eine deutliche Verbesserung ihres Ansehens (vgl. BBC 2005 [e]). Der schnelle und entschlossene Erfolg war ein persönlicher Bonus für die Premierministerin und verbesserte ihre Popularität dramatisch. Auch die wirtschaftliche Situation des Landes schien sich zumindest teilweise zu verbessern. Gute Umfragewerte sowie richtungsweisende Ergebnisse bei kürzlich erfolgten lokalen Wahlen waren ebenso entscheidend dafür, dass sich Margaret Thatcher bereits ein Jahr vor Ablauf der Legislaturperiode zu Neuwahlen entschloss (vgl. BBC 2005 [e]). Ein Übriges tat die Presse, die im Zeitraum vor den Neuwahlen eher die Position der Conservative Party vertrat und die Politik Thatchers favorisierte (vgl. Harrop 1986, 142).

Während Thatchers Regierung mit zunehmender Amtszeit immer mehr Erfolge verbuchen konnte, stellte sich die Ausgangslage für die Oppositionsparteien 1983 komplett anders dar. Michael Foot war seit 1980 Parteiführer der Labour Party und ersetzte den früheren Premierminister James Callaghan (vgl. BBC 2005 [e]). Foots Übernahme der Parteiführung sorgte in einer sowieso schon unruhigen Partei für weitere Unruhe, indem er für relativ linke Positionen einstand (vgl. BBC 2005 [a]). Roy Jenkins, ein ehemaliger Minister der Labour Party, trat daraufhin mit einigen Anhängern aus der Labour Party aus und gründete 1981 die Social Democratic Party (SDP). Für die anstehenden Unterhauswahlen ging die SDP mit der drittstärksten politischen Kraft – der Liberal Party unter Parteiführer David Steel – eine Allianz („The Alliance“) ein. In der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg bedeutete diese Fusion erstmals eine ernsthafte Alternative für die Wähler, die zuvor stets nur die Wahl zwischen Labour und Conservative hatten, lässt man die relativ unbedeutenden regionalen Parteien unberücksichtigt.

Zu berücksichtigen ist ferner die Tatsache, dass im Vereinigten Königreich nach dem relativen Mehrheitswahlrecht gewählt wird, welches in erster Linie dazu dient, den Wählerwillen in eine regierungsfähige Mehrheit umzusetzen (vgl. Sturm 1999, 236). Praktisch bedeutet dies, dass jeweils der Kandidat gewählt ist, der in seinem Wahlkreis die meisten Stimmen erzielt hat. Alle anderen Stimmen fallen bei der Zusammensetzung des Parlaments nicht ins Gewicht. Auf diese Weise kann es durchaus vorkommen, dass Parteien zwar ähnlich viele Stimmenanteile verzeichnen können, ihre Fraktionsstärke im Parlament jedoch immens voneinander abweicht. Parteien, die zwar eine breite Unterstützung in der Bevölkerung besitzen, aber über wenige Hochburgen verfügen, sind auf diese Weise klar benachteiligt (vgl. Sturm 1999, 237). Schließlich bleibt zu erwähnen, dass sich im Lauf der Geschichte ein klassisches Zwei-Parteien-System herausgebildet hat, in dem Koalitionen außer in Krisenzeiten wie z.B. Kriegen faktisch keine Rolle spielen (vgl. Alemann 1973, 48). Schon der frühere Premierminister Benjamin Disraeli wies 1852 auf diese Eigenart hin: „England does not love coalitions.“ (zitiert nach Alemann 1973, 32).

Wie sich herausstellte, wurde der Wahlkampf 1983 von wesentlich mehr Menschen wahrgenommen als jemals zuvor. Vor allem die Fernsehberichterstattung war dafür verantwortlich (vgl. Butler 1986, 4). Auch die Umfrageforschung im Hinblick auf Themen- und Methodenwahl sollte immer bedeutender für die Parteien werden, ebenso nahm der Einsatz von Wahlwerbemitteln rapide zu.

1983 war demnach in vielerlei Hinsicht ein spannendes Jahr: Für Margaret Thatcher kam es darauf an, ihren historischen Sieg von 1979 zu behaupten und den Stimmenanteil der Conservative Party zu vergrößern. Für Michael Foot und seine Labour Party stellte sich die Frage, ob man die vier Jahre zuvor verlorene Macht würde zurückerobern können. Die neuformierte Alliance ließ es darauf ankommen, das Rennen um den zweiten Platz zu gewinnen. Neben den politischen Zielen der Parteien waren es nicht zuletzt diese Rahmenbedingungen und die Wahlkampfstrategien der Parteien, welche für einen interessanten Wahlkampf sorgten – wenngleich schon recht früh an den Umfragewerten abzulesen war, dass man es wohl kaum mit einem Kopf-an-Kopf-Rennen zu tun bekommen würde: die Conservative Party führte zwischenzeitlich mit 18 Prozent in den Umfragen (vgl. BBC 2005 [e]) vor den anderen Parteien. Um so lohnender scheint daher ein Blick auf die politischen Ziele und die Kandidatenkonstellation der Parteien.

2. Die Parteien und ihre Spitzenkandidaten 1983

2.1 Die Conservative Party unter Margaret Thatcher

Als amtierende Premierministerin, die nach einem schwierigen Beginn immer mehr an Popularität gewann, sah sich Margaret Thatcher vor den Unterhauswahlen 1983 in einer starken Position, die nicht ernsthaft durch die oppositionellen Herausforderer der Labour Party sowie der Alliance (Liberal/SDP) gefährdet schien. Der erst kürzlich erfolgreich beendete Falkland-Krieg gegen Argentinien lieferte für die Conservative Party bereits ein erstes wichtiges und dankbares Wahlkampfthema: die Verteidigung. Weitere bedeutende Themen im Wahlkampf waren Arbeitslosigkeit, Wirtschaft und Sozialstaat (vgl. Parkinson 1986, 61). Das Wahlmanifest der Conservative Party unter dem Titel „Forward – the Challenge of Our Times“ war nicht auf einen kurzfristigen Effekt ausgerichtet, sondern beinhaltete tendenziell langfristige politische Ziele (vgl. Burch 1986, 70). Die Conservative Party bezog eindeutige Positionen in mehreren Bereichen: Man betonte die Wichtigkeit der Mitgliedschaft in der Europäischen Gemeinschaft (EG), von unabhängigen atomaren Abschreckungsmitteln, Gewerkschaftsreformen, der Fortsetzung von Privatisierungs-maßnahmen, der langfristigen Senkung von Steuern sowie den Kampf gegen die zunehmende Inflation (vgl. BBC 2005 [e]).

Margaret Thatcher befand sich zu diesem Zeitpunkt an der Spitze einer Partei, der es so gut ging wie selten nach dem Zweiten Weltkrieg. Dies hatte sicher auch mit persönlichen Erfolgen zu tun, die geschwächte Situation der Oppositionsparteien darf dabei aber nicht vergessen werden. Während die Labour Party mit internen Querelen zu kämpfen hatte, befand sich die neu gegründete Alliance noch in der Findungsphase. Ebenso muss berücksichtigt werden, dass die Conservative Party einen gewissen Planungsvorsprung gegenüber den anderen Parteien hatte, was die Wahlkampfstrategie betraf.[1]

2.2 Die Labour Party unter Michael Foot

Zeitgleich mit dem steigenden Ansehen der konservativen Regierung nahm die Bedeutung der Labour Party als ernstzunehmende Herausforderin rapide ab. Interne Streitigkeiten und die Neugründung der Social Democratic Party durch ehemalige Mitglieder der Labour Party schwächten die zweitstärkste Partei im Unterhaus enorm. Das Wahlmanifest mit dem Titel „New Hope for Britain“ wurde nicht umsonst später als „längster Abschiedsbrief der Geschichte“ („longest suicide note in history“) bezeichnet (vgl. BBC 2005 [e]). Das Manifest beinhaltete einen 12-Punkte-Plan, der klare und ebenso umstrittene Positionen beschrieb, darunter ein Rückzug aus der Europäischen Gemeinschaft, die Abschaffung des Oberhauses (House of Lords), die Absetzung des atomaren Verteidigungsprogramms und die Entfernung von Langstreckenraketen aus Großbritannien. Schon hier wurde deutlich, dass es sich zum großen Teil um vollständig gegensätzliche Positionen zum Wahlmanifest der Conservative Party handelte. Viel wichtiger für die schwache Ausgangsposition der Labour Party mögen jedoch parteiinterne Querelen gewesen sein: 1980 hatte der langjährige Abgeordnete Michael Foot den früheren Premierminister James Callaghan als Parteiführer der Labour Party abgelöst (vgl. BBC 2005 [e]). Foot war innerhalb der Partei ein Vertreter des linken Flügels und so kam es infolgedessen zu einem Linksruck innerhalb der Partei. Nicht nur das öffentliche Bekanntwerden von Uneinigkeit über die politische Linie zwischen Callaghan und Foot sorgte wiederholt für Unruhe, besonders der Austritt einiger führender Parteimitglieder tat ein Übriges. Allen voran Roy Jenkins, der mit einigen Gleichgesinnten 1981 die Social Democratic Party gründete (vgl. BBC 2005 [e]). Für die Labour Party bedeutete dies erhöhte Konkurrenz bei den bevorstehenden Unterhauswahlen. Festhalten lässt sich also, dass sich die Labour Party sowohl, was das Parteiprogramm als auch die Parteiführung betraf, in einer recht schwachen Position befand.

2.3 The Alliance (Liberal Party/SDP) unter David Steel und Roy Jenkins

Erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg stand mit der Alliance, bestehend aus der Liberal Party unter der Führung von David Steel sowie der neu gegründeten Social Democratic Party (SDP) unter der Führung von Roy Jenkins, eine ernstzunehmende dritte Kraft zur Wahl. Hier schien die Ausgangslage besonders spannend zu sein, ging es doch augenscheinlich um den Kampf um den zweiten Platz hinter der Conservative Party. Das Wahlmanifest der Alliance mit dem Titel „Working Together for Britain“ beschäftigte sich vor allem mit einer proportionalen Sitzverteilung im Parlament, die den tatsächlich abgegebenen Stimmen gerechter werden würde, mit Abrüstung sowie mit Dezentralisationsmaßnahmen für Schottland und Wales (vgl. BBC 2005 [e]). Dennoch stellte sich die Lage für die neue Partei schwierig dar, musste man 1983 doch den Sprung ins Bewusstsein der Wähler schaffen und ihr Interesse wecken, wenn man tatsächlich den zweiten Platz hinter der Conservative Party erreichen wollte. Dennoch blieb das Parteiprogramm relativ undeutlich und ließ viel Spielraum für eigene Interpretationen. Gerade in den zentralen Punkten (Wirtschaft, Arbeitslosigkeit) war die politische Position von Alliance nicht ersichtlich (vgl. Parkinson 1986, 62). Auch die Doppelspitze mit David Steel und Roy Jenkins sorgte in der Realität für Schwierigkeiten, da eine Entscheidung zugunsten eines Spitzenkandidaten getroffen werden mussten. Man einigte sich dabei auf Roy Jenkins, wobei jedoch David Steel ähnlich intensiv präsentiert wurde.

[...]


[1] Der Wahltermin wird in Großbritannien durch den/die Premierminister/in festgelegt und wird insofern meist in einem Zeitraum liegen, der tendenziell günstiger für die Regierungs- als für die Oppositionspartei/en ist.

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Details

Titel
Der Unterhauswahlkampf in Großbritannien 1983
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz  (Institut für Publizistik)
Veranstaltung
Übung
Note
1,3
Autor
Jahr
2005
Seiten
20
Katalognummer
V52548
ISBN (eBook)
9783638482295
ISBN (Buch)
9783638748742
Dateigröße
631 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Unterhauswahlkampf, Großbritannien, Wahlkampf, Wahlkampfkommunikation
Arbeit zitieren
Johannes Neufeld (Autor:in), 2005, Der Unterhauswahlkampf in Großbritannien 1983, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/52548

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