Die fingierte Mündlichkeit. "Der Brenner und der Liebe Gott". Eine Übersetzungsanalyse


Hausarbeit (Hauptseminar), 2018

30 Seiten, Note: 30 cum laude


Leseprobe


Gliederung

1. Einleitung

2. Das Buch
2.1 Der Roman und seine Erneuerungen

3. Ausgangstext

4. Zieltext

5. Ausgangs- und Zieltextanalyse
5.1 Phonologische Ebene
5.2 Morphologische Ebene
5.3 Lexikalische Ebene
5.4 Syntaktische Ebene
5.5 Semantische und Stilistische Ebene

6. Schlussfolgerungen

7. Literaturverzeichnis
7.1 Primärliteratur
7.2 Sekundärliteratur
7.3 Internetquellen
7.4 Wörterbücher

1. Einleitung

Seit einiger Zeit steht das Spannungsverhältnis zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit im sprachwissenschaftlichen Bereich sowie in zunehmend übersetzungsbezogenen Studien im Vordergrund. Dabei belegen die Erfindung der Massenkommunikation, des Internets und auf die anschließende Verbreitung immer neuer Kommunikationsformen wie E-Mail, SMS und Chat zweifellos eine ausschlaggebende Rolle. Schwitalla und Tittula zufolge (2009) seien diese neuen Kommunikationsmittel für das „Fallen“ der konventionellen Grenzen zwischen dem Gesprochenen und dem Geschriebenen zuständig und hätten zu einer Intensivierung der Verschränkung dieser zwei Dimensionen beigetragen. Daraus ergibt sich eine immer stärkere Aufwertung der gesprochenen Sprache, die sich heutzutage fast in allen Lebensbereichen abzeichnet und zu erheblichen Veränderungen auch in den traditionellen Kommunikationsformen führt.

Einer von diesen Bereichen stellt der literarische Bereich dar, in dem sich immer mehr Autoren mit der gesprochenen Sprache beschäftigen. Groesch (1985) spricht dabei von „Fingierte Mündlichkeit“:

[…] Jenes Mischungsverhältnis von mimetischen und literarisch-stilisierenden Tendenzen […], das im Einzelfall bei der Fingierung von Mündlichkeit begegnet. (Zitiert von Nicklaus, 2015:2)1.

Im Besonderen bezeichnet der Begriff den dosierten und stilbezogenen Rückgriff in literarischen Texten auf Merkmale, die auf die gesprochensprachliche Dimension beschränkt und daher in der Schriftsprache nicht vorkommend sind. Um die Atmosphäre einer typisch mündlichen Kommunikation zu kreieren, muss der Autor für eine besonders geschickte Sortierung markierter Elemente2 und ihre Distribution im Text sorgen. Denn es handelt sich bei den literarischen Texten um medial und konzeptionell schriftliche, d.h. „an eine geradezu typische Distanz-Situation gebundene“ Äußerungsformen (Nicklaus, 2015:3).

Einer der Autoren, die heutzutage am besten diese neue Tendenz vertreten, ist der Österreicher Wolf Haas. Bei seiner Brenner-Reihe spielt die Sprache eine sehr entscheidende Rolle und wird sogar zum Protagonisten des ganzen Werkes. Der Autor selbst hat bei einem Interview mit „Die Welt“ erklärt:

[…] Ich bin überhaupt beim Schreiben am meisten fasziniert von der Musikalität der Sprache. Ich finde Bücher ganz langweilig, in denen es nur um den Inhalt geht. Ich mag Bücher, wo man das Gefühl hat, die Geschichte wird erzeugt durch den Sprachmotor[…] (Kümmel& Rückert, Die Zeit 03/04/2015)

Daraus ergibt sich, dass der sprachlichen Gestaltung der Romanen einen höheren Stellenwert als dem Plot selbst zugeschrieben wird. Es handelt sich um eine völlig einzigartige Schreibweise, die laut den Kritikern als „Nähesprache“ bezeichnet wird (um den Begriff von Koch und Oesterreicher aufzugreifen), wobei man mit „Nähe“ hauptsächlich auf das Einsetzten von umgangssprachlichen Elementen (Reduziertheit, dialogische Struktur, grammatikalische und syntaktische Fehler) und Vorfahren des typisch mündlichen Erzählens (die wir erst im Folgenden tiefgehender aufgreifen werden) verweisen will3. In einem Interview mit „die Zeit“ hat Haas behauptet:

Es ist mehr das Geredete, das mich interessiert. Die Sprache einer Region, wo viel Dialekt gesprochen wird. Es wird ganz anders geredet als geschrieben. Auch hier in Zürich. Alle Leute reden Hochdeutsch mit mir und wenn dann wer Dritter dabei ist, dann wechseln sie ins Schweizerdeutsche. Und dann sind's völlig andere Personen. Augenblicklich andere Charaktere. Der Gesichtsausdruck, die Emotionen, alles wird sofort total anders (Rothenfluh, Watson.ch 2/11/2014)

Der alltägliche Sprachgebrauch trägt somit zum Erzielen einer stärkeren Spontaneität bei. Hauptziel des Autors besteht nämlich darin, eine familiäre und vertraute Atmosphäre zu bilden, in der die Distanz zwischen dem Erzähler und den in der Geschichte verwickelten Figuren sowie dem Leser verringert werden kann. Liest man einige Zeilen seiner Werke, erhält man sofort den Eindruck, an einem Gespräch mit anderen Leuten teilzunehmen oder eigentlich eine Erzählung anzuhören, die normalerweise die gleiche Struktur einer Gedankenfolge aufweisen (König, 2015). Man hat hier mit einer „ Materialisierung “(Stringl, FAZ 25/09/2009) der Sprache zu tun.

Anhand dieses einleitenden Überblicks über den Stil des Autors, wird im Folgenden eine meist praktische Behandlung des Themas fokussiert. Die vorliegende Arbeit setzt sich nämlich mit der sprachlichen Analyse einiger Seiten von „Der Brenner und der liebe Gott“ auseinander. Unter Anlehnung an die von Sara König und Sigrid Nindl durchgeführten Studien zielt die folgende Analyse darauf ab, die typischsten umgangssprachlichen Merkmale von Haas‘ Schreibestil in Betracht zu ziehen und zu zeigen, wie sich Haas dieser Sprachmittel bedient, um die oben aufgezählten literarischen Effekte zu erzielen. Untersucht wird hier aber auch, was passiert, wenn man diese Sprachmittel in eine andere Sprache übersetzt und ob man die Textstimmung in der Übersetzung beibehalten kann.

Die Arbeit beginnt mit einem theoretischen Abschnitt, der der allgemeinen Beschreibung der sprachlichen sowie handlungsbezogenen Eigenschaften und Erneuerungen dient und anhand einiger bedeutsamer Rezensionen verfasst worden ist.

Des Weiteren wird dem Eingangstext zu Vergleichszwecken ein Ausgangstext mit meinem eigenen Übersetzungsvorschlag gegenüber gestellt. Dieser Vergleich soll hauptsächlich auf die mehreren Probleme hinweisen, die bei der Übersetzung solcher sprachwissenschaftlich markierten Elemente entstehen können, und auf welche Übersetzungsstrategien zurückgegriffen werden soll, um die variationsbezogenen Besonderheiten des Ausgangstext beibehalten zu können. Nach der Analyse beider Texte und der Erklärung ihrer Besonderheiten werden die Rückschlüsse gezogen, in denen eine mögliche Bewertung der übersetzungsbedingten Schwierigkeiten die Arbeit beendet.

2. Das Buch

Der in der vorliegenden Arbeit analysierte Ausschnitt wurde dem 5. Kapitel des Buchs „Der Brenner und der liebe Gott“ entnommen, das die ganze 1997 mit „Auferstehung der Toten“ begonnene Brenner-Krimi-Reihe beschließt. Ursprünglich hatte der Autor keine wirkliche Absicht, die Reihe fortzusetzen, denn sie war schon durch den Roman „Das ewige Leben“ (2006) abgeschlossen worden. In diesem Roman wurde nämlich die Hauptfigur, der Detektiv Brenner, erschossen, was keinen Zweifel an den Verzicht auf eine Fortsetzung zuließ. Einige Ereignisse, die ausgerechnet in Wien passiert sind (ein Protest gegen eine Abtreibungsklinik und ein gescheitertes Projekt für die Verbauung des Wiener Praters, die im Buch zu wichtigen Bestandteilen der Geschichte geworden sind) haben ihm aber den Anstoß zu einer von den anderen abweichenden neuen Roman gegeben. Die Veröffentlichung des Romans 2009 war dann eine wirkliche Überraschung, die der Geschichte selbst sowie auch noch den sprachlichen und erzählerischen Kunstgriffen zu verdanken ist.

[…] Nun ist Wolf Haas nicht nur ein großer Erzähler, Satiriker und Sprachkünstler, sondern auch ein genauer Plot-Bastler […]. Der Haas zaubert uns glatt weg aus einer Realität der Plattitüden. Aber wie! Organisierte Klischeeflucht. Literarische Klischees sind sprachlich erstarrte stereotypisierte Erfahrungen […].Wolf Haas nun gibt dem halbtoten Klischee seine literarische Alltagstauglichkeit sprich Lebenskraft zurück. (Gohlis, Die Zeit 3/09/2009)

2.1 Der Roman und seine Erneuerungen

Im Gegensatz zu den vorhergehenden Werken weist dieser letzte Roman viele Neuerungen auf, die nicht nur die Hauptfigur und den Plot, sondern auch den Erzählstil betreffen. Der erste Unterschied liegt in der Einbettung des Romans, denn die Geschichte spielt nicht nur in der üblichen österreichischen Gegend, sondern in einer weiteren Umgebung, die sich von Kitzbühel bis hin zu München erstreckt. Das hat auch einen besonderen Einfluss auf die lexikalische Ebene, bei der viele Wörter zum süddeutschen und österreichischen Repertoire gehören, also diatopisch markiert sind.

Mit der Umgebung ist auch die Hauptfigur des Detektivs Brenner eng verbunden, der diesmal eine ganz andere Rolle im Roman spielt. Deswegen nennt ihn der Autor „Der Herr Simon“, mit dem der frühere „der Brenner“ verdrängt wird. Er ist kein Polizei- Detektiv mehr und arbeitet gerade als Fahrer bei einer sehr wohlhabenden Familie, deren Tochter er von Wien nach München und zurück begleiten soll (Strigl, 2009). Herr Kressdorf ist nämlich ein Bauunternehmer und arbeitet in München an einem wichtigen Projekt. Seine Frau ist die Chefin einer Abtreibungsklinik in Kitzbühel. Auch sein Charakter (früher meist wortkarg und mürrisch) hat sich vielleicht wegen der von ihm genommenen Tabletten verändert: jetzt ist er etwas gelassener, „die Ruhe in Person“ (Haas, 2009:7)4. Trotz der Unterschiede von der alten Beschäftigung, ist Brenner mit der neuen sehr zufrieden, bis er der Entführung des Mädchens verdächtigt und entlassen wird. Er versucht dann, allein die Wahrheit ausfindig zu machen und macht sich auf der Suche nach den möglichen Entführern, was zum Auftauchen des dem Roman zugrunde liegenden komplexen Geflechts von Ereignissen führt. Während der Nachforschungen kommen andere sieben Leute ums Leben bis entdeckt wird, dass die Abtreibungsgegner des Vereins „Proleben“ eine Rolle in der Entführung gespielt haben, sowie auch in einem Bestechungsfall, mit dem sich im Laufe der Geschichte Herr Simon beschäftigt. Sein Detektiv-Instinkt kommt dann nochmal ans Licht, indem er sich als eine Art Leitfaden mit den anderen Büchern durchsetzt.

Der regelrechte Leitfaden mit den anderen Büchern stellt aber die Sprache dar, die auch in diesem Fall „die eigentliche Heldin“ (Strigl, FAZ 25/09/2009) des Romans ist. Wie schon in der Einleitung erwähnt, ist die Sprache in Haas‘ Romanen fast wichtiger als die Handlung selbst, die aber nicht ganz in den Hintergrund gestellt wird. In einer Rezension auf der „Salzburger Nachrichten“ wird geschrieben:

Der Dings ist halt einfach ein Glücksfall: Wolf Haas bestätigt mit dem neuen Brenner-Roman, dass die Sprache die Geschichte schreibt. (Flieher, SN 27/08/2009)

Auch hier wie schon früher greift Haas auf eine nähesprachliche Kunst varietät zurück, die auf eine reine Nachahmung der gesprochenen Sprache hinzielt. Das bringt die Verwendung von einigen ganz spezifischen Vorfahren mit sich, die alle sprachlichen Ebenen umfassen und im Gesprochenen zu treffen sind: Abbrüchen, Linksherausstellungen, Umschweifen, grammatischen und syntaktischen Fehlern (Übereinstimmungen, Anakoluthen, Verbauslassungen), Wiederholungen, Topikalisierungen, freistehende Nebensätze und Nebensätze mit Verbzweitstellung, sowie dem Einsatz umgangssprachlicher und österreichischer Wörter usw. (König, 2015; Nindl, 2010).

Zieht man die Merkmale der Haas‘ Schreibweise in Betracht, muss man sich aber auch auf die Erzählerstimme konzentrieren. Denn die Originalität des Autors ist dem engen Zusammenspiel von Sprache und Ich-Erzähler zu verdanken, das Haas‘ Werke wie eine Art „Fingerabdruck“ kennzeichnet. In den anderen Büchern hatte Haas einen allwissenden namenlosen Erzähler kreiert, der alles von der Geschichte wusste und kommentierte und den Leser in den verschiedenen Situationen begleitete (Gauss, NZZ 21/10/2009). In „Der Brenner und der liebe Gott“ ist der Erzähler weiterhin ein auktorialer Erzähler, aber noch subjektiver und stärker präsent. Nicht selten sind nämlich die Elemente, durch die er in die Geschichte eingreift und dem Leser seine Sicht aufdrängt (Sauer, 2009). Am typischsten sind die Abschweife („Jetzt weil ich gerade sage“), die direkte Ansprache des fiktiven Gegenübers („Jetzt pass auf“, „ob du es glaubt oder nicht“), die Richtigstellung („In Wirklichkeit“) und der Vorgriff („Im Nachhinein hat es geheißen“). Hiermit will der Erzähler den Leser schnell in die Handlung einsteigen lassen, seine Aufmerksamkeit wach halten und ihn in eine Art Gespräch unter Bekannten miteinbeziehen (König, 2015). Gauss(2009) unterstreicht aber, dass die stärkere Präsenz von Abbrüchen und syntaktischen Vorfahren, die zur Diskontinuität im Satz beitragen, den Erzähler selbst beschränkt, der alles weiß aber nicht alles verrät und gehobener und eloquenter im Ausdruck ist.

Der stärkste Bruch mit den anderen Büchern erfolgt allerdings durch die Verwendung eines neuen Einstiegsatzes. Der übliche „Jetzt ist schon wieder was passiert“ der anderen Romane wird diesmal durch „Meine Mutter hat immer zu mir gesagt, wenn du einmal stirbst, muss man das Maul extra erschlagen“ ersetzt, was eine besondere und symbolische Bedeutung in sich birgt (Strigl, 2009; Nüchtern, 2009). Mit derartigem Anfang will nämlich Haas darauf hinweisen, dass in der letzten Szene von „das ewige Leben“ nicht den Brenner selbst gestorben war, sondern der Erzähler, welcher jetzt (im theologischen Sinne) nur als reine Stimme („das Maul“) weiterlebt. So Haas in einer Interview:

[…]der Erzähler ist sowieso kein richtiger Mensch, sondern mehr so eine Sprechmaschine. Er hat etwas Geisterhaftes, wodurch der Brenner selbst etwas Irreales bekommt (Rothenfluh, 2/11/2014).

Der Satz gilt dann als Anschlusspunkt zum Ende des vorigen Romans und rechtfertigt die Entstehung des neuen (Gauss, 2009).

3. Ausgangstext

“Jetzt hat sie es aufgegeben”, hat einer von den zwei Shopsäufern gesagt. Also der Magere, weil der Fette ist ja mit dem Rücken zu Herrn Simon gestanden, aber er hat so einen Bauch gehabt, dass er mit dem Rücken am Nachbartisch gestreift ist. Und da siehst du schon, wie schlecht es dem Chauffeur jetzt gegangen ist. Dass ihm nicht aufgefallen ist, dass sein Handy schon seit zehn Minuten vollkommen ruhig war. Du musst wissen, nachdem er den Kressdorf beim dritten Versuch immer noch nicht erreicht hat, hat er es wieder aufgegeben. Und ich habe ihn ja im Verdacht, dass er es sowieso nur probiert hat, weil er vom Handyverbot gewusst hat, wo es ein Riesenzufall gewesen wäre, wenn der Kressdorf sich gemeldet hätte. Abgedreht hat der Herr Simon sein Handy nach den vergeblichen Versuchen aber auch nicht, sondern schön im schmerzhaften Mittelbereich geblieben, ohne Lösung und ohne Schönung, sprich enervierendes Castle made of sand . Aber wie es dann auf einmal aufgehört hat, war es ihm nicht verdächtig. Es tut mir selber weh, wenn ich daran denke, dass sein Hirn jetzt langsamer war als das von den Shopsäufern, denen es vor ihm aufgefallen ist.

„Meine telefoniert auch den ganzen Tag“, hat der Magere laut verkündet, damit es auch der Tankwart hört, der gerade einen Stapel Tiefkühlpizza Napoli in das Kühlregal eingeräumt hat. “Ich weiß nicht, was das ist bei den Frauen“.

Den kurzen Blick vom Tankwart hat der Herr Simon genutzt und ihm mit seinem leeren Becher gedeutet. Und der Tankwart hat genickt, quasi: Ich räum nur noch schnell die Pizzaschachten ein, damit sie nicht auftauen, und dann bring ich dir gleich noch einen Espresso.

„Dass die den ganzen Tag die Pappalatur offen haben müssen“, hat der Magere gesagt.

Te te te te te te te !“, hat der Bierbauch mit einer hohen Stimme gemacht und dazu sein linkes Patschhändchen wie einen Vogelschnabel bewegt, quasi Schnattergans.

„Da hilft manchmal nur Nichtabheben“, hat der Magere gesagt. “Oder, Milan ?“

Te te te te te te te !“, hat der Bierbauch gemacht, ich weiß auch nicht, warum die Bierbauchmänner immer so eine hohe Stimme haben, angeblich die weiblichen Hormone im Hupfen, und dann kriegst du einen Busen und eine hohe Stimme als Mann, aber da wäre jetzt einmal interessant, ob das auch für alkoholfreies Bier gilt.

Der Milan hat im Vorbeigehen gesagt: „Deine Frau telefoniert immer mit ihrem Freund. Jugo-Liebhaber!“

Der Magere hat gelacht, weil er hat eh keine Frau gehabt, jetzt war die Bemerkung keine richtige Beleidigung, sondern sogar sehr nett vom Milan gemeint, der sonst oft dem Mageren gar keine Antwort gegeben hat, weil im Lauf des Tages wirst du als Tankwart müde im Hirn von deinen Schopsäufern.

Te te te te te te te !“, haben die Wurstfinger vom Bauchredner wieder gemacht. Da waren es bestimmt schon fünfzehn Minuten, seit der Jimi Hendrix zum letzten Mal gesungen hat, und der Herr Simon hat sich immer noch nichts dabei gedacht. Wie der Milan mit dem Espresso gekommen ist, hat der Brenner ihn gefragt: „ Und die Frau, wie heißt die ?“

„Wie heißt deine Frau?“, hat der Milan die Frage grinsend an den Mageren weitergegeben.

„Angelina Jolie.“ Der Magere hat dabei so seriös dreingeschaut, als hätte er gerade bei der Notaufnahme im Krankenhaus den Namen seiner Frau bekannt gegeben.

„Heidi Klump“, hat der Fette seine Frau auch gleich vorgestellt.

Aber dem Herrn Simon war nicht zum Lachen. „Die Frau auf dem Überwachungsvideo“, hat er den Milan gedrängt. „Die Rothaarige, die jeden Tag einkaufen kommt.”

Keine Ahnung. Sie wohnt gleich da drüben. Ich sehe sie immer in das Haus hineingehen. Aber wie die heißt, keine Ahnung. Sie kommt oft zweimal am Tag und kauft –„

Was die kauft, das hat der Herr Simon nicht mehr gehört. Aber das kann man ihm nicht zum Vorwurf machen, weil es ja von dem gewaltigen Schrei übertönt worden und von dem lauten Scheppern, mit dem das CD-Regal und die Feuerzeugbox, und das Taschenlampen-Sonder-angebot und der Glücklose- Automat und die Schlüsselanhänger auf den Boden geknallt sind.

Nicht überhören hätte er vorher sollen, dass sein Handy verstummt ist, seit er am Shop klo war. Das Shop klo picobello sauber, da gibt es gar nichts, aber pass auf, der Herr Simon hat das Handy draußen am Stehtisch liegen gelassen, und wie er aus dem Shop klo zurückgekommen ist, hat der sich nichts dabei gedacht, dass es nicht mehr klingelt.

Phonologische Ebene

Morphologische Ebene

Lexikalische Ebene

Syntaktische Ebene

Semantische und stilistische Ebene

4. Zieltext

„E poi ha ceduto”, ha detto uno die due ubriaconi. Cioè quello magro, perché il grassone stava di spalle al Signor Simon e c’aveva una pancia così grossa che sfiorava il tavolo accanto con la schiena. E già qui puoi vedere com’è andata male all’autista. Che non si era accorto che il suo telefono era totalmente inattivo da dieci minuti. Devi sapere che, dopo che non è riuscito a chiamare Kressdorf nemmeno al terzo tentativo, ci ha rinunciato di nuovo. Sospetto di lui, che comunque lui ci abbia solo provato, perché sapeva del divieto di usare il cellulare, dove, era proprio un’enorme coincidenza, se Kressdorf si faceva sentire. Ma dopo i vani tentativi il signor Simon non aveva manco spento il telefono, anzi era sempre allo stesso penoso punto, senza una soluzione e senza riguardo, e la snervante “Castle made of sand5 ”. Ma quando poi ha smesso all’improvviso, non si è insospettito. Ma fa male anche a me, se penso che in quel momento il suo cervello andava più lento di quello degli ubriaconi che lo avevano notato prima di lui.

[...]


1 Die Definition von Goetsch beruht auf das von Koch und Oesterreicher vorgeschlagene Mündlichkeit- und Schriftlichkeitsmodell (1900).

2 Hier werden die vier Varietäten der Einzelsprache, und zwar diatopisch, diaphasisch, diastratisch und diamesisch, gemeint.

3 Bei Haas‘ Stil handelt es sich tatsächlich um eine ausformulierte Kunstsprache, die aus einer Mischung von Mündlichkeit, Schriftlichkeit und Österreichisch entstehet (Nindl, 2010)

4 Die Wörter sind dem Buch: „Der Brenner und der liebe Gott“ entnommen. Der Ausdruck bezieht sich im Roman auf die Erzählerstimme aber enthält auch klare Andeutungen an die Veränderung von Brenner (Nüchtern, 2009)

5 Das Lied ist der Klingelton des Handys von Simon Brenner.

Ende der Leseprobe aus 30 Seiten

Details

Titel
Die fingierte Mündlichkeit. "Der Brenner und der Liebe Gott". Eine Übersetzungsanalyse
Hochschule
Università degli Studi di Torino
Note
30 cum laude
Autor
Jahr
2018
Seiten
30
Katalognummer
V520441
ISBN (eBook)
9783346120465
ISBN (Buch)
9783346120472
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Wolf Haas, literatur, Komparatistik, Übersetzung, Fingierte Mündlichkeit, Mündlichkeit, Schriftlichkeit, Dimensionen der Sprache, Sprachvarietäten, gesprochene und geschriebene Sprache
Arbeit zitieren
Vera Calia (Autor:in), 2018, Die fingierte Mündlichkeit. "Der Brenner und der Liebe Gott". Eine Übersetzungsanalyse, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/520441

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