Das Motiv der Ehe bei Olympe de Gouges


Essay, 2019

12 Seiten, Note: 1.7


Leseprobe


Einleitung

„Freiheit- Gleichheit- Brüderlichkeit“ hieß das Motto der Französischen Revolution. Doch genauso wie man heute unter Brüderlichkeit lediglich die freundschaftliche Beziehung zwischen Männern versteht, waren auch damals die Frauen unter diesem Motto ausgeschlossen. Der Kontinent Europa war zu jener Zeit, im 18. Jahrhundert in viele feudalistische Staaten und Länder zerteilt.1 Die französische Bevölkerung war sehr unzufrieden. Das Volk, der dritte Stand, litt unter hohen Steuern, einem verschuldeten Staat, Hunger, während die anderen zwei Stände Adel und Klerus, sowie der König ein wohlhabendes Leben führten. Die französische Revolution von 1798 hatte zum Ziel Menschenrechte und Demokratiekonzepte in Gang zu setzen. Zu dieser Zeit lebte die Rechtsphilosophin und Revolutionärin Olympe de Gouges (1748- 1793). Geboren als Marie Gouze, wuchs sie in Montauban, Frankreich, in bescheidenen Verhältnissen auf. Nach dem Tod ihres Mannes, zu dessen Ehe sie mit 17 Jahren gezwungen wurde, lebte sie in Paris als Olympe de Gouges weiter. Dort schrieb sie Theaterstücke, Romane, Streitschriften, offene Briefe, sowie Plakate für ihre feministische Überzeugung. Berühmt machte sie ihr Werk „Die Rechte der Frau und Bürgerin“ , welches sie als Protest gegen die Menschenrechtserklärung der französischen Revolutionäre verfasste, in welcher die gewünschten Menschenrechte ausschließlich für den männlichen Teil der Bevölkerung vorgesehen war. De Gouges wurde 1793 in Paris durch die Guillotine hingerichtet, mit der Begründung einen „Anschlag auf die Souveränität“ geplant zu haben, sowie einen Bürgerkrieg geschürt zu haben.2 Ausgehend von dem damaligen Rollenverständnis der Frau und der auch damit verbundenen Rolle als Ehegattin entwarf die Frauenrechtlerin Olympe de Gouges ein revolutionäres, neues Verständnis von Ehe und der Persönlichkeit der Frau. Dieses zu erörtern ist meine Aufgabe und so entwickelte sich für mich folgende Fragestellung: „Welche Forderungen stellt Olympe de Gouges an die damals vorherrschende Institution der Ehe?“ Um diese Fragestellung zu beantworten, werde ich zuerst auf das Rollenbild der Frau, sowie die Beschaffenheit der Ehe in Frankreich im 18. Jahrhundert eingehen. Anschließend möchte ich die darauf bezogenen Forderungen und Konzepte der Frauenrechtlerin herausarbeiten, um darauffolgend kritisch ihre Ideen zu beurteilen. Als Fazit möchte ich ihre Thesen zusammenfassen und dabei neu entworfene Fragestellungen aufzeigen, welche mich beim Schreiben des Essays beschäftigt haben.

Das Verständnis der Frau zu Zeit der Französischen Revolution

Schon Jean-Jaques Rousseau (1712-1778), einer der bedeutendsten Vertreter der Aufklärung, war der Ansicht, dass der Wirkungsbereich der Frauen sich auf Haus und Familie beschränken sollte. Auf seine Position stützend wollte keine der revolutionären Gruppen Frauen mit einbeziehen. Es sei unnatürlich, dass eine Frau sich anmaße mit ihrem Manne auf einer Stufe zu stehen. Da es lediglich darum ging Mädchen auf ihre zukünftige Dreifachrolle als Ehefrau, Mutter und Haushälterin vorzubereiten, bestand, in Gegensatz zu den Jungen, für sie keine Schulpflicht. Jedoch ging das Prinzip der Dreifachrolle lediglich in den bürgerlichen Familien auf, da der ärmere Teil der Bevölkerung es sich schlichtweg nicht leisten konnte, die Frauen zu Hause zu lassen, weshalb viele von ihnen für Woll- und Baumwollspinnereien tätig waren, die vor allem in Nordfrankreich einen wesentlichen Wirtschaftszweig darstellten. Für die Manufakturen stellte es ein äußerst lukratives Angebot da, da Frauen grundsätzlich niedrigere Löhne ausgezahlt bekamen.3

„Eine Frau musste nur schön oder liebenswert sein; besaß sie diese beiden Vorteile, lag ihr bald ein Vermögen zu Füßen. Nutzte sie diese Vorteile nicht, hatte sie einen sonderbaren Charakter oder eine ungewöhnliche Weltanschauung, die sie zur Verachtung von Reichtümern führte; in diesem Fall wurde sie nur noch als Trotzkopf betrachtet.“4

Wie hier deutlich wird, sprach man den Frauen eigene Ideen, Meinungen völlig ab. So äußerte sich der Abgeordnete Amar ein jakobinischer Antifeminist:

„[…] den Frauen fehlt es an allen Eigenschaften und Fähigkeiten, die zur Gesetzgebung und Leitung der öffentlichen Angelegenheiten nötig sind.“ „Jedes Geschlecht ruft nach der ihm eigenen Art von Beschäftigung […] Der Mann ist stark, robust, mit einer großen Energie, mit Kühnheit und Mut geboren. […] so ist auch er allein zu tiefgehenden und ernsten Meditationen fähig, die eine große Anstrengung des Geistes und lange Studien voraussetzen.“5

Interessanterweise ist hier erneut zu sehen, dass sich Amar ebenfalls auf die natürliche Beschaffenheit des weiblichen Geschlechts bezieht. Zwar spricht er nur den Männern all die positiven Attribute wie Mut und Kühnheit zu, jedoch gibt auch er zu, dass die rationalen Handlungen der Männer „lange Studien“, Schulbildung, voraussetzen, wozu Mädchen gar nicht erst zugelassen wurden, ihnen demnach von Anfang an, die Möglichkeit zu „ernsten Meditationen“ verwehrt wurde. Ihm nach sollen Frauen allein ihre Pflicht darin sehen dem Vaterland zu dienen, indem sie ihren Männern die Rücken freihalten, sich also um Haus und Kinder kümmern. Um diesem Anspruch weiterhin aufrecht zu erhalten, wurden unter anderem Clubs und Vereine von Frauen ab Oktober 1793 verboten. Auch in der Ehe erging es den Frauen nicht ersichtlich besser. Ihr ganzes Leben war von einer männlichen Vormundschaft bestimmt. Selbst die Zustimmung zur Eheschließung musste letztendlich der Vater geben. Die Ehe verstand sich als eine Verbindung, in der der Mann als Versorger galt und die Frau ihm Gehorsam leistet. Die Kinder, die aus der Verbindung hervorgegangen sind, stehen unter der väterlichen Gewalt. Starben die Eltern, so wurden die weiblichen Nachkommen von der Erbschaft fast immer ausgeschlossen. Das vorherrschende System des Patriacharts ermöglichte nur den Männern berufliche Aufstiegsmöglichkeiten. Beging die Frau Ehebruch, so erwarten sie schwere Strafen. Entschied sich jedoch der Mann dazu, seine Gattin zu betrügen, so wurde dies mit einer kleinen Geldstrafe abgetan. Wollte er seine Frau und Kinder verlassen, so hatte er keine beachtlichen Konsequenzen zu fürchten, hingegen die Verlassenen häufig mit großer Ausgrenzung und Armut zu kämpfen hatten.6 Die junge Pariserin ließ diese Ungerechtigkeit nicht los und so veröffentlichte sie unter anderem in ihrem Werk „Die Rechte der Frau und Bürgerin“ von 1791 ihre Vorstellungen einer gerechteren Gesellschaft.

Olympe de Gouges´ Forderungen

Im Anbetracht der Tatsache, dass die Frauen der damaligen Zeit lediglich auf ihre Funktion als Mutter, Hausfrau und Ehegattin reduziert wurden, gab es immer wieder Frauen, die diesem Bild nicht entsprachen und auch nicht entsprechen wollten. So schrieb Olympe de Gouges in einem Brief an Jean-Baptiste Poncet-Delpech vom 21. Mai 1789:

„Sie wissen es, Monsieur, Politik und Philosophie gehören nicht zu den Fächern, deren Bearbeitung den Frauen ansteht. Nun, ich habe mir Mühe gegeben, in dem einen wie den anderen erfolgreich zu sein.“

In ihrem Werk erkennt sie:

„Ist er verheiratet, verliert jede andere Verpflichtung ihre Rechte. Welche Gesetze müssen somit geschaffen werden, um das Laster mitsamt seiner Wurzel auszurotten? Gesetze zur Aufteilung des Vermögens zwischen Männern und Frauen sowie solche zur öffentlichen Verwaltung.“

Gleichzeitig räumt sie auch ein, dass Männer unter der Ehe leiden, denn „Die verheiratete Frau kann ihren Mann ungestraft uneheliche Kinder gebären und jenen ein Vermögen schenken, das ihnen nicht zusteht.“ Jedoch betont sie auch hier, dass unverheiratete Frauen kaum eine Möglichkeit haben ihren Kindern einen Anspruch auf die Mittel ihres Vaters zu gewähren. Aus dieser Beschaffenheit der Ehe, wie sie in Frankreich zu jener Zeit gängig war und nur sehr selten aus tiefster gegenseitiger Zuneigung bestand, folgerte sie schließlich: „Die Ehe ist das Grab des Vertrauens und der Liebe.“7 Um das Grab zu überwinden, schlägt sie vor, einen Sozialvertrag herauszuarbeiten, statt die patriarchale Institution Ehe weiter zu führen. Dieser Vertrag soll zwischen freien, gleichen Frauen und Männern gelten. Sie hält es für absurd eine Institution fortzuführen, welche die Willkür des einen und die Unterdrückung des anderen legalisiert. Doch zu aller erst sollen verlassene Frauen vor Armut und der damit verbundenen Prostitution beschützt werden. Dies soll vor allem damit erreicht werden, dass den Arbeiterinnen nicht länger ihr Lohn weggenommen wird. Außerdem sollen den Männern ebenfalls Pflichten gegenüber seiner Ehefrau und seinen Kindern auferlegt werden, um ihnen wenigstens das Existenzminimum zu gewährleisten. Darüber hinaus soll Frauen Anspruch auf ihre Mitgift verliehen werden.8

„Wir […] wollen unser Vermögen gemeinschaftlich zusammenlegen, behalten uns jedoch das Recht vor, es zugunsten unserer Kinder und solcher, die wir aus einer gesonderten Beziehung haben könnten, zu teilen, da wir gegenseitig anerkennen, dass unsere Habe unmittelbar unseren Kindern zukommt, […]und dass sie alle ohne Unterschied das Recht haben, den Namen der Väter und Mütter zu tragen, die sie als solche anerkannt haben. Ferner verpflichten wir uns, dem Gesetz zuzustimmen, das das Verleugnen seines eigenen Blutes bestraft. Ebenso verpflichten wir uns, im Fall einer Trennung unser Vermögen zu teilen und den gesetzlich vorgesehenen Anteil für unsere Kinder abzuziehen.“9

[...]


1 vgl. Christadler (1990) S. 20 f.

2 vgl. Schröder (1995), Klappentext.

3 Christadler (1990) S. 40 f.

4 vgl. De Gouges (2018) S.34.

5 vgl. Christadler (1990) S. 31 f.

6 vgl. Christadler (1990) S. 144 f.

7 vgl. Gouges (2018) S. 35 f.

8 vgl. Schröder(1995), S. 146 f.

9 vgl. Gouges (2018), S. 38 f.

Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Das Motiv der Ehe bei Olympe de Gouges
Hochschule
Technische Universität Dresden
Note
1.7
Autor
Jahr
2019
Seiten
12
Katalognummer
V520020
ISBN (eBook)
9783346119223
ISBN (Buch)
9783346119230
Sprache
Deutsch
Schlagworte
motiv, olympe, gouges
Arbeit zitieren
Anna Keyn (Autor:in), 2019, Das Motiv der Ehe bei Olympe de Gouges, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/520020

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