Gewinnt der Markt im Finanzsystem an Bedeutung? - Veränderung des Refinanzierungsverhaltens der japanischen Nichtfinanzunternehmen seit Beginn der 90er Jahre


Seminararbeit, 2005

16 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Makroökonomische Entwicklungen
1.1 Die „bubble economy“
1.2 Das platzen der „Blase“

2. Veränderungen im Finanzierungssaldo japanischer Nichtfinanzunternehmen

3. Veränderung im Finanzierungsverhalten japanischer Nichtfinanzunternehmen
3.1 Zunehmende Bedeutung der Kapitalmärkte
3.2 Finanzierungsverhalten im Handel sowie in der verarbeitenden und nicht- verarbeitenden Industrie

4. Analyse der „Financial Statements Statistics of Corporation“ nach Industriezweig und Unternehmensgröße
4.1 Entwicklungen der Unternehmensinvestitionen
4.2 Finanzierungsstrukturen japanischer Nichtfinanzunternehmen

5. Wirtschaftliche Erholung und steigende Unternehmensinvestitionen

1. Makroökonomische Entwicklungen

Um die Veränderungen im Refinanzierungsverhalten der japanischen Nichtfinanzunternehmen zu Beginn der 90’er Jahre besser nachvollziehen zu können, möchte ich vorab auf wichtige, für diese Thematik relevante makroökonomische Entwicklungen eingehen.

1.1 Die „bubble economy“

Die japanische Wirtschaftentwicklung in den Jahren von 1985 bis 1990 wird allgemein als die „bubble economy“ bezeichnet. In dieser Zeitperiode kam es zu einem steilen Anstieg der Aktien- und Grundstückspreise Mitte der 80’er Jahre (Verdreifachung des Aktienindex zwischen 1985 und 1990) und zu einem starken Einbruch dieser Preise zu Beginn der 90’er Jahre[1].

Als Gründe für diese Entwicklung kann folgendes angeführt werden:

Zum einen gab es einen konjunkturellen Aufschwung Mitte der 80’er Jahre, der durch die Senkung des langfristigen Zinsniveaus wesentlich unterstützt wurde. Dieser erlaubte es dem Staat sein Staatsdefizit von ca. 4% des BIP im Jahr 1983 in einen Überschuss von ca. 3 % des BIP im Jahr 1991 umzukehren.[2]

„Hiervon ging ein erheblicher Druck auf das langfristige Zinsniveau aus.“[3]

Zum anderen waren die Geldpolitik des japanischen Staates und das Kreditvergabeverhalten der Banken entscheidende Faktoren, welche jetzt kurz näher erläutert werden.

Im Februar 1987 wurde der Diskontsatz auf 2,5 % gesenkt und sollte damit, auf Druck der Handelspartner, dem schnellen Anstieg des Yen (1 Yen = 0.007176 Euro)[4] gegenüber dem Dollar entgegenwirken. Dadurch wurde es für die Banken billig Kredite bei der japanischen Zentralbank aufzunehmen.[5] Die Folge war, dass das zusätzliche Geldangebot überwiegend in mittel- bis längerfristige Kredite umgewandelt wurde wodurch auch der Fremdkapitalanteil der Unternehmen anstieg.

Des Weiteren investierten die Nichtfinanzunternehmen sehr stark in Finanzgeschäfte um die in dieser Phase möglichen Arbitragemöglichkeiten (Differenz zwischen Beschaffungs- und Ausleihzins) gewinnbringend zu nutzen.

Die steigenden Aktienkurse der Unternehmen führten zu einem sich ausbreitenden Optimismus und ermöglichten den Unternehmen einen noch günstigeren Kreditzugang, da die ebenfalls gestiegenen Bodenpreise den Banken einen scheinbar abgesicherten Kreditrahmen versprachen.[6]

1.2 Das Platzen der „Blase“

Zu Beginn der 90’er Jahre brachen die Aktien- und Grundstückspreise, ausgelöst durch „die Zins- und Liquiditätsschraube der Bank of Japan (BoJ)“, drastisch ein und die Grundstückspreise sanken in den Jahren 1992 bis 1999 jedes Jahr um 3- 5%.[7] Da sich die Bodenpreis- und Aktienkursspirale hauptsächlich auf den Unternehmenssektor konzentrierte, brachte der drastische Einbruch der Grundstückspreise ein sinken der Eigenkapitalquote mit sich, da die Grundstücke der Firmen im weiteren Sinn zum Eigenkapital der Unternehmen gezählt werden. In der Folge stieg der Fremdkapitalanteil „unfreiwillig“ weiter an, was zu einem Liquiditätsproblem bzw. zu einer Insolvenzgefahr für die Firmen wurde. Daraufhin richteten die Betriebe ihre Priorität auf den Schuldenabbau und reduzierten ihre Investitionen stark.[8]

Es kam zu einer langen konjunkturellen Stagnation. Zwischen 1990 und 1994 verlangsamte sich das durchschnittliche Wachstum auf 1,5 % im Vergleich zu 5,5 % zwischen 1985 und 1989. Um dieser Stagnation entgegenzuwirken verabschiedete sich der Staat von dem Ziel eines ausgeglichenen Haushaltes. Wichtigstes Instrument der Zentralbank war in diesem Kontext die Geldpolitik.

Über die Senkung des Diskontsatz zwischen 1991 und 1993 von 6 % auf 1,75 % versuchte die BoJ das Geldangebot zu erhöhen.[9] Das monetäre Wachstum war jedoch nicht stark genug um das Wirtschaftswachstum wieder anzukurbeln.[10]

1994 gab der Staat wieder Schuldverschreibungen aus und die Wirtschaft begann sich wieder zu erholen. Das Wirtschaftswachstum stieg im Jahr 1996 auf 5,1 %.

Als Reaktion auf diese Entwicklung wich der Staat von seiner ursprünglich konservativen Fiskalpolitik stark ab und kündigte u.a. für das Jahr 1997 eine Erhöhung der Verbrauchssteuer von 3% auf 5% an. Dies führte ab dem 4. Quartal des Jahres 1997 in eine ausgeprägte, 5 Quartale andauernde, Rezessionsphase in Japan.

Begleitend zu der Wirtschaftkrise kam es zu einer Bankenkrise in den 90’er Jahren. Das sinken der Grundstückspreise wurde für die Banken ein Problem, die oftmals Grundstücke als Kreditsicherheit verwendete und deren Zahl an sog „faulen Krediten“ wuchs. Die stagnierende Wirtschaft trug zusätzlich ihren Anteil an dem Wachstum „Not leidender“ Kredite bei.[11]

Nach dem Konkurs zweier großer japanischer Banken im Jahr 1995 nahm die internationale Skepsis über die wirtschaftliche Situation japanischer Banken zu. Ausländische Finanzintermediäre vermuteten das andere Banken in ähnlich schlechter Verfassung seien und führten daraufhin bei der Kreditvergabe an japanische Banken den sog. „Japan Premium“ ein.[12] Dieser „Japan Premium“, war ein Risikoaufschlag in Form eines höheren Zinses für japanische Banken im Vergleich zu anderen internationalen Banken und berücksichtigte die steigende Zahl an Bankenpleiten in Japan.

Konkrete Handlungen der japanischen Regierung zur Bewältigung Not leidender Kredite wären in der Lage den „Japan Premium“ zu reduzieren bzw. abzuschaffen.[13]

Im nächsten Abschnitt werde ich den Finanzierungssaldo japanischer Nichtfinanzunternehmen näher betrachten.

2. Veränderungen im Finanzierungssaldo japanischer Nichtfinanzunternehmen

Der Finanzierungssaldo ist die Differenz zwischen den (Brutto)Ersparnissen und den Investitionen eines Sektors (inländische Sektoren: Haushalte, private Nichtfinanzunternehmen und der Staat).[14] Er kann positiv oder negativ sein.

Wie man in der Abbildung 1 erkennen kann, hatten die privaten Nichtfinanzunternehmen in Japan in den 80’er Jahren bis in die frühen 90’er Jahre das grösste Finanzierungsdefizit (Investitionen > Ersparnisse) aller inländischen Sektoren. Ende der 80’er Jahre erreichte das Finanzierungsdefizit mit knapp 10 % des BIP einen (neg.) Spitzenwert. Die privaten NFU in Japan weiteten Ende der 80’er Jahre bis einschließlich 1990, v. a. auf Grund von günstigen Krediten ihre Investitionen, insbesondere Finanzinvestitionen, stark aus und erweiterten somit ihr Finanzierungsdefizit.[15] In den Jahren 1988 und 1989 übertrafen die Finanzinvestitionen der Unternehmen sogar die des Haushaltssektors und sie wurden die größten Geldbeschaffungs- und Finanzinvestitionsinstanzen in dieser Phase.[16] „Steigende Bodenpreise erhöhten den durch Grundstückswerte „gesicherten“ Kreditrahmen“.[17]

Diese Entwicklung kehrte sich jedoch zu Beginn der 90’er Jahre um, als die japanischen Nichtfinanzunternehmen (NFU) ihr Finanzdefizit bzw. ihre Ersparnis- Investitions- Lücke, vor allem durch geringere Investitionen stark reduzierten und Mitte der 90’er Jahre im Wesentlichen bereinigten. Die Investitionen der Unternehmen, welche gewöhnlich dem Konjunkturzyklus entsprachen sind während denn wirtschaftlichen Erholungsphasen in den Jahren 1994 bis 1996, 1999 bis 2000 und 2002 bis 2003 wieder (kurzfristig) gestiegen.[18]

Seit Ende der 90’er Jahre weisen die NFU ein Finanzierungsüberschuss (hier: Nettoersparnisse) aus und folgen dem Weg zu steigenden Ersparnissen.[19] Diese Entwicklung fand entsprechend ihrer Finanzsanierungsstrategie, welche einen Schuldenabbau via Bilanzkorrekturen vorsah statt.[20]

Abbildung 1 verdeutlicht, welch drastischen Veränderungen die NFU in ihrer Finanzstruktur durchlebt haben.

Abbildung 1: Finanzierungssalden der Sektoren[21]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

3. Veränderung im Finanzierungsverhalten japanischer Nichtfinanzunternehmen

3.1 Zunehmende Bedeutung der Kapitalmärkte

Die wichtigsten Finanzierungsarten für Unternehmen sind die Außenfinanzierung (Kapital wird von aussen in den Betrieb gebracht) und die Innenfinanzierung (Eigenfinanzierung/Beteiligungsfinanzierung), bei der „die Mittel durch den normalen betrieblichen Umsatzprozess“ beschafft werden.

„Als Vermittler zwischen Kapitalgebern und -nehmern können z. B. Börsen (direkte Finanzierung) oder Banken (indirekte Finanzierung bzw. Finanzintermediation) auftreten.“[22]

[...]


[1] Deutsches Institut für Japanstudien, S. 123

[2] Deutsches Institut für Japanstudien, S. 128 und Research and Statistics Department/ Bank of Japan, Internet S.36+7

[3] Deutsches Institut für Japanstudien, S. 128

[4] FXConverter, Internet

[5] N. Gregory Mankiw, S. 544

[6] Deutsches Institut für Japanstudien, S. 128+129

[7] Takeo Hoshi und Anil Kashyap, S. 268

[8] Skript zur Vorlesung „Struktur und Entwicklung der japanischen Wirtschaft“ S. 6+7 und Deutsches Institut für Japanstudien, S. 130

[9] N. Gregory Mankiw, S. 544

[10] Takeo Hoshi und Anil Kashyap, S. 267

[11] Takeo Hoshi und Anil Kashyap, S. 268

[12] Takeo Hoshi und Anil Kashyap, S. 271

[13] Takeo Hoshi und Anil Kashyap, S. 275

[14] Research and Statistics Department/ Bank of Japan, Internet, S. 7+38

[15] Deutsches Institut für Japanstudien, S. 128

[16] Research and Statistics Department/ Bank of Japan, Internet, S. 1+11

[17] Deutsches Institut für Japanstudien, S. 129

[18] Research and Statistics Department/ Bank of Japan, Internet, S. 11

[19] Takeo Hoshi und Anil Kashyap, S. 224

[20] Research and Statistics Department/ Bank of Japan, Internet, S. 12

[21] Research and Statistics Department/ Bank of Japan, Internet, S. 36

[22] Wikipedia, Internet

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Gewinnt der Markt im Finanzsystem an Bedeutung? - Veränderung des Refinanzierungsverhaltens der japanischen Nichtfinanzunternehmen seit Beginn der 90er Jahre
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München
Note
2,3
Autor
Jahr
2005
Seiten
16
Katalognummer
V51976
ISBN (eBook)
9783638478021
ISBN (Buch)
9783656797852
Dateigröße
694 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Gewinnt, Markt, Finanzsystem, Bedeutung, Veränderung, Refinanzierungsverhaltens, Nichtfinanzunternehmen, Beginn, Jahre
Arbeit zitieren
Michael Dezsoe (Autor:in), 2005, Gewinnt der Markt im Finanzsystem an Bedeutung? - Veränderung des Refinanzierungsverhaltens der japanischen Nichtfinanzunternehmen seit Beginn der 90er Jahre, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/51976

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