Postkoloniale Betrachtung der Fremdbeherrschung Timor-Lestes. Die Auseinandersetzung zwischen Timor-Leste und Australien um die Öl- und Gasressourcen in der Timorsee


Masterarbeit, 2017

91 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Einführung in die postkoloniale Theorie
2.1 Der Ausgangspunkt
2.2 Das Anliegen
2.3 Die Themen
2.3.1 Konstruktion des Anderen
2.3.2 Dominanz westlichen Denkens
2.3.3 Machtgeflecht kolonialer Strukturen
2.3.4 Imperiale Einflussnahme und Verantwortungsdiffusion
2.4 Ein Resümee

3 Einführung in Gesetzgebung und Geschichte
3.1 Internationales Recht
3.1.1 Vereinte Nationen, UN
3.1.1.1 Entstehung und Aufgaben
3.1.1.2 Friedensmissionen der UN
3.1.1.3 Das Seerecht
3.1.2 Ständiger Schiedsgerichtshof
3.2 Australien
3.2.1 Anfänge der Besiedelung bis zur Kolonisierung
3.2.2 Australien im 20. Jahrhundert
3.2.3 Die autochthone Bevölkerung
3.3 Timor-Leste
3.3.1 Portugiesische Kolonisation und Dekolonisation
3.3.2 Besetzung durch Indonesien 1975-1999
3.3.3 Weg in die Unabhängigkeit 1999-2002
3.4 (Post-)koloniale Herausforderungen für Timor-Leste
3.4.1 Geschichtsschreibung
3.4.2 Strukturelle Herausforderungen

4 Der Konflikt zwischen Timor-Leste und Australien
4.1 Der Konflikt im Überblick
4.2 Der Fall vor dem Ständigen Schiedsgerichtshof (2016-2017)
4.2.1 Sachverhalt aus Sicht Timor-Lestes
4.2.2 Sachverhalt aus Sicht Australiens

5 Postkoloniale Betrachtung des vorliegenden Konflikts
5.1 Die Debatte zwischen 1972 und 1999
5.2 Die Debatte zwischen 1999 und 2017
5.3 Die Darstellungen vor dem Schiedsgerichtshof
5.3.1 Postkoloniale Strategien Timor-Lestes
5.3.2 Postkoloniale Strategien Australiens

6 Auf der Suche nach postkolonialen Strukturen
6.1 Timor-Leste
6.2 Australien.

7 Fazit

Literaturverzeichnis

Internetquellen

Anhang
Abbildungen
Relevante Artikel aus UNCLOS

Vorwort

Dili im März 2016: Es ist heiß. Die Straßen sind voller Menschen. Aus den umlie­genden Dörfern kommen seit dem Morgen Pick-ups und Busse voller junger Männer und Frauen in die Hauptstadt Timor-Lestes. Hupend und singend fahren sie durch die Stadt. Viele tragen ein rotes Kopftuch und schwingen die osttimoresische Fahne. Von unseren osttimoresischen Gastgebern gewarnt, beobachten wir die Szenen aus dem Auto heraus. Ihre Angst, dass unsere weiße Hautfarbe Grund für Ausschreitun­gen uns gegenüber sein kann, hinterlässt ein seltsames Gefühl. Wir bleiben Beobach­ter. Später erfahren wir, dass sich um die 10.000 Demonstranten vor der australi­schen Botschaft in Dili versammelt hatten. Schüler und Studenten waren offiziell frei­gestellt - mit dem Auftrag zu demonstrieren. Manche Australier wie der australische Bischofwaren gekommen um sich bewusst mit ihrer kleinen Nachbarinsel zu solida­risieren.

Die wohl größte Demonstration Timor-Lestes am 23. 03. 2016 seit seiner Unabhängigkeit An­fang der Jahrtausendwende betraf die andauernden Öl-und Gasstreitigkeiten in der Timorsee zwischen Timor-Leste und Australien.1

Wir wissen um die Grenzstreitigkeiten zwischen Timor-Leste und Australien, den Vorwurf Timors, dass Australien sich an seinem Öl und Gas bereichere. Gedanken kommen auf: Warum hat ein so wirtschaftsstarkes Land wie Australien es nötig, sich an den für Timor-Leste entscheidenden Vorkommen zu bereichern? Welche Mecha­nismen bringen ein Land, das sich vor weniger als 20 Jahren von seiner Fremdbe­herrschung lösen konnte,erneut in diese Abhängigkeiten? An dieser Stelle verbinden sich meine zumeist theoretischen Auseinandersetzungen mit postkolonialen Theorien innerhalb meines Masterstudienganges und mein Besuch in Timor-Leste, ein Land das ich aus den Erzählungen meiner Patentante seit meiner Kindheit kenne. Ich er­innere mich an die Bilder der Unabhängigkeitsfeier Timor-Lestes, dieich als 12jäh­rige sah. Für die Personen um mich herum schienen sie von großer Bedeutung, ich selbst verstand nicht, was es bedeutete, wenn ein Land unabhängig wurde.

So reifte in diesen Wochen in Timor der Entschluss, meine Abschlussarbeit über eben dieses Spannungsverhältnisses zu schreiben: Der Frage nach den Möglichkeiten und Grenzen eines Landes, welches lange Zeit kolonisiert und beherrscht wurde.

Timor-Leste kämpft um seine Zukunft, es kämpft für sein Recht auf die Öl-und Gasressourcen, welchesihmaus seiner Sicht aufgrund der internationalen Rechtsprechung zusteht. Auch Aust­ralien handelt aus seiner Sicht innerhalb gültiger Gesetzgebung. Trotz des Fokus auf Timor­Leste und der persönlichen Verbundenheit kann Ziel dieser Arbeit nicht sein, einen „Schuldi­gen“ beziehungsweise ein „Opfer“ herauszustellen. Anliegen ist es, sich auf die Suche zu ma­chen, inwieweit politische und wirtschaftliche Entwicklungen von weitaus mehr bedingt sind als durch gegenwärtige Strukturen.

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1 Geografische Lage von Timor-Leste und Australien

Abbildung 2 Meereszonen

Abbildung 3 Öl- und Gasquellen in der Timorsee aus der Sicht Timor-Lestes

Abbildung 4 Öl- und Gasquellen in der Timorsee aus der Sicht Australiens

Abbildung 5 Mittellinie zwischen Timor-Leste und Australien

Abbildung 6 Hoheitsrechte Timor-Lestes in der Timorsee

Abbildung 7 Kontinentalplatten zwischen Timor-Leste und Australien

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

„Future is past's child, and has the father's face. “2

Der Ausspruch des osttimoresischen Politikers Fidelis Leite Magalhaes beschreibt die Verwo­benheit der Vergangenheit mit der Zukunft. Geschichte verläuft nicht linear, sondern setzt sich zusammen aus unterschiedlichen Mosaiken, die sich auf unterschiedliche Weise bedingen und immer wieder neu vernetzen.

Theoretischer Rahmen dieser Arbeit bildet die Auseinandersetzung mit postkolonialen Theo­rien. In ihrem Vorwort zu Postkoloniale Theorie. Eine kritische Einführung beschreiben die beiden Politikwissenschaftlerinnen Maria do Mar Castro Varela [*1964] und Nikita Dhawan [*1972] wie die kritische Auseinandersetzungen zu (Post-)Kolonialismus, Imperialismus und Globalisierung aus der deutschsprachigen Forschung nicht mehr wegzudenken sind. Aufgrund ihres interdisziplinären Charakters decken postkoloniale Theorien ein breites Spektrum gesell- schafts- und kulturwissenschaftlicher Fragen ab. Indem sie (post-)koloniale Muster und Struk­turen untersuchen, werden sie auch in Blick auf aktuelle politische Konflikte unverzichtbar.3 Die Demokratische Republik Timor-Leste, ein Land von 18.889 km[2] und 1,23 Millionen Ein- wohnern4, stand zu verschiedenen Zeitpunkten seiner Geschichte unter enormer internationaler Aufmerksamkeit. Nach jahrhunderterlanger Besetzung erlangte das Land am 20. Mai 2002 of­fiziell die Unabhängigkeit.5 Die Entwicklungen des jungen Staates zeigten seitdem diverse Hö­hen und Tiefen. Insbesondere die Öl-und Gasvorkommen in der Timorsee bergen dabei gleich­zeitig Chancen und Herausforderungen für Timor- Leste: 2013 umfassten die Öl-und Gasein­nahmen 76,4% des Bruttoinlandproduktes von Timor-Leste und erbrachten 2014 über 93% der staatlichen Einkommen.6 Damit werden die Auseinandersetzungen zwischen Timor-Leste und Australien um die Öl- und Gasressourcen in der Timorsee zu einem brisanten Konfliktfeld.

Gegenwärtig steht diesbezüglich ein Verfahren des Ständigen Schiedsgerichtshofes in Den Haag aus, in welchem Timor-Leste im Jahr 2016 gegenüber Australien Anklage erhoben hatte. Aus postkolonialer Perspektive wird innerhalb der vorliegenden Arbeit untersucht, inwiefern die Fremdbeherrschung Timor-Lestes diese gegenwärtigen Auseinandersetzungen mit Austra­lien um die Ressourcen der Timorsee beeinflusst. Der Konflikt um die Vorkommen ist jedoch weitaus älter, womit eine Untersuchung der Debatte ab 1970 unter Berücksichtigung der Rolle Portugals und Indonesiens und ihren Einfluss auf Timor-Leste notwendig wird. Grundlegend ist dabei die Frage, welche Mechanismen bezüglich Machtausübung und Etablierung von Herr­schaft in der postkolonialen Situation Timor-Lestes greifen.

Mit Blick auf dieses Forschungsanliegen ergibt sich folgende Gliederung: Kapitel 2 versteht sich als eine Einführung in postkoloniale Theorien. Herausgegriffen wurden dabei vier Theo­retikerInnen, welche unterschiedliche Aspekte postkolonialen Denkens beleuchten. Die Schwerpunktsetzung erfolgte dabei vor dem Hintergrund der Frage, wie das Agieren von Staa­ten (inter-)national strukturiert sein kann und welche Mechanismen hierbei auftreten können. Kapitel 3 gibt einen Überblick zur internationalen Gesetzgebung sowie einen historischen Ab­riss für Australien und Timor-Leste. Kapitel 4 fasst den Konflikt um die Öl-und Gasvorkommen zwischen Timor-Leste und Australien zusammen. Hierbei wird sowohl eine historische Über­sicht als auch eine inhaltliche Darstellung der Eröffnungssitzung des Prozesses vor dem Stän­digen Schiedsgerichtshofes am 29.08.2016 gegeben. In Kapitel 5 und 6 werden die Erkennt­nisse der vorangegangenen Kapitel miteinander verknüpft und bezüglich des Forschungsanlie­gens untersucht. Dabei werden im Kapitel 5 relevante historische Ereignisse aus der Perspektive postkolonialer Strukturen und Denkweisen gedeutet. In Kapitel 6 werden abschließend die sich herauskristallisierenden Kategorien postkolonialer Mechanismen innerhalb des vorliegenden Konfliktes sowohl für Timor-Leste als auch Australien dargestellt.

Die Verwobenheit von Geschichte stellt die Grundannahme der Arbeit dar: Die Zukunft, ein Kind der Vergangenheit, trägt das Gesicht des Vaters: Sie kann nicht abgekoppelt gesehen wer­den, von dem was vor ihr geschah, sondern ist das Resultat aus den ihr vorangegangenen Ein­flüssen. Aus dieser Perspektive etablierte die koloniale Vergangenheit von Staaten Strukturen, welche bis heute wirken und die Gestaltung von Politik, Wirtschaft und Kultur maßgeblich beeinflussen. Diese der Arbeit zugrundeliegenden Vermutung wird im Folgenden für Timor­Leste und den Konflikt um das Öl- und Gasvorkommen mit Australien detailliert untersucht.

2 Einführung in die postkoloniale Theorie

2.1 Der Ausgangspunkt

Gegenwart und Zukunft erwachsen aus der Vergangenheit. So beginnt die Analyse postkoloni­aler Theorien bei der Betrachtung des Kolonialismus. Dieser verlief keineswegs linear und ist schwer auf eine allgemeingültige Definition festzulegen. Eine erste Annäherung geschieht mit dem Historiker Jürgen Osterhammel [*1952]7, welcher ihnals

[.] eine Herrschaftsbeziehung zwischen Kollektiven [definiert], bei welcher die fundamentalen Ent­scheidungen über die Lebensführung der Kolonisierten durch eine kulturell andersartige und kaum anpassungswillige Minderheit von Kolonialherren [.] durchgesetzt werden.Damit verbinden sich in der Neuzeit in der Regel sendungsideologische Rechtfertigungsdoktrinen, die auf der Überzeugung der Kolonialherren von ihrer eigenen kulturellen Höherwertigkeit beruhen.8

Trotz der heterogenen kolonialen Erscheinungsformen ist es möglich, übergeordnete Merkmale des Kolonialismus festzustellen: Der koloniale Staat istauf politischer Ebene durch Fremdherr­schaft gekennzeichnet.9 Wirtschaftlich zeichnete sich der Kolonialismus durch Zwangsenteig­nungen von Ländereien und materiellem Besitz sowie durch Ausbeutung der Arbeitskraft aus. Durch gezielte Gewaltanwendungen von Seiten der Erobernden wurden die Kolonisierten nach Vorstellungen der Erobernden diszipliniert und bekämpft. Diese Aspekte sind deshalb von Be­deutung, da sie sich nach offiziellem Beenden des Kolonialismus nicht einfach auflösten. Die Dekolonisation 10, ein „[.] komplexes Gemisch aus diversen Aktivitäten und Ereignissen, aus friedlichen Übergängen und von Gewalt geprägten Befreiungskämpfen, aus lokalen Konstella­tionen und internationaler Politik“11 setzte trotz der gewonnenen Souveränität die etablierten benachteiligenden Strukturen für die autochthone Bevölkerung12 fort.13 Zu einem der bedeu­tendsten Beobachtern kolonialer Strukturen und ihrer Dekolonisation zählt der Psychiater und Widerstandskämpfer Franz Fanon [1925-1961] aus Martinique. In einem seiner Hauptwerke Die Verdammten der Erde von 1961 analysiert Fanon auf eindringliche Weise koloniale Ver­hältnisse, beschreibt den antikolonialen Widerstand und berichtet von der herausfordernden Phase nach der Unabhängigkeit.14 Vehement kritisiert er den Kolonialismus als eine gewalt­same Unterdrückung der autochthonen Bevölkerung durch die Kolonisatoren. Dabei spielt er weniger auf die wirtschaftliche Ausbeutung an, als auf die systematische „[.] Entwertung ihrer Subjektivität.“15 Demnach muss die Dekolonisation zu einem „Programm absoluter Umwäl- zung“16 werden, welches das etablierte koloniale System überwindet. Er führt hierzu aus:

Die Dekolonisation geschieht niemals unbemerkt, denn sie betrifft das Sein, sie modifiziert das Sein grundlegend, sie verwandelt die in Unwesentlichkeit abgesunkenen Zuschauer in privilegierte Ak­teure, die in gleichsam grandioser Gestalt vom Lichtkegel der Geschichte erfasst werden. [.] Die Dekolonisation ist wahrhaft eine Schöpfung neuer Menschen. [.] In der Dekolonisation steckt also die Forderung einer vollständigen Infragestellung der kolonialen Situation. Ihre Definition ist, wenn man sie genau beschreiben will, in dem altbekannten Satz enthalten: ,Die ersten werden die letzten sein.‘17

Stark kritisiert er die Realität in den kurz zuvor dekolonisierten Ländern, in welchen die natio­nale konservative Oberschicht an die Spitze der Macht strebte und so dazu beitrug, dass kolo­niale Strukturen bestehen blieben. Skeptisch äußert er sich jedoch auch auf den Rückgriff vor­kolonialer Traditionen, welche das nach vorne gerichtete politisches Handeln verhindere.18

2.2 Das Anliegen

In der theoretischen Auseinandersetzung mit diesen (de-)kolonialen Prozessen stellt sich die Frage nach den „Lesarten des Kolonialismus.“19 Um die Spätfolgen des Kolonialismus bis in die Gegenwart zu verstehen, benötigte es eine kritische Auseinandersetzung mit tradierten bi­nären Gegenüberstellungen, den vielschichtigen Machtstrukturen und der Frage, inwiefern ko­loniale Machtverhältnisse sich im Alltagsbewusstsein der kolonialen Bevölkerung etablierten. Hier setzen die postkolonialen Theorien an, deren wissenschaftliche Entstehung zeitlich in den 1980er Jahren zu verorten ist. Die Sozialwissenschaftlerin Ina Kerner definiert postkoloniale Konzepte als „[.] kritische Theorien [.], die den Anspruch erheben, auf gesellschaftliche Missstände einschließlich ihrer Ursachen und Wirkungen aufmerksam zu machen und dadurch dazu beizutragen, diese Missstände zu beheben.“20 Der Soziologe Stuart Hall [1932-2014] be­tont, dass es nicht das Ziel sein kann, Gesellschaften im Sinne „[...] der Perspektive ,Hier‘ und ,Dort‘, ,Damals‘ und ,Heute‘, ,,Inland‘ und ,Ausland‘“21 deskriptiv zu erfassen. Postkolonia­lismus bezieht sich nicht auf etwas Greifbares, was einfach verfügbar ist. Vielmehr geht es um eine historisch fundierte und transformative Denkweise und kennzeichnet damit eine Tätigkeit: „[.] it can describe a way of thinking, a mode of perception, a line of enquiry, an aesthetic practice, a method of investigation.“22 Postkoloniale Theorien beleuchten so verschiedene Re­präsentationsformen, Lesepraktiken, Werte und Haltungen in Bezug auf koloniale Strukturen und Hinterlassenschaften. Die binären Differenzen auflösend, beschränkt sich die postkoloniale Kritik keineswegs ausschließlich auf die ehemals kolonisierten Länder, ihr Bezugspunkt ist vielmehr eine „postkoloniale Welt.“ Ziel der postkolonialen Forschung ist es dabei nicht, die Vergangenheit für jegliche Form von krisenhaften Situationen verantwortlich zu machen. Viel­mehr geht es darum, unterschiedliche Ursachen in Betracht zu ziehen und darauf aufbauend in jedem Einzelfall konkret zu analysieren.23

Der Postkolonialismus erschafft keine neue historische Epoche, er stellt kein nach koloniales Zeitalter dar, in welchem alle durch den Kolonialismus hervorgerufenen Ordnungsmuster be­endet wurden und nun analysiert werden können. Hall betont die Nicht-Zeitlichkeit dieser Be- grifflichkeit, der mitnichten den Übergang in eine „[.] macht-und konfliktfreie Zeitzone [.]“24 darstellt. Die Vorsilbe post deutet darauf hin, dass „Langzeiteffekte des Kolonialis- mus“25 bis in die Gegenwart hinein existieren und berücksichtigt werden müssen, um gegen­wärtige Konzepte und Strukturen tatsächlich zu verstehen.26

2.3 Die Themen

Der Zugang zu Postkolonialen Theorien wird erschwert durch die inhaltlich breit gefächerte und interdisziplinär geführte Debatte. Im Folgenden werden vier Schwerpunkte postkolonialer Theorien herausgegriffen und analysiert. Grundlegend sind dabei post- und auch dekoloniale27 TheoretikerInnen aus unterschiedlichen Forschungsdisziplinen und von unterschiedlicher Na­tionalität. Die von ihnen angesprochenen Themen werden für die Analyse des Konflikts zwi­schen Timor-Leste und Australien relevant: Im ersten Abschnitt wird die Konstruktion eines Bildes vom Anderen nachvollzogen und aufgezeigt, welche Strukturen diesen Prozess beein­flussen. Im zweiten Abschnitt wird die Überordnung westlicher Denkkonstrukte als ein Aspekt dieser etablierten Strukturen herausgegriffen. Im dritten Abschnitt wird die Verwobenheit der Moderne mit der kolonialen Geschichte deutlich. Im vierten Abschnitt wird einerseits heraus­gestellt, wie durch die fortdauernde imperiale Einflussnahme dominanter westlicher Staaten politische, wirtschaftliche oder soziale Entscheidungen subalterner Staaten28 beeinflusst wer­den und andererseits nicht bereit sind, Verantwortung zu übernehmen.

2.3.1 Konstruktion des Anderen

1978 veröffentlichte Edward W. Said29 [1935-2003] die bis heute diskutierte Studie Orienta- lism30, welche als wegweisend für die postkolonialen Studien gilt. Seine „koloniale Diskursana- lyse“31 legte erstmalig umfassend dar, wie mit der imperialen Herrschaft „epistemische Ge- walt“32 tradiert wurde. Ausgangspunkt ist für ihn der vom Westen (Okzident) konstruierte Dis­kurs über „den Orient.“33 Den theoretischen Hintergrund für seine Studie bildet unter anderem die Diskursanalyse des Philosophen Michel Foucault [1926-1984]. Foucault beschreibt inner­halb seiner Diskurstheorie, dass es sich bei eingenommenen „[.] Sprecherpositionen [um] machtdurchsetzte Prozesse [.]“34 handelt. In Anlehnung an Foucault beschreibt Said die Ent­stehung eines Diskurses folgendermaßen:

Unter diesen Umständen legt man Texte, die ein Faktenwissen verheißen, nicht einfach beiseite, son­dern spricht ihnen Fachkompetenz zu. [.] Vor allem erzeugen sie oft nicht nur Wissen, sondern ge­rade jene Realität, die sie lediglich zu beschrieben scheinen. In ihrer Gesamtheit begründen dieses Wissen und diese Realität eine Tradition oder das, was Michel Foucault ,Diskurs‘ genannt hat [...].35

Zur Schaffung eines Diskurses hängen somit Macht und Wissen eng zusammen. Das Verständ­nis des Orientalismus als einen machtvollen Diskurs zeigt ihn als ein vom Westen geschaffenes Konstrukt, welches Europa dazu befähigte, über „den Orient“ zu herrschen und diesen zu in- strumentalisieren.36 Mithilfe des Wissens zu dem konstruierten Orient wurde die imperiale Ein­flussnahme „zu einem einfachen und profitablen Geschäft.“37. Zum Verständnis der Konstruk­tion des Orients durch die westliche Wissenschaft ist die Kenntnis der vorherrschenden Macht­muster und der hegemonialen Strukturen maßgeblich:

Begonnen hatte ich mit der Annahme, dass der Orient keine simple Naturgegebenheit ist - also ge­nauso wenig einfach da wie der Okzident. [.] Als gleichermaßen geographische wie kulturelle - um nicht zu sagen historische - Konstrukte sind auch Gegenden, Regionen, geographische Zonen wie ,Orient‘ und Okzident‘ bloßes Menschenwerk.38

Das innerhalb des Orientalismus systematisierte Wissen legitimierte so die (koloniale) Herr­schaft und Gewaltanwendung. Der Orientalismus, welchen Said als eine „Form der intellektu­ellen Macht“39 bezeichnete, entstand aus einer überlegenen Position westlicher Wissenschaftler heraus; aus dieser Perspektive wurde „der Orient“ kategorisiert und bewertet:

Der Orientalist kann den Orientalen nachahmen, aber nicht umgekehrt. Daher entstammen seine Pro­tokolle gleichsam einer Einbahnstraße: Er beobachtete und schrieb nieder, was sie sagten und taten.40

Dieses vom Westen konstruierte orientalische Bild ermöglichte es Europa sich als dessen kont­räres Gegenüber zu erschaffen:

Wenn der Orientale unvernünftig, verderbt (sündig), kindisch und ,abartig‘ war, so der Europäer ver­nünftig, tugendhaft, erwachsen und ,normal‘. „Entscheidend ist, dass der Orientale in allen Fällen in vorgefertigte Kategorien gepresst und schablonenartig dargestellt wird [.], [sowie] dass im Westen des 19. und 20. Jahrhunderts als Grundannahme galt, den Orient insgesamt, wenn nicht als zutiefst minderwertig, so doch als korrekturbedürftig aufzufassen.41

Somit strukturierte und leitete der Orientalismus die westliche Sicht auf „den Orient.“ Gleich­zeitig bestärkte er die Wahrnehmung der eigenen westlichen Kultur durch die positive Abgren­zung zum Orient. Diese als Othering bezeichnete Konstruktion von Orient und Okzident schuf ein binäres, vereinfachendes System.42

2.3.2 Dominanz westlichen Denkens

Der indische postkoloniale Historiker Dipesh Chakrabarty [*1948] problematisiert in seinem Werk Europa als Provinz. Perspektiven postkolonialer Geschichtsschreibung. 43 die Universa- lisierung des westlichen oder europäischen Denkens und sucht nach Möglichkeiten, diesen Eu­rozentrismus zu durchbrechen. Europa verwendet er nicht als geographische Bezeichnung, son­dern als einen Fiktionsbegriff, der sich mit der Kolonialherrschaft etablierte. Die Überordnung der konstruierten westlichen Kategorien zeigt sich beispielsweise darin, dass Historiker aus nichtwestlichen Gesellschaften innerhalb ihrer Geschichtsschreibung die europäische Ge­schichte nicht unberücksichtigt lassen können, während europäische Historiker sich nicht un­bedingt auf nichtwestliche Geschichte beziehen. Die Dominanz des westlichen Denkens ist tief­greifend in die Geschichte und Geschichtsschreibung der nichtwestlichen Welt eingeschrieben: Mit der Überordnung des westlichen Denkens ging, um der Anpassung willen, die Unterord­nung des eigenen, nicht-westlichen Seins einher. Damit war der Nicht-Europäer „[.] immer eine Gestalt des Mangels. Mit anderen Worten, es gab in dieser Geschichte immer Raum für Figuren, die ,Unzulänglichkeit‘ oder ,Scheitern‘ verkörperten.“44 Die Schwierigkeit, dass diese Kategorien westlichen Denkens fundamental zur Geschichte nichtwestlicher Gesellschaften ge­hören, aber gleichzeitig nicht ausreichen sie tatsächlich zu analysieren, nennt Chakrabarty ein „postkoloniales Dilemma.“45 So fordert Chakrabarty die „Provinzialisierung Europas“, und meint dabei keineswegs die vollständige Ablehnung des europäischen Denkens:

Das Projekt ,Europa provinzialisieren‘ kann daher kein Projekt eines ,kulturellen Relativismus sein. Es kann nicht aus der Haltung hervorgehen, dass Vernunft, Wissenschaft und der Anspruch auf Uni­versalität, die dazu beitragen, Europa als das Moderne zu definieren, einfach ,kulturspezifisch‘ sind und daher nur den europäischen Kulturen angehören. Denn es geht nicht darum, dass der Rationalis­mus der Aufklärung in sich unvernünftig ist, sondern es soll vielmehr dokumentiert werden, wie und durch welchen historischen Prozess der Eindruck - der schließlich nicht für jeden zu allen Zeiten evi­dent war - erweckt werden konnte, dass die ,Vernunft‘ der Aufklärung auch weit über den Ort hinaus an dem sie entwickelt wurde ,offenkundig‘ sei.46

Stattdessen fordert er ein Bewusstsein darüber, inwiefern dieses Denken die nicht-westlichen Gesellschaften geformt und geprägt hat und dass es dennoch zugleich „universalistisch und provinziell“47 ist und nur durch die „[.] Verschiebung und Übersetzung seiner grundlegenden Kategorien [.] zu einem Erbe für andere Völker werden [.]“48 konnte.49

2.3.3 Machtgeflecht kolonialer Strukturen

Der peruanische Soziologe Aníbal Quijano [*1928] einer der entscheidenden dekolonialen The- oretiker50 prägte die Formulierung „Kolonialität der Macht“51, welches das im Kolonialismus entwickelte Konzept der Rasse als umfassendes Strukturierungsmerkmal der heutigen Weltord­nung interpretiert. Diese „koloniale Machtmatrix“52 wirke in den seit Jahrhunderten entwickel­ten Strukturen trotz der offiziellen Unabhängigkeit dieser Länder weiter. Das bedeutet,

[o]bwohl die “Kolonialverwaltungen” fast vollständig abgeschafft wurden und die meisten Länder der Peripherie sich politisch als unabhängige Staaten organisiert haben, leiden Nicht-EuropäerInnen im­mer noch unter einer brutalen europäischen bzw. euro-amerikanischen Ausbeutung und Dominanz. Die alten kolonialen Hierarchien [...] bleiben bestehen und sind mit der “internationalen Arbeitstei­lung” und der Akkumulation des Kapitals auf globaler Ebene verknüpft [...].53

Im Unterschied zu dem Begriff des Kolonialismus verweist Kolonialität auf das Fortbestehen kolonialer Strukturen in der Gegenwart. Die Annahme, mit dem Ende der offiziellen kolonialen Herrschaft sei eine dekoloniale Welt geschaffen, sei ein Mythos, welcher verhindere die gegen­wärtig existierende Kolonialität der ehemaligen Kolonien und auch der Metropolen sichtbar zu machen.54 Auch in den Arbeiten des argentinischen Literaturwissenschaftlers Walter Mignolo [*1941]55 stellen Quijano und dessen Konzept zur Kolonialität der Macht einen wichtigen Aus­gangspunkt dar: Koloniale Machtstrukturen werden in engem Zusammenhang mit Wissen und Erkenntnis gesehen und so wird die „Dekolonisierung der Erkenntnis“56 zu einem dringlichen Ziel tatsächlicher Veränderung. Mignolo ist einer der bekanntesten Vertreter des seit Ende der 1990er Jahre bestehenden Projektes Modernidad/Colonidad, welche die Dekolonisierung zu ih­rem ersten Anliegen machten. Dabei befassen sie sich kritisch mit den tradierten Bildern zu Lateinamerika. Grundlegend ist dabei der Gedanke, dass die Moderne maßgeblich von der Ko- lonialität bestimmt wird, welche sich auf gesellschaftliche Bereiche wie Ökonomie, Politik und Soziales sowie den Bereich des Persönlichen auswirkt. Ein weiteres Anliegen des Projektes ist, den Beginn der „Globalgeschichte der Moderne“57 abweichend vom vorherrschenden Ge­schichtsverständnis nicht in der Aufklärung, sondern in der Eroberung Amerikas im 16. Jahr­hundert zu verorten.58 Mignolos Werk La idea de América Latina (2005) zeigt die spanische und portugiesische Kolonisierung als ersten Schritt zur „Etablierung der Idee Lateinameri- kas.“59 Wie Quijano verweist auch Mignolo auf Rassismus als grundlegendes Deutungsraster, welches der autochthonen Bevölkerung Lateinamerikas ein grundlegend mangelhaftes Wesen zusprach. Als zweiten Schritt interpretiert Mignolo den Prozess der Unabhängigkeit Latein­amerikas im 19. Jahrhundert: Im Zuge einer postkolonialen Identitätsfindung blieben autoch­thone und „afrokreolische Vorstellungen des Politischen“ unbeachtet. Stattdessen bezog sich die weitgehend spanische Elite auf die über Jahrhunderte etablierte hegemonialen Denkkon­strukte. Das Aufzeigen der fortdauernden kolonialen Macht dient Mignolo als Grundlage dafür, die „[...] diskursive[n] Formen der Kolonialität aufzubrechen.“60 Als einen Teil der kolonialen Machtmatrix sieht er den Zustand der „Exteritorität“61, welchen er zu überwinden sucht. Ex- teritorität ist in diesem Sinne

[.] ein konzeptionelles Außen, das von der Rhetorik der Moderne selbst geschaffen wurde [.]. Die Exteritorität, das ,Außen‘ der Moderne, das genau genommen von der Rhetorik der Moderne konstru­ iert wird [.] muss im Namen des Fortschritts und der Moderne erobert, kolonialisiert, beherrscht und bekehrt oder aber eliminiert werden.62

Sein Werk Descolonialidad del ser y del saber (2006)63 fordert eine Entkopplung beziehungs­weise Loslösung von hegemonialen Wissens- und Denkstrukturen hin zu neuen Perspektiven, welche weg von einer eurozentrische hinzu einer pluriversalen Denkweise führen. Dabei defi­niert er „kritisches Grenzdenken“64 als

[.] eine Methode zur Verbindung der Pluriversalität (der in unterschiedlichen in der imperialen Mo­derne gefangenen Kolonialgeschichten) mit dem universalen Projekt der Entkopplung vom imperialen Horizont (der Rhetorik der Moderne und der Logik der Kolonialität).65

Damit wird das Grenzdenken zu einem sich Hinbewegen auf das, was außen verortet wurde und wird. Es stellt sich zudem gegen etablierte imperiale rassistische und patriarchale Struktu- ren.66 Die von Mignolo bezeichnete „Geopolitik des Wissens“67 bedeutet, dass etablierte Denk­weisen und Wissensstrukturen immer auf ihre jeweilige ortsgebundene Historizität zurückge­führt werden. Diese führen von einem linearen Geschichtsverständnis hin zu einer „historisch­strukturellen Heterogenität“68 und erfordern somit ein Neudenken der Weltgeschichte. Dekolo- niales Denken bedeutet somit, eingeübte Muster zu verlernen, um ganz neu zu lernen.69

2.3.4 Imperiale Einflussnahme und Verantwortungsdiffusion

Said beschreibt in dem letzten Teil seines Werkes Orientalismus wie die USA nach dem Zwei­ten Weltkrieg die Vormachtstellung der ehemaligen Kolonialmächte im Orient übernahm, dort imperialen Einfluss ausübte und den orientalischen Diskurs bis heute maßgeblich weiter (re- )produzieren.70 Als Grundstein für den nordamerikanischen Imperialismus nennt Said die ei­gene Kolonialgeschichte des Landes mit den gewaltsamen Konflikten zwischen den europäi­schen Siedlern und der autochthonen Bevölkerung.71 Die Historiker Jane Burbank [*1946] und Frederick Cooper [*1947] stellen in ihrem Werk Imperien der Weltgeschichte (2012) dar, wie die USA - ein Land ohne eigene Kolonien - bereits innerhalb des 19. Jahrhunderts weltweit imperialen Einfluss nahm. Sie erzeugten „[.] ein kontinentales Imperium [.], das die Aufge­nommenen scharf von den Ausgeschlossenen unterschied, wodurch ein Gemeinwesen entstand, dass sich national definierte.“72 Nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelten sie eine neue Form der imperialen Einflussnahme:

Die Vereinigten Staaten boten Eliten in neuen und alten Staaten Anreize - darunter nach 1949 ein Entwicklungshilfeprogramm - mit transnationalen Unternehmen der amerikanischen Politik zusam­menzuarbeiten. Washington nutzte seine ökonomische und militärische Stärke, um souveräne Staaten daran zu hindern, zu sehr gegen wohlverstandene amerikanische Interessen zu verstoßen.73

Der Soziologe und Publizist Wolfgang Sachs [*1946] stellt in diesem Zusammenhang das Kon­zept von (Unter-)Entwicklung in Frage, welches die Beziehungen zwischen den Ländern des globalen Nordens und Südens in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts strukturierte. In sei­nem kritischen Werk zur Entwicklungspolitik Wie im Westen so auf Erden (1993) definiert er dies als den unbemerkten Beginn einer „Verwestlichung der Welt.“74 Seitdem mit der Dekolo­nisierung ehemals kolonisierte Staaten ihre Souveränität erlangten, scheint der Imperialismus auf den ersten Blick beendet. Doch trotz des Auflösens kolonialer Verwaltungsstrukturen wird „[.] der Imperialismus kulturell, ökonomisch und auch politisch lange nach der angeblichen Befreiung fortgeführt [.].“75 Auch wenn sich die Erscheinungsformen imperialistischer Poli­tik änderten, blieben Hierarchien und Machtkonstrukte dennoch bestehen.76 Die Verwobenheit innerhalb dieses Machtgefüges erschwert es subalternen Staaten, in einer postkolonialen Welt Verantwortung zu übernehmen, souveräne Entscheidungen zu treffen und diese durchzusetzen: Ihre Versuche werden international begrenzt und innerhalb des eigenen Landes kritisiert. Die Sozialanthropologin Shalini Randeria [*1955] beschreibt dies als eine Form der Verantwor­tungsdiffusion: Internationale Institutionen bestreiten ihren Einfluss auf die Politik der Staaten, die Staaten selbst verteidigen ihre Entscheidungen mit Verweis auf externe internationale Ak­teure. Dennoch warnt sie vor einer im Eurozentrismus angelegten vereinfachten binären Ge­genüberstellung von starken und schwachen Staaten. Anstatt alleine die Defizite der Staaten herauszustellen und nach westlichen Kriterien zu bewerten ob ein Staat (nicht) fähig ist, fordert sie dazu auf, die Staaten in Bezug zu ihrer Kolonialgeschichte zu sehen und sie in „[.]ihre asymmetrische Position in der internationalen Ordnung [.]“77 wahrzunehmen. Dabei richtet sie ihr Augenmerk auf das strategische Verhalten der Staaten und stellt das „Konzept des ,lis- tigen Staates‘“78 vor. Anders als oft dargestellt, sind diese Staaten in der Lage, sehr gezielt für ihre Rechte einzustehen und ihre staatliche Macht so indirekt auszuüben:

Sie verleugnen ihre Macht nur, um sie auszuüben und sich dennoch mit Hinweis auf die eigene Macht­losigkeit der Verantwortung zu entziehen. Sie spielen mit ihrer scheinbaren Schwäche, um politische Entscheidungen zugunsten einiger heimischen Interessengruppen sowohl gegenüber ihren Bürgern als auch gegenüber den internationalen Gebern zu rechtfertigen. Wenn ihre Politik in der Bevölkerung auf Unzufriedenheit stößt, verweisen sie auf den extremen Druck für Reformen. Vor internationalen Institutionen wiederum rechtfertigen sie die partielle und selektive Implementierung von Policies, Pro­jekten und Programmen mit dem Hinweis auf den heimischen Druck.79

So kann auch die Selbstdarstellung als schwacher Staat eine „List“ der politisch Verantwortli­chen sein, um die Erwartungen der eigenen Bevölkerung oder internationaler Institutionen ab­wehren zu können. Damit zeigt sich gerade in seiner schwachen Repräsentation seine strategi­sche Stärke.80

2.4 Ein Resümee

Mit den vorliegenden Theorien werden unterschiedliche Aspekte postkolonialen Denkens deut­lich. Zusammenfassend kristallisieren sich hierbei vier Schwerpunkte heraus, welche sich ge­genseitig bedingen: Erstens wird deutlich, dass sich mit Ende des Kolonialismus mitnichten machtfreie Beziehungen zwischen den Staaten etablierten. Koloniale Strukturen wirken auch heute noch in politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Fragen nach. Dies wird zweitens bedingt durch den Rückgriff auf Diskurse, welche innerhalb des Machtgeflechts entstehen und somit Sprecherpositionen festlegen und manifestieren. Wissen und Erkenntnis werden in die­sem System als machtvolles Mittel eingesetzt, um über das Gegenüber zu verfügen. So kann von den mächtigeren Staaten auch heute noch imperiale Herrschaft ausgeübt werden. Deutlich wurde hierbei jedoch auch, dass der scheinbar schwächere Staat über Machtmittel verfügt, wel­ches er nicht als solches deklariert: In der bewussten Verschleierung seiner Kompetenzen kann er sich aus der Verantwortung ziehen und so Druck auf das Gegenüber ausüben. Für die Bezie­hungen innerhalb dieses Machtgefüges zeigen sich demnach drittens bestimmte Muster: Durch klare Zuschreibungen, ebenfalls bedingt durch die vorherrschenden Diskurse, wird aus der Per­spektive des „mächtigeren“ Staates das vermeintlich schwächere Gegenüber definiert. Über diese Kategorisierung entsteht das Eigene als ein Gegenbild. Entscheidend ist hierbei, dass diese Zuschreibungen Realität erzeugen können, auf deren Grundlage politische, wirtschaftli­che und kulturelle Entscheidungen getroffen werden. Die Theoretiker beschreiben viertens wie aus der Sicht der definierten schwachen Staaten die mangelhafte und defizitäre Fremdzuschrei­bung eine Selbstzuschreibung werden kann. Die Zuschreibung von außen überträgt sich auf die Wahrnehmung der eigenen Subjektivität und entwertet diese. Diese über Jahre eingeübte Selbstwahrnehmung beeinflusst somit die Handlungsfähigkeit von Individuen und Staaten. Die dargestellten Aspekte dienen einer detaillierten postkolonialen Analyse des vorliegenden Kon­fliktes und werden im Folgenden auch unter Bezugnahme auf die einzelnen Theoretiker aufge­griffen.

3 Einführung in Gesetzgebung und Geschichte

Das folgende Kapitel dient einer inhaltlichen Einführung in wesentliche Punkte der internatio­nalen Gesetzgebung sowie der Geschichte Australiens und Timor-Lestes. Beginnend bei den Aufgaben und Zielsetzungen der Vereinten Nationen (United Nations, UN) werden zum einen die auch für Timor-Leste relevanten Friedensmissionen erläutert und das seit dem 20. Jahrhun­dert weiterentwickelte Seerecht vorgestellt. Daran schließt die Vorstellung des Ständigen Schiedsgerichtshofes an, an welchem der vorliegende Konflikt zwischen Timor-Leste und Australien ausgehandelt wird. Im zweiten Teil des dritten Kapitels wird ein historischer Abriss zu Australien und Timor-Leste gegeben. Da die Auswirkungen der jahrhundertelangen Fremd­beherrschung Timor-Lestes für die anschließende Analyse des Konfliktes relevant sind, werden ausführlicher als für Australien Postkoloniale Herausforderungen für Timor-Leste in Abschnitt 3.4 dargestellt.

3.1 Internationales Recht

Das Interagieren souveräner Staaten fordert ein supranationales Recht in Friedens- und Kon­fliktzeiten. Das seit dem 17. Jahrhundert entwickelte Völkerrecht definierte bis zum Ersten Weltkrieg eine solche Grundlegung für die europäischen Staaten und die USA.81 Eine erste international friedenserhaltende Institution stellte der 1919 gegründete Völkerbund mit dem Internationalen Gerichtshof (IGH) als erstes internationales Gericht dar. Die fehlende Hand­lungsfähigkeit des Völkerbundes wurde mit dem Ausbrechen des Zweiten Weltkrieges deutlich und zeigte die Notwendigkeit einer bindenden weltfriedenserhaltenden Rechtsordnung.82

3.1.1 Vereinte Nationen, UN

3.1.1.1 Entstehung und Aufgaben

Die Verhandlungen für eine solche supranationale Organisation dauerten bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges an. Im Jahr 1945 begann die Geschichte der UN mit 51 Gründungsmit­gliedern. Bis heute sind der UN 193 Staaten beigetreten; sie stellt die einzige den Staaten über­geordnete Weltorganisation dar. Die am 24.10.1945 in Kraft getretene UN-Charta legt sechs Hauptorgane fest, unter anderem die Generalversammlung, den Sicherheitsrat, und den Inter­nationalen Gerichtshof.83 Ein zentraler Aspekt der UN wird in Artikel 2 der Charta mit der Aufforderung der Mitgliedstaaten deutlich, militärische Gewaltanwendungen zwischen Staaten zu unterlassen und friedliche Konfliktlösungen anzustreben und ihre nationalen Interessen dem gemeinsamen Ziel einer friedlichen Weltgemeinschaft unterzuordnen.84

3.1.1.2 Friedensmissionen der UN

Ein zentraler Aspekt der UN-Charta umfasst die Abwehr zwischenstaatlicher Konflikte. Seit 1948 veranlassten die UN 71 Friedenseinsätze: Der Einsatz in Timor-Leste 1999 ist als Teil dieser umfassenden Geschichte zu sehen. Das sogenannte „ peacekeeping“85 hatte sich seit 1948 in Konflikten zwischen nationalen Staaten entwickelt und versteht sich als ein nicht erzwunge­nes „[.] Verfahren der militärischen Friedenssicherung.“86 Wurde die zweite Generation mit ihren verstärkt multidimensionalen Einsätzen87 1988 noch mit dem Friedensnobelpreis ausge­zeichnet, geriet die dritte Generation88 unter starke Kritik: Das Scheitern dieser Einsätze warf ein negatives Licht auf die UN. Der Einsatz in Timor-Leste Ende der 1990er Jahre hob sich davon ab und gehört der vierten Generation der Friedensmissionen an. Denn die hier ausgeübte Form der Friedenskonsolidierung der UN („ post-conflict peacebuilding“89 ) zielte auf den Auf­bau stabiler Strukturen mit Blick ab. Die UN übernahm für Timor-Lestes als Übergangsregie­rung (UNTAET) für zwei Jahre erstmals Regierungsaufgaben eines Landes. Heute ist der Frie­denserhalt der UN durch das peacekeeping und peacebuilding gekennzeichnet.90

3.1.1.3 Das Seerecht

Seit dem letzten Jahrhundert wurden die See und ihre Ressourcen immer interessanter. Die Frage, wem die im Meer vorhandenen Reichtümer zustünden, befindet sich seit jeher in dem Spannungsverhältnis zwischen einem frei verfügbaren Meer für die Staatengemeinschaft oder zugewiesenen Bereiche für einzelnen Staaten. Mit der Entwicklung des Völkerrechts auch im wirtschaftlichen und sozialen Bereich kam es zu einer supranationalen Regelung der Meeres­bodennutzung. Das 1994 in Kraft getretene Seerechtsübereinkommen (United Nations Conven­tion on the Law of the Sea, UNCLOS) der UN stellt ein internationales Abkommen des Seevöl­kerrechts dar. Dieses wurde 1982 nach 25 Jahren Verhandlung auf der 3. Seerechtskonferenz der UN verabschiedet. Bis 2017 sind dem Übereinkommen 168 Mitglieder beigetreten: Indo­nesien gehört seit 1986, Australien seit 1996 und Timor-Leste seit 2013 zu den Vertragsstaa- ten.91 In der Geschichte der UN stellt UNCLOS das einflussreichste multilaterale Abkommen dar, welches die Genfer Seerechtskonventionen von 1958 ablöst und die auf dem Meer gelten­den Rechte zwischen den einzelnen Staaten definiert.92 Insbesondere die Regulierung unter­schiedlicher wirtschaftlicher Interessen, wie zum Beispiel Fischfang, Schifffahrt oder der Ab­bau von Ressourcen, stehen dabei im Vordergrund. UNCLOS definiert unterschiedliche Zonen mit jeweiligen Rechtsansprüchen, welche den Staaten mit wachsender Distanz zur Küste immer weniger Souveränität zuweisen:

[D]ie Hoheitsmacht eines Staates [...] reicht von voller territorialer Souveränität (Innere Gewässer) über eingeschränkte „aquitoriale“ Souveränität (Küstenmeer) bis zur funktional begrenzten Hoheits­macht (Ausschließliche Wirtschaftszone, AWZ und Festlandsockel).93

Die bis zu 200 Seemeilen von der Basislinie eines Staates verlaufende AWZ sowie der Fest­landsockel sind nicht Teil des Staatsgebietes, die Rechte des Küstenstaates beziehen sich aus­schließlich auf den Abbau von Ressourcen. Beansprucht ein Staat aufgrund geologischer Fak­toren einen größeren Festlandsockel als 200 Seemeilen von seiner Basislinie, muss es diese vor der UN nachweisen.94 Liegen Staaten dichter als 200 Seemeilen voneinander entfernt, legen Grenzabkommen oder gemeinsame Kooperationszonen die jeweiligen Rechte fest. Diese Ab­kommen werden auf Grundlage des internationalen Seerechts in zwischenstaatlichen Verhand­lungen vereinbart. Dabei weisen der australische Geograph Clive Schofield und der indonesi­sche Geophysiker I Made Andi Arsana auf zwei unterschiedliche Entscheidungspraktiken be­züglich der Aufteilung der Meeresgrenzen hin: Erstere bezieht sich auf die geologischen Gege­benheiten des Meeresbodens. Diese natürlichen Faktoren bestimmen die Breite des Festlandso­ckels und damit auch die Rechte der einzelnen Staaten. Die zweite Praxis richtet sich nach der mathematisch exakt errechneten Mittellinie zwischen den Küsten der beiden Länder. Auch wenn diese Vorgehensweise nicht explizit in UNCLOS benannt wird, ist sie aufgrund ihrer möglichen Objektivität die gegenwärtig gebräuchlichste Methode um Grenzen zu verhandeln. In Grenzverhandlungen stellen sie oftmals den Ausgangspunkt der Verhandlungen dar.95

3.1.2 Ständiger Schiedsgerichtshof

Neben dem IGH der UN existierte bereits seit dem Haager Abkommen96 Anfang des 20. Jahr­hunderts der Ständige Schiedsgerichtshof in Den Haag. Er dient der „[.] schiedsgerichtlichen Erledigung von internationalen Streitfragen“97 und soll eine friedliche Klärung von Streitfällen zwischen Staaten verfolgen. Da er kein Schiedsgericht darstellt, ist er „[.] keine unmittelbar handlungsfähige Spruchinstanz.“98 Seine Aufgabe ist es, Ansprechpartner für die Konfliktpar­teien zu sein und ihnen bei der Organisation und Durchführung von Schiedsgerichtsverfahren zu helfen. Mithilfe einer Liste der Schiedsrichter werden die Richter für den jeweiligen Fall ausgewählt. So bietet der Ständige Schiedsgerichtshof den Parteien eine höhere Flexibilität be­züglich der Richterauswahl und der Dauer des Verfahrens als der IGH. Wie im Folgenden dar­gestellt wird, klagte Timor-Leste Australien vor dem Ständigen Schiedsgerichtshof in Den Haag an und strebt somit eine Klärung des Konfliktes um die Öl- und Gasvorkommen in der Timorsee mit Australien an.99

3.2 Australien

Australien stellt mit 7,7 Millionen Quadratkilometern den kleinsten Kontinent dar. Es zählte im Jahr 2016 etwa 24,36 Millionen Einwohner und weist damit trotz der stark urbanisierten Groß­städte eine sehr dünne Besiedelung auf.100 Im Folgenden wird die Geschichte des australischen Kontinents mit Blick auf die im 18. Jahrhundert etablierten kolonialistischen Strukturen und ihren Auswirkungen bis in das 21. Jahrhundert dargestellt.

3.2.1 Anfänge der Besiedelung bis zur Kolonisierung

Australien wurde früh besiedelt: Etwa 60 000 v.Chr. erreichten Aborigines101 aus Ostafrika das Land. Die europäische Wissenschaft war sich schon seit der Antike über unentdecktes Land auf der Südhalbkugel einig, erst im 16. Jahrhundert entdeckten europäischen Seefahrer das Land. Der britische Seefahrer James Cook [1728-1779] gründete 1770 die erste Kolonie New South Wales. Die europäische Kolonisierung ab Ende des 18. Jahrhunderts stellte für die autochthone Bevölkerung eine tiefe Zäsur dar.102 Von Beginn an wurde die europäische Einwanderung nach Australien von oberster Stelle reguliert. Nach der Unabhängigkeit Nordamerikas benötigte Großbritannien einen neuen Ort für seine Strafgefangenen, weshalb Sträflingstransporte die erste Phase der „weißen Einwanderung“103 prägten. Die zweite Einwanderungsphase wurde be­stimmt durch britische Zuwanderer, welche eine neue Existenz aufbauen und das Britische Em­pire in Übersee stärken wollten. Die Ausreisewilligen wurden von der britischen Regierung in Hinblick auf eine ähnliche Bevölkerungsstruktur von Großbritannien und Australien ausge­wählt. Wirtschaftlich erlebte die junge Kolonie so einen Aufschwung, welcher zwischen 1825 und 1859 die Gründung fünf weiterer Kolonien nach sich zog. Der Goldrausch Mitte des 19. Jahrhunderts verstärkte das Bild Australiens als ein Erfolg und Reichtum versprechendes Land und die Zuwanderung aus Großbritannien stieg bis 1860 auf 1.446.000 Personen an. Die Zuge­wanderten stellten ein enormes Entwicklungspotential dar, gleichzeitig wurde von ihnen erwar­tet, dass sie sich an die etablierten gesellschaftlichen Strukturen anpassten.104

3.2.2 Australien im 20. Jahrhundert

Bis in das 20. Jahrhundert blieb eine tiefe Verbundenheit und Abhängigkeit zu dem britischen Mutterland bestehen. Ein wichtiger Schritt in Richtung Unabhängigkeit bildete 1901 die Fusion der sechs bis dahin gegründeten Kolonien zum Australischen Bund. Australien wurde somit eines der ersten souveränen Staaten, welche aus Kolonien erwachsen war und nach der Grün­dung selbst eine „Kolonial- und Schutzmacht“105 wurde. Australien sah sich „[...] als misplaced continent, als europäisches Land am falschen Platz.“106 Die Zuwanderungspolitik wies somit noch immer koloniale Muster auf: Der „ Immigration Restriction Act“107 von 1901 begründete die „ White Australia Policy“108 , welche asiatische Einwanderungsgruppen ausschloss und sich weiterhin auf eine britische Einwanderung konzentrierte.109 Ziel dieser Politik war es, der hohen Bevölkerung Asiens eine ebenfalls beachtliche Zahl Europäer gegenüberzustellen. Die Kampf­handlungen des Ersten und Zweiten Weltkrieges an der Seite Großbritanniens erwiesen sich als Ernüchterung für Australien und trugen zur Unabhängigkeit bei: Die australische Innen- und Außenpolitik erlebte damit eine neue Orientierung. Die bis 1945 auf Großbritannien fokussierte Einwanderungspolitik erreichte ihre Grenzen, wirtschaftlich und militärisch bestand jedoch weiterhin Bedarf an Bevölkerungszuwachs.110 Eine Kampagne von 1947 warb somit in weite­ren europäischen Ländern für eine Einwanderung nach Australien. Wieder wurde diese Zuwan­derung reguliert: Ausschlaggebend war nun die Qualifikation des Einzelnen.111 Verstärkt öff­nete sich die Zuwanderungspolitik auch für asiatische Einwanderungsgruppen, seit den 1980er Jahren kommt ein Großteil der Einwandernden aus asiatischen Ländern.112 Mit dieser erneuten Ausweitung der Einwanderungspolitik wurde das australische Selbstverständnis mit einer wachsenden multikulturellen Gesellschaft konfrontiert. Die Einrichtungen staatlicher Struktu­ren zur Vereinfachung der Integration113 erhoben den „Multikulturalismus [...] zur Staatsdokt­rin und zur Grundlage der nationalen Identität der australischen Gesellschaft.“114 Von den Zu­wanderern werden dennoch ein hohes Maß an Integrationsbereitschaft und Akzeptanz australi­scher Werte und Normen gefordert. Finanzielle Unterstützung durch den Staat wird in den ers­ten Jahren der Zuwanderung nicht vergeben. In der aktuellen Einwanderungspolitik werden trotz des etablierten multikulturellen Selbstverständnis Australiens immer wieder kritische Stimmen laut: Die Debatte kreist um Themen wie der Frage nach einer möglichen Gefahr von außen, Überfremdung und Kriterien zur Einwanderung. 1992 beschloss die australische Regie­rung ein Gesetz über die Inhaftierung illegal eingereister Flüchtlinge.115 Diese strikte Einwan­derungspolitik beschädigte das Bild Australiens als tolerantes Zuwanderungsland internatio- nal.116

[...]


1 BBC News 2016: ohne Seitenangabe (o. S).

2 Magalhäes 2015:31.

3 Vgl. Do Mar Castro Varela/Dhawan 2015:8-14.

4 Vgl. Auswärtiges Amt 2015. Die Angabe der Einwohnerzahl beruht auf einer Schätzung für 2014.

5 In der folgenden Arbeit wird unabhängig von der jeweils historisch-zeitlichen Benennung der Insel durchgängig von Timor-Leste gesprochen, der amtlich deutschen Bezeichnung seit seiner Gründung 2002. Alternativ dazu ist auch die Bezeichnung Repúblika Demokrátika Timór Loro Sa'e auf Tetum oder República Democrática de Timor-Leste auf Portugiesisch gebräuchlich (vgl. Lexas 2017: o.S.). Als Adjektiv wird osttimoresisch verwendet - oder wenn eine Verwechslung mit Westtimor auszuschließen ist auch timoresisch.

6 Vgl. Scheiner 2015:73.

7 Soweit bekannt werden in den eckigen Klammern die Geburtsdaten der erwähnten Persönlichkeiten genannt. Die in runden Klammern angegebenen Jahreszahlen stehen für die Amtszeit von Politikern.

8 Osterhammel 2009:21.

9 Als eine der schwerwiegendsten Konsequenzen sieht Osterhammel das Übertragen des europäischen Staatenge­bildes auf die zumeist eher „informell, personal, kultisch-religiös eingebettet[en]“(2009:76) vorkolonialen Herr­schaftsstrukturen: Der von Säkularisierung und Militär gekennzeichnete Kolonialstaat etablierte Herrschaftsfor­men, die „in Verbindung mit vorkolonialen, aber nun ihrer religiösen Sanktionierung beraubten Traditionen der Selbstherrschaft“ (Osterhammel 2009:76) die Bildung autoritärer Systeme förderte. Politische Krisen hervorge­rufen durch das Fehlen von Demokratie oder Rechtstaatlichkeit sind so nicht abgelöst von der kolonialen Ver­gangenheit zu sehen (vgl. Osterhammel 2009:76).

10 Die Dekolonisation vollzog sich in drei Etappen; die letzte Phase der Dekolonisation wird nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges verortet. Für einen ausführlichen geschichtlichen Abriss der Dekolonisation siehe Eckert 2009:4-19 sowie Eckert 2006:86-94.

11 Eckert 2009:4.

12 Im Unterschied zu der in der Literatur häufig verwendeten Begrifflichkeit „indigen“ wird im Folgenden der Begriff autochthon [altgriech.,‘alteingesessen‘] verwendet. Dieserbetont die Tatsache, dass die Bevölkerungs­gruppe vor einer anderen im Land war und impliziert nicht wiebei der Bezeichnung indigen das Antonym zivi­lisiert (vgl. Minderheitensekretariat 2017: o.S.).

13 Vgl. Eckert 2009:4-5; Eckert 2006:2-10; Kerner 2012,23-25; Osterhammel 2009:8-21+63-76.

14 Vgl. Kerner 2012:43-47; McLeod 2012:38-39.

15 Mar Castro Varela/Dhawan 2015:45.

16 Fanon 1981:29.

17 Ebd.:30.

18 Vgl. Dirlik 2010:34-35; Fanon 1981:29-141; Kerner 2012:44-45.

19 Kraft/Lüdtke 2010:9. Bis in die späten 1970er Jahre war die westliche Geschichtsschreibung der Kolonisation geprägt durch die Darstellung der Eroberer und der nationalen Kolonialreiche sowie durch eine klare Dichoto- misierung der Beziehung von Kolonisatoren und Kolonisierten.

20 Kerner 2012:12.

21 Hall 2002:204.

22 Mc Leod 2012, 6.

23 Vgl. Kraft/Lüdtke 2010:9-16; Kerner 2012:41-54, McLeod 2012:5-6; Osterhammel 2009:29-31; Werz 2010:113.

24 Hall 2002:213-214.

25 Kerner 2012:9.

26 Vgl. Kerner 2012:9; McLeod 2012:38-39.

27 Bezüglich einer kritischen Auseinandersetzung zur Abgrenzung dekolonialer Theoretiker von postkolonialen Studien siehe Dhawan/Mar Castro Varela 2015:318-326. Eine differenziertere Unterscheidung post- und dekolo- nialer Strukturen wird in Abschnitt 2.3.3 Machtgeflecht kolonialer Strukturen vorgenommen.

28 Die Bezeichnung subaltern [lat.: nachgestellt, untergeordnet, abhängig] wurde von der Subaltern Studies Group aufgegriffen und wurde in diesem Zusammenhang insbesondere durch den Essay der postkolonialen Theoreti­kerin Gayatri Chakravorty Spivak [*1942] Can the Subaltern speak? bekannt (vgl. Kerner 2012:103-112).

29 Der Literaturwissenschaftler verstand sich selbst gleichzeitig auch als politischer Aktivist.

30 Die deutsche Ausgabe erschien erstmals 2009 unter dem Namen Orientalismus. Im Folgenden wird Bezug ge­nommen auf die 4. Auflage von 2014.

31 Mar Castro Varela/Dhawan 2015:94.

32 Ebd.:94. Epistemisch [altgriech.: Wissenschaft] bezieht sich auf das Wissen, epistemische Gewalt meint somit „[.] diejenigen gesellschaftlichen (Re-)Produktionsverhältnisse und -mechanismen gemeint, die dazu führen, dass Angehörige sozial marginalisierter Gruppen in gesellschaftlichen Aushandlungsprozessen nicht gehört oder nur als Repräsentantinnen und Repräsentanten der vermeintlich ,Anderen‘ wahrgenommen werden.“ (Christ 2017: o.S.)

33 Der von Europa konstruierte Deutungsrahmen für den Orient bezieht sich auf das Gebiet des „[.] heutigen Nahen und Mittleren Osten, einige semitische Gesellschaften sowie Südostasien“ (Mar Castro Varela/Dhawan 2015:96). Said definiert die Begrifflichkeiten wie folgt: „Ich verwende den Begriff Orientalismus als allgemei­nen Rahmen für die westliche Herangehensweise an den Orient, der auch die daraus erwachsenden Träume, Bilde rund Redefiguren umreißt. Im Unterschied dazu ist die Orientalistik eine wissenschaftliche Disziplin mit dem Auftrag, den Orient systematisch in Lehre, Forschung und Praxis zu erfassen. Beide Zugangsweisen ergän­zen einander, und dank dieses Rückhalts konnte Europa siegessicher und keineswegs nur im metaphorischen Sinne gegen den Orient vorgehen“ (Said 2014:91).

34 Kerner 2012:68.

35 Said 2014:114-115.

36 Vgl. Mar Castro Varela/Dhawan 2015:101; Sarasin 2005:154-155.

37 Mar Castro Varela/Dhawan 2015:101-102.

38 Said 2014:13.

39 Ebd.:55.

40 Ebd.:187.

41 Ebd.:53-54.

42 Vgl. Kerner 2012:67-71; Mar Castro Varela/Dhawan 2015:91-96; Said 2014:13-16.

43 Die vorliegende Ausgabe auf Deutsch wurde 2010 veröffentlicht, die erste Ausgabe erschien 2000 unter dem Namen Provincializing Europe.

44 Chakrabarty 2010:45.

45 Ebd.:10.

46 Ebd.:62.

47 Ebd.:14.

48 Ebd.:14.

49 Vgl. ebd.:10-45.

50 Insbesondere Vertreter der Lateinamerikaforschung beziehen sich auf Quijano und sein Konzept der Kolonialität und distanzieren sich dabei bewusst von postkolonialen Studien, welche, so die Kritik, vorwiegend im und für den asiatischen und afrikanischen Raum entstanden sind. In ihren nun dezidiert dekolonialen Studien fokussieren sie bewusst die historischen Unterschiede der (De-)Kolonisation Lateinamerikas. Darüber hinaus kritisieren sie die nicht konsequente Umsetzung neue Wissensformate postkolonialer Studien und hinterfragen ihre Bezug­nahme auf Theoretiker wie Foucault oder Derrida. Diesen Vorwurf bewerten Dhawan und Mar Castro Varela als nicht gerechtfertigt, sehen sie doch sowohl bei postkolonialen Theoretikern die Bezugnahme auf nicht-west­liche Theorien, als auch bei den dekolonialen Theoretikern Verweise auf westliche Konzepte (vgl. Dhawan/Mar Castro Varela 2015: 318-326). Die Gemeinsamkeit der beiden Ansätze ist in der grundlegenden Überlegung zu sehen, wie Europa sich selbst ins Zentrum setzte und somit ein Innen und Außen schuf. Der bedeutende Unter­schied ist das Selbstverständnis des Dekolonialismus als intervenierendes System, welches aktiv in die Wissen­schaft und Gesellschaft eingreifen möchte (vgl. Kastner/Waibel 2016:20-23).

51 Quijano 2016:31.

52 Grosfoguel 2010:318.

53 Ebd.:319.

54 Vgl. ebd.:314-320.

55 Mignolo, der zunächst als postkoloniale Theoretiker bekannt wurde, distanzierte sich später von dieser Etiket­tierung und bezeichnete sich seitdem als dekolonialer Theoretiker: „Kolonialität und Dekolonialität führen zu einem Bruch mit Postmoderne und Postkolonialität. [.] „Der dekoloniale Umsturz ist ein Projekt der epistemi- schen Entkoppluing im Bereich des Sozialen [.]. Postkoloniale Kritik und Kritische Theorie dagegen sind Transformationsprojekte, die vor allem in den Akademien Europas und der USA am Werk waren und sind [.]“ [Mignolo 2016:53-54].

56 Mignolo 2016:48.

57 Kerner 2012:91.

58 Vgl. ebd.:91-92.

59 Ebd.:92.

60 Ebd.:94.

61 Mignolo 2016:92.

62 Ebd.:92.

63 Dieses Werk erschien 2016 unter dem Namen Epistemischer Ungehorsam auf Deutsch und stellt die vorliegende Ausgabe dar.

64 Mignolo 2016:202.

65 Ebd.:202.

66 Vgl. Mignolo 2009, o.S.

67 Kastner/Waibel 2016:28

68 Mignolo 2016:55.

69 Vgl. Kastner/Waibel 2016:24-29; Kerner 2012:90-95; Mignolo 2016: 55-56+165-169.

70 Said analysiert die US-Einsätze als sehr schnelle, nicht dauerhafte Eingriffe. Den Ursprung dieser Art der Ein­flussnahme sieht er in der Geschichte der USA, in welcher sich im Gegensatz zur französischen und britischen Kolonialgeschichte „[.] nie eine eigene Tradition der exterritorialen direkten Herrschaft etabliert[e]“ (Kerner 2012:138).

71 Vgl. Kerner 2012:135-143; Mar Castro Varela/Dhawan 2015:99-100; Said 2014:327-376.

72 Burbank/Cooper 2012:403.

73 Ebd.:542.

74 Sachs 1993:12.

75 Mar Castro Varela/Dhawan 2015:121.

76 Vgl. Burbank/Cooper 2012:403-408+535-543; Sachs 1993:7-14+89-98.

77 Randeria 2009:214.

78 Ebd.:214.

79 Ebd.:217.

80 Vgl. Kerner 2012: 59-60; Randeria 2009: 211-218.

81 Auch wenn die Gleichheit der einzelnen Staaten Grundgedanke dieser Rechtsordnung war, konnte durch eben dieses Völkerrecht der Kolonialismus legitimiert werden: Die asiatischen und afrikanischen Länder wurden als „Niemandsland“ erklärt und galten so als frei verfügbares Land (vgl. Mahlmann 2015: o.S.).

82 Vgl. Abendschein-Angerstein 2015:10; Mahlmann 2015: o.S.; Märker/Wagner 2005:3-10. Für weiterführende Hinweise bezüglich des Scheiterns des Völkerbundes siehe Märker/Wagner 2005:5-6.

83 Vgl. Hüfner 2005:10-18 für weiterführende Informationen bezüglich des Systems der VN. Aufgrund der Macht­konstellation der Staaten im Jahr 1945 wurden die Konzeption der VN vor allem von amerikanischen, russischen und englischen Interessen geprägt. Gemeinsam mit China und Frankreich übernahmen sie die Position der Frie­densbewahrung und sicherten sich gleichzeitig strukturelle Privilegien. Im zentralen Organ der VN, dem Sicher­heitsrat, bekamen diese fünf Nationen einen ständigen Sitz und verfügen bis heute über ein Vetorecht. Die 10 nichtständigen Mitglieder werden jeweils auf zwei Jahre gewählt (vgl. Gareis 2011a:4-7). Die Regierungsabge­ordneten aller Mitgliedsstaaten bilden die Generalversammlung. Hier wird über Änderungen der Charta, über die Neuaufnahme von Staaten sowie den neuen Generalsekretären entschieden. (vgl. WissenDigital o.J.: o.S.)

84 Vgl. BpB 2010: o.S.; Hüfner/Volger 2015:2;Gareis 2011:4-12. Dabei stellt die Frage nach der Souveränität der Mitglieder bis heute ein Spannungsfeld der UN dar. Immer wieder ist es vonnöten den Einfluss- und Machtbe­reich zwischen UN und den einzelnen Mitgliedstaaten zu definieren; insbesondere dann, wenn ein Land nicht bereit ist, Verletzungen der Menschenrechte in seinem eigenen Territorium zu regulieren und sich beispielsweise gewaltpräventiven Maßnahmen unterzuordnen. Folglich ist die Handlungsfähigkeit der VN stark abhängig von der Kooperation der Mitgliedstaaten (vgl. Gareis 2011:8+17). Für eine detaillierte Auseinandersetzung zum Souveränitätsbegriff siehe Hüfner/Volger 2015:6 und Tönnies 2005:39-46.

85 Gareis 2011:21.

86 Ebd.:21. Die klassische Form des peacekeeping umfasst die als „Blauhelm“-Einsätze bekannt gewordenen Mis­sionen, welche vom Sicherheitsrat als Beobachter und Vermittler in Krisengebiete entsendet werden. Grundle­gend sind dabei: das Einverständnis beider Konfliktpartner, die Neutralität der „Blauhelme“ und der Einsatz militärischer Mittel ausschließlich als Selbstverteidigung. (vgl. DGVN 2017: o.S.; Gareis 2011:21-22).

87 Nach dem Ende des Kalten Krieges erhöhte sich nicht nur die Anzahl der vom Sicherheitsrat beschlossenen Einsätze, auch die zu bewältigenden Aufgaben wurden vielfältiger. Zusätzlich zu den klassischen Aufgaben der Friedenssicherung, wurden die sogenannten multidimensionalen Einsätze z.B. auch bei der Begleitung von Wah­len oder der Unterstützung beim Aufbau institutioneller Strukturen eingesetzt (vgl. BICC 2011: o.S.).

88 Die neutralen Blauhelmeinsätze waren in den bürgerkriegsähnlichen Konflikten der 1990er Jahren nicht in der Lage, für einen nachhaltigen Frieden zu sorgen. Um die für den Friedenserhalt notwendigen sicheren Strukturen zu schaffen, hob der Sicherheitsrat das generelle Gewaltverbot auf und begründetet das „robuste“ (Kühne 2005:27) peacekeeping. Indem die Einsatztruppen den Frieden, welchen sie sichern sollten, zunächst erzwingen mussten, wurden sie selbst zur Konfliktpartei (vgl. Gareis 2011:23; Kühne 2005:27).

89 Gareis 2011:23. Peacebuilding zeichnet sich insbesondere durch eine geringere Bedeutung des Militärs aus.

90 Vgl. BICC 2011a: o.S.; Gareis 2011:21-24; Hüfner/Volger 2015:5; Kühne 2005:25-28; UNRIC 2017:1.

91 Vgl. Auswärtiges Amt 2017: o.S.

92 Dazu gehört die „Abgrenzung der verschiedenen Meereszonen wie Küstenmeer, Anschlusszone, Meerengen, Archipelgewässer, ausschließliche Wirtschaftszone, Festlandsockel, Hohe See; Nutzung dieser Gebiete durch Schifffahrt, Überflug, Rohr- und Kabelverlegung, Fischerei und wissenschaftliche Meeresforschung; Schutz der Meeresumwelt; Entwicklung und Weitergabe von Meerestechnologie; Regelung des Meeresbodenbergbaus; Streitbeilegung, insbesondere Errichtung des Internationalen Seegerichtshofes“ (Auswärtiges Amt 2017: o.S.).

93 Lehmköster 2010:202. Siehe dazu Abbildung 2 im Anhang aus dem World Ocean Review.

94 Vgl. Lehmköster 2010: 200-207.

95 Vgl. Schofield/Arsana 2007:68-71.

96 Das Haager Abkommen reguliert Maßnahmen für eine Kriegssituatin zwischen einzelnen Ländern und ist somit Teil des Kriegsrechts. Die ersten Verträge wurden 1899 und 1907 geschlossen (vgl. Bpb Lexikon 2017: o. S.).

97 Universal-Lexikon 2012: o.S., Stichwort: Ständiger Schiedsgerichtshof.

98 Dwornig 2016: o.S.

99 Vgl. Dwornig 2016: o.S.; Universal-Lexikon 2012: o.S., Stichwort: Ständiger Schiedsgerichtshof.

100 Vgl. Dieter 2012b:26-29:36-40; IMF Statista 2017: o.S.

101 Als halbnomadisch lebendes Volk verteilten sich die Aborigines über den Kontinent. Ihre Lebensform passte sich optimal an das Klima und die Beschaffenheit des Bodens an. Die zweite große Bevölkerungsgruppe, die Torres-Strait Insulaner, bewohnten die nördlichen Inseln und lebten hauptsächlich von Fischfang (vgl. Voigt 2011:42).

102 Vgl. Biedermann/Dieter 2012:54-59; Darian-Smith 2012:98; Dieter 2012c:418-419; Voigt 2011:3-7.

103 Biedermann 2012:245.

104 Vgl. Biedermann 2012:244-247; Biedermann/Dieter 2012:59-72; Voigt 2011:3-7.

105 Voigt 2011:5.

106 Biedermann 2012:247.

107 Ebd.:247.

108 Ebd.:261.

109 Maßgeblich für die Einwanderungsregulierung der White Australia Policy war bis 1958 ein zu absolvierendes Diktat in einer jeweils ausgewählten europäischen Sprache. Durch die entsprechende Wahl einer Sprache wurde sowohl die Zuwanderung Englisch sprechender Zuwanderer aus dem asiatischen Raum verhindert, als auch aus bestimmten unerwünschten europäischen Ländern (vgl. Biedermann 2012:248).

110 In diesem Rahmen wurden noch bis 1970 britische Waisenkinder oder Kinder aus sozial schwachen Familien nach Australien zwangsumgesiedelt. Grundgedanke war dabei, dass Australien als „weißes“ Land bestehen bliebe (vgl. Biedermann 2012:255).

111 Seit den 1970ern Jahren wird diese „skilled migration policy“ immer weiter zugespitzt. Ein Punktesystem ermittelt, inwiefern die Einwanderung nützlich für Australien sei (Biedermann2012:268-289).

112 Die White Australia Policy und der damit verbundene Rassismus gegenüber nichtweißen Einwanderungsgrup­pen erfuhr insbesondere aus intellektuellen Kreisen Kritik. Das Ende der „rassistisch motivierte[n] Einwande­rungspolitik“ (Biedermann 2012:264). 1973 unter Gough Whitlam ist jedoch auch auf den Wirtschaftsauf­schwung Asiens zurückzuführen. Die erste australische Zuwanderung erfolgte 1975 mit den Bootsflüchtlingen aus Vietnam (vgl. Biedermann 2012:262-264).

113 Grundlegend war hierfür der Galbally-Bericht, welcher konkrete Leitlinien für eine gelungene Einwanderungs­politik formulierte, wie zum Beispiel Sprachunterricht für Erwachsene (vgl. Biedermann 2012:264-265, Galbally 1978:1-12).

114 Biedermann 2012:265.

115 International diskutiert wurde hierbei das Vorgehen im Falle der 500 in Seenot geratenen asiatischen Flücht­linge. In einem Containerschiff gerettet, wurde ihnen kein Einlaufen in australische Hoheitsgewässer gewährt (vgl. Biedermann 2012:274-275).

116. Vgl. Biedermann 2012:248-275; Biedermann/Dieter 2012: 75-88; Voigt 2011:3-7.

Ende der Leseprobe aus 91 Seiten

Details

Titel
Postkoloniale Betrachtung der Fremdbeherrschung Timor-Lestes. Die Auseinandersetzung zwischen Timor-Leste und Australien um die Öl- und Gasressourcen in der Timorsee
Hochschule
Universität zu Köln  (Humanwissenschaftliche und Philosophische Fakultät)
Veranstaltung
Postkoloniale Theorien
Note
1,0
Autor
Jahr
2017
Seiten
91
Katalognummer
V516864
ISBN (eBook)
9783346109934
ISBN (Buch)
9783346109941
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Timor-Leste, Australien, Internationaler Schiedsgerichtshof Den Haag, Postkoloniale Strategien
Arbeit zitieren
Anna Diekmeyer (Autor:in), 2017, Postkoloniale Betrachtung der Fremdbeherrschung Timor-Lestes. Die Auseinandersetzung zwischen Timor-Leste und Australien um die Öl- und Gasressourcen in der Timorsee, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/516864

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