Constant Proportion Portfolio Insurance (CPPI). Konzeption, Aufbau und Anwendung
Seminararbeit 2020 37 Seiten
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Symbolverzeichnis
1 Einleitung
2 Constant Proportion Portfolio Insurance (CPPI)
2.1 Konzeption und Aufbau derCPPI-Strategie
2.2 DeklarationderVariablenundFormeln
2.3 Geeignete Wahl der Startparameter
2.4 Zusammenhang mit Optionsstrategien
3 Anwendung der CPPI-Strategie auf Fallbeispiele
3.1 PräliminarienfürdieAnwendunginderPraxis
3.2 Beispielszenario: Steigendes Marktumfeld
3.3 Beispielszenario: Fallendes Marktumfeld
3.4 Beispielszenario: Volatiles Marktumfeld
3.5 Vergleich der Ergebnisse
4 Weitere Strategien der Portfolio Insurance
4.1 EinordnungvonWertsicherungsstrategien
4.2 StatischeStrategien
4.3 DynamischeStrategien
5 Fazit
Anhang
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabellenverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Symbolverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
Immer wieder rufen große Börsencrashs Verunsicherung bei Kapitalanlegern hervor. Starke Kursrückgänge innerhalb weniger Monate, wie dies 1987 am Schwarzen Montag, 2000-2002 durch die Dotcom Blase und zuletzt 2008 durch die Finanzkrise der Fall war, haben den Investoren immer wieder vor Augen geführt, dass ein Anlageportfolio erhebliche Risiken birgt und dieses massiven Marktschwankungen ausgesetzt sein kann.1
Bereits 1956 haben Versicherungsgesellschaften in England begonnen, Versicherungspolicen gegen Marktrisiken anzubieten.2 Der Begriff Portfolio Insurance (PI) tauchte in diesem Zusammenhang zum ersten Mal in Leland und Rubinstein (1976) auf.3 Der Einsatz von Wertsicherungsstrategien etablierte sich jedoch erst ab Anfang der 1980er Jahre, vor allem in den USA, bis sie schließlich im Jahr 1987 einen Höhepunkt an Popularität erreichten, als sich der erste weltweite Börsencrash nach dem Zweiten Weltkrieg ereignete.4 Immer wieder sind PI-Strategien seither in die Kritik geraten, weil ihnen nachweislich eine destabilisierende Wirkung auf den Aktienmarkt zugeschrieben wurde.5 Jedoch kann man heute anhand von langfristigen Analysen behaupten, dass der richtige Einsatz der Strategien ein hilfreiches Instrument im Rahmen der Gesamtanlagekonzeption für Portfolios darstellt, da sie einen wichtigen Schutz vor systematischen Kapitalmarktrisiken bieten können.
Anleger sind an Strategien interessiert, die es ermöglichen, eine Portfoliomindestrendite zu sichern (downside protection) und gleichzeitig die Partizipationschancen an einer positiven Kapitalmarktentwicklung (upside participation) zu wahren.6 Rückblickend ist zu beobachten, dass in den Jahren nach größeren Börsenbeben das Interesse an Versicherungen für Portfolios stets gewachsen ist.
Mit den Arbeiten von Perold (1986) und Black/Jones (1987) wurde der Grundstein der Wertsicherungsstrategie gelegt, auf welche die vorliegende Arbeit eingeht.7 Constant Proportion Portfolio Insurance (CPPI) erfreut sich seither großer Beliebtheit und wird von Fondsmanagern wie auch Privatanlegern angewendet, um sich gegen Marktrisiken abzusichern. Das Risiko des Marktes lässt sich dabei in zwei Bereiche unterteilen: Unsystematische Risiken, die durch Diversifikation reduziert werden können und systematische Risiken, denen durch PI begegnet werden soll.8
2 Constant Proportion Portfolio Insurance (CPPI)
2.1 Konzeption und Aufbau der CPPI-Strategie
Die CPPI-Strategie zeichnet sich dadurch aus, dass sie sehr einfach anzuwenden ist. Sie wird vor allem dann gewählt, wenn ein Einsatz von derivativen Finanzinstrumenten nicht möglich oder nicht zulässig ist.9 Die CPPI- Strategie gehört, wie auch die Synthetische-Put-(SP)-Strategie, zu den dynamischen Ansätzen der PI-Strategien.10 Doch im Gegensatz zur SP-Stra- tegie muss bei CPPI zurAbsicherung kein Put repliziert werden.11
CPPI sieht vor, das Portfolio in zwei Teile aufzuteilen. Eines davon ist ein risikobehaftetes Asset, z. B. Aktien, das andere ein risikofreies, welches in Tagesgeld oder auch kurzfristige Anleihen geschichtet wird.12
Die Grundlage der Entscheidungsfindung ist nicht die Größe der Aufteilung in die beiden Assets, sondern die Festlegung einer Vermögensuntergrenze.13 Die Grenze befindet sich unterhalb des Vermögenswertes und sollte nur so viel unterhalb des Vermögensanfangswerts (V) liegen, dass es die Risikoaversion des Anlegers zulässt, den bei negativer Marktentwicklung resultierenden Endvermögenswert zu verkraften.14 Die Untergrenze trägt in der englischsprachigen Literatur die Bezeichnung Floor (F) und wird nachfolgend übernommen. Nachdem der Floor zu Beginn einmalig festgelegt wird, sieht CPPI vor, das Portfolio in regelmäßigen Zeitabständen oder nach bestimmten Ereignissen, wie prozentuale Veränderungen, umzuschichten, damit er nie unterschritten wird. Dies unterscheidet CPPI von der Time-Invariant Portfolio Protection (TIPP), bei welcher der Floor im Zeitablauf zur Absicherung der bereits erwirtschafteten Gewinne angepasst wird.15
Der zweite wichtige Startparameter im Modell ist der Multiplikator (M), welcher die Risikoaversion des Anlegers widerspiegelt und die Aufteilung des Assets mitbestimmt.16 Zudem muss zu Beginn des Anlagezeitraumes des-sen Länge und die Umschichtungszeitpunkte, an denen die Assetaufteilung neu ausbalanciert wird, festgelegt werden. Ob dies in regelmäßigen Abständen oder beim Überschreiten eines bestimmten Schwellenwerts passiert, kann individuell festgelegt werden, sollte aber für den gesamten Anlagezeitraum beibehalten werden. Die effektivste Strategie ließe sich erreichen, wenn das Portfolio kontinuierlich umgeschichtet werden würde. Doch Transaktionskosten würden diese Vorgehensweise aktuell unbezahlbar machen.17 18 19 Zwei weitere Parameter im Modell der CPPI-Strategie sind das Cushion (C t) und das Exposure (E t), die sich nach der Festlegung der beiden Startparameter F und M und dem gegebenen Vermögensbestand (V t), wie in folgendem Kapitel beschrieben, berechnen lassen.
2.2 Deklaration derVariablen und Formeln
Im vorigen Kapitel wurden bereits folgende Parameter eingeführt, die zum besseren Verständnis hier noch einmal aufgelistet sind:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Durch die Differenz aus Anfangsvermögen (AV) und Floor, ergibt sich das Cushion (C t). Sobald dieses einen negativen Wert annimmt, ist der Vermögenswert unter den Floor gesunken. Das Cushion wird somit auf null gesetzt, sodass alle Anteile aus dem risikobehafteten Asset abgezogen werden.
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Das Cushion drückt den Abstand zwischen V t und F aus und kann als Pufferzone verstanden werden. Unter anderem dient das Cushion, multipliziert mit M dazu, den risikobehafteten Portfolioanteil zu berechnen, das sogenannte Exposure (E t). Die nachstehende Formel ( 2 ) veranschaulicht dies. Durch das Minimum wird ausgedrückt, dass die maximale Menge an Geld, die in den risikobehafteten Teil investiert wird, nie größer als der maximale Bestand an Portfoliovermögen sein darf, auch wenn sich der Markt stetig positiv entwickelt, wodurch sich das Cushion ständig vergrößert.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2.3 Geeignete Wahl der Startparameter
Für eine erfolgreiche Absicherung mittels CPPI sollte großen Wert auf eine individuelle Festlegung der Startparameter gelegt werden. Beispielrechnungen dazu finden sich in Kapitel 3.
Ist der Multiplikator niedrig gewählt, ergibt sich durch Formel ( 2 ) ein eher kleines Aktienexposure, was dazu führen kann, dass zu wenig an steigenden Märkten partizipiert wird, im Gegenzug aber bei fallendem Markt, die Verluste geringer ausfallen. Ist der Anleger risikofreudig, so kann der Multiplikatortheoretisch unendlich hoch gewählt werden, wobei zu beachten ist, dass das Exposure nur maximal 100 % des einzusetzenden Vermögens betragen kann.
Je höher der Multiplikator gewählt wird, desto höher ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass ein Portfolio bei unvorhergesehenen Marktschwankungen schnell ausgestoppt wird, sodass das restliche Vermögen in die sichere Anlage umgeschichtet wird.20
Den Multiplikator günstig zu wählen ist eine wesentliche Entscheidung im Rahmen der CPPI-Strategie, damit sich der tatsächliche Endwert des Portfolios stets über dem Floor bewegt und es nicht zu einem verfrühten Ausstieg aus dem Investment kommt. Perold (1986) bringt hierzu den Vorschlag, den Multiplikator nicht größer zu wählen, als den Kehrwert des größten zu erwartenden Kursprungs des Portfolios.21
2.4 Zusammenhang mit Optionsstrategien
Wie schon zu Beginn von Kapitel 2 erwähnt, sind bei der Anwendung von CPPI keine Kenntnisse über Optionspreistheorie nötig.22 Dennoch steht die Strategie eng im Zusammenhang mit Optionsstrategien. Dies rührt daher, dass sie erst durch den gelegten Grundstein aus den Arbitrageüberlegungen von Black/Scholes (1973) zur Optionspreisbewertung und späterden daraus abgeleiteten dynamischen PI Konzepten von Leland (1980) entstehen konnte.23 CPPI ähnelt im Ziel und Ergebnis stark einer (statischen) Protec- tive-Put-Strategie.24 Der Floor kann dabei als Pendant zum Basispreis eines Puts gesehen werden.
3 Anwendung der CPPI-Strategie auf Fallbeispiele
3.1 Präliminarien für die Anwendung in der Praxis
Im Folgenden soll CPPI mittels echter Marktdaten angewendet und diskutiert werden. Zum besseren Verständnis der Ergebnisse sind die ausführlichen Berechnungen in Tabellenform dem Anhang beigefügt. Dieselben Marktdaten werden mithilfe einer hypothetischen Anlage mit der Buy-and-Hold-(BH)- Strategie verglichen, die unter Anlegern ebenfalls sehr beliebt ist. Sie bietet zwar keinen Schutz vor systematischen Marktrisiken, erfordert allerdings auch keine Umschichtung des Portfolios und somit kein ständiges Beobachten des Marktes.
In den folgenden Kapiteln werden die drei Kursszenarien: Steigendes, Fallendes und Volatiles Marktumfeld untersucht. Ebenso werden unterschiedliche Einstiegszeitpunkte in den Markt analysiert. Auf dieser Grundlage soll erörtert werden, in welchem Fall CPPI eine Option darstellt, ein Portfolio vor starken Kursverlusten abzusichern und dennoch die Möglichkeit offenzuhalten, bei Kurssteigerungen an Gewinnen mitzuverdienen.
Zur besseren Vergleichbarkeit werden in allen Beispielen dieselben Eingangsparameter verwendet. V t soll aus 100.000 € bestehen und F wird bei 80.000 € gesetzt. Hinsichtlich der Risikoaversion soll aufzwei unterschiedliche Multiplikatoren (M) von 1,25 und 3 eingegangen werden. Daraus ergeben sich mit der Formel ( 1 ) und ( 2 ) folgende Gleichungen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Selbstverständlich wird beim folgenden Vergleich von CPPI mit BH ein gleich großes E t herangezogen. Die Vergleichbarkeit soll über einen zuvor definierten Zeitraum, anhand des AV und des Endvermögens (EV), hergestellt werden.
3.2 Beispielszenario: Steigendes Marktumfeld
Vom 01.-14.06.2018 konnte der Deutsche Aktienindex (DAX) Wert Wirecard einen Gewinnzuwachs von 16,98% verzeichnen. Tabelle 1 liefert einen kompakten Überblick über die Anfangs- und Endvermögenswerte, die mittels CPPI und BH erreicht werden konnten. Der Performanceverlauf sowie die ausführlichen Berechnungen der beiden Strategien seien zum besseren Verständnis im Anhang in Abbildung 1-Abbildung 5 dargestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Endvermögensvergleich - CPPI vs. BH: Steigendes Marktumfeld (Quelle: Eigene Darstellung/Kursdaten von Yahoo Finanzen)
Anhand der Ergebnisse lässt sich erkennen, dass die CPPI-Strategie in beiden Fällen das größere Endvermögen aufweist, als die Anlage mit der BH- Strategie. Dies rührt daher, dass die Umschichtung der Assets eine zentrale Eigenschaft von CPPI ist. Sobald der Markt anfängt zu steigen, wird zum nächstmöglichen Zeitpunkt mehr Vermögen in die risikobehaftete Anlage umgeschichtet.
3.3 Beispielszenario: Fallendes Marktumfeld
In diesem Fallbeispiel sollen die beiden Strategien im fallenden Marktumfeld untersucht werden. Die dafür notwendigen Marktdaten liefert eine Serie an negativen Schlusskursen vom 27.07.-10.08.2011 im DAX, in denen der Leitindex innerhalb von 14 Tagen 26,47 % verlor. Die untenstehende Tabelle 2 zeigt die Ergebnisse der Berechnungen, welche im Anhang in Abbildung 6- Abbildung 10 zu finden sind.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2: Endvermögensvergleich - CPPI vs. BH: Fallendes Marktumfeld (Quelle: Eigene Darstellung/Kursdaten von Yahoo Finanzen)
Wie schon in Tabelle 1 lässt sich auf den ersten Blick auch in Tabelle 2 erkennen, dass CPPI eine bessere Absicherung des Portfolios bietet, als ein reines Halten derAktien.
Es lässt sich festhalten, dass die CPPI-Strategie sowohl bei dauerhaft steigenden, als auch fallenden Märkten zu besseren Ergebnissen führt. Da sich aber in der Realität ein Markt nie stetig verhält, sondern immer Schwankungen unterliegt, haben diese Beispiele lediglich dazu gedient, auf einfache Weise die Thematik und die Berechnungen der CPPI-Strategie zu veranschaulichen.
3.4 Beispielszenario: Volatiles Marktumfeld
Damit eine Strategie in der Realität funktioniert, muss sie Extremszenarien unvorhergesehener Kurssprünge standhalten. Nachstehend werden zwei Extremfälle untersucht, bei denen unterschiedliche Zeitpunkte für den Beginn des Anlagezeitraums gewählt wurden. Einer davon ist zu einem günstigen Einstiegszeitpunkt gewählt und behandelt eine Anlage in den Jahren 1995-2015 im DAX. Für den Vergleich wird ein deutlich ungünstigerer Zeitpunkt von 2000-2018 herangezogen. Damit startet die Anlage des Portfolios in einer Zeit, in welcher der DAX die größten Verluste seit seiner Aufzeichnung hinnehmen musste.25
Die Umschichtungszeitpunkte werden zunächst wieder in regelmäßigen Zeitabständen (jährlich) gewählt. Zweck dieser Untersuchung soll sein, herauszufinden, inwieweit der gesetzte Floor standhält und die Umschichtung des risikobehafteten in das risikofreie Asset den Verlusten entgegenwirken kann. Nachfolgend zeigt Tabelle 3 die zusammengefassten Ergebnisse der Berechnungen unter Abbildung 11-Abbildung 15 im Anhang für eine Anlage in den DAXvon 1995-2015.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 3: Endvermögensvergleich - CPPI vs. BH im DAX zwischen 1995-2015: Volatiles Marktumfeld (Quelle: Eigene Darstellung/Kursdaten von Yahoo Finanzen)
Hierbei fällt auf, dass die unterschiedliche Größe des Multiplikators nicht nur einen Einfluss auf das Endvermögen hat, sondern die Wahl der Startparameter F und M den Erfolg von CPPI entscheidend mitbeeinflussen.
Bevor jedoch eine Schlussfolgerung daraus gezogen wird, soll das zweite Extrembeispiel mit den DAX Daten von 2000-2018 Beachtung finden. Wie schon oben erwähnt, gab es Anfang 2000 große Kursverluste durch einen der größten Crashs weltweit, der Dotcom Blase. Nachfolgend soll dargestellt werden, wie sich ein Portfolio mit CPPI und eines mit BH entwickelt hätte, wenn in diesem Zeitraum eine Anlage getätigt worden wäre. Die Ergebnisse dazu sind in Tabelle 4 unten dargestellt. Die ausführlichen Berechnungen sind im Anhang unterAbbildung 16-Abbildung 20 zu finden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 4: Endvermögensvergleich - CPPI vs. BH im DAX zwischen 2000-2018: Volatiles Marktumfeld (Quelle: Eigene Darstellung/Kursdaten von Yahoo Finanzen)
Aufgrund der sehr großen Verluste im DAX in den Jahren 2001 und 2002 wird in diesem Szenario mit M = 3 bereits zu Beginn des Zeitraums der Floor berührt, was dazu führt, dass der risikobehaftete Anteil in das risikofreie Asset umgeschichtet wird. Mit einem M von 1,25 ist eine Rendite zu verzeichnen, die allerdings geringer ist, als mit einer Einmalanlage in das gleiche Asset.
Bei einem M von 3 sinkt das eingesetzte Vermögen bereits im dritten Jahr mit CPPI unter den Floor von 80.000 € und wird daraufhin nicht mehr in das risikobehaftete Asset investiert, sodass das EV bei 77.999 € verbleibt. Hier kommt die Insurancestrategie zwar ihrem Ziel nach, den Anleger gegen unvorhergesehene Kursverluste abzusichern, verfehlt aber den Einstieg für die rechtzeitige Partizipation an Gewinnen. Wie in Abbildung 16 im Anhang bei der BH-Strategie zu sehen ist, fällt das gesamte Asset in den Jahren 20022004 zwar unter 80.000 €, kann sich aber in den Folgejahren wieder erholen und somit an Kurssteigerungen partizipieren, um schließlich eine positive Rendite aufzuweisen.
3.5 Vergleich der Ergebnisse
Ohne die bisherige Berücksichtigung von Transaktionskosten, kann die CPPI-Strategie in den behandelten Beispielen meist eine bessere Performance vorweisen, als die BH-Strategie. Sie versagt allerdings im Fallbeispiel in Tabelle 4, bei dem ein hoher Anteil zu Beginn in das risikobehaftete Asset geschichtet wird, der Markt aber einen ungünstigen Verlauf nimmt und somit das Portfolio bereits im dritten Jahr zu 100 % in das risikolose Asset verlagert wurde. Es soll daher noch einmal untersucht werden, ob Möglichkeiten bestehen, einen Extremfall wie diesen, mit einer geeigneteren Wahl der Parameter M und F, abzufangen. Daher soll der, im Kapitel 2.3 erwähnten Ermittlung von M, noch einmal Beachtung geschenkt werden. Perold (1986) und Estep/Kritzman (1988) schlagen vor, M immer nur so groß zu wählen, wie der größtmöglich zu erwartende Kurssprung.26 Dieser betrug in der betrachteten Periode, im Jahr 2002, -43,94 % und führte somit gleich zu Beginn zum schnellen Umschichten in das risikolose Asset und somit zum Ausstoppen des gesamten Portfolios. Laut der Faustformel hätte also M nur folgenden maximalen Wert annehmen dürfen:
Somit war M mit M = 3 im Beispiel in Tabelle 4 zu groß gewählt. Führt man dieselbe Berechnung jedoch mit dem neu berechneten Wert für M durch, wird das Portfolio nach dem Jahr 2002 erneut ausgestoppt, was zeigt, dass auch dies keinen positiven Effekt auf das Ergebnis gehabt hätte. Die Berechnungen hierzu sind ebenfalls unterAbbildung 21 dem Anhang beigefügt.
Weiter wird untersucht, welche Portfolioendwerte theoretisch entstehen würden, wenn der Floor so klein gewählt wird, dass es nicht zu einem Ausstoppen des Portfolios kommt und die Gewinnpartizipation garantiert ist. Die Berechnungen im Anhang unterAbbildung 22-Abbildung 24 und die folgende Tabelle 5 sollen darüberAufschluss geben. Die Werte von M wurden so angepasst, dass immer ein identisches Aktienexposure von 60.000 € entsteht, um einen konsistenten Vergleich mit der BH-Strategie herstellen zu können.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 5: Endvermögensvergleich verschiedener F und M Szenarien einer Anlage mittels CPPI und BH im DAXzwischen 2000-2018 (Quelle: Eigene Darstellung/Kursdaten von Yahoo Finanzen)
Anhand der Tabelle lässt sich erkennen, wie der Portfolioendwert proportional zur Senkung des Floors wächst. Die Beispiele zeigen, dass sich CPPI sehr wohl unter diesen schwierigen Marktverhältnissen bewähren kann, sofern die Parameter entsprechend gesetzt werden. Allerdings stellt sich hier die Frage, ob ein Floor, der 80 % oder mehr unter dem Anfangsvermögen gesetzt wird, noch unter einer Absicherung im Sinne der PI gesehen werden kann.27 Erführt zwar in diesem Beispiel zu einem höheren Endvermögensbestand als BH, doch gibt es eventuell auch Marktlagen, in denen Verluste noch drastischer ausfallen. Im schlimmsten Fall würde dies bedeuten, dass das Portfolio auf einen Wert von 20.000 € sinken und danach nicht mehr an einer Kurserholung teilnehmen kann.
Die Wahl der richtigen Parameter stellt eine große Herausforderung dar, um CPPI gewinnbringend und verlustschonend einsetzen zu können. Diese resultiert aus der individuellen Risikoaversion und Markteinschätzung.
Die wohl wichtigste Schlussfolgerung aus diesem Kapitel ist, dass je weiter die Umschichtungszeitpunkte auseinander liegen, desto wahrscheinlicher ist es, dass sich der Markt zwischenzeitlich weit nach unten bewegt und so das Portfolio beim nächsten Umschichtungszeitpunkt den Floor bereits durchbrochen hat. Dem kann entgegengewirkt werden, indem die Frequenz der Umschichtungszeitpunkte erhöht wird, damit das Portfolio schneller auf neue Marktgeschehnisse angepasst und so ein zu frühes Erreichen des Floors ausgeschlossen werden kann.
In Kapitel 2.1 wurde thematisiert, dass die Umschichtungszeitpunkte im CPPI Modell nicht nur in regelmäßigen Abständen (z. B. Tage, Wochen, Quartale oder Jahre) gesetzt werden können, sondern auch immer dann, wenn in der Wertveränderung eine prozentuale Schwelle über- oder unterschritten wird.28
Die Daten aus den beiden zuletzt behandelten Beispielen in Kapitel 3.4 werden einer erneuten Berechnung unterzogen, um die Auswirkungen einer jährlichen sowie einer Umschichtung nach Prozenten vergleichen zu können. Diese werden im Anhang unter Abbildung 25-Abbildung 30 ausführlich dargestellt. Die Zeitpunkte sind so gewählt, dass bei einer Wertveränderung von 2 % im Asset eine Umschichtung stattfindet. Tabelle 6 veranschaulicht den Endvermögensvergleich zwischen den beiden gewählten Zeiträumen in Kombination mit den unterschiedlichen Umschichtungszeitpunkten.
[...]
1 Vgl. Hock (2015); Abbildung 32 im Anhang.
2 Vgl. Benninga/Blume(1985), S. 1341.
3 Vgl. Leland/Rubinstein (1976).
4 Vgl. Steiner/Bruns (2002), S. 399.
5 Vgl. Albrecht/Maurer, S 615; Stulz (1988), S. 15; Hull (2012), S. 968.
6 Vgl. Garz/Günther/Moriabadi (1997), S. 243; Spremann (2006), S. 41.
7 Vgl. Black/Jones (1987), S. 48-51; Perold (1986).
8 Vgl. Rudolph/Schäfer (2005), S. 5.
9 Vgl. Franzen/Schäfer(2018), S. 568.
10 Vgl. Black/Jones (1987), S. 48 ff.; Black/Jones (1988), S. 33 ff.
11 Vgl. Steiner/Bruns (2002), S. 413.
12 Vgl. Black/Jones (1987), S. 48.
13 Vgl. Franzen/Schäfer(2018), S. 568.
14 Vgl. Prigent (2007), S. 294.
15 Vgl. Estep/Kritzman (1988), S. 38 ff.
16 Vgl. Franzen/Schäfer(2018), S. 569.
17 Vgl. Franzen/Schäfer(2018), S. 569.
18 Vgl. Bossert/Burzin (1998), S. 224.
19 Vgl. Black/Period (1992), S. 406.
20 Vgl. Black/Perold (1992), S. 405.
21 Vgl. Perold (1986), S. 7; Estep/Kritzman (1988), S. 42.
22 Vgl. Black/Jones (1987), S. 49.
23 Vgl. Black/Scholes (1973); Leland, Hayne E. (1980).
24 Vgl. Franzen/Schäfer(2018), S. 568.
25 Vgl. Boerse.de (2019); Abbildung 33 im Anhang.
26 Vgl. Perold (1986), S. 7; Estep/Kritzman (1988), S. 42.
27 Vgl. Zhu/Kavee (1988), S. 49.
28 Vgl. Black/Jones (1987), S. 49.
Details
- Seiten
- 37
- Jahr
- 2020
- ISBN (eBook)
- 9783346125774
- ISBN (Buch)
- 9783346125781
- Sprache
- Deutsch
- Katalognummer
- v516772
- Institution / Hochschule
- FernUniversität Hagen
- Note
- 2,3
- Schlagworte
- Assetmanagement Portfoliotheorie Portfolio Insurance CPPI