Analyse der Anreizmechanismen prospektiver Krankenhausvergütung im Vergleich zum Kostenerstattungsprinzip


Bachelorarbeit, 2018

53 Seiten


Leseprobe


I. Inhaltsverzeichnis:

II. Tabellenverzeichnis

III. Abkurzungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Das Krankenhaus im Zentrum des Gesundheitswesens
2.1 Kodierung nach der DRG-Logik
2.2 Die duale Krankenhausfinanzierung

3. Erlauterung theoretischer Modelle zum Anreizmechanismus
3.1 Yardstick Competition
3.2 Prinzipal-Agent-Theorie

4. Auswirkungen prospektiver Vergutung anhand von empirischer und theoretischer Literatur
4.1 Verweildauer
4.2 Kostenentwicklung durch den Case-Mix-Index (CMI) Anstieg
4.3 Patientenselektion

5. Diskussion

6. Fazit und Ausblick

IV. Literaturverzeichnis

V. Anhang

II.Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Studienubersicht zum Parameter Verweildauer

Tabelle 2: Studienubersicht zum Parameter Kostenentwicklung durch den Case-Mix-Index (CMI) Anstieg

III. Abkurzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

Mit dem „Gesetz zur Einfuhrung des diagnose-orientierten Fallpauschalen- systems fur Krankenhauser“ startete in Deutschland im Jahr 2003 ein neuer Vergutungsprozess fur den stationaren Bereich. Die Vergutung der Kran- kenhauser erfolgte nicht mehr wie bisher retrospektiv, in Form von tages- bezogenen Pflegesatzen, sondern prospektiv uber sogenannte diagnose- bezogene Fallgruppen. (Bundesanzeiger, 2002, S. 1412-1437; Tiemann et al., 2016b, S.57)

In der wissenschaftlichen Praxis und im weiteren Verlauf der Arbeit wird fur diese Fallpauschalen die Abkurzung DRG verwendet (Diagnosis Related Groups).

Bei der prospektiven Vergutung wird jeder Behandlungsfall durch einen Gruppierungsalgorithmus einem bestimmten DRG zugeordnet. Jede DRG beinhaltet eine entsprechende Vergutung fur das jeweilige Krankenhaus, welche anhand der durchschnittlichen Kosten fur diesen Fall uber alle Kran- kenhauser ermittelt wurde. (Tiemann & Buchner, 2016a, S.294-295) Ausfuhrlicher wird im Abschnitt 2.1 und 2.2 auf den Gruppierungsalgorith- mus, sowie auf die Vergutungssystematik eingegangen.

Vor der Einfuhrung des heutigen Erstattungsprinzips wurde uber ein retro- spektives Vergutungssystem abgerechnet. Fur jeden Tag, in dem der Pati­ent im Krankenhaus lag, gab es tagesgleiche Pflegesatze. Diese Form kann als Kostenerstattungsprinzip bezeichnet werden, in dem i.d.R. alle entstan- denen Kosten des Krankenhauses gedeckt wurden. (Tiemann et al., 2016b, S.57)

Der Wandel von der retrospektiven zur prospektiven Finanzierungsform der Krankenhauser fand in den letzten Jahrzenten in vielen Industrielandern statt (Jurges & Koberlein, 2015, S.13).

Gerade in Europa entwickelten sich die meisten Lander hin zu einer Vergu- tung nach der DRG-Systematik. Eine groftflachige Untersuchung im Jahre 2008 unter 29 Landern im OECD-Raum bestatigte die Aussage von Jurges und Koberlein aus dem Jahr 2015. (vgl. Paris et al., 2010) In den USA fand der Wandel zu einer prospektiven Vergutung dagegen schon deutlich fruher statt. Durch die Einfuhrung im Medicare Programm starteten schon in den 80er Jahren erste Versuche nach dem Prospective Payment System (PPS) 1 abzurechnen. Als offiziellen Beginn kennzeichnen viele Bundesstaaten das Jahr 1983. (Ellis & McGuire, 1986, S.129)

Grund fur die Veranderung des Vergutungssystems war der extreme Kos- tenanstieg im stationaren Bereich. Speziell wurde das retrospektive Vergu- tungssystem fur den uberdimensionalen Anstieg im Verhaltnis zum Brutto- inlandsprodukt (BIP) verantwortlich gemacht. (Ma, 1994, S.93) In den USA gab es beispielsweise vor der Umsetzung des prospektiven Systems eine extreme Kostensteigerung zwischen den 60er und 80er Jahren. So stieg in dem Zeitraum der Anteil der Gesundheitsausgaben am BIP von 5,9% (1965) auf 11,1% (1987). Mit einem Anteil von 43% der gesamten Mittelver- wendung des Gesundheitssystems standen die Krankenhauser besonders im Fokus der Reformbemuhungen. (Frank & Lave, 1989, S.588-589)

Auch in Deutschland bindet der stationare Sektor den groftten Ressourcen- verbrauch. So wurden von den 210 Mrd. Euro, die der gesetzlichen Kran- kenversicherung (GKV) im Jahr 2016 zur Verfugung standen, knapp 73 Mrd. Euro fur Krankenhausbehandlungen ausgegeben. Dieser Wert betrug ca. 35% des Budgets und lag damit wie in den letzten 10 Jahren konstant zwischen 34% und 36%. (BMG, 2017)

Wegen der Brisanz des Themas setzt sich die vorliegende Arbeit mit der Analyse der Anreizmechanismen prospektiver Krankenhausvergutung im Vergleich zum Kostenerstattungsprinzip auseinander. Ziel dieser Arbeit ist es das Thema anhand von empirischen Studien und theoretischer Literatur zu erortern. Die untersuchten Parameter beinhalten Verweildauer, Kosten- entwicklung (ausgelost durch Upcoding) und Patientenselektion.

Der Aufbau dieser wissenschaftlichen Arbeit verlauft wie folgt: Im nachsten Kapitel wird auf den DRG-Gruppierungsalgorithmus und die Rahmenbedin- gungen der Krankenhausfinanzierung eingegangen, um besser nachvoll- ziehen zu konnen, was die Abkehr der retrospektiven Vergutung fur Folgen besaft. Danach werden die beiden wichtigsten Theorien dieser Arbeit er- klart. Sowohl die Yardstick Competition nach Shleifer (1985), als auch Ellis' und McGuires Ansatz zur Prinzipal-Agent-Theorie (1986) finden in diesem Kapitel Anwendung. Im Kapitel 4 werden die betrachteten Parameter Ver- weildauer und Kostenentwicklung in den Kontext der empirischen Studien gesetzt und die Patientenselektion auf theoretischer Basis analysiert.

Da der Wandel in der Vergutung in den USA knapp 20 Jahre fruher erfolgte als in den meisten europaischen Landern, ist ein Groftteil der theoretischen Literatur bzgl. der Anreizentwicklung und auch die empirische Literatur auf dem amerikanischen Kontinent entstanden und Grundlage dieser wissen- schaftlichen Arbeit.

Die einbezogenen Studien und die theoretischen Modelle werden daraufhin in der Diskussion erlautert und kritisch fur eine weitere Beurteilung ausge- wertet. Ebenso werden an dieser Stelle Limitationen festgehalten.

Am Ende der Arbeit werden die wichtigsten Punkte aus den zuvor analy- sierten Studien und Modellen zusammengefasst und geschlussfolgert wie sich die Veranderung der Anreize durch die neue Vergutungssituation in der Realitat auswirken. Auf dieser Grundlage wird ein entsprechendes Fazit ge- bildet.

Des Weiteren wird im 6. Abschnitt ein Ausblick fur konzeptionelle Verbes- serungen gegeben.

2. Das Krankenhaus im Zentrum des Gesundheitswesens

Um ein bessere Verstandnis fur die nach Kapitel 2 folgenden Abschnitte zu erhalten, werden an dieser Stelle grundsatzliche Punkte im Zusammenhang mit der prospektiven Krankenhausvergutung erlautert. Die Erklarungen zie- len zwar auf das deutsche System ab, sind aber auch in ahnlicher Form auf andere Lander generalisierbar.

2.1 Kodierung nach der DRG-Logik

Fur eine angemessene Vergutung (Kap. 2.2) der erbrachten Leistung kommt es darauf an, dass die Behandlung einem passenden DRG zuge- ordnet wird (Tiemann et al., 2016b, S.57-61). Die Grundzuge des deutschen DRG-Systems basieren auf dem australischen System (Geissler et al., 2011, S.247). Die Zuordnung erfolgt durch eine Kodiersoftware, die als Grouper bezeichnet wird. Ziel dieses Vorgehens ist u.a., dass die Vergutung transparenter wird und damit vergleichbarer zwischen Krankenhausern ver- lauft. Auf Grundlage des Entlassungsdatensatzes werden verschiede Fak- toren in den Gruppierungsalgorithmus eingegeben. Die erste Variable ist die Einordnung in eine von 25 Hauptdiagnosen, der 2. Schritt ist die Uber- prufung der vorhandenen Partition. Hier wird unterschieden, ob es sich um eine operative (operative Prozedur im Zusammenhang mit Hauptdiagnose), andere (keine operative Prozedur, aber Zusammenhang mit Hauptdiag- nose) oder medizinische (keine oder nicht fur Hauptdiagnose wesentliche Prozedur) Partition handelt. Der letzte Faktor gibt den Ressourcenver- brauch und damit den Schweregrad an. Dieser steht u.a. in Abhangigkeit zur Anzahl und Schwere der Nebendiagnosen, dem Alter des Patienten o­der dem Ausloser der Entlassung. Am Ende bestimmt der Grouper fur die Behandlung einen passenden DRG, der einem Relativgewicht zugeordnet wird, um so die Vergutung zu erhalten. (Tiemann et al., 2016b, S.57-61) Um alle Behandlungsfalle abzudecken gab es 2018 in Deutschland 1.292 verschiede DRGs. In Hinblick auf 2017 stieg die Zahl um 37 DRGs. (InEK, 2018, S.146) Mit einer Anzahl von 1.200 DRGs im Jahr 2010 befinden sich Deutschland im Mittelfeld des internationalen Vergleichs. So besitzen die Niederlander mit 30.000 die mit Abstand meisten Variationen. Auch Eng­land (1.404) und Frankreich (2.296) liegen noch im durchschnittlichen Be- reich. Sehr wenig Differenzierungsmoglichkeiten besitz dagegen mit 751 DRGs (2013) das Vergutungssystem in den USA. (Quentin et al., 2013, S.717-718, vgl. Geissler et al., 2011)

2.2 Die duale Krankenhausfinanzierung

In Deutschland gibt es seit 1972 die duale Krankenhausfinanzierung. Auf Grundlage des Krankenhausfinanzierungsgesetzes legte die damalige Re­gierung fest, dass der Groftteil der Vergutung uber die Betriebskosten- und eine Investitionskostenfinanzierung erfolgen soll. Andere Mittelherkunft, wie z.B. Spenden oder Zuzahlungen des Patienten uber das von der Kranken- kasse vorgegebene „Maft des Notwendigen“ (§ 12, Das Sozialgesetzbuch (SGB) V), werden im weiteren Verlauf nicht explizit behandelt. (Tiemann & Buchner, 2016a, S.292-298)

Die Investitionskostenfinanzierung zielt auf langfristige Investitionen ab, wie beispielsweise Umbauten eines Krankenhauses. Aber auch andere Anla- geguter konnen uber diese Mittel finanziert werden. Wichtig ist an dieser Stelle, dass der Abschreibungszeitraum der Gegenstande mindestens 3 Jahre betragen muss. Bei kurzeren Nutzungsdauern muss die Anschaffung uber die Betriebskostenfinanzierung bezahlt werden. (Blum, 2015, S.279- 281)

Die zweite und fur diese Arbeit bedeutendere Mittelherkunft ist die Betriebs- kostenfinanzierung. Mit ihr werden die laufenden Kosten fur die Behandlun- gen gedeckt. Im prospektiven System erfolgt die Vergutung uber vorab de- finierte DRGs (Kap. 2.1). Jede Behandlung wird einer Fallgruppe zuordnet und es wird anhand des Entlassungsdatensatz prognostiziert wie kostenin- tensiv die notwendige Behandlung fur das Krankenhaus gewesen sei. Der Durchschnitt aller Behandlungen wird mit der Referenzgrofte (Relativge- wicht) 1,0 bewertet. So erhalt das Institut beispielsweise, wenn eine Be- handlung zwei Mal so kostenintensiv ist wie der Durchschnittsfall, ein Rela- tivgewicht von 2,0. Multipliziert wird dieses Relativgewicht mit dem Basis- fallwert des jeweiligen Jahres. (Tiemann & Buchner, 2016a, S.294-296) Im Jahr 2018 betrug der Bundesbasisfallwert 3.467 Euro (AOK, 2018). So ergibt sich die Vergutung jedes Behandlungsfalls des Krankenhauses. Die Summe uber alle Relativgewichte des Krankenhauses bildet den Case-Mix (CM). Wird dieser Betrag durch die Fallzahlen des Instituts geteilt, dann ergibt sich die durchschnittliche Fallschwere, die als Case-Mix-Index (CMI) bezeichnet wird. (Tiemann & Buchner, 2016a, S.294-296; McClellan, 1997, S. 98-101)

In Deutschland kann der CM und damit ebenfalls der CMI durch die Dauer der Krankenhausbehandlung beeinflusst werden. Fur jede DRG ist ein Zeit- raum festgelegt innerhalb dessen die Behandlung liegen sollte. Der Gesetz- geber hat dafur eine untere und obere Grenzverweildauer (GVD) eingefuhrt. Wenn die Verweildauer unter der berechneten GVD liegt, gibt es fur jeden Tag einen Abschlag (fur jede Krankheit gibt es vordefinierte Werte) des Re- lativgewichts, der CM sinkt und das Krankenhaus erhalt weniger Geld. Sollte die Behandlung uber der oberen GVD liegen, erhalt das Krankenhaus einen Zuschlag fur jeden zusatzlichen Behandlungstag auf das Relativge- wicht, der CM steigt und damit auch die erhaltene Vergutung. (Blum, 2015, S.285-286) Grund fur eine langere Verweildauer konnte eine ineffiziente Behandlungspraxis oder ein hoherer Schwergrad der Patienten sein (Fi­scher, 2001, S. 17).

3. Erlauterung theoretischer Modelle zum Anreizmechanis- mus

Im nachsten Abschnitt werden die zentralen theoretischen Modelle, auf die sich die Anreizmechanismen und spater die empirischen Studien stutzen, erlautert.

Einen groften Anteil nimmt die Yardstick Competition von Shleifer ein. Ebenso wird die fur diese Arbeit relevante Prinzipal-Agent-Theorie in Kapi- tel 3.2 genauer erlautert.

Fur ein leichteres Verstandnis der beiden Modelle ist ab Seite xi (Anhang) eine Legende aufgelistet.

3.1 Yardstick Competition

Ein oft herangezogenes Modell in Hinblick auf die Thematiken des stationa- ren Sektors ist die von Shleifer (1985) entwickelte Yardstick Competition. Der Ansatz greift die Kritikpunkte einer retrospektiven Kostenerstattung im Vergleich zum prospektiven System auf (meistens durch die Einfuhrung von DRGs).

Lt. Shleifer besitzt das Kostenerstattungsprinzip trotz aller Kritik einen Vor- teil. Bei dieser Form der Vergutung wird der Preis fur die Behandlung im naturlichen Monopol der Krankenhauser nicht durch einen exorbitanten Mo- nopolpreis gekennzeichnet, da sich der Preis auf Grundlage der zuvor tat- sachlich entstandenen Aufwendungen ermittelt. Dieser Preis ist dennoch hoch genug damit die Firmen (Krankenhauser) ein Interesse besitzen zu produzieren. Diese Art der Preissetzung fuhrt ein Stuck weit zur Vermei- dung von Wohlfahrtsverlusten.

Der entscheidende Nachteil dieser Vergutungsform liegt jedoch darin, dass die Krankenhauser keine Anreize besitzen die Kosten fur den Behandlungs- verlauf zu senken, sodass ebenfalls der Preis der Erstattung (durch den Regulator) nicht optimal angesetzt wird. Zwischen dem Regulator (Staat) und den Produzenten (Krankenhaus) herrschen asymmetrische Informatio- nen, da der Staat uber weniger Wissen verfugt als das regulierte Unterneh- men. An dieser Stelle entsteht ein vermeidbarer Wohlfahrtsverlust.

Der Autor trifft die Annahme, dass es einen Markt mit N Teilnehmern (N > 2 ) gibt, die ein identisches Produkt mit identischer Qualitat herstellen. Die Nachfragefunktion der Patienten an der sich die Krankenhauser orientieren lautet Y= q(p) . In diesem Fall ist q (Menge) abhangig von der Hohe von p , was die Vergutung der erbrachten Leistung durch den Regulator beziffert. Die Gesamtkosten der Firma berechnen sich durch C= cY + R(c) . Die Grenz- kosten sind in diesem Fall durch c gekennzeichnet. R gibt die Hohe der In- vestitionskosten an (entstanden durch Rationalisierungsaufwendungen), die ausgelost werden, wenn auf c2 sinken soll (cj > c2). Fur diese Sen- kung steigt in der Kostenfunktion R(c) , lasst aber den Parameter c sinken, sodass bei gleichbleibender Menge der Term cY sinkt. Fur eine Erklarung der gestiegenen Ausgaben von R(c) wird oft der technische Fortschritt ge- nannt, der im Gegenzug die variablen Kosten c sinken lasst.

Durch diesen Zusammenhang ist das Krankenhaus in der Lage den Gewinn fur sich zu maximieren. Die Gleichung dafur lautet: V= (p - c) q(p) + T - R(c). Die Vergutung des Unternehmens enthalt daher neben den Grenzerlosen p , auch die vom Regulator vorher vereinbarte Vergutung T . Die Summe T stellt einen fixen Anteil zur Kostendeckung dar.

Zum Erreichen des sozialen Optimums mussen folgende Bedingungen gel- ten:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Bedingungen besagen, dass die von c abhangigen Investitionskosten ( R) den fixen Transferleistung des Staates ( T) entsprechen, dass sich die Vergutung durch den Regulator ( p) an die Kosten der Behandlung ( c) an- passt und, dass die Minimierung der Kosten in Form der Rationalisierung (Funktion 1. Ordnung entspricht die Steigung) der Ausbringungsmenge q entspricht.

Das Modell beschreibt mit diesen Pramissen das Kostenerstattungsprinzip, sodass das Krankenhaus nicht in der Lage ist Gewinne zu erzielen. Gleich- zeitig besitzen die Krankenhauser keinen Anreiz die Ausgaben zu senken. Bis zu diesem Punkt geht es uberwiegend um die Gesamtwohlfahrt und nicht um das individuelle Krankenhaus. An der nachsten Stelle wird der Kostenwettbewerb in der Form eingefuhrt, dass sich die Unternehmen mit- einander vergleichen mussen (Benchmark). Da es fiktiv ist, wird das Refe- renzkrankenhaus als „Schattenkrankenhaus“ bezeichnet. Dieses wird durch die nachfolgenden beiden Funktionen gekennzeichnet. Es produziert so- wohl mit dem Mittelwert der variablen Produktionskosten, als auch mit dem Mittelwert von den Investitionskosten fur Rationalisierungsaufwendungen, uber die Summe aller Krankenhauser ( N> 2 ) in der entsprechenden Ab- rechnungsregion:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die durchschnittlichen Werte fur c; und Rt bekommt jedes Krankenhaus als Referenzwert, mit dem es sich auf dem Markt vergleichen kann und auch muss. Durch eine Pauschalvergutung uber das arithmetische Mittel aller Krankenhauser (c; pro Fall und Rt pro Periode und Krankenhaus) verfugt das Unternehmen keinen Anreiz einen zu hohen Preis beim Regulator an- zugeben, da die eigene Vergutung weitestgehend unabhangig von den in- dividuellen Kosten erfolgt.

Die vorangegangene Gleichung leitet sich in der neuen Gewinnformel fur das Krankenhaus ab, sodass Tt = Rt und pt = ct entspricht:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Durch diese Vorgaben lasst sich die neue Gewinnformel erklaren. Sie be- sagt, dass Firmen, die unterhalb der Durchschnittskosten ( c > C i) produzie- ren und auch die Investitionskosten kleiner als der Mittelwert sind (ft, > R(C i )) Gewinne erzielen. Sie probieren durch den Wettbewerbsdruck im- mer weiter die Kosten zu senken, was wiederum, wenn alle Krankenhauser teilnehmen, zu geringeren Erstattungsbetragen (c, und Rt) fuhrt. Wenn beide Kosten (c, und R(ct)) oberhalb vergleichbarer Krankenhauser liegen, ist das Krankenhaus gezwungen entweder die Kosten zu senken oder die Leistung nicht weiter anzubieten, da sonst Verluste generiert werden. Dadurch entsteht Effizienz. Sollte ein Parameter (c, oder R(ct)) unter dem Mittelwert und der andere uber den Mittelwerten liegen, kommt es auf das Verhaltnis an und die Frage, ob Gewinne oder Verluste erzielt werden, ist nicht pauschal zu beantworten.

So zeigt sich, dass das theoretische Modell der Yardstick Competition sehr gut die Einfuhrung der DRG in der Krankenhausvergutung widerspiegelt. Auch bei der DRG-Vergutung erfolgt die Vergutung in Form von Durch- schnittskosten mit denen sich das Krankenhaus auf dem Markt vergleichen muss. Des Weiteren konnen die Krankenhauser bei den Fallpauschalen ihre Vergutung nur uber die Menge selber beeinflussen. (Shleifer, 1985, S.319-327)

In seinem Modell ging Shleifer noch weiter. Das wurde aber uber den Um- fang dieser Arbeit hinausgehen. Fur das weitere Vorgehen wird das Modell nur bis zu dieser Stelle benotigt.

3.2 Prinzipal-Agent-Theorie

In der Prinzipal-Agent-Theorie (teilweise auch Prinzipal-Agent-Problematik) geht es um die Vertragsbeziehung zwischen zwei Parteien. Die Beziehung besteht zum einen aus dem Prinzipal, bei dem es sich in der Regel um den Auftraggeber handelt und auf der Gegenseite den Agenten, der meistens im Verhaltnis den Auftragnehmer darstellt. Der entscheidende Punkt der Theorie ist, dass zwischen beiden Parteien eine asymmetrische Informati- onslage herrscht. Der Agent besitz mehr Wissen und kann dadurch sowohl seinen Nutzen, wie auch den Nutzen des Prinzipals, beeinflussen. Der Prin- zipal kann durch diesen Informationsruckstand auch bewusst vom Agenten ausgenutzt werden.

Im Allgemeinen wird bei der Prinzipal-Agent-Theorie von drei Varianten asymmetrischer Informationen ausgegangen.

Die erste Moglichkeit stellt Hidden Characteristics dar, in der der Agent schon zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses mehr Informationen besitzt und der Kunde die gewunschte Leistung nicht vollstandig beurteilen kann. Durch diesen Vorgang ist z.B. das Unternehmen in der Lage Patienten zu klassifizieren, was als Adverse Selektion bezeichnet wird. An dieser Stelle werden bewusst Patienten aufgenommen und andere, moglicherweise nicht lukrative, abgewiesen.

Bei der 2. Variante treten die asymmetrischen Informationen erst nach Ver- tragsabschluss auf. Sie wird als Hidden Action bezeichnet und wird im Mo- dell anhand von Moral Hazard (vgl. Zweifel & Manning, 2000) erklart. Der Agent befindet sich in der Lage Handlungen durchzufuhren, die der Prinzi- pal nicht beurteilen kann und zum Nachteil des Prinzipals fuhren.

Bei der letzten Moglichkeit entstehen die Unsicherheiten im Laufe der Ver- tragsbeziehung. Es wird als Hidden Intention bezeichnet. Hier verfolgt der Agent schon beim Vertragsabschluss andere Ziele als der Prinzipal, setzt diese aber erst im Laufe der Vertragsbeziehung um. Bei der Hidden Action (2. Variante) erfolgt die Ausfuhrung der Handlung im Verborgenen. Das ist bei dieser Variante nicht der Fall. (Laffont & Martimort, 2009, S.1-6, 28-31 u. 82-86)

Das Modell der Prinzipal-Agent-Theorie ist Grundlage der Arbeit von Ellis und McGuire aus dem Jahr 1986. Die Untersuchung beschreibt die Drei- ecksbeziehung zwischen einem Agenten (Krankenhausarzt) und zwei Prin- zipalen (Patienten und Krankenhaus). Der Arzt kann neben der Behand- lungsintensitat (Leistung) fur den Patienten auch den finanziellen Erfolg des Krankenhauses beeinflussen. In der Publikation werden 3 Arten der Vergu- tung untersucht. Als erstes wird die generelle Situation bei der retrospekti- ven Vergutung erlautert, dann die Prospektive analysiert und am Ende wird eine Empfehlung durch die Mischform der beiden Formen und ihre Anreiz- wirkung aufgezeigt.

Bei allen Formen wird der Nutzen des Patienten vereinfach durch die Funk- tion B(q) ermittelt. Der Grenznutzen (b(q) ) verlauft bei einer Steigerung der Leistung q durch das Krankenhaus positiv und abnehmend. Dies erfolgt bis zum Punkt q'. Danach ist der Grenznutzen negativ (konkaver Verlauf). So wird der optimale Nutzen aus der Patientensicht bei der Menge q' erreicht. Wenn der Arzt uber diesen Punkt hinaus die Krankenhausleistung erhoht, sinkt der Gesamtnutzen auf der Patientenseite. Als Ausloser wird z.B. die steigende Gefahr durch Infektionen in Folge eines langeren Krankenhaus- aufenthalts genannt.

Der Nutzen des Krankenhauses wird durch den Gewinn n angegeben. Er berechnet sich durch die Gleichung n(q)=R(q)-C(q) . Hier kennzeichnen die Einnahmen R(q) und die Ausgaben fur die Behandlung C(q) . Im spateren 10 Modell beziffern die marginalen Grenzkosten c(q). R(q) wird je nach Vergu- tungsform angepasst.

Als 3. Komponente benotigt das Modell die Nutzenfunktion des Kranken- hausarztes. Sie wird beschrieben durch U(n(q), B(q)) und ist damit abhan- gig von den Gewinnen des Krankenhauses und des Nutzens der Behand- lung fur die Patienten, sodass die Agenten-Rolle des Arztes fur die beiden gegensatzlichen Seiten deutlich wird. Wichtig ist noch die Erkenntnis, dass die Nutzenfunktion von der Krankenhausleistung q abhangt und die Prafe- renzen des Arztes zwischen dem Krankenhaus und des Patienten abgewo- gen werden mussen. Diese Abhangigkeit wird als Grenzrate der Substitu­tion bezeichnet und als a dargestellt, Die Grenzrate gibt damit an, wo die Praferenzen des Arztes liegen. Bei a=1 wird von einem „perfekten Agenten“ gesprochen. Wenn die Gesundheitsleistung des Patienten in Dollar umge- rechnet werden, dann gewichtet der Arzt („perfekten Agenten“) einen Dollar Patientennutzen gleich hoch wie einen Dollar Gewinn fur das Krankenhaus. Wenn a zwischen 0 und 1 liegt, dann werden die Interessen des Kranken- hauses hoher gewertet. Bei einem a grower 1 ist dem Arzt der Nutzen der Patienten wichtiger.

Im Falle der retrospektiven Vergutung beschreibt folgende Funktion den Gewinn des Krankenhauses: n(q)= R(q)-C(q)=0. Durch die Erstattung der Behandlungskosten erzielt das Krankenhaus theoretisch keinen Gewinn. Moglich sind Gewinne nur, wenn das Krankenhaus hohere Einnahmen als die angefallenen Grenzkosten erzielt. Das kann dazu fuhren, dass der Arzt Leistungen beim Patienten uber der Menge q' (Nutzen ware hier fur Patien- ten am groftten) hinaus durchfuhrt. Die Kosten des Krankenhauses werden immer weiter erstattet, sodass es jetzt darauf ankommt, wie hoch a beim Arzt ist. Bedingung ist, dass a positiv verlauft, sodass der Arzt uberhaupt die Wohlfahrt des Patienten beachtet. Nur bei einem „perfekter Agenten“ (a=1 ) wurde fur beide Seiten der Nutzen optimal sein. Bei einem a unter 1 produziert der Arzt ein deutlich zu hohes Maft an Leistung, was grofte Men- gen an medizinisch nicht notwendigen Ressourcen bindet.

Bei einem prospektiven Vergutungssystem wird unabhangig von der Menge der bereitgestellten Patientenleistung mit dem Betrag R(q)= a vergutet. Die Gewinnfunktion lautet nun n(q)= a-C(q) . Durch diese Veranderung kommen Ellis & McGuire zur Ansicht, dass sich eine maximale Wohlfahrt auch bei diesem System nur bei a=1 erreichen lasst, da sonst der Arzt moglicher- weise eine zu geringe Behandlungsintensitat bereitstellt, um den Gewinn fur das Krankenhaus zu erhohen. Fur die Realitat erwarten Ellis und McGuire, dass sich Krankenhauser bei Bewerbern bewusst fur Arzte ent- scheiden, die uber ein a <1 verfugen und sie verstarkt ihre Interessen ver­folgen.

Um diesem Problem entgegen zu wirken, schlagen die Autoren eine Misch- form beider Ansatze vor. Die Vergutung des Krankenhauses erfolgt nun mit einem fixen (a ) und einem variablen Anteil r (0<=r<=1) , der abhangig von der Menge und den angefallenen Kosten ist. Die Gewinnfunktion lautet nun n = a+rC(q—C(q), woraus die lineare Funktion n= a+(r-1)cq entsteht.

Damit nicht ein zusatzlicher Kostenanstieg fur das System resultiert, sollte sich r an a anpassen. Wenn beispielsweise der variable Teil der Vergutung durch eine hohere Behandlungsintensitat steigt, dann sinkt die fixe Vergu- tung. Der Wert r sollte in Abhangigkeit zu a stehen, da je nach Praferenz des Arztes eine andere Kostenentwicklung resultiert.

Im Fazit zeigt sich, dass das Optimum durch eine Mischform der Vergutung erreicht wird und nur wenn der Agent die Praferenz a=1 hat, die volle Kos- tenverantwortung durch die prospektive oder retrospektive Vergutung erfol- gen kann. (Ellis & McGuire, 1986, S.130-140 u. 148-149)

4. Auswirkungen prospektiver Vergutung anhand von em- pirischer und theoretischer Literatur

Dieses Kapitel der Arbeit erlautert, zum Teil auf den zuvor beschriebenen theoretischen Grundlagen, welche Anreize die prospektive Vergutung aus- lost. Die anhand von empirischen Studien untersuchten Parameter sind die Verweildauer und die Kostenentwicklung durch einen Anstieg des CMI. Zu- satzlich wird das Thema Patientenselektion in diesem Kapitel theoretisch analysiert. In der Diskussion wird dieses Kapitel durch verwendete empiri- sche Literatur in Bezug zur Praxis gebracht.

Wenn in den nun folgenden Studien nichts Anderes steht, fand das Jahr der DRG-Einfuhrung 1983 statt (Ellis & McGuire, 1986, S.129).

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Ende der Leseprobe aus 53 Seiten

Details

Titel
Analyse der Anreizmechanismen prospektiver Krankenhausvergütung im Vergleich zum Kostenerstattungsprinzip
Autor
Jahr
2018
Seiten
53
Katalognummer
V515093
ISBN (eBook)
9783346121974
ISBN (Buch)
9783346121981
Sprache
Deutsch
Arbeit zitieren
Philipp Koch (Autor:in), 2018, Analyse der Anreizmechanismen prospektiver Krankenhausvergütung im Vergleich zum Kostenerstattungsprinzip, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/515093

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