Organisationales Lernen. Wie gelingt der Aufbau einer lernenden Organisation?


Akademische Arbeit, 2019

33 Seiten, Note: 1,0

Anonym


Leseprobe


Inhalt

1 Einleitung
1.1 Einführung in das Thema
1.2 Aufbau der Arbeit

2 Theoretischer Hintergrund
2.1 Definition „Organisationales Lernen“
2.2 Definition „Organisationales Gedächtnis“
2.3 „Cycle of Choice“ nach March & Olsen
2.4 Lernende Organisation nach Argyris & Schön
2.4.1 Single-Loop Learning
2.4.2 Double-Loop Learning
2.4.3 Deutero-Learning (Third-Loop Learning, Triple-Loop-Learning)
2.5 Veränderung der organisationalen Wissensbasis nach Pautzke
2.6 Die fünf Disziplinen nach Senge
2.7 Mindestvoraussetzungen organisationalen Lernens
2.8 Zusammenfassung der Theoriemodelle

3 Anwendungsteil
3.1 Situationsbeschreibung Fallkonstrukt
3.2 Umsetzung in der zu gründenden Finanzdienstleistungsgesellschaft
3.2.1 Unternehmensstruktur
3.2.2 Unternehmenskultur
3.2.3 Wissensmanagement
3.2.4 Führungskräfte
3.2.5 Mitarbeiter/innen
3.3 Probleme und Grenzen
3.3.1 Prinzipielle konzeptionelle Schwierigkeiten organisationalen Lernens
3.3.2 Spezielle Probleme im neuen Unternehmen

4 Fazit

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis:

Abbildung 1: Kreislauf organisationalen Lernens in Anlehnung an Huber

Abbildung 2: Organisationaler Lernprozess in Anlehnung an Cohen, March & Olsen

Abbildung 3: Single- und Double-Loop Learning

Abbildung 4: Deutero-Learning

Abbildung 5: Schichtenmodell der organisatorischen Wissensbasis nach Pautzke

Abbildung 6: Die fünf Disziplinen nach Senge

Abbildung 7: Einlinienorganisation – Matrixorganisation – Netzwerkorganisation

Abbildung 8: Matrixorganisation der Finanzdienstleistungs GmbH

Abbildung 9: Ablauforganisation Beispiel Produktentwicklung

1 Einleitung

1.1 Einführung in das Thema

Lernfähigkeit stellt einen maßgeblichen Faktor für die Leistungsfähigkeit und den langfristigen Erfolg einer Organisation dar (Argote, L. & Miron-Spektor, E., 2011, S. 1123 ff). Schon seit den späten 90er-Jahren des letzten Jahrhunderts wird in einschlägigen Medien vermehrt darauf hingewiesen, dass organisationales Lernen eine größere Anpassungsfähigkeit an die äußeren (Wirtschafts-)Bedingungen ermöglicht und dadurch auf lange Sicht einen Wettbewerbsvorteil bietet. Durch die ständig steigenden Herausforderungen an Unternehmen in Hinblick auf Schlagworte wie Globalisierung, Schnelllebigkeit, Fachkräftemangel, kommendes Web 5.0 etc. bekommen Wissensmanagement und lernfreundliche innerbetriebliche Strukturen eine immer größere Bedeutung. Die Bewältigung von sich rasch ändernden wirtschaftlichen und betrieblichen Anforderungen sollte optimaler Weise eine Kernkompetenz im Unternehmen darstellen. Organisationales Lernen ist dabei als ein Instrument von vielen zu sehen, um diesen Anforderungen gerecht werden zu können.

1.2 Aufbau der Arbeit

Die gegenständliche Arbeit gibt nach einer kurzen Einleitung (Kapitel 1) Aufschluss über die wichtigsten Modelle des organisationalen Lernens (Kapitel 2). Der Fokus liegt dabei auf den „alten“ grundlegenden Theorien. In Kapitel 3 wird die praktische Umsetzung einer lernenden Organisation anhand eines fiktiven, neu zu gründenden Unternehmens dargestellt. Die Autorin fungiert dabei – der Aufgabenstellung entsprechend – als beratende Expertin. Das Beratungskonzept der neu zu gründenden Gesellschaft konzentriert sich darauf, wie Aufbau- und Ablaufstruktur gestaltet werden können, um eine lernende Organisation zu ermöglichen. Weiters werden Anforderungen an Führungskräfte und Mitarbeiter/innen beschrieben und auch Probleme und Grenzen organisationalen Lernens aufgezeigt. Mit einem Fazit (Kapitel 4) schließt die Arbeit.

2 Theoretischer Hintergrund

In der Literatur sind viele – für die Kürze dieser Arbeit zu viele – Ansatzpunkte zu lernenden Organisationen zu finden. Aus diesem Grund wird eine selektive Auswahl getroffen. Dabei werden bewusst nicht die neuesten, sondern altbekannte Modelle zur Veranschaulichung ge-wählt, da diese großteils auch die Grundlagen „moderner“ Theorien darstellen. Das Kapitel gibt somit einen Kurzüberblick über organisationales Lernen nach March & Olsen (1975, 1991), Argyris & Schön (1978, 1990, 1996, 1999, 2008), Pautzke (1989) und Senge (1990, 1998, 2006, 2011).

2.1 Definition „Organisationales Lernen“

Die Tatsache, dass Lebewesen lernen können, ist unbestritten. Organisationales Lernen kann jedoch nicht mit dem Lernen einzelner Individuen gleichgesetzt werden. Es unterscheidet sich sowohl quantitativ als auch qualitativ maßgeblich, wie in den nachfolgend näher erläuterten Theorien dargestellt wird. Individuelles Lernen ist immer eine Voraussetzung für organisationale Lernprozesse, jedoch keine ausschließliche (Bodenmüller, H. & Joksch, J., 1999, S. 29).

Eine bekannte Beschreibung ist u. a. bei Probst und Büchel zu finden:

„Unter organisationalem Lernen ist der Prozeß [sic] der Veränderung der organisationalen Wissensbasis, die Verbesserung der Problemlösungs- und Handlungskompetenz sowie die Veränderung des gemeinsamen Bezugsrahmens von und für Mitglieder der Organisation zu verstehen.“ (Probst, G. & Büchel, B., 1994, S. 17)

Auch das Wirtschaftslexikon Gabler (2018) bezieht sich auf die Definition nach Probst und Büchel. Diese Definition lässt zwar sehr viele Facetten außen vor, jedoch gibt es viele Vertreter des organisationalen Lernens, die sich ausdrücklich gegen eine engere Definition aussprechen (siehe u. a. Nicolini und Meznar, 1995):

„It is important to challenge narrow concepts of organisational learning […], as narrow conceptions decrease the chances of encountering useful findings or ideas.“ (Huber, G., 1991, S. 89)

Eine der ältesten, aber noch immer gültigen Definitionen stammt von Argyris und Schön (1978). Sie beziehen in der etwas detaillierteren Erklärung vor allem das Lernen aus Fehlern mit ein:

„Organizational Learning involves the detection and correction of error. When the error detected and corrected permits the organization to carry on its present policies or achieve its present objectives, then that error-detection-and-correction process is single-loop learning. […] Double-loop learning occurs when error is detected and corrected in ways that involve the modification of an organization’s underlying norms, policies, and objectives.” (Argyris, C. & Schön, D., 1978, S. 2 ff).

Näheres zum erwähnten Single- und Double-Loop-Learning ist unter Kapitel 2.3 nachzulesen.

Zentraler Inhalt aller Modelle ist jeweils der Versuch, den Aufbau von Organisationseinheiten darzustellen, die geeignet sind für organisationales Lernen. Weiters bilden die Theorien ab, wie dieses Lernen letztendlich vor sich geht. Organisationales Lernen bietet – im Gegensatz zu anderen organisationstheoretischen Modellen – den Vorteil der Ganzheitlichkeit (Bodenmüller, H. & Joksch, J., 1999, S. 18) sowie ein Abwenden von der herkömmlichen Idee, dass es auf komplizierte betriebliche Fragen einfache, immer wieder in gleicher Art verwendbare Antworten gibt. Duncan und Weiß (1979) heben ferner hervor, dass es unmöglich oder sogar unerwünscht ist, dass jedes einzelne Organisationsmitglied jeweils über das komplette Organisationswissen verfügt. Was hingegen möglich, erwünscht und wichtig ist, ist die Möglichkeit, dass allen Zugang zu den Informationen geboten wird.

2.2 Definition „Organisationales Gedächtnis“

Huber (1991) beschreibt organisationales Gedächtnis als Instrument, um das Wissen für zukünftigen Gebrauch zu speichern. Ein Personalwechsel beispielsweise bedingt immer einen Verlust an Wissen, denn nicht alle Informationen wurden gespeichert. V. a. implizites Wissen geht verloren. Als Konsequenz ergibt sich, dass Wissen zeit- und kostenaufwändig neu geschaffen werden muss.

Das Organisationsgedächtnis ist nach Huber (1991) die Grundlage, auf welcher das Lernen erfolgt. In seinem Modell bildet das Gedächtnis den Startpunkt aber auch das Endergebnis organisationalen Lernens.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung1: Kreislauf organisationalen Lernens in Anlehnung an Huber, G. (1991)

Um zu lernen muss eine Organisation die vier Dimensionen Informationsaufnahme, Informationsverteilung, Informationsinterpretation und Informationsgedächtnis beachten (siehe Abb. 1). Die Abbildung zeigt dabei deutlich, dass es keinen Anfangs- und Endpunkt des Kreislaufes gibt.

2.3 „Cycle of Choice“ nach March & Olsen

March und Olsen manifestierten 1975 die Theorie, dass die einzelnen Mitarbeiter/innen sowohl nach den geltenden innerbetrieblichen Regeln agieren, also auf der organisationalen Seite, als auch ebenso die eigenen Interessen („self-interests“ nach March, J.G. & Olsen, J.P., 1979) in den Mittelpunkt stellen. Die Motivation der einzelnen Organisationsmitglieder, die persönlich vorhandenen Ressourcen im Sinne der Organisation einzusetzen, stellt demnach einen zen-tralen Punkt dar. Diese persönliche Entscheidung bzw. Motivation, den eigenen oder den Or-ganisationsinteressen den Vorzug zu geben, bezeichnen March & Olsen als „cycle of choice“.

Zusätzlich zu den beiden erwähnten Faktoren (organisationales Handeln, Handeln im eigenen Sinne) sind auch die in der Person verankerten Werte sowie der Einfluss von Umweltbedingungen maßgebliche Bestandteile des „cycle of choice“ (siehe Abb. 2).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung2: Organisationaler Lernprozess in Anlehnung an Cohen, M.D, March, J.G. & Olsen, J.P. (1990)

Lernen ist nie ein objektiver Vorgang. Das zu Lernende wird im interaktiven Prozess zwischen Umwelt, Unternehmen und Individuum stets verschieden interpretiert. March und Olsen (1990) beschreiben den Entscheidungszyklus, auf dem organisationales Lernen basiert, folgender-maßen:

1. Als Ausgangslage dient die Annahme, dass individuelles Verhalten durch persönliche Wertemodelle beeinflusst wird.
2. Das daraus resultierende individuelle Verhalten bestimmt in weiterer Folge, wie sich jemand in der Organisation verhält („organisatorisches Wahlverhalten“).
3. Dies hat wiederum Einfluss auf die Umwelthandlungen bzw. -reaktionen.
4. Die Umweltreaktionen beeinflussen ihrerseits die individuellen Kognitionen und damit das persönliche Wertesystem einer Person.

Eine exakte Steuerung des Lernprozesses auf organisationaler Ebene ist nach March und Olsen demnach nicht möglich (Becker, F., 2002).

Zusammenfassend kann aus den Grundüberlegungen von March und Olsen der Schluss gezogen werden, dass organisationales Lernen wie individuelles Lernen funktioniert. Organisationalen Charakter erhält das Gelernte dadurch, dass es sich organisationsweit durchsetzt (March, J.G. & Olsen, J.P., 1975 nach Bodenmüller, H. & Joksch, J., 1999, S. 67).

Wie fast alle Modelle stößt auch der „cycle of choice“ an mehreren Punkten an seine Grenzen, da sich die reale Situation in Unternehmen immer wesentlich komplexer präsentiert als die in Theoriemodellen erarbeiteten Beispiele. So erwähnen March und Olsen (1975) u. a. folgende Problemfelder:

- Rollenbeschränkungen (subjektiv angenommen oder auch tatsächlich vorhanden) können zu Unterschieden zwischen eigenen Vorstellungen und tatsächlich vollzogenen Schriten führen.
- Die Umsetzung des individuell Gelernten für die komplette Organisation kann durch intra-personelle oder innerbetriebliche Faktoren blockiert sein.
- Die Umweltreaktionen, welche ja wiederum in die intrapersonellen Kognitionen einfließen, sind oft mehrdeutig, was zu Fehlinterpretationen und in Folge zum Aufbau falscher Kog-nitionen führen kann.

2.4 Lernende Organisation nach Argyris & Schön

Die Ursprünge der wohl bekanntesten Theorie des Psychologen Chris Argyris und des Philosophen Donald Schön gehen auf die 80er-Jahre des letzten Jahrhunderts zurück. Wie so viele Theorien wurde auch diese im Laufe der Jahre immer wieder leicht adaptiert. Ihr Werk „Organizational Learning“ (1978) gilt in Fachkreisen als der Klassiker des Organi-sationslernens. Das ihrem Modell zugrundeliegende Konzept der „Action Science“ baut auf dem Ansatz der Aktionsforschung von Kurt Lewin auf.

Argyris und Schön definieren organisationales Lernen folgendermaßen:

„Organizational learning occurs when members of the organization act as learning agents of the organization, responding to changes in the internal and external environments of the organization by detecting and correcting errors in organizational theory-in-use, and embedding the results of their inquiry in private images and shared maps of organization.” (Argyris, C. & Schön, D., 1978, S. 29)

Zunächst werden in diesem Modell zwei Varianten betrachtet: „espoused theory“ und „theory-in-use“ (Argyris, C. & Schön, D., 2008). Die „espoused theory“ (= vertretene Theorie) bildet die Intentionen einer Person bezüglich beabsichtigtem Handeln ab, wohingegen die „theory-in-use“ (= handlungsgeleitete Theorie, Gebrauchstheorie) wirklich gezeigtes Verhalten darstellt. Die Wichtigkeit der einzelnen Person im Kreislauf des organisationalen Lernens wird von den Autoren dezidiert betont:

„[…] there is no organizational learning without individual learning, and […] individual learning is a necessary but insufficient condition for organizational learning.” (Argyris, C. & Schön, D., 1978, S. 20)

Argyris und Schön weisen darauf hin, dass es zwischen der vertretenen Theorie und dem tatsächlichen Verhalten zu Abweichungen kommen kann bzw. in der Praxis häufig kommt.

Auf der Grundlage der beiden Dimensionen „organizational expoused theory“ und „orga-nizational theory-in-use“ differenzieren die Autoren drei Ebenen des organisationalen Lernens, welche in den nachfolgenden Unterkapiteln kurz erläutert werden.

2.4.1 Single-Loop Learning

Beim Einzelschleifen-Lernen – der ersten Lernebene nach Argyris und Schön (1999, S. 35) – wird nur bestehendes Wissen einer Organisation stabilisiert. Eine Adaptierung von Werten und Strategien der Organisation findet nicht statt: Die „theory-in-use“ erfährt dabei keine Veränderung, wie in Abb. 3 ersichtlich ist.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung3: Single- und Double-Loop Learning (Argyris, C., 1996, S. 8)

Hervorstechend am Einzelschleifen-Lernen ist die Eindimensionalität. Z. B. ein Problem im Unternehmen wird wahrgenommen und die Führungsebene ergreift Maßnahmen zu dessen Beseitigung. Die ausführenden Mitarbeiter adaptieren ihr Handeln entsprechend situativ, es werden dabei keinerlei Rahmenbedingungen im Unternehmen angepasst (Tute, M. & Wiethölter, J., 2012). Ursprüngliches Ziel von Single-Loop Learning ist die Stärkung der Effizienz innerhalb einer betrieblichen Einheit, nicht das organisationale Lernen.

2.4.2 Double-Loop Learning

Im Unterschied zum Einzelschleifen-Lernen, bei welchem nur die Handlungen geändert werden, werden beim Doppelschleifen-Lernen nach Argyris und Schön Werte, Normen und Organisationsziele reflektiert, hinterfragt und auch geändert (Argyris, C. & Schön, D., 1978, nach Bodenmüller, H. & Joksch, J., 1999, S. 120). Der grundsätzliche Unterschied zum Single-Loop Lernen besteht demnach darin, dass es nicht nur situative, sondern grundlegende Verhaltensänderungen ermöglicht (Kraus, M., o. J.).

Im Beispiel aus Kapitel 2.4.1, in dem der ausführende Mitarbeiter die Anweisungen seitens der Führungskraft zu einem z. B. verbesserten Ablauf des Arbeitsvorgangs ausgeführt hat, könnte nun festgestellt werden, dass eben nicht der Ablauf selbst das Problem war, sondern eine prinzipielle Nachlässigkeit der Mitarbeiter/innen dieser Abteilung. Beim Double-Loop Learning geht es nun darum, die (Arbeits-)Norm, das Qualitätsbewusstsein und somit die prinzipiellen Wertvorstellungen der Mitarbeiter/innen anzupassen. Das Einzelschleifen-Modell ist in diesem Beispiel nicht erfolgreich gewesen, daher war ein Übergehen zum Doppelschleifen-Lernen nötig. Dieser Prozess wird ebenfalls in Abb. 3, Kap. 2.4.1 veranschaulicht.

Das bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass Single-Loop Learning prinzipiell als schlechter oder minderwertiger Lernprozess definiert werden kann. Der „Blog for organisational behaviour“ bietet eine kurze und prägnante Erklärung, was wann Sinn macht, auch wenn sich der Autor dieser Zeilen nicht namentlich eruieren lässt:

„Both single-loop as well as double-loop learning can be effective in the right situation. Single-loop learning is all about increasing efficiency and learning by doing. Double-loop on the other hand looks at the big picture and tries to steer efforts in the right direction.” (Blogger a0135039, 2015)

2.4.3 Deutero-Learning (Third-Loop Learning, Triple-Loop-Learning)

Argyris hat sich äußerst intensiv mit dem Einzelschleifen- und Doppelschleifen-Lernen auseinandergesetzt. Seine Erkenntnisse rund um Deutero-Lernen basieren jedoch auf den Grundlagen von Gregory Bateson (1972, 1988) und wurden von ihm in Kooperation mit Schön weiterentwickelt.

Nach Argyris und Schön findet Triple-Loop Learning immer dann statt, wenn Organisationsmitglieder Erfolge und Misserfolge von Single-Loop- und Double-Loop-Prozessen systematisch reflektieren (Argyris, C. & Schön, D., 1999) und beginnen, lernhinderliche Prozesse abzuändern (Werther, S. & Jacobs, C., o. J.).

Deutero-Learning kann als Meta-Perspektive, die über Single- und Double-Loop Learning hinausgeht, gesehen werden. Das Lernen an sich bildet dabei das Zentrum der Betrachtung. Diese dritte Schleife stellt somit die Ebene des Prozesslernens dar, da neben der Handlungsadaptierung einzelner Mitarbeiter/innen vor allem die Veränderungsfähigkeit der ganzen Organisation betrachtet wird (Werther, S. & Jacobs, C., o. J.). Abb. 4 zeigt, dass auf diese Weise eine Korrektur der zugrundeliegenden Annahmen und Prinzipien vorgenommen wird (bzw. zumindest vorgenommen werden kann).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung4: Deutero-learning (Bateson, G., 1972, Argyris, C. & Schön, D., 1999)

Deutero-Lernen kann auch folgendermaßen umschrieben werden: „Die Organisation lernt um des Lernens Willens [sic].“ (Grün, C., 2017, S. 8)

2.5 Veränderung der organisationalen Wissensbasis nach Pautzke

Nach Gunnar Pautzke (1989) bedeutet Wissen – nämlich das komplette organisationale Wissen – die Basis für Lernen. Die Wissensbasis beinhaltet dabei explizites aber auch implizites Organisationswissen. Seinem Modell der organisationalen Wissensbasis liegt das Schichtenmodell nach Kirsch (1988) zugrunde: Die Wissensbasis wird in diesem Modell in fünf Schichten eingeteilt, aus denen sich fünf Klassen des organisationalen Lernens ergeben (siehe Abb. 5).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung: Schichtenmodell der organisatorischen Wissensbasis nach Pautzke, G., 1989, S. 79 (Eigene Darstellung.)

Abbildung 5 zeigt die fünf Schichten der Wissensbasis nach Pautzke, die Pfeile stellen dar, welche Lernprozesse in der jeweiligen Schicht stattfinden:

- Lernprozess 1: Explizites Wissen von Einzelpersonen wird der Gesamtorganisation zur Verfügung gestellt (Pautzke, G., 1989, S. 83), das heißt, es findet ein Wissensübergang von Schicht zwei zu Schicht eins statt. Der Wissensbegriff ist in dieser Schicht sehr eng gefasst und entspricht der Definition aus dem Jahr 1979 von Duncan und Weiss (Bodenmüller, F. & Joksch, J., 1999, S. 103).
- Lernprozess 2: Der Organisation wird von den Organisationsmitgliedern individuelles Wissen zugänglich gemacht (Pautzke, G., 1989, S. 83). Es erfolgt demnach ein Wissenstransfer von Schicht drei zu Schicht eins.
- Lernprozess 3: Das der Organisation bislang nicht zur Verfügung stehende Individualwissen wird geteilt (Pautzke, G., 1989, S. 83), der Übergang findet zwischen den Schichten drei und zwei statt.
- Lernprozess 4: Mit diesem Lernprozess meint Pautzke alle Prozesse, die kosmisches Wissen in die Schichten eins bis drei überleiten (Pautzke, G., 1989, S. 83) und gleichzeitig einen weiteren der zuvor dargestellten Prozesse beinhalten. Der Prozess beschreibt somit Wissen, das aus der Umwelt generiert wird. Nach Pautzke beinhaltet Schicht vier Metawissen, welches z. B. aus Vorträgen und Büchern erlernt wurde.
- Lernprozess 5: Der fünfte Lernprozess stellt eine Weiterentwicklung der kompletten Organisation dar und baut auf den Prozessen eins bis vier auf.

Die Prozesse eins bis vier finden innerhalb der Organisation statt und werden als „horizontales Lernen“ bezeichnet. Im Unterschied dazu führt „vertikales Lernen“, das im fünften Lernprozess von statten geht, zu einer Veränderung des Sinnmodells und steht für einen Lernprozess höherer Ordnung (Pautzke, G., 1989, nach Bodenmüller, F. & Joksch, J., 1999, S. 105). Es sind hierbei deutliche Parallelen zum Single-Loop Learning (ähnliche dem horizontalen Lernen) und Double-Loop Learning (vergleichbar mit vertikalem Lernen) von Argyris und Schön erkennbar.

[...]

Ende der Leseprobe aus 33 Seiten

Details

Titel
Organisationales Lernen. Wie gelingt der Aufbau einer lernenden Organisation?
Hochschule
SRH Fernhochschule  (Riedlingen)
Note
1,0
Jahr
2019
Seiten
33
Katalognummer
V514697
ISBN (eBook)
9783346113993
ISBN (Buch)
9783346114006
Sprache
Deutsch
Schlagworte
March & Olson, Argyris & Schön, Pautzek, Senge, Situation Fallkonstrukt Aufbau einer lernenden Organisation, Umsetzungsmaßnahmen im neuen Unternehmen
Arbeit zitieren
Anonym, 2019, Organisationales Lernen. Wie gelingt der Aufbau einer lernenden Organisation?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/514697

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