Paradigmenwechsel in der Transplantationsmedizin

Der Vorschlag zur "doppelten Widerspruchslösung im Transplantationsgesetz" aus theologisch-ethischer Perspektive


Hausarbeit (Hauptseminar), 2019

21 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Der Vorschlag zur so genannten „Regelung der doppelten Widerspruchslösung im Transplantationsgesetz“

3. Der Gegenentwurf zur „Stärkung der Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende“

4. Die Haltung des Kirchlichen Lehramtes zur Organspende im Allgemeinen
4.1. Beurteilung der Neuregelung zur Organspende aus der Sicht des Kirchlichen Lehramtes

5. Theologisch-Ethische Positionen zur „Widerspruchslösung“

6. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Neue medizinzische Erkenntnisse und Therapien stellen die Bevölkerung vor schwierige moralische Herausforderungen und Fragen, vor allem bezogen auf den eigenen Tod und das Leben und Sterben von Angehörigen. Diese Erkenntnisse aus der Medizin erlauben es allen Menschen auf eine gewisse Weise einen Einfluss auf den Tod als integralen Bestandteil des Lebens zu nehmen.

Gerade in der heutigen Zeit rückt hierbei, aufgrund neuer Einblicke und Methoden, die Möglichkeit einer postmortalen Organspende in den Fokus. Diese ermöglicht es, kurz gesagt, aus einem Körper, bei welchem der Hirntod festgestellt wurde1, die noch funktionierenden Organe zu entnehmen und diese in den Körper eines erkrankten Menschen einzupflanzen, sodass dieser bestmöglich mit dem Spenderorgan sein Leben fortführen kann.

Trotz dieser Möglichkeiten ist die Differenz zwischen den Personen, die als Patienten für eine Spende infrage kommen und auf ein Spenderorgan warten und den tatsächlichen Organentnahmen immer noch sehr hoch, letztere sank in den letzten Jahren sogar noch2.

Mit dieser Problematik beschäftigt sich der Deutsche Bundestag in der aktuellen Legislaturperiode. Dort stehen in der aktuellen Debatte zwei Vorschläge zur Änderung des Transplantationsgesetzes gegenüber, der Gesetzesentwurf zur „doppelten Widerspruchslösung“, welcher von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn verabschieden möchte und der Gegenentwurf „zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende“.3

Gerade die „Doppelte Widerspruchslösung“ tritt hierbei in den Fokus der (theologischen-) Ethik, speziell der Bioethik und wirft dabei einige Kontroversen auf.

Im Rahmen des Seminars „Aktuelle Diskussionen in der Bioethik“ versucht diese Arbeit eben diese Kontroversen aufzuzeigen und unter der Leitfrage wie die „Doppelte Widerspruchslösung“ aus einer theologisch- ethischen Perspektive heraus zu beurteilen ist, Argumente, Fakten und Positionen zu sichten, abzuwägen und zu beurteilen.

Hierbei wird zunächst der Gesetzesvorschlag zur „Regelung der doppelten Widerspruchslösung im Transplantationsgesetz“ genauer beleuchtet und erläutert. Daran angeknüpft wird der als Gegenentwurf dazu veröffentlichte „Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende“ vorgestellt.

Im darauffolgenden Kapitel wird die grundsätzliche Haltung des kirchlichen Lehramtes zur Organspende im Allgemeinen erläutert, vor allem unter dem Gesichtspunkt ob und wie sich diese im Laufe der Zeit verändert hat, ehe im speziellen auf die Äußerungen und Verkündigungen von Seiten der Kirche zur aktuellen möglichen Änderung des Transplantationsgesetzes eingegangen wird. Bezugnehmend auf diese kirchliche Verkündigung werden des Weiteren die unterschiedlichen Positionen seitens der Moraltheologie, bzw. Theologischer Ethik, bezogen auf die möglichen Gesetzesänderungen, gegenübergestellt.

Abschließend wird in einem Resümee versucht den Vorschlag der „doppelten Widerspruchslösung“ aus einer theologisch-ethischen Perspektive heraus zu beurteilen.

Aufgrund der Aktualität des Themas und der Debatte ist der Forschungsstand inerhalb der Theologischen Ethik noch keineswegs erschöpft. Kommentare und Aufsätze von Ethikerinnen und Ethikern finden sich hauptsächlich in aktuellen Zeitschriften. Besonders hervorzuheben ist hierbei die „Zeitschrift für medizinische Ethik 65“ von 2019, die sich zentral mit der ethischen Reflexion der Gesetzgebung im Transplantationsgesetz befasst.4

Da die grundlegende Debatte in der Ethik und auch von Seiten der Kirche um die Organspende jedoch schon seit mehreren Jahren existiert, wird auch auf diese Veröffentlichungen Bezug genommen, beispielsweise auf Veröffentlichungen des Deutschen Ethikrates5 und der Deutschen Bischofskonferenz.6

Das Kriterium des Hirntodes, welches einen großen Platz in der ethischen Diskussion um die Organspende einnimmt, wird in dieser Abhandlung nur oberflächlich behandelt, da eine ausgeweitete Beschäftigung mit dieser Debatte nicht zielführend im Hinblick auf die Leitfrage wäre und den Rahmen der Arbeit sprengen würde.

2. Der Vorschlag zur so genannten „Regelung der doppelten Widerspruchslösung im Transplantationsgesetz“

Um dem großen Mangel an Spenderorganen in Deutschland entgegenzuwirken hat eine fraktionsübergreifende Gruppe um Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und den SPD- Gesundheitspolitiker Dr. Karl Lauterbach in dieser Legislaturperiode einen Gesetzesvorschlag herausgearbeitet und zur Debatte gestellt, der die bereits in der Forschung geforderte und in anderen Staaten schon länger geltende Widerspruchsregelung beinhaltet.

So heißt es in der Vorabfassung des Gesetzes vom 25.06.2019: „Nach dem Gesetzentwurf gilt jede Person als Organ- oder Gewebespender, es sei denn, es liegt ein erklärter Widerspruch oder ein der Organ- oder Gewebeentnahme entgegenstehender Wille vor. Ist dies nicht der Fall, ist anders als bei der bisherigen Entscheidungslösung eine Organ- und Gewebeentnahme bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen zulässig.“7

Um den erklärten Widerspruch der Betroffenen zu dokumentieren sieht der Gesetzesvorschlag die Einrichtung eines Melderegisters vor, „in dem die Bürgerinnen und Bürger eine Erklärung zur Organ- und Gewebespende abgeben können“8. Behandelnde Ärzte haben dieses Register vor der Organentnahme zu prüfen und sollen die nächsten Angehörigen befragen, ob ein nicht dokumentierter schriftlicher Widerspruch vorliege. Sollte es sich bei dem Betroffenen um eine minderjährige Person handeln, obliegt das Entscheidungsrecht über einen möglichen Widerspruch den nächsten Angehörigen. Ausgenommen von diesem Fall wird in diesem Vorschlag die ausschließliche Geltung des „Willens des möglichen Organ- und Gewebespenders“9 betont.

Damit diese informierte Selbstbestimmung gewährleistet ist, soll sowohl vor Inkrafttreten des Gesetzes10, als auch danach über sämtliche Möglichkeiten, Voraussetzungen und Bedeutungen der Organspende und des Widerspruchsregisters informiert werden. So heißt es in Artikel 1 §2: „ Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, die Krankenkassen und die pri-vaten Krankenversicherungsunternehmen haben auf der Grundlage dieses Gesetzes die Bevölkerung insbesondere durch geeignete Aufklärungsunterlagen regelmäßig aufzuklären.“11

Die einzigen Personen, die von dieser Regelung grundsätzlich ausgenommen sind, sind Personen, „die nicht in der Lage sind, Wesen, Bedeutung und Tragweite einer Organ- oder Gewebespende zu erkennen und ihren Willen danach auszurichten.“12

Dieser Gesetzesvorschlag wurde in mehreren Bundestagssitzungen behandelt, hierbei sind die Orientierungsdebatte zur Organspende vom 28.11.2018 und die nach Veröffentlichung des Gesetzesentwurfs am 26.06.2019 besonders zu nennen. Ebenso fand eine breite öffentliche Diskussion zu dieser Regelung statt.13

3. Der Gegenentwurf zur „Stärkung der Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende“

Um einen möglichen Paradigmenwechsel von der Spende zur Abgabepflicht14 und weitere Kritikpunkte an dem Gesetzesvorschlag zu entgehen und trotzdem die Zahl der Organspenden zu erhöhen, hat eine fraktionsübergreifende Gruppe um die Grünen- Bundesvorsitzende Annalena Baerbock einen Gegenentwurf zur „Stärkung der Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende“ zur Debatte gestellt.

Das klar definierte Ziel ist es, wie bei der doppelten Widerspruchslösung auch, die Zahl der Organspenden in Deutschland zu erhöhen. Der Gegenentwurf fokussiert sich jedoch auf „ eine bewusste und freiwillige Entscheidung[…], die nicht durch den Staat erzwungen werden darf“15 . Die nötigen Voraussetzungen hierfür sind die Einrichtung eines Online-Registers „in dem die Bürgerinnen und Bürger eigenständig eine Erklärung zur Organ- und Gewebespende abgeben können.“16 , sowie eine regelmäßige und ergebnisoffene Befragung und Beratung durch Hausärztinnen und Hausärzte, welche extrabudgetär honoriert werden soll.17Auch in der ärztlichen Ausbildung soll die Organ- und Gewebespende verstärkt thematisiert werden. Dies wird durch Änderung der Approbationsordnung für Ärzte gewährleistet.“18 , so der Vorschlag.

Des Weiteren sollen sämtliche Pass- und Bürgerämter weiter mit Informationsmaterial durch die BZgA ausgestattet werden und es soll ebenfalls die Möglichkeit bestehen, dort die Entscheidung zur Organspende zu dokumentieren. Die Informationsmaterialien der BZgA sollen in einem Abstand von vier Jahren wissenschaftlich evaluiert werden und dem Bundestag vorgelegt werden.19

Auf beiden Seiten der Debatte wird häufig mit dem christlichen Motiv der Nächstenliebe argumentiert, so die Stellungnahme Axel Müller (CDU) : „Ich habe mich dann allerdings daran erinnert, dass Jesus Christus in der Bergpredigt das Gebot der Nächs­tenliebe universal verstanden hat .Das heißt: Grundsätz­lich trägt jeder von uns die moralische Pflicht in sich, als Spender zur Verfügung zu stehen. Das wäre die Wider­spruchslösung.“20

Müller spielt in diesem Fall auf die Haltung des Christentums zu der Widerspruchslösung und zur Organspende generell an, welche in den folgenden Kapiteln behandelt wird.

4. Die Haltung des Kirchlichen Lehramtes zur Organspende im Allgemeinen

Die Frage nach der Sittlichkeit einer Organspende nach dem Tod ist eine Frage, mit der sich die Kirche aufgrund der Anthropologie und des Leiblichkeitsverständnisses im Christentum zu stellen hat. So wird im Jahr 2005 veröffentlichten Kompendium des Katechismus genau die Frage gestellt, ob die Verpflanzung von Organen vor und nach dem Tod gestattet sei. Die Antwort darauf lautet in der Nummer 476 des Kompendiums:“Die Organverpflanzung ist sittlich annehmbar, wenn der Spender seine Zustimmung gegeben hat und keine übermäßigen Gefahren für ihn bestehen. Für die edle Tat der Organspende nach dem Tod muss der tatsächliche Tod des Spenders sicher feststehen.“21

Die Beschäftigung der Katholischen Kirche mit der Organspende ist jedoch nicht ausschließlich theologisch-ethisch, sondern hat auch einen praktischen Sitz im Leben. „Christliche Dank-Gottesdienste gehören seit Jahren regelmäßig zu den bundesweit veranstalteten Tagen der Organspende“22.

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die Thematik der Organtransplantation erst durch Erkenntnisse in der Neuzeit relevant wurde. Durch diese Erkenntnisse und deren öffentliche Verbreitung vollzog sich in der kirchlichen Verkündigung ein Paradigmenwechsel in der ethischen Bewertung in Bezug auf die Organentnahme nach dem Tod. Diese Bewertung hat sich „auf dem Boden des Christentums in den letzten Jahrzehnten von einer strikten Ablehnung über eine bedingte Zulassung zu grundsätzlicher Gutheißung fortentwickelt“ 23 , stellt Schockenhoff fest.

Das erste kirchliche Dokument, welches für diese Betrachtung heranzuziehen ist, ist eine Ansprache Pius XII. an die Mitglieder des Italienischen Verbandes der Hornhautspender, des Italienischen Blindenvereins und berühmter Augenärzte und Gerichtsmediziner über die Integrität des menschlichen Leibes im Leben und Tod vom 14.05.1956. In Bezug auf die Übertragung der Hornhaut eines verstorbenen Menschen auf einen anderen verkündete der Papst: „Vom sittlich- religiösen Standpunkt aus ist nichts gegen die Ablösung der Hornhaut bei einem Toten […] als solche einzuwenden.“24 .

Dennoch könne eine postmortale Gewebeentnahme nicht komplett unbedenklich sein, wenn sie das Verständnis hervorrufe, „den menschlichen Leichnam auf eine Stufe mit dem tierischen oder einfach mit einer „Sache“ zu stellen.“25 . In Bezug auf den Aspekt der Nächstenliebe betont Pius XII. dessen Freiwilligkeit: „ […],im allgemeinen wird man dies Verhalten nicht als eine Pflicht oder als einen pflichtmäßigen Akt der Nächstenliebe hinstellen“26

Der nächste Papst, der sich öffentlich mit der Thematik befasst hat, war Johannes Paul II.. Dem Kongress der Gesellschaft für Organverpflanzung hielt dieser am 20.06.1991 eine Ansprache. Nachdem er zunächst den Fortschritt der Medizin in diesem Bereich lobte, legte er das Augenmerk auf vergangene Missbräuche: „ Trotz all dieser Schwierigkeiten jedoch können wir die Worte eines Kirchenlehrers aus dem 4.Jahrhundert, des hl. Basilius des Großen, in Erinnerung rufen: „ Was die Medizin betrifft, so wäre es unrecht, ein Geschenk Gottes [ d.h. die medizinische Wissenschaft] nur deshalb abzulehnen, weil es von manchen mißbraucht wird“ (Große Regeln 55,3).“27

In seiner Enzyklika Evangelium Vitae, die sich mit dem Wert und der Würde des menschlichen Lebens beschäftigt, hebt Johannes Paul II. die Organspende unter dem Motiv des sog. „Heroismus im Alltag“28 besonders hervor: „ Unter diesen Gesten verdient die in ethisch annehmbaren Formen durchgeführte Organspende besondere Wertschätzung, um Kranken, die bisweilen jeder Hoffnung beraubt sind, die Möglichkeit der Gesundheit oder sogar des Lebens anzubieten“29

Bezogen auf den christlichen Aspekt der Organspende setzt Johannes Paul II. besonders das Motiv der Liebe, die über den Tod hinaus geht in den Fokus: „So machte es der Fortschritt der biomedizinischen Wissenschaft den Menschen möglich, ihre Berufung zur Liebe auch über den Tod hinaus wirksam werden zu lassen. Analog zum Ostergeheimnis Christi wird gewissermaßen der Tod durch den Tod überwunden und das Leben wiederhergestellt.“30 .

Der Nachfolger Johannes Pauls II., Benedikt XVI. stellt für diese Handlung des „ Heroismus im Alltag“31 zwei Bedingungen, um diesen christlich ethisch zu rechtfertigen. Zum einen ist dies die „aufgeklärte Zustimmung [„informed consent“] die Vorbedingung der Freiheit, damit die Transplantation die Charakteristik einer Gabe hat und nicht als erzwungene Handlung oder als Akt der Ausnutzung interpretiert werden kann“32, zum anderen die „Geste totaler Unentgeltlichkeit seitens der Verwandten von Patienten“33 . Eine Organspende aus monetären Gründen würde konkret das Paradigma der „Spende“ als einen Akt der freiwilligen Nächstenliebe zerstören. Um diese Freiwilligkeit jedoch in einem ersten Schritt zu ermöglichen, ist eine Aufklärung darüber ein notwendiges Kriterium.

Um auch seitens der Kirche in Deutschland eine Aufklärung und Orientierungshilfe zu bieten, legte die Deutsche Bischofskonferenz im Jahr 2015 eine Stellungnahme zur „Entscheidungsfindung“ 34 vor. In dieser Stellungnahme wird die Hirntod-Konzeption im Hinblick auf Begründungen und Einwände diskutiert.

Für die Frage nach der kirchlichen Position und moralischen Bewertung der Organspende sind der Deutschen Bischofskonferenz, ebenso wie bei der Ansprache Benedikts XVI., vor allem der Aspekt der Freiwilligkeit und der notwendigen umfassenden Aufklärung besonders wichtig.35 Neben weiteren Hinweisen für die Praxis befasst sich diese Stellungnahme zuletzt mit dem Horizont des christlichen Glaubens bei der Frage nach der Organspende.

Zentral wird hier aus der Glaubensgewissheit36 des Christentums argumentiert, aus welcher sich für die Organspende ergibt, „dass die Organspende eine Möglichkeit darstellen kann, wie jemand das empfangene Geschenk des Lebens und die erfahrene Zuwendung Gottes anderen weiterschenken kann. Organspende ist für den Christen eine Erscheinungsform der Nächstenliebe, die auch im eigenen Tod noch Lebensmöglichkeiten für einen Mitmenschen eröffnet.“37.

Die postmortale Organentnahme wiederspreche nicht dem christlichen Glauben an die leibliche Auferstehung. „Der Glaube an die leibliche Auferstehung beinhaltet nicht den unveränderten Fortbestand unseres irdischen Leibes, sondern dessen Verwandlung (vgl. dazu 1 Kor 15,52; Phil 3,21).“38 Der Glaube an die leibliche Auferstehung ist ebenso das Motiv, auf dem sich frühere Einwände gegen die Organspende kirchlicherseits gestützt haben.39

Insgesamt lässt sich feststellen, dass die Katholische Kirche der Organspende grundsätzlich positiv gegenübersteht. Es gebe kaum theologische Einwände, solange ethische und rechtliche Kriterien gelten würden. Hier sind vor allem die viel benannte Freiwilligkeit der Spende zu nennen, wie ebenso die Verteilungsgerechtigkeit und die umfassende Aufklärung. Historisch betrachtet lassen die hier vorgetragenen Dokumente die These zu, dass die Kirche sich im Laufe des medizinischen Fortschrittes immer weiter für die Organspende ausgesprochen hat.

Zuletzt ist, gerade in Bezug auf die beiden großen Kirchen in Deutschland, zu erwähnen, dass diese auch aus recht profanen Gründen ein Interesse an der Thematik der Organspende haben. Denn die Kirche ist hierzulande nicht ausschließlich eine religiöse Gemeinschaft, sondern auch „eine Kostenträgerin im Gesundheitswesen“40 , wie Ludger Fittkau feststellt.

[...]


1 Das Hirntodkriterium ist im Deutschen Recht als notwendiges Kriterium für eine postmortale Organspende festgeschrieben. Vgl. hierzu:Deutscher Ethikrat: Hirntod und Entscheidung zur Organspende, [Stand:] 24. Februar 2015, Berlin 2015. (im Folgenden zitiert als: Deutscher Ethikrat 2015).

2 Vgl.Esser, Andrea; Kahl, Antje; Kersting, Daniel, Schäfer, Christoph, Weber, Tina (Hgg.): Die Krise der Organspende. Anspruch, Analyse und Kritik aktueller Aufklärungsbemühungen im Kontext der postmortalen Organspende in Deutschland (Sozialwissenschaftliche Abhandlungen der Görres-Gesellschaft, Band 30), Berlin 2018, S. 7.

3 Wichtig hierbei ist zu beachten, dass beide Vorschläge von fraktionsübergreifenden Gruppen stammen und dass bei der Debatte im Bundestag der Fraktionszwang aufgehoben wurde.

4 Bsp.Schockenhoff, Eberhard: Paradigmenwechsel zur Widerspruchslösung, in: Zeitschrift für medizinische Ethik 65 (2019) (im Folgenden zitiert als: Schockenhoff 2019).

5 Vgl.Deutscher Ethikrat 2015.

6 Vgl. Hirntod und Organspende, Bonn 2015. (im Folgenden zitiert als: Deutsche Bischofskonferenz 2015).

7 Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der doppelten Widerspruchslösung im Transplantationsgesetz, Deutscher Bundestag, 25.06.2019, S.2

8 Ebd.

9 Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der doppelten Widerspruchslösung im Transplantationsgesetz, Deutscher Bundestag, 25.06.2019S.3

10 Vgl.Ebd. Art.1 § 2a

11 Ebd. Art.1 § 2 Abs. 1

12 Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der doppelten Widerspruchslösung im Transplantationsgesetz, Deutscher Bundestag, 25.06.2019S.22

13 Hier zu nennen ist unter anderem die Folge der ARD-Polittalkshow „Hart aber Fair“ vom 01.04.2019 mit dem Titel: “Moralischer Zwang zur Organspende: Wollen sie das, Herr Spahn“

14 Eine Diskussion um einen möglichen „Paradigmenwechsel“ findet in den Kapiteln 4 und 5 statt.

15 Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende, Deutscher Bundestag, 25.06.2019 S.2

16 Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende, Deutscher Bundestag, 25.06.2019 S.3

17 Extrabudgetär bedeutet, dass diese Leistung nicht in das „Heilmittel-Budget“ des Arztes oder der Ärztin eingerechnet werden kann. Vgl. https://www.buchner.de/themen/extrabudgetaere-verordnung/

18 Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende, Deutscher Bundestag, 25.06.2019 S.4

19 Ebd.

20 Plenarprotokoll des Deutschen Bundestages, 19. Wahlperiode, 67. Sitzung, Berlin 28.11.2018, S. 7613

21 Katechismus der Katholischen Kirche, München, u.a. 2005, S. 170.

22 Fittkau, Ludger: Beschaffen als Mission. Der TK-Gesundheitsmanager Norbert Klusen alsAktivist im deutschen Transplantationssystem, in: Esser, Andrea; Kahl, Antje; Kersting, Daniel, Schäfer, Christoph, Weber, Tina (Hgg.): Die Krise der Organspende, Anspruch, Analyse und Kritik aktueller Aufklärungsbemühungen im Kontext der postmortalen Organspende in Deutschland (Sozialwissenschaftliche Abhandlungen der Görres-Gesellschaft, Band 30), Berlin 2018 (im Folgenden zitiert als: Fittkau 2018).

23 Schockenhoff, Eberhard: Ethik des Lebens, Freiburg 2016, S. 425 (im Folgenden zitiert als: Schockenhoff 2016).

24 Pius XII.: Über die Integrität des Menschlichen Leibes im Leben und im Tod. Ansprache des Heiligen Vaters an die Mitglieder des Italienischen Verbandes der Hornhautspender, des Italienischen Blindenvereins und berühmter Augenärzte und Gerichtsmediziner, in: Herder Korrespondenz 10 (1956), S. 466.

25 Ebd.

26 Ebd.

27 Johannes Paul II.: Organverpflanzung erfordert Respekt vor der Würde des Menschen. Ansprache an den 1. Internationalen Kongreß der Gesellschaft für Organverpflanzungen am 20.Juni 1991, in: Der Apostolische Stuhl 10 (1991), S. 1189 (im Folgenden zitiert als: Johannes Paul II. 1991).

28 Johannes Paul II.: Enzyklika Evangelium Vitae von Papst Johannes Paul II an die Bischöfe, Priester und Diakone, die Ordensleute und Laien, sowie an alle Menschen guten Willens über den Wert und die Unantastbarkeit des menschlichen Lebens, Citta del Vaticano 1995, Nr. 86 S.138 (im Folgenden zitiert als: Johannes Paul II. 1995).

29 Ebd.

30 Johannes Paul II. 1991, S. 1190.

31 Johannes Paul II. 1995, Nr. 86 S. 138.

32 Benedikt XVI.: Ansprache an die Teilnehmer des internationalen Kongresses zum Thema „Ein Geschenk für das Leben. Überlegungen zur Organspende“, veranstaltet von der Päpstlichen Akademie für das Leben am 07.11.2008.

33 Ebd.

34 Deutsche Bischofskonferenz 2015, S. 5.

35 Vgl.Deutsche Bischofskonferenz 2015, S. 20ff.

36 Gemeint ist hierbei die Gewissheit über die bedingungslose Untrennbarkeit der Liebe Gottes zum Menschen über dessen Tod hinaus

37 Deutsche Bischofskonferenz 2015, S. 28.

38 Ebd.

39 Vgl.Schockenhoff 2016, S. 425ff.

40 Fittkau 2018, S. 21.

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Paradigmenwechsel in der Transplantationsmedizin
Untertitel
Der Vorschlag zur "doppelten Widerspruchslösung im Transplantationsgesetz" aus theologisch-ethischer Perspektive
Hochschule
Ruhr-Universität Bochum  (Katholisch- Theologische Fakultät/ Lehrstuhl für Theologische Ethik)
Veranstaltung
Aktuelle Diskussionen in der Bioethik
Note
1,7
Autor
Jahr
2019
Seiten
21
Katalognummer
V514587
ISBN (eBook)
9783346113955
ISBN (Buch)
9783346113962
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Widerspruchslösung, Entscheidungslösung, Gesetz, Spahn, Ethik, Medizinethik, Theologische Ethik, Moralehtologie, Organspende, Transplantationsgesetz
Arbeit zitieren
Robin Großkopf (Autor:in), 2019, Paradigmenwechsel in der Transplantationsmedizin, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/514587

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