Kommunikation im schulischen Kontext. Die Rolle verbaler- und non verbaler Kommunikationssignale zwischen Lernenden und Lehrkräften


Hausarbeit (Hauptseminar), 2018

21 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Portfolioaufgaben – Kommunikation im schulischen Kontext
1.1 Werteorientierte bzw. klientenzentrierte Kommunikation nach Carl Rogers
1.1.1 Die vier Grundhaltungen: Bewusste Beziehungsaufnahme, Kongruenz, bedingungslose positive Zuwendung und Empathie
1.1.2 Werteorientierte bzw. klientenzentrierte Kommunikation im Kontext Schule
1.2 Themenzentrierte Interaktion (TZI) nach Ruth Cohn
1.2.1 Gesprächssituation: Fallbeispiel Elterngespräch
1.2.2 Anwendung der TZI auf das Elterngespräch
1.3 Reflexion der Kommunikationsmodelle im schulischen Kontext
1.3.1 Erweiterung der einzelnen Kommunikationsmodelle zu einem individuell angepassten Instrument für die Schule

2. Individueller Teil – Welche Rollen spielen non- und paraverbale Kommunikationssignale in der Interaktion zwischen Lernenden und Lehrkräften?
2.1 Einleitung
2.2 Theoretische Grundlage: Definitionen von nonverbaler und paraverbaler Kommunikation
2.3 Non- und paraverbale Kommunikation im Kontext Schule
2.3.1Funktionen der para- und nonverbalen Kommunikation
2.3.2 Die Unterrichtsorganisation: Eine weitere Funktion von non- und paraverbaler Kommunikation im Unterricht
2.3.3 Schwierigkeiten bei der Analyse von pädagogischer non- und paraverbaler Kommunikation
2.3.4 Pädagogische Wirkung von non- und paraverbaler Kommunikation auf Grundschüler
2.3.5 Common Ground: Eine gemeinsame Basis zur Kommunikation im Unterricht
2.4 Zusammenfassung und Fazit

3. Literaturverzeichnis

1. Portfolioaufgaben – Kommunikation im schulischen Kontext

1.1 Werteorientierte bzw. klientenzentrierte Kommunikation nach Carl Rogers

1.1.1 Die vier Grundhaltungen: Bewusste Beziehungsaufnahme, Kongruenz, bedingungslose positive Zuwendung und Empathie

Die therapeutische klienten- und wertezentrierte Gesprächsführung wurde von Carl Rogers in den 1950ern entwickelt und ist als Technik speziell für die Beratungs- und Führungsarbeit geeignet, aber auch in jeglichen anderen Situationen, in denen Kommunikation eine Rolle spielt, einsetzbar. Die Theorie besagt, dass, beispielsweise in einem Beratungsgespräch, das Gegenüber sich in der Gesprächssituation wohlfühlen und sich nicht als ein Forschungsobjekt erfahren sollte. Dieses Gefühl von Sicherheit wird durch die Akzeptanz, die Anteilnahme und die Wertschätzung des Beraters gewährleistet. Der Berater, das heißt, das ich, sollte hierbei auf einige Grundhaltungen während des Gesprächs Acht geben. Hierzu zählen: Die bewusste Beziehungsaufnahme, also das klare Signal, dass ich für einen Kontakt bereit bin und die Bedürfnisse des Gegenübers, aber auch meine eigenen Bedürfnisse, erspüren kann. Als zweite Grundhaltung spricht Rogers von der Kongruenz. Die eigenen Emotionen, Einstellungen und Ansichten dürfen und sollen nach einer eingehenden Selbstbeobachtung und Sondierung mit in das Gespräch einfließen. Der Aufbau einer echten Beziehung zu seinem Gesprächspartner sei essentiell für das Gelingen einer Beratung. Hierzu zählt auch die Unterstützung zur Selbstreflexion beim Gegenüber. Die bedingungslose positive Zuwendung ist die dritte Grundhaltung, welche Rogers nennt. Das bedeutet, eine Person wertzuschätzen, unabhängig von der eigenen Perspektive und möglichen Vorurteilen. Das Gegenüber wird so als ein Individuum betrachtet, mit seiner eigenen Gefühlswelt und seinen eigenen Wertevorstellungen. Dazu gehört auch die letzte Grundhaltung: die Empathie. Der Berater versetzt sich hierbei in genau diese Welt seines Gesprächspartners hinein und betrachtet das Gesprächsthema mit dessen Augen, um dessen Handlungsmotive, Wünsche und Ängste zu verstehen.

1.1.2 Werteorientierte bzw. klientenzentrierte Kommunikation im Kontext Schule

Die genannten Grundhaltungen sind alle miteinander vernetzt. Das heißt, im Gespräch sitzen zwei Individuen gegenüber, welche jeweils das eigene Ich und das andere Ich erspüren müssen, um auf einer wertschätzenden, transparenten, echten und vorurteilsfreien Ebene kommunizieren zu können. Dabei sollte darauf geachtet werden, keine einstudierte Rolle einzunehmen, denn dies würde dem anderen das Hineinversetzten erschweren. Die Selbstreflexion wäre auf diese Weise ebenso beschränkt. Überträgt man Rogers Theorie der Gesprächsführung nun in den schulischen Kontext, fällt auf, dass hierbei zwei Divergenzen aufeinander treffen. Denn als Lehrperson nimmt man immer eine bestimmte soziale Rolle ein, die man in seinem Privatleben nicht ausübt. Diese Rolle umfasst spezielle Verhaltenserwartungen seitens der Schüler, der Eltern und des Lehrerkollegiums in dem jeweiligen Kommunikationskontext. Die Lehrkraft ist mal Wissensvermittler, Berater, Beurteiler, Initiator oder Konfliktlöser und vieles mehr. Sie steht also vor der Herausforderung das Spannungsfeld zwischen diesen Rollen und dem eigenen Ich miteinander zu koordinieren und dabei seine Echtheit sowie die Transparenz für dieses Berufsfeld nicht zu verlieren. Diese kommunikative Kompetenz sollte in der Ausbildung zur Lehrperson viel stärker in den Fokus gerückt werden, beispielsweise durch spielerische Rollen- Übungen in den Seminaren. Das Modell kann auf diese Weise schon früh geübt und durch außenstehende Beobachter auf dessen Umsetzbarkeit beurteilt werden.

1.2 Themenzentrierte Interaktion (TZI) nach Ruth Cohn

1.2.1 Gesprächssituation: Fallbeispiel Elterngespräch

Die folgende Situation stammt aus meiner Praktikumszeit des ersten SPS. Eine Schülerin aus der ersten Klasse kam erst eine Woche nach meinem Praktikumsbeginn wieder in die Klasse, da sie krankheitsbedingt zu Hause geblieben war. Die Klassenlehrerin berichtete mir, dass sie seit Schulbeginn immer öfter über Bauchschmerzen und Übelkeit geklagt habe. Wenn sie hingegen zu Hause geblieben sei, seien die Symptome laut der Mutter nicht so schlimm gewesen. Die Schülerin hat auf diese Weise schon sehr viele Fehlstunden gesammelt und ist deswegen in allen Fächern hinterher. Zudem zählt sie vor allem in den Fächern Mathematik und Deutsch zu den leistungsschwächeren Kindern der Klasse. Die Schülerin wird jeden morgen von der Mutter mit dem Fahrrad bis zur Tür gebracht und vom Hort wieder abgeholt, obwohl das Betreten des Schulgeländes für die Eltern laut Schulordnung verboten ist. In der Klasse fixiert sie sich meist auf eine bestimmte Schülerin, diese wechselt aber von Woche zu Woche. Mit dem Rest der Klasse, vor allem den Jungs, kommt sie nicht sehr gut aus und sie bringt häufig Konflikte aus der Pause mit in den Unterricht.

Aufgrund der schlechten Leistungen und der vermehrten Konfliktsituationen forderte die Klassenlehrerin ein Elterngespräch, an dem ich teilhaben durfte. Das Gespräch verlief so, dass die Klassenlehrerin die Mutter zunächst mit dem Verbot konfrontierte, dass die Eltern nur in besonderen Fällen auf das Schulgelände dürfen. Die Mutter war sich dessen nicht bewusst und gelobte dies nicht mehr zu tun, was sie im Nachhinein aber nicht einhielt. Danach wurde sie von mir gefragt, ob sie mit der Schülerin schon beim Arzt gewesen sei. Die Mutter bejahte dies, es seien aber keine deutlichen Befunde festgestellt worden. Die Mutter habe dennoch große Sorge um ihr Kind. Gleichzeitig sei es zudem schwierig, da sie als alleinerziehende Mutter schon viele Fehltage auf der Arbeit gesammelt habe. Zudem erzählte ich der Mutter, dass die Schülerin sehr viel Spaß daran hatte mit mir allein Mathematikaufgaben zu lösen, sie aber im Unterricht meist andere Aufgaben aus anderen Fächern erledigte und sich selten am Unterricht beteilige. Die Mutter wusste nichts von den schlechten Leistungen ihrer Tochter in Mathematik und Deutsch. Sie dachte, sie sei eine sehr gute Schülerin. Sie versprach, stärker darauf zu achten, dass ihre Tochter die Hausaufgaben mache. Wir verabschiedeten uns nach einer halben Stunde und das Gespräch war vorüber.

1.2.2 Anwendung der TZI auf das Elterngespräch

Auf der Grundlage des Vierfaktorenmodells und der Themenzentrierten Interaktion (TZI) von Ruth Cohn werde ich nun das Elterngespräch analysieren und daraus mögliche Handlungsalternativen für solch ein Gespräch entwickeln. Die für die Analyse wichtigen Informationen habe ich im Laufe meines Praktikums gesammelt und in Gesprächen mit der Schülerin, der Lehrerin und dem Schulleiter erfahren. Die TZI ist nach Schneider-Landdolf, Spielmann & Zitterbarth (2014) ein Konzept zur Zusammenarbeit in Gruppen, dessen Ziel es ist, persönliche Weiterentwicklung und soziales Lernen zu ermöglichen. Das Vierfaktorenmodell als Bestandteil der TZI ist, wie der Name schon sagt, aus vier Wirkfaktoren für eine gelingende Kommunikation zusammengesetzt: dem ICH, dem WIR, dem ES und dem GLOBE. Das ICH bezieht sich hierbei auf jede individuelle Einzelperson, ihre Biografie und die jeweilige Tagesform. Das WIR beschreibt das sich entwickelnde Beziehungsgefüge der einzelnen ICHS, also der Gruppe. Dieses WIR konstituiert sich nach Schneider- Landolf et al. aus der „gemeinsamen Beschäftigung einzelner Individuen mit einer Sache, einem Lernstoff, einer Aufgabe, einem Problem (im Vierfaktorenmodell »Es« genannt)“ (2014, S. 120). Das ES ist also diejenige Zugkraft oder auch gemeinsame Zuwendung zu einem Thema. Das GLOBE ist der organisatorische, strukturelle, soziale, politische usw. Rahmen, der die Zusammenarbeit der Gruppe bedingt und beeinflusst.

Bezogen auf das geschilderte Elterngespräch ist jeder Akteur ein ICH: Die Lehrerin, die Mutter und ich. Jeder hat seine ganz individuellen Vorkenntnisse, Erfahrungen sowie seine Lebensgeschichte und die Möglichkeit, diese in das Gespräch mit einfließen zu lassen. Die Lehrerin ist ein ICH, welches eine ausgiebige Ausbildung hinter sich gebracht hat und schon einige Erfahrungen mit ähnlichen Fällen machen konnte. Zum betreffenden Zeitpunkt, war die Lehrerin allerdings schon müde vom Vormittag, in der sie unerwartet zwei Klassen gleichzeitig betreuen musste, weshalb sie sich auf wenige Fakten über das Kind beschränkte und ihre Fragen nicht in die Tiefe stellte. Die Mutter ist ein ICH, das ebenso angestrengt von ihrer Arbeit ist sowie kaum Zeit für ihr Kind hat. Sie muss dies mit einer überfürsorglichen Behütung kompensieren, indem sie dem Kind zu wenige Handlungsspielräume lässt. Die Schülerin traut sich im Umkehrschluss somit sehr wenig alleine zu. Mein ICH in diesem Gespräch kam als eine Außenperspektive auf die Situation hinzu. Aus diesen drei ICHS hat sich ein WIR geformt. Eine Gruppe, die zusammengekommen ist, um über die Schülerin zu sprechen. Damit ist auch schon das ES in dem Gesprächsanlass benannt: die Probleme der Schülerin zu analysieren und zu lösen. Der GLOBE war zum einen die formelle Situation des Elterngespräches in der Schule, in der eine hierarchische Struktur herrschte. Zum anderen aber auch die familiäre und berufliche Situation der Mutter, welche eng mit der des Kindes verknüpft ist.

Im Nachhinein betrachtet, hätte das Gespräch anders verlaufen können und damit zielorientierte gestaltet werden können, wenn diese vier Faktoren vorher bestimmt worden wären. Die Fragen der Lehrkraft zielten lediglich darauf ab, die Defizite der Schülerin, wie die Krankheit und die Fehltage sowie das häufige Vergessen der Hausaufgaben, anzusprechen. Stattdessen hätte sie durch das Vierfaktorenmodell ermitteln können, dass das Kind mehr Zeit mit seiner Mutter braucht. Die Zeit aber so Gestaltet werden muss, dass die Schülerin trotzdem autonome Erfahrungen sammeln kann sowie Erfolgserlebnisse braucht, um Spaß am Lernen und Entdecken zu bekommen. Bezüglich des GLOBES wäre es günstig gewesen, das Elterngesprächs weniger im Stil eines Interviews mit hierarchischer Struktur zu gestalten. Sondern die Lehrkraft hätte der Mutter Raum geben müssen, ihre Perspektive und Probleme zu schildern, um gemeinsam mit der Expertise der Lehrkraft Lösungsansätze zu finden, damit es der Mutter und der Schülerin besser geht.

1.3 Reflexion der Kommunikationsmodelle im schulischen Kontext

1.3.1 Erweiterung der einzelnen Kommunikationsmodelle zu einem individuell angepassten Instrument für die Schule

Zu Beginn des Seminars standen wir als angehende Lehrkräfte vor der Aufgabe unser Wissen und unsere Assoziationen zum Thema Kommunikation in einem Plakat zu veranschaulichen. Das am häufigsten aufgeschriebene Kommunikationsmodell war das Modell von Friedemann Schulz von Thun (1981), welches wir noch aus der Schule kannten. Es wurde in den 1970 entwickelt und durch sein Buch „Miteinander reden, Störungen und Klärungen“ 1981 bekannt. Dieses Modell, auch Kommunikationsquadrat oder Vier-Ohren-Modell genannt, repräsentiert die Basis der menschlichen Kommunikation zwischen einem Sender und einem Empfänger. Es nimmt dabei die Äußerung des Senders genauer in den Blick. Es analysiert diese unter vier Gesichtspunkten, welche vom Sender gesendet und beim Empfänger wirksam werden können: Den Sachinhalt (worüber ich informiere), die Selbstkundgabe (was ich von mir zu erkennen gebe), der Beziehungshinweis (was ich von dir halte und wie ich zu dir stehe) und der Appell (was ich bei dir erreichen möchte). Das Senden und Empfangen geschieht also nach Schulz von Thun immer auf vier verschiedenen Kanälen. Wird vom Sender und vom Empfänger nicht der gleiche Kanal gewählt, können Missverständnisse und daraus resultierend Konfliktsituationen entstehen. Durch eine intensive Selbstreflexion vor und nach der Äußerung kann dem vorgebeugt werden. Ebenfalls in Zusammenhang mit dem Thema Kommunikation wurde bei den meisten meiner Kommilitonen die verbale und non-verbale Kommunikation gesehen, welche von Paul Watzlawick (2011) in einem von mehreren Axiomen genauer analysiert wurde. Der Grundsatz: ‚Man kann nicht nicht kommunizieren.‘ beschreibt die Unmöglichkeit nicht zu kommunizieren (Watzlawick et al. 2007, S. 58ff). Jede Geste, jede Mimik, jede Körperhaltung und Betonung sowie das gesprochene Wort an sich enthalten nach Watzlawick eine Botschaft, welche entweder bewusst übertragen wird oder unterbewusst mitklingt.

Durch das Seminar sind nun drei weitere Kommunikationsmodelle hinzugekommen, welche ich als angehende Lehrkraft in mein mentales Repertoire mit aufnehmen werde, um daraus für mich persönlich einen Leitfaden für Kommunikation herzustellen. Je nach Bedarf kann ich so das Modell heraussuchen, welches mir für die jeweilige Situation angemessen erscheint oder eine Kombination der Modelle anwenden. Neu hinzugekommen sind: die wertezentrierte Gesprächsführung nach Carl Rogers, die themenzentrierte Interaktion nach Ruth Cohn und die Gewaltfreie Kommunikation nach Marshall Rosenberg (2013). Da die beiden ersten Modelle bereits in den vorherigen Aufgaben veranschaulicht wurden, werde ich das Modell Rosenbergs nun kurz erläutern, um anschließend deren Gemeinsamkeiten aufzuzeigen. Rosenberg entwickelte seine Gewaltfreie Kommunikation im Zuge der antirassistischen sozialen Bürgerrechtsbewegung in Amerika in den 1960er Jahren. Durch sein Modell sollte ein friedvoller Umgang untereinander herbeigeführt werden, um die Rassenkonflikte innerhalb der Schulen zu beseitigen und die Rassentrennung zu widerrufen. Um dies zu erreichen war es nach Rosenberg besonders wichtig, eine wertschätzende Beziehung durch den empathischen Kontakt herzustellen. Das bedeutet, durch das Hineinfühlen in sein Gegenüber können die ursprünglichen Bedürfnisse einer Aussage entschlüsselt werden, welche bei den meisten verschleiert sind. Rosenberg appellierte also an die menschliche Bereitschaft etwas für andere zu tun. Dies erinnert an das Modell von Schulz von Thun und den Faktor Empathie bei Rogers, welcher auch der Lehrer von Rosenberg gewesen ist. Doch Rosenberg erweiterte die wertezentrierte Gesprächsführung Rogers, indem er den Gesprächspartnern eine Strategie an die Hand gibt, mit dessen Hilfe sie gewaltfrei kommunizieren können. Im Grundmodell der GFK soll eine Äußerung so formuliert werden, dass zunächst eine wertefreie Beobachtung geschildert wird. Danach wird das eigene Gefühl ausgedrückt, welches diese Beobachtung ausgelöst hat. Anschließend folgt die Nennung des daraus resultierenden Bedürfnisses und hinterher die Bitte um eine konkrete Handlungsausführung an das Gegenüber. Durch dieses Modell soll es den Gesprächspartnern leichter fallen, deren Grundbedürfnisse zu ermitteln, was zu friedlicheren Konfliktlösungen führen soll sowie zu mehr Vertrauen und Kooperation. Rosenberg selbst nannte diese Art der Kommunikation auch Giraffensprache, da diese Tiere ein großes Herz und einen langen Hals besitzen, dies soll das Mitgefühl und die Weitsicht der Gesprächspartner symbolisieren.

In allen Kommunikationsmodellen findet sich die Grundhaltung wieder, in kommunikativen Situationen nicht nur auf sich selbst und die eigenen Bedürfnisse zu achten, sondern alle Beteiligten und deren Lebenswelt mit in den Blick zu nehmen sowie deren Ansichten und Werte bedingungslos wertzuschätzen. Diese Wertschätzung sollte dem Gegenüber klar signalisiert werden. Gleichzeitig ist es wichtig, dass über das eigene Gesagte und über die Äußerungen der anderen zu reflektieren. Die Modelle bieten verschiedene Dimensionen zur Reflektion an. Rogers Modell zum Beispiel hilft dabei, aus der Sprecherposition heraus zu agieren, Perspektivwechsel vorzunehmen und in das eigene Innere zu schauen, um ein gelingendes Gespräch zu führen. Rosenbergs Erweiterung zu Roger unterstützt den Sprecher zusätzlich in der Formulierung seiner Sätze, damit die gegenseitige Wertschätzung und das empathische Einfühlungsvermögen noch besser gelingen. Cohns Modell hingegen eigenen sich für einen Gesamtüberblick über die Situation, der durch das Globe den Rahmen und den Hintergrund stärker beleuchtet. Das Modell von Schulz von Thun gibt den allgemeinen Hinweis, dass Aussagen auf vier Kanälen versendet werden und wiederum auf vier Kanälen ankommen können.

Im schulischen Kontext gibt es viele Situationen, in denen die Modelle hilfreich werden könnten. Als Lehrkraft muss man neben der unterrichtlichen Praxis, auch weiteren Rollen und Anforderungen im System Schule gerecht werden. Dabei agiert sie entweder als Anwender der Kommunikationsmodelle und somit auch als Vorbildfigur oder als Vermittler von kommunikativen Fähigkeiten. Im Unterricht bietet es sich ganz konkret an, Cohns Modell der TZI anzuwenden. Jeder Schüler ist ein ICH, ein Individuum mit ganz persönlichem Hintergrund. Die Klasse formt das WIR oder einzelne Gruppen der Klasse formen ein WIR (z.B. Gruppenarbeit). Das ES konstituiert sich entweder durch den Klassenverband an sich oder durch eine Aufgabe oder durch Peergruppen usw. Es finden sich hier also mannigfaltige Versionen von WIR-Gruppen vor, die mithilfe der TZI kommunizieren können. Durch die Anwendung der TZI durch die Lehrkraft im großen Klassenverband, könnte sich die Strategie des Weitblicks auf die anderen Gruppen übertragen. Rogers Modell hingegen eignet sich besonders für Elterngespräche oder Gespräche mit einzelnen Schülern, da die Hintergründe durch einfühlsame Art erst noch erfragt werden müssen, um diese für weitere Gespräche zu nutzen. Bei Konfliktsituationen steht das Modell von Rosenberg im Vordergrund, um Konflikte zwischen Schülern und Schülerinnen durch gezielte Fragen und Einwürfe besser zu lösen. Durch diese Anwendung übernimmt die Lehrkraft zugleich eine Vorbildfunktion (modelling) für die Lernenden, welche die Gewaltfreie Kommunikation unter sich zur Konfliktlösung verwenden können.

Jedoch kann nicht pauschal gesagt werden, dass es für jede Situation ein bestimmtes Modell gibt. Gerade durch deren Kombination und Wandelbarkeit gewinnen sie an Bedeutsamkeit. Für mich persönlich ist es wichtig, dass ich alle Modelle im Kopf habe und sie entsprechend parat habe, wenn ich zukünftig vor den Herausforderungen des Schulalltags stehe. Eine besondere Rolle wird für mich in Zukunft das Modell von Rosenberg spielen, da ich die Trennung von objektivem Beobachten und subjektivem Beurteilen sehr interessant fand und auch im Alltag stärker darauf achten werde, diese beiden Kategorien zu trennen.

2. Individueller Teil – Welche Rollen spielen non- und paraverbale Kommunikationssignale in der Interaktion zwischen Lernenden und Lehrkräften?

2.1 Einleitung

Die vorliegende Hausarbeit thematisiert die non- und paraverbale Kommunikation in Unterrichtsprozessen und ihre Einflussnahme auf die Interaktion zwischen Lehrkraft und Schülerinnen und Schülern. Die Fähigkeit zur Kommunikation ist einer der wichtigsten Kernkompetenzen einer Lehrkraft. Während der Gestaltung und Vermittlung von Lerninhalten, im Einzelgespräch mit den Schülerinnen und Schülern, im Austausch mit den Arbeitskollegen, der Schulleitung oder im Elterngespräch: in jeder schulischen Interaktion ist es als Lehrkraft erforderlich, sich angepasst an die Situation zielführend ausdrücken zu können. Doch spielen neben der Wahl der richtigen Worte, auch noch andere Faktoren eine entscheidende Rolle, welche Botschaft beim Gegenüber ankommt. Nach Paul Watzlawick kann man nämlich „ nicht nicht kommunizieren“ (Watzlawick et al. 2007, S. 58ff). Wie versteckte Codes tragen die Mimik, die Gestik, die Körperhaltung und der Tonfall sowie noch viele andere Aspekte dazu bei, die Bedeutung einer Nachricht zu konkretisieren. Nur wer diese Codes lesen und selbst anwenden kann, kann erfolgreich Äußerungen umfangreich deuten und hervorheben. Deshalb lassen sich in den Curricularen Standards für das Fach Bildungswissenschaften aus dem Land Rheinland-Pfalz auch folgende Zeilen finden:

„Die Studierenden verfügen über Grundkenntnisse zur Erklärung von Interaktions- bzw. Kommunikationsabläufen im Kontext von Unterricht und Schule, nehmen non- und paraverbale Kommunikationsinhalte wahr, können sie interpretieren und können solche kommunikativen Merkmale selbst einsetzen“ (Curriculare Standards des Faches Bildungswissenschaften des Landes Rheinland-Pfalz 2011, S. 8)

Die non- und paraverbale Kommunikation wahrzunehmen, zu interpretieren und selbst einzusetzen ist also Teil der Lehrerausbildung und ebenso wie andere Kommunikationsmodelle ein wichtiges Instrument für erfolgreichen Unterricht.

Im Rahmen meiner Teilnahme an dem bildungswissenschaftlichen Seminar zum Thema Kommunikation habe ich einige Modelle, wie zum Beispiel die Themenzentrierte Interaktion von Ruth Cohn oder die Gewaltfreie Kommunikation von Marshall Rosenberg kennengelernt. Doch gingen diese Modelle selten über die Wortebene hinaus und ließen die non- und paraverbale Ebene aus. Doch genau diese Prozesse sind immer Bestandteil des Unterrichts und können bewusst oder unbewusst das Unterrichtsgeschehen beeinflussen. Daher werde ich diese Prozesse im Kontext des Unterrichtes genauer analysieren. Dabei steht die Frage nach der bewussten Verwendung von non- und paraverbalen Kommunikationsstrategien durch die Lehrkraft im Vordergrund, um den schulischen Alltag zu erleichtern. Der erste Abschnitt widmet sich der terminologischen Klärung von non- und paraverbaler Kommunikation auf der Grundlage von Ines Vogels Lehrbuch zur Kommunikation in der Schule (2013). Sie liefert einen umfassenden Überblick zu diesem Thema und widmet der nonverbalen Kommunikation ein ganzes Kapitel. Neben der Terminologie werden ebenso zwei der fünf pragmatischen Axiome der menschlichen Kommunikation von Watzlawick vorgestellt, da diese den Beziehungs- und Inhaltsaspekt einer Botschaft mit der nonverbalen Kommunikation verbindet. Darauf aufbauend werden im zweiten Teil allgemeine Anwendungsmöglichkeiten für den Unterricht aufgezeigt und eventuelle Hürden beschrieben.

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Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Kommunikation im schulischen Kontext. Die Rolle verbaler- und non verbaler Kommunikationssignale zwischen Lernenden und Lehrkräften
Hochschule
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main
Note
1,0
Autor
Jahr
2018
Seiten
21
Katalognummer
V512807
ISBN (eBook)
9783346106537
ISBN (Buch)
9783346106544
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kommunikation, Schule, Kommunikationsmodelle, nonverbal, paraverbal, Carl Rogers, Werteorientierte Kommunikation, klientenzentrierte Kommunikation, Themenzentrierte Interaktion, Ruth Cohn, TZI, Schulz von Thun, Common Ground, Vogel und Gleich, Selbstoffenbarung, Kommunikationsquadrat, emotionale Intelligenz, Grundschule
Arbeit zitieren
Luisa-Viktoria Schäfer (Autor:in), 2018, Kommunikation im schulischen Kontext. Die Rolle verbaler- und non verbaler Kommunikationssignale zwischen Lernenden und Lehrkräften, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/512807

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