Betriebliche Anreizsysteme versus Ausbildungsqualität. Die Bindung von Schülern der Gesundheits- und Krankenpflege nach dem Examen anhand des Sana Klinikum Remscheid


Masterarbeit, 2019

101 Seiten, Note: 1,2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Kurzfassung

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung, Zielsetzung und Forschungsfrage
1.2 Vorgehensweise

2 Theoretischer Hintergrund
2.1 Pflegekräftemangel: Maßnahmen, Nachwuchssicherung und Qualität
2.1.1 Sachverhalt Notstand :
2.1.2 Eingeleitete Maßnahmen
2.1.3 Nachwuchssicherung
2.1.4 Übersicht Ausbildungsstand und Ausbildungsqualität
2.2 Mitarbeitermotivation: Formen und Modelle
2.2.1 Intrinsische und Extrinsische Motivation:
2.2.2 Motivationstheorie nach Maslow
2.2.3 Motivationstheorie nach Mc Clelland
2.2.4 Retention Management-Prozess
2.3 Mitarbeiterbindung von Auszubildenden und Einflussmöglichkeiten der Unternehmen
2.3.1 Mitarbeiterbindung:
2.3.2 Einflussmöglichkeiten auf die Bindungswilligkeit während der Ausbildung
2.4 Anreizsysteme
2.4.1 Materielle Anreize:
2.4.2 Immaterielle Anreize
2.4.3 Zeitarbeit in der Pflegebranche als Anreiz

3 Material / Methoden
3.1 Fragestellung und Hypothesen
3.2 Institution
3.3 Stichprobe
3.4 Instrument und Befragung
3.4.1 Fragebogen
3.4.2 Pretest
3.4.3 Hauptbefragung
3.5 Variablen
3.6 Statistisches Vorgehen / Datenaufbereitung
3.6.1 Itemanalyse
3.6.2 Deskriptive Statistik
3.7 Statistische Verfahren / Hypothesentestung
3.7.1 Testverfahren für Hypothese 1 und 2
3.8 Testverfahren Hypothese 3

4 Ergebnisse
4.1 Hypothese 1
4.2 Hypothese 2
4.3 Hypothese 3
4.3.1 Prüfung Hypothese 1 (AV = Ausbildungsqualität)
4.3.2 Prüfung Hypothese 2 (AV = Anreizsysteme)

5 Diskussion.
5.1 Fragebogen und Pretest
5.2 Hauptbefragung
5.3 Reliabilität durch Itemanalyse und Datenaufbereitung
5.4 Hypothesentestung und deskriptive Statistik

6 Fazit und Ausblick

Anhang A: Fragebogen

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Quellenverzeichnis

Kurzfassung

Die vorliegende Master-Thesis gibt einen Aufschluss darüber, wie sich Auszubildende der Gesundheitsund Krankenpflege nach ihrem Examen binden lassen und welche Weichen das Sana-Klinikum Remscheid hierfür stellen kann.

Die hier durchgeführte Untersuchung sollte die Frage der Nachwuchssicherung anhand einer Umfrage von 88 Schülerinnen und Schüler des Sana-Klinikum Remscheids beantworten.

In den Ergebnissen zeigte sich, dass die Ausbildungsqualität einen hohen Stellenwert für die Auszubildenden hat und maßgebend für die Mitarbeiterbindung ist. Des Weiteren wird die Erkenntnis gewonnen, dass die Ausbildungsqualität entlang der steigenden Ausbildungsjahre abnimmt.

Die betrieblichen Anreizsysteme verlieren ihre Wirkung. Mit einer abnehmenden Tendenz der Bereitschaft zur Bindung des Mitarbeiters zeigen die Anreizsysteme ebenfalls einen schlechter werdenden Stellenwert auf. Das bedeutet, dass sich Auszubildende nicht von Anreizsystemen beeinflussen und binden lassen, wenn sie einen negativen Eindruck gegenüber dem Arbeitgeber vorhalten und einen Wechsel des Arbeitgebers in Erwägung ziehen.

Der initiale Anlass für diese Arbeit ist das Missverhältnis von pflegebedürftigen, sowie erkrankten Menschen und versorgenden Personen.1 Hieraus folgt die Wichtigkeit der Rekrutierung von Nachwuchs im Bereich der Gesundheitsund Krankenpflege, um eine qualitativ hochwertige Versorgung weiter zu gewährleisten. Die Problematik wurde seitens der Politik erkannt und sie interveniert, was auch zu Ungunsten der leistungserbringenden Protagonisten ist.2 Durch politische Maßnahmen und Gesetze, wie beispielsweise die Personaluntergrenzen im Rahmen des PflegepersonalStärkungsgesetztes soll die Pflege entlastet werden und an Attraktivität gewinnen.3 Aus diesem Umstand wird die Berufsgruppe der Gesundheitsund Krankenpfleger zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor für die Krankenhäuser, da diese nicht genügend Pflegekräfte vorhalten um diese Grenzen einzuhalten.4 Bei Missachtung der Untergrenzen drohen nach § 137i SGB V Sanktionen in Form von Vergütungsabschlägen oder Fallzahlreduzierungen. Der Fachkräftemangel in der Pflege wirft die Frage auf, wie Krankenhäuser es schaffen neue Pflegekräfte zu gewinnen, oder den Nachwuchs in Angesicht eines breiten Arbeitsmarktes zu halten.

1 Einleitung

Krankenhäuser müssen sich zunehmend mit Personalengpässen arrangieren und diese kompensieren5. Die zentrale Frage ist, inwiefern Krankenhäuser intervenieren können und weshalb sich ein Fachkräftemangel im Bereich der Gesundheitsund Krankenpflege entwickelt hat. Hierbei ist die Erörterung einer erklärenden Sichtweise nicht förderlich, weshalb mehrere Faktoren in Betracht zu ziehen sind, die zu den eben genannten Umständen beitragen.

Bereits zwischen den Jahren 1999 und 2016 ist die Alterung der Gesellschaft deutlich erkennbar gewesen. Im Jahr 1999 lag der prozentuale Bevölkerungsanteil der unter 20-Jährigen bei 21,4 %, der 20 – 64-Jährigen bei 62,4 % und der Anteil der Menschen ab 65 lag bei 16,2 %. Im Jahr 2016 waren hier erhebliche Verschiebungen zu verzeichnen, denn der Anteil der unter 20-Jährigen fiel um drei Prozentpunkte und der Anteil der über 65-Jährigen stieg um über fünf Prozentpunkte.6 Wesentliche Gründe sind auf die steigende Lebenserwartung, den steigenden Wohlstand, den medizinischen Fortschritt und gesündere Lebensumstände als vor 100 Jahren zurückzuführen. Ein Kind was heute geboren wird, hat gute Chancen bis zu 90 Jahren und älter zu werden. Vor 100 Jahren hätte diese Lebenserwartung deutlich niedriger gelegen und wäre undenkbar gewesen.7 Laut dem statistischen Bundesamt ist ein steigender Anteil der Pflegebedürftigkeit zu verzeichnen. Lag sie 2015 noch bei 2,8 Mio., ist diese bis 2017 auf 3,4 Mio. gestiegen, was ein erheblicher Zuwachs ist.8 Des Weiteren erhöht sich das Risiko für Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems, für Krebs und andere chronische Erkrankungen, die mit erheblichen Gesundheitsund Pflegekosten einhergehen. Zudem spielt die Versorgung eine große Rolle, da der Prävention von Erkrankungen eine große Rolle zugeschrieben wird. Dies ist nicht nur für den Menschen selber wichtig, sondern auch wirtschaftlich von besonderer Bedeutung.9 Die Versorgung der Betroffenen kann nur sicher gestellt werden, wenn es auch ausreichend Fachkräfte gibt. Dieser Fakt bezieht sich nicht nur auf die ambulante Versorgung, sondern auch auf die Versorgung im Krankenhaus. Das Berufsbild der Krankenpflege verzeichnet in Betrachtung der Jahre zwischen 2008 und 2015 einen Anstieg der Auszubildenden von 55.58810 auf 63.611. Doch ist die Anzahl an Auszubildenden zwischen den Jahren 2013 und 2017 sehr schwankend. Die Anzahl belief sich im Jahr 2013 auf 64.980, 2015 auf 63.611,11 sowie im Jahr 2017 auf 63.002.12 Demzufolge wächst der Nachwuchs an Pflegekräften nicht mit dem Anstieg der Pflegebedürftigen, was zu einem Fachkräftemangel und zu Versorgungslücken führt. Dies wird durch die Tatsache untermauert, dass es eine große Anzahl von Stellenausschreibungen im Bereich der Gesundheitsund Krankenpflege gibt, die unbesetzt sind.13

In Anbetracht dieser Versorgunglücken reagiert die Politik mit Personaluntergrenzen, die den Krankenhäusern, laut DKG (Deutsche Krankenhaus Gesellschaft) Schwierigkeiten bereiten, indem sie beispielsweise zu Bettensperrungen14 und nach § 137i zu Sanktionen führen können. Der führende Gedanke ist eine Qualitätsverbesserung der Pflegeversorgung und eine Entlastung der Pflege im Krankenhaus. Jens Spahn als Bundesgesundheitsminister sieht die Untergrenzen nur als einen Teil eines Maßnahmenkataloges und strebt insgesamt eine Attraktivitätssteigerung des Pflegeberufes an, um mehr junge Menschen für diesen Beruf zu begeistern.15

1.1 Problemstellung, Zielsetzung und Forschungsfrage

Die Problematik ergibt sich aus den zuvor benannten Sachverhalten. Aufgrund der fehlenden Fachkräfte, der steigenden Alterung der Gesellschaft und der Maßnahmen der Politik, sind Absolventen der Gesundheitsund Krankenpflege als wichtige Wirtschaftsfaktoren zu betrachten, die nach dem Abschluss des Examens an die auszubildende Klinik gebunden werden sollten.

Allerdings gibt es eine Vielzahl an Stellen in der gesamten Bundesrepublik Deutschland, die unbesetzt bleiben, woraus sich eine erhöhte Nachfrage seitens der Arbeitgeber ergibt.16 Aus Sicht der frisch examinierten Kräfte eröffnet sich ein Arbeitsmarkt, der viele Arbeitgebermöglichkeiten zulässt und der Fachkraft einen hohen Verhandlungsspielraum einräumt, in der sie Pro und Contras abwägen kann. Aufgrund dieser Tatsache müssen Arbeitgeber reagieren und sich in einem attraktiven, bzw. positiven Licht präsentieren, um für die Absolventen ansprechend zu wirken.

Ziel dieser Arbeit ist es, die Möglichkeiten einer Klinik zu erkunden, die selber ihre Gesundheitsund Krankenpfleger ausbildet. Hierbei soll die Denkweise der Lernenden gefiltert werden, um zu ergründen, was diese sich von ihrem Arbeitgeber erhoffen und welche Weichen gestellt werden müssen, damit die Auszubildenden ihrem Arbeitgeber treu bleiben. Im besonderen Fokus stehen hierbei die sozialen Anreize, die eine adäquate Ausbildung sicher stellen, oder die betrieblichen Anreizsysteme, die sowohl materialistischer als auch immaterialistischer Herkunft sind.

Aufgrund dieses Sachverhalts wurde in Kooperation mit dem Bildungszentrum des Sana-Klinikum Remscheids folgende Forschungsfrage erstellt, die am Ende dieser Thesis beantwortet werden soll:

Lassen sich Auszubildende der Gesundheitsund Krankenpflege, als wichtige Gesellschaftsund Wirtschaftsfaktoren, durch betriebliche Anreizsysteme oder durch eine gute Ausbildungsqualität an das Sana-Klinikum Remscheid binden?

Der eben dargelegte Untersuchungsgegenstand soll mittels einer Umfrage und der Testung von Hypothesen beantwortet werden. Zur Testung von Hypothesen wird der Zusammenhang von mindestens zwei Faktoren vorausgesetzt.17 Bevor die Hypothesentestung erfolgen kann, müssen theoretische Inhalte und Verfahren innerhalb der Untersuchung erläutert werden.

1.2 Vorgehensweise

Im ersten Teil dieser Arbeit werden die theoretischen Grundlagen behandelt, die für das Verständnis des Untersuchungsgegenstandes notwendig sind.

In erster Linie wird die Problematik des Fachkräftemangels aufgegriffen aus der die Wichtigkeit der Nachwuchssicherung hervorgeht. In diesem Kontext werden die eingeleiteten Maßnahmen zur Attraktivitätssteigerung der Pflege seitens der Politik und die Entwicklung der Auszubildendenquoten vorgestellt. Ein weiterer Abschnitt wird dem Qualitätsbegriff in der Ausbildung gewidmet.

Im nächsten Theorieabschnitt wird die Motivation der Mitarbeiterbindung erklärt. Hierzu werden Formen der Motivation und verschiedene Motivationstheorienund modelle vorgestellt.

Durch die Behandlung des Themas Motivation wird eine Brücke geschaffen, welche die Themen Fachkräftemangel und Mitarbeiterbindung vereint. Der Abschnitt Mitarbeiterbindung beschreibt die Begriffe des Commitments und der Arbeitszufriedenheit, die nach der Literatur auch durch das Instrument der Anreizsysteme beeinflusst werden. Im Abschluss des Theorieteils wird die Zeitarbeit in den Kontext mit den materiellen Anreizen gebracht.

Aus den hier erklärten theoretischen Grundlagen wird das Kapitel 3. „Material / Methoden“ mit den hergeleiteten Hypothesen begonnen. Darauf aufbauend erfolgt eine Beschreibung der Stichprobe, der Institution in der die Probanden tätig sind und die des Erhebungsinstrumentes. Auch die Beschreibung der Befragung und des Pretests wird vollumfänglich dargelegt. Die statistische Beschreibung wird mit der Bildung der Variablen und der Datenaufbereitung begonnen, wobei die Datenaufbereitung die Erklärung zur Analyse der Items und die Prüfung auf die Reliabilität wiedergibt.

Im Abschnitt der deskriptiven Statistik wird die Bildung der Skalen wiedergegeben, die aus den einzelnen Items bestehen. Nach der Erläuterung der Skalenbildung erfolgt die deskriptive Statistik der variablen Ausbildungsqualität, Anreizsysteme Einstellung gegenüber dem Arbeitgeber (Mitarbeiterbindung). Die Skalenbildung und die Deskription dienen als Grundlage für die inferenzstatistischen Verfahren, die vor der eigentlichen Hypothesentestung und der Ergebnisdarstellung erklärt werden.

Im Anschluss an die Wiedergabe der Ergebnisse erfolgt die Diskussion, sowie das Fazit der Master Thesis. Es wird darauf hingewiesen, dass die Ergebnisse der jeweiligen Zwischenschritte in Verbindung zu den erklärenden Verfahren stehen und nicht zusammen in dem Abschnitt „Ergebnisse“ wiedergegeben werden. Die Begründung hierfür findet sich in der strukturellen Übersicht wieder. Durch dieses Vorgehen wird sichergestellt, dass der Leser einen direkten Bezug zwischen den Komponenten Verfahren und Ergebnis hat.

2 Theoretischer Hintergrund

2.1 Pflegekräftemangel: Maßnahmen, Nachwuchssicherung und Qualität

Die Pflegebedürftigkeit wird aufgrund der Demographie und der Morbidität der älteren Gesellschaft zu einem Gesundheitsrisiko. Dementsprechend steht der Prävention von Pflegebedürftigkeit und der Gesundheitsförderung, sowie einer entsprechenden Verzögerung oder Vermeidung ein hoher Stellenwert zu.18 Die Pflege hat in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen, was sich an den steigenden Stellen messen lässt, welche bereits im letzten Jahrzehnt zu verzeichnen waren. So wurden in den Jahren zwischen 2008 bis 2010, 50.000 Stellen vorwiegend in der ambulanten Pflege und stationären Altenhilfe geschaffen. Hierbei nimmt die Pflege einen bedeutsamen Faktor in der Gesundheitsversorgung unserer Gesellschaft ein. Durch einen Mangel an Pflegekräften rückt die Beratung und Anleitung von pflegenden Angehörigen oder Laien immer mehr ins Licht der ambulanten Versorgung.19 An diesen Faktor anknüpfend ist die Förderung der Selbstpflege und die Sicherheit des Pflegeempfängers das oberste Ziel der pflegerischen Versorgung. Unter dem Deckmantel der Balance zwischen wirtschaftlichen Überlegungen, sowie einer Einrichtungsund Sektorenübergreifenden kontinuierlichen Versorgung, wird die Verkürzung der Krankenhausverweildauer und die Stärkung des ambulanten Sektors angestrebt.20 Auch im stationären Bereich reagiert die Politik auf den Pflegenotstand. So verordnete Jens Spahn als Bundesgesundheitsminister zu Beginn 2019 Personaluntergrenzen, welche zunächst für bestimmte Bereiche im Krankenhaus gelten, wie z.B. die Intensivstation. Demnach sollen für das Beispiel der Intensivstation, 2,5 Patienten auf ein/e Krankenpfleger/in entfallen und im Nachtdienst 3,5 Patienten. Ab dem Jahr 2021 sollen beide Werte um 0,5 reduziert werden.21 Dieses Vorhaben wird von der Deutschen Krankenhaus Gesellschaft (DKG) kritisiert und verweist gleichzeitig auf die Notwendigkeit und Wichtigkeit der Nachwuchssicherung der Berufsgruppe „Gesundheitund Krankenpfleger/in“, welche Hauptbestandteil dieser Master-Thesis ist.22

2.1.1 Sachverhalt Notstand :

Laut dem statistischen Bundesamt gab es im Jahr 2015 rund 2,8 Millionen Pflegebedürftige Personen. Bis zum Jahr 2017 erhöhte sich die Anzahl auf 3,4 Millionen. Dies entspricht einer Steigerung von rund 21 %.23 Hierbei ist die Einführung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs aus dem Jahr 2017 zu berücksichtigen, welcher eine Mitverantwortung an dem starken Zuwachs trägt.24

Nichts desto trotz ist die Annahme der steigenden Pflegebedürftigkeit, aufgrund des demographischen Wandels und dem medizinischen Fortschritt, sowie dem fortschreiten von chronischen Erkrankungen gerechtfertigt. Hinzukommend eröffnen sich Versorgungslücken, welche durch einen gleichlaufenden Fachkräftemangel, bzw. Fachkräftebedarf zu erklären sind.25

Gegensätzlich ist ein Zuwachs an Krankenpflegekräften zu verzeichnen. In einem Bericht der Bundesagentur für Arbeit ist die Anzahl der sozialversicherungspflichtigen Krankenpflegekräfte gestiegen.

So gab es im Jahr 2014, 0,98 Mio. und im Jahr 2018, 1,06 Mio. Pflegekräfte. Der Großteil der Pflegekräfte ist mit 72% examiniert, gefolgt von den Helfern mit 16% und den Spezialisten / Experten mit 12% (Stand 2018).26 Allerdings dürfen neben dem erwähnten Zuwachs, die Strukturmerkmale der Beschäftigten nicht außer Acht gelassen werden. Der Großteil der Krankenpflegekräfte ist laut dem Stand Juni 2018, weiblich (80%) und fast die Hälfte (44%) sind in Teilzeit beschäftigt. Der große Anteil der Teilzeitbeschäftigten ist nicht ausschließlich auf die Frauen zurückzuführen. Auch die Männer machen mit 20% einen Großteil der Teilzeitbeschäftigten aus. Durch die Faktoren „Teilzeitbeschäftigung“ und „Anstieg der Pflegebedürftigen“ relativiert sich der zu verzeichnende Zuwachs an Pflegekräften.27

Die hohe Arbeitskräftenachfrage lässt sich auf die eben aufgeführten Gründe, wie z.B. die demographische Entwicklung oder den medizinischen Fortschritt, etc. zurück führen. Die Bundesagentur für Arbeit offeriert in ihrer Statistik, dass es für den Bereich Krankenpflege im Jahr 2018, 15.700 offene Stellenangebote gab.28 Hierbei entfielen 12.000, bzw. 76% auf Pflegefachkräfte, 14 % auf Spezialisten /Experten und 10% auf Helfer. Gleichzeitig muss man die Arbeitslosenzahlen der Berufssparte beachten. Die Arbeitslosenquote ist zwischen 2014 und 2018 gefallen. Im Jahr 2018 gab es 11.100 arbeitslose Pflegekräfte, wobei 45% Helfer, weitere 45% Pflegefachkräfte und 10 % Spezialisten/ Experten sind. Im Bereich der Helfer übersteigt die Arbeitslosenzahl den Bedarf an Stellen im Jahr 2018 und den Jahren zuvor.29 Zur Überschaubarkeit des eben dargelegten Sachverhalts wird Abbildung 1 gezeigt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Arbeitslosenrate vs. Stellenmeldungen für den Bereich Krankenpflege

Quelle: Bundesagentur für Arbeit 2019 S. 11.

Des Weiteren betrifft der Fachkräftemangel in der Pflege die gesamte Bundesrepublik Deutschland, wobei es Bundesländer gibt, die stärker und weniger stark betroffen sind.30 Das Ausmaß des Fachkräftemangels und seine Verteilung ist in Abbildung 2 ersichtlich. In den roten Bereichen herrscht ein akuter Fachkräftemangel, die grauen Bereiche weisen Anzeichen für Fachkräfteengpässe auf.

Fachkräftemangel in Deutschland

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Fachkräfteengpassanalyse Dezember 2018

Quelle: Bundesagentur für Arbeit 2019 S. 14.

2.1.2 Eingeleitete Maßnahmen

Neben der dargelegten Statistik weißt auch die Rekrutierungsoffensive von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn auf einen Mangel der Fachkräfte hin. Das Unterfangen der Notstandskompensation aus dem europäischen Ausland ist nur eine Maßnahme und läuft bilateral zu anderen Projekten, wie beispielsweise der Attraktivitätssteigerung der Pflege, durch das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz (PpSG) und der Ausbildungsreform.31

Zur Steigerung der Attraktivität trat das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz in Kraft, welches verschiedene Maßnahmen zur Personalstärkung umfasst. Im Folgenden wird sich auf die prägnantesten Punkte im Bereich der Krankenpflege beschränkt.

Das PpSG soll eine Verbesserung im Pflegealltag nach sich ziehen, indem eine höhere Personalausstattung geschaffen wird. Im Zuge dessen sollen bessere Arbeitsbedingungen entstehen und die Qualität der Versorgung steigen.32

Als Erstes ist eine Refinanzierung von zusätzlichen und aufgestockten Pflegestellen im Krankenhaus von den jeweiligen Kostenträgern vorgesehen. Diese Refinanzierung ist vollumfänglich und betrifft auch die Tarifsteigerungen. Ziel des PflegestellenFörderprogrammes ist es, mehr Pflegestellen im Krankenhaus zu schaffen. Bisher trugen die Leistungsträger einen Eigenanteil von 10%. Auch die zuvor gesetzte Obergrenze der Stellenbesetzung entfällt.33

Eine weitere Maßnahme ist die krankenhausindividuelle Vergütung der Pflegepersonalkosten, welche aus einer Kombination von Fallpauschale und Pflegepersonalkostenvergütung besteht. Ziel ist es, die Pflegepersonalkosten zu verbessern. Hierzu werden die DRG-Berechnungen um die Pflegepersonalkosten bereinigt, welche wiederum separat und krankenhausindividuell erstattet werden.34 Die Grundlage hierfür sind die nachzuweisenden Pflegepersonalausstattungen, mit entsprechenden Kosten auf den bettenführenden Stationen. Der dritte Punkt des PpSG betrifft die linearen Tarifsteigerungen. Diese werden in Zukunft von den Kostenträgern komplett refinanziert. Die Vergangenheit zeigte, dass der nicht refinanzierte Teil der Steigerungen durch Maßnahmen, wie z.B. Einsparungen, kompensiert wurde. Im Bereich Ausbildung der Kinderkrankenund Krankenpflege, sowie der Krankenpflegehilfe ist eine Refinanzierung des kompletten ersten Ausbildungsjahres angedacht. Bisher wurde in allen drei Ausbildungsberufen eine anteilige Refinanzierung vollzogen, da sie im praktischen Einsatzgebiet die examinierten Pflegekräfte entlasten.35 Dies wird im Bezug auf das erste Ausbildungsjahr kritisch gewertet, da die Unterstützung nicht im gleichen Umfang vorhanden ist, wie in den Jahren zwei und drei. Die Subvention soll ein Anreiz sein mehr Ausbildungsplätze zu schaffen. Auch im Bereich Familie sieht das Sofortprogramm Pflege entsprechende Maßnahmen vor. Krankenhäuser können Maßnahmen einleiten, welche die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern. Die hierfür erforderlichen Aufwendungen werden zur Hälfte für sechs Jahre von den Kostenträgern gedeckt. Alle Refinanzierungsmaßnahmen sind zweckentsprechend nachzuweisen und müssen bei Nichteinhaltung zurückgezahlt werden. Des Weiteren sollen die bereits erwähnten Personaluntergrenzen aus Abschnitt 2.1 weiter ausgebaut werden. Die Selbstverwaltungspartner mussten bis zum 31. August 2019 Untergrenzen für die Bereiche Neurologie und Herzchirurgie festlegen.36

Die Weiterentwicklung für die Personaluntergrenzen soll bis 2021 endgültig abgeschlossen sein und betrifft neben den bereits erwähnten Fachabteilungen, auch die Bereiche Intensivmedizin, Geriatrie, Kardiologie und Unfallchirurgie.37 Dies wird von der Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) scharf kritisiert. Als führendes Argument werden die Reduzierung der Bettenzahlen für die pflegeintensiven Bereiche genannt, die unter der Bemessung des Personalschlüssels leiden.38 In diesem Zusammenhang hat es zu Verkürzungen der intensivmedizinischen Versorgungsphasen, sowie Reduktionen der Notfallkapazitäten gegeben, welche zur Last der Patienten geht.

Die Ursache hierfür liegt an dem Gesetz der Personalbemessung selbst. Nach Aussage der DKG ist die Besetzung der 2 zu 1 Betreuung in der Tagesschicht, selbst für die Kliniken der Maximalversorgung unmöglich, da sie nicht über die nötigen Personalkapazitäten verfügen.39

Die DKG belegte dies anhand einer eigens durchgeführten Qualitätsuntersuchung aus dem Jahr 2018. Die Untersuchung involvierte 24 zufällig, ausgewählte Kliniken, von denen 87,5 % den Bestimmungen (Tagesschicht: 2 Patienten zu 1 Pflegekraft; Nachtschicht 3 Patienten zu 1 Pflegekraft), nicht nachkommen konnten und sanktioniert worden sind. Die Kliniken, die sich als tragfähig erwiesen, verzeichneten alle eine Bettenkapazität <15 im intensivmedizinischen Bereich.40 Nach § 137i SGBV können die Sanktionen in unterschiedlicher Weise auftreten und zu Vergütungsabschläge oder zu einer Verringerung der Fallzahl führen.

Aus dieser Erkenntnis heraus wird die Wichtigkeit zur Sicherung des eigenen Ausbildungsgutes stark untermauert, wenn es zu keiner Anpassung des Gesetzes unter konsensbasierten Bedingungen von Politik und Selbstverwaltung, bzw. DKG kommt.

Insgesamt soll das PpSG im Rahmen des Sofortprogrammes Pflege, Verbesserungen im Pflegealltag nach sich ziehen und die Personalausstattung erhöhen, was positive Auswirkungen auf die Arbeitsbedingungen nach sich zieht. Hierdurch besteht die Hoffnung, dass es mehr Zuwachs im Pflegebereich gibt.41 In seiner Funktion als Gesundheitsminister, teilte Jens Spahn mit, dass das PpSG ein erster Schritt sei, da es die Pflege finanziell stärkt und attraktiver macht. Er fügte hinzu, dass es zusätzliche Schritte geben muss, um die finanzierten Stellen zu besetzen.42 Auch Martin Litsch, als Funktionär des Vorstandsvorsitzenden des AOK-Bundesverbandes, äußert Kritik am PpSG. Er stimmt der Stärkung des Pflegeberufes zu und beteuert, dass die Aufhebung des Pflegenotstandes weder schnell noch einfach sei.43

In einer Verbändeanhörung am 11.07.2018 sagte M. Litsch:

„Neue Pflegerinnen und Pfleger kann man sich nicht schnitzen“44

2.1.3 Nachwuchssicherung

Aus diesem Kontext heraus, müssen die Nachwuchssicherung und die Ausbildung im Bereich „Gesundheitsund Krankenpflege“ erläutert werden.

Der „Deutsche Verein zur Förderung pflegerischer Qualität e.V.“ mit Sitz in Delitzsch sieht das Thema „Nachwuchssicherung“ mit einer hohen Wichtigkeit an. Neben der Förderung des Vereins, die Thematik „Pflege und soziale Hilfe“ in Schulbüchern und Leistungskursen zu verankern, besteht der Aufruf, ein verpflichtendes soziales Pflegejahr (VSP) einzuführen. In diesem Umfang soll es eine einmonatige Pflegeausbildung geben, welche die einfachen Pflegetätigkeiten vermitteln soll. Das Ziel des VSP soll es sein, junge Menschen mit dem Pflegebereich vertraut zu machen und sich gesellschaftlich einzubringen.45

Ein weiteres Unterfangen ist das Landesprojekt „Nachwuchssicherung in den Pflegeberufen“. Im Rahmen des Projektes werden Netzwerke gebildet, welche verschiedene Bildungseinheiten umfassen. Hierzu treten allgemeinbildende Schulen, Einrichtungen des Gesundheitswesens und Pflegeschulen in Kontakt, um den zukünftigen Berufsanfängern den Pflegeberuf näher zu bringen. Die Auszubildenden der Pflegeschulen verkörpern hierbei den/die Dozenten/in und vermitteln authentische Einblicke in den Pflegealltag. Ziel ist es, dass sich Schüler/innen der allgemeinbildenden Schulen im Berufsfeld Pflege orientieren und eine Erleichterung in ihrer Berufswahl erfahren.

Zudem soll die Abbruchrate während der Ausbildung verringert werden und die Ausbildungszahlen steigen. Hierzu sollen der Einblick in den Beruf und elementare Informationen über Angebote und Entwicklungsmöglichkeiten in dem Pflegeberuf verhelfen. Bisher initiierte das Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie 39 Netzwerke deutschlandweit.46

Auch das Bundesministerium für Gesundheit erhofft sich mit der Reform der Pflegeberufe, welche 2020 in Kraft tritt, mehr Auszubildende im Bereich der Pflege.47 Ab diesem Jahr wird die Berufsbezeichnung „Pflegefachfrau“ und „Pflegefachmann“ eingeführt und das Altenpflegeund Krankenpflegegesetz kollektiviert, wodurch das neue Pflegeberufegesetz in Kraft tritt, welches diverse Optionen für die Auszubildenden enthält.48

Alle Schüler oder Auszubildenden erhalten eine generalistische Ausbildung, die über einen Zeitraum von zwei Jahren verläuft. In diesem Rahmen wird ein praktischer Vertiefungsbereich gewählt, welcher nicht bindend für die spätere Berufstätigkeit ist. Nach den zwei Jahren kann diese Ausbildungsform weiter geführt werden, wodurch nach dem Abschluss, die neue Berufsbezeichnung Pflegefachfrau/mann erworben wird, welche in allen Bereichen der ambulanten und stationären Pflege eingesetzt wird.49

Andererseits besteht die Möglichkeit nach der zweijährigen Ausbildung einen Schwerpunkt zwischen Alten-,Kranken-, oder Kinderkrankenpflege zu wählen, mit entsprechender Tätigkeit nach dem Examen. Eine Evaluation bezüglich der gesonderten Abschlüsse und deren Notwendigkeit, wird nach sechs Jahren vorgenommen.50

Die Bundesregierung erhofft sich, dass die Pflege durch die Reform eine Attraktivitätsund Qualitätssteigerung erlebt, welche junge Menschen anspricht und die Ausbildungsquote steigen lässt. Das BMG spricht von einer zeitgemäßen Ausbildung, welche hochwertig ist und Entscheidungsspielräume vorhält. Die Symbiose der zwei großen Berufssparten der Altenund Krankenpflege wird als richtiger Schritt gesehen, da beide Berufsfelder große Übereinstimmungen in den Lerninhalten aufweisen.51

Außerdem ändern sich der Pflegebedarf und die Versorgungsstrukturen ständig, weshalb Pflegekräfte im Altenheim immer mehr chronisch Erkrankte und Multimorbide versorgen müssen. Gegensätzlich arbeiten Pflegekräfte im Krankenhaus mit immer mehr demenziell und/oder schwer pflegebedürftigen Patienten. Im Hinblick auf die Qualität soll die Ausbildung durch eine bessere Anleitung und Begleitung aufgewertet werden. Hierzu soll es Mindestanforderungen an die beruflichen Anforderungen der Schulleitung und Lehrkräfte geben, welche dafür sorgen, dass es genügend fachlich und pädagogisch qualifizierte Lehrkräfte gibt. Durch das generalistische Pflegestudium, welches ebenfalls eingeführt wird, erhofft sich die Bundesregierung einen weiteren Attraktivitätszuschuss. Durch das Studium wird den Pflegekräften ein Weg für entsprechende Karriereund Qualifizierungsmöglichkeiten gegeben.52

2.1.4 Übersicht Ausbildungsstand und Ausbildungsqualität

In Deutschland gab es zwischen 2013 und 2017 einen Zuwachs an Ausbildungsplätzen von 70.027 auf 71.232 Stellen im Bereich der Gesundheits-und Krankenpflege.53

Im gleichen Jahr wurden in Deutschland 63.002 Auszubildende der gleichen Berufsgruppe registriert54, weshalb es zu einem starken Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage kam. Das Defizit aus dem Jahr 2017 lag bei 8.230 Stellen, die unbesetzt waren.

Neben dem defizitären Stand der zu vergebenen Ausbildungsplätze im Bereich „Gesundheitsund Krankenpflege“ muss die Absolventenzahl und Abbruchrate gesehen werden. Hierzu gibt es keine expliziten Angaben des Statistischen Bundesamtes, weshalb nur eine Schätzung vorgenommen werden kann, die auf den Absolventenzahlen aus 2016, dem Bevölkerungsstand aus 2016 und der Ausbildungszahl 2013 in Deutschland basieren.

Laut dem Bundesinstitut für Berufsbildung starteten im Jahr 2013/14, 64.980 Schülerinnen und Schüler in Deutschland die Ausbildung zum Gesundheitsund Krankenpfleger/in.55

In Verbindung hierzu wurde 2016, 55,8 Auszubildenden auf 100.000 Einwohner das Examen im Bereich der Gesundheitsund Krankenpflege erteilt.56

Die Bevölkerungszahl der Bundesrepublik Deutschland aus dem Jahr 2016 lag nach dem Arbeitskreis „Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung der Länder (VGRdL), bei 82,35 Mio. Bewohnern.57

Da auf 100.000 Einwohner 55,8 Absolventen zu verzeichnen waren, lag die Gesamtzahl der Absolventen im Jahr 2016 bei ca. 45.951. In Anbetracht dieser Tatsache wurde den Auszubildenden aus dem Jahr 2013/14, die mit 64.980 Schülerinnen und Schülern begonnen haben, 19.029 das Examen im Jahr 2016 nicht erteilt. Dies macht eine Abbruchquote von rund 29 %. Die folgende Abbildung 3 stellt den komplexen Sachverhalt übersichtlich dar.

Ausbildungsstarter und Absolventen der Gesundheitsund Krankenpflege

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

GuK = Gesundheitsund Krankenpfleger/in

Abbildung 3: Darstellung der Ausbildungsstarter im Jahr 2013 und Absolventen im Jahr 2016

Quelle: Eigene Darstellung

Einen Vergleichsmaßstab bietet die Hansestadt Hamburg. Im Jahr 2017 standen in Hamburg 665 Ausbildungsplätze für den Bereich Gesundheitsund Krankenpflege zur Verfügung. Die Absolventenzahl betrug im Jahr 2016, 416 und im Jahr 2015 nur 375, was eine Abbruchrate von 37% und 44% macht.58 Dieser Wert gibt allerdings nur eine Tendenz an, da die Ausbildungsplatzanzahl im Jahr 2017 nicht im direkten Zusammenhang mit der Absolventenzahl im Jahr 2016 und 2015 steht. In diesem Beispiel wird unterstellt, dass die Hansestadt Hamburg eine annähernd gleiche Anzahl an Ausbildungsplätzen über mehrere Jahre vorhält. In Deutschland ist die Anzahl der Auszubildenden im Bereich Krankenpflege von 2013 bis 2017 schwankend. Im Jahr 2013 belief sie sich wie zuvor vermerkt, auf 64.980 Personen, 2015 auf 63.61159 und 2017 auf 63.002. Nichts desto trotz ist die Tendenz zunehmend, da die Ausbildungszahl 2008/09 bei 55.588 lag. 60

Angesichts der steigenden Zahl an Auszubildenden besteht, wie eben erläutert, nach wie vor ein Fachkräftemangel, was die Schülerinnen und Schüler der Gesundheitsund Krankenpflege zu einem wichtigen wirtschaftlichen Faktor macht.61

In diesem Zusammenhang ist es wichtig, den Aspekt „Ausbildungsqualität“ zu thematisieren, da es Nachwuchs geben muss, um dem Fachkräftemangel aktiv entgegen zu wirken. Auch die Politik sieht durch die Reform der Pflegeberufe eine Verbesserung der qualitativen Komponente, welche sich in den nächsten Jahren messen lassen wird.62 Des Weiteren muss dieser wichtige Faktor besprochen werden, um das Verständnis der durchgeführten Untersuchung, welche im späteren Verlauf (Kapitel 4.) vorgestellt wird abzurunden. Nach Recherchen lässt sich keine eindeutige Definition der Qualität bezüglich der Berufsbildung finden. Im Allgemeinen lässt sich der Terminus „Qualität“ aus dem lateinischen Wort „qualis“ herleiten, welches im Deutschen mit, „wie beschaffen“ verstanden wird.63 Die DIN EN ISO 9000 bezeichnet Qualität als „Grad, in dem ein Satz inhärenter Merkmale Anforderungen erfüllt“64 .

Entlang des Ausbildungsprozesses wird der Begriff „Ausbildungsqualität“ differenziert betrachtet. Es findet eine Differenzierung in drei Ebenen, Input-,Prozessund Outputqualität statt. Unter Ersterem versteht man die Rahmenbedingungen, die vor der Ausbildung gegeben sein müssen. Hierzu gehören zum Beispiel die sachliche und technische Ausstattung des Betriebes und der Berufsschule, die Qualifikation der Pädagogen, sowie Ausbilder oder auch die Arbeitsmittel.65 Die Prozessqualität betrifft diverse Faktoren, die während der Ausbildung aktiviert werden. Hierbei geht es besonders um die Lernund Arbeitsmethoden, sowie die vermittelten Ausbildungsinhalte. Im besten Fall erhält der, bzw. die Auszubildende, bei erfolgreichem Durchlaufen des Ausbildungsprozesses seinen Abschluss. Die Outputqualität definiert hierbei das Ergebnis, welches zum Ende der Ausbildung vorliegt.66

Diese Ebene beinhaltet Faktoren, wie die Note der Abschlussprüfung, die Anwendbarkeit des Erlernten in der Praxis und die zukünftige Entwicklung des, bzw. der Auszubildenden.67 Eine Untersuchung des Bundesinstituts für Berufsbildung aus dem Jahr 2009 (BiBB) zeigte auf, dass die heranwachsenden Fachkräfte die Ausbildungsqualität primär auf personelle Gegebenheiten im Betrieb und Berufsschule beziehen. Dabei kommt den fachlich und pädagogisch ausgebildeten Ausbildungsund Lehrkräften eine besonders hohe Bedeutsamkeit zu.68 Ein weiterer wichtiger Punkt liegt in dem praxisorientierten Einbezug von alltäglichen Arbeiten. Hierbei sollten die Aufgaben keiner ständigen Monotonie unterzogen werden, sondern Abwechslungen beinhalten. Auch die Anwendung neu erlernter theoretischer Aufgaben im Rahmen der Praxis wird eine wichtige Rolle zugeschrieben.69 Des Weiteren ist dem/der Auszubildenden ein angenehmes Arbeitsklima wichtig, in dem sie lernen können. In diesem Zusammenhang wird der ordentlichen Integration, dem gegenseitigen Respekt, der ausreichenden Kommunikation von Feedback und der autonomischen Arbeit, ein hoher Stellenwert beigemessen.70

In einer weiteren Studie des BiBB die im Jahr 2008 durchgeführt wurde, ist ein signifikanter Nachweis erbracht worden, dass die Ausbildungsqualität einen Einfluss auf die Arbeitszufriedenheit hat. Die Studie wurde anhand von 413 Probanden aus verschiedenen Berufsbranchen durchgeführt.71 Im Rahmen der Studie konnte nachgewiesen werden, dass subjektive Belastungsfaktoren wie Stress zu dem Gedanken eines Ausbildungsabbruchs und zu einer Unzufriedenheit im Ausbildungsprozess führen. Auch die monotone Arbeit trägt zu diesem Gedanken bei. Im Gegensatz hierzu wurde eine Zufriedenheit der Probanden, durch die Förderung von Handlungskompetenzen festgestellt werden, weshalb ein hohes fachliches Interesse im Rahmen der Ausbildung besteht.72

2.2 Mitarbeitermotivation: Formen und Modelle

Bei dem Thema Motivation geht es darum, die Antriebskräfte für individuelles Verhalten zu filtern. Somit beinhaltet Motivation die Gesamtheit der Motive und Beweggründe für die Verwirklichung von Lebenswertenund zielen.73

Die mit Abstand wichtigste und anspruchsvollste Aufgabe einer Führungskraft liegt in der Mitarbeitermotivation. Das heißt, dass die unternehmerische Führung anders konzeptioniert ist und sich nach wirtschaftlichen, sowie gesellschaftlichen Belangen, bzw. Werten orientiert und die Zeiten existentieller Angst, als Instrumentalisierung der Arbeitgeberschaft vorbei ist.74 Die Unternehmen des 21. Jahrhunderts fordern weitaus mehr, als den Dienst nach Vorschrift. Sie möchten den Arbeitnehmer erreichen, um somit seine Bereitschaft und Kreativität zu aktivieren und diese zu nutzen. Die neue Führung macht es sich zur Aufgabe, neue Potentiale und Talente zu erkennen und die Motivation jedes Einzelnen zu fördern. Hierbei ist es notwendig, die individuellen Bedürfnisse des Mitarbeiters zu erkennen und auf diese einzugehen.75

2.2.1 Intrinsische und Extrinsische Motivation:

Verhaltenspsychologisch werden zwei Formen von Motivation unterschieden:

Intrinsische Motivation: Motivationshandlungen resultieren aus der Person selber (Interesse, Spaß an der Arbeit, Leistungsmotive, etc.)
Extrinsische Motivation: Handlungen resultieren aus äußeren Anreizen (Status, Druck, Aufstiegsanreize, etc.)

Die Taten und Leistungen, welche der intrinsischen Motivation entstammen, dienen der persönlichen Befriedigung. Hierbei spielen Spaß, Lernbereitschaft oder andere Faktoren eine wichtige Rolle, da die Handlungen an sich als Motivatoren dienen, unabhängig von dem Ziel. Die intrinsische Motivation wird also durch die eigene Einstellung, Stimmung oder Wertehaltung bestimmt.76

Die extrinsische Motivation kommt durch äußere Einflüsse zustande. Hierbei wird sie wesentlich von Anreizen gestaltet, welche als Ziele dienen, die in der Umwelt angestrebt oder vermieden werden sollten. Wir unterscheiden zwischen positiven und negativen Anreizen. Ersteres wäre Geld, Prestige oder eine Auszeichnung.

Zweiteres sind Angst oder Druck. Hierbei ist die beizumessende Bedeutung des Zieles, bzw. des Zielzustandes wichtig für die Stärke des motivierenden Anreizes.

Ein typisches Beispiel für die extrinsische Motivation ist das Verdienen von Geld, oder die Verschleierung von Fehlern, aufgrund von Bestrafung.77 Der eben erklärte Zielzustand ist abhängig von der Stärke des Anreizes. Dieses lässt sich als Beispiel so erklären, dass Derjenige, der nur an Geld interessiert ist, niemals unbezahlt arbeiten würde, somit kämen unbezahlte Überstunden nicht in Frage. Derjenige, der über Fleiß glänzen will und auf eine Beförderung hinarbeitet, nimmt die unbezahlten Überstunden eher in Kauf.78

Im Gegensatz zu den extrinsischen Motiven wirken die Intrinsischen langfristig und nachhaltig. Dies soll heißen, dass Derjenige, dem die Arbeit Spaß macht, sie auch ohne Belohnung durchführt. Hierbei ist vorauszusetzen, dass er genug Geld zum Leben hat.

Für die Unterstützung der intrinsischen Motivation und die Erreichung von Commitment ist es förderlich, dem Mitarbeiter Freiräume, Wertschätzung und Vertrauen entgegen zu bringen. Für die Erreichung der Unternehmensziele reicht es nicht alleine aus, dem Mitarbeiter einen Firmenwagen oder eine Sonderzahlung entgegen zu bringen.79 Die Differenzierung von intrinsischen und extrinsischen Faktoren stellt eine große Herausforderung dar, weil nicht immer Kenntnisse über personelle Hintergründe vorhanden sind. Demnach ist nicht immer klar, ob der Angestellte Spaß an seinem Beruf hat, oder aber auf eine Beförderung hin arbeitet. Laut dem deutschen Psychologen F. W. Nerdinger ist die Motivation: „ein Produkt aus individuellen Merkmalen von Menschen, ihren Motiven und den Merkmalen einer gegenwärtig wirksamen Situation, in der Anreize eine Wirkung auf die Motive erzielen und sie aktivieren“80.

So erkennt man in bestimmten Momenten einen Anreiz, welcher als Gelegenheit zur Befriedigung eines gegenwärtigen Motives gesehen wird. Hierbei erwirken intrinsische Faktoren eine Push-Wirkung, da sie zu einer Handlung anregen und extrinsische Faktoren eine Pull-Wirkung, da sie anziehend wirken. Führungskräfte sind gut beraten, wenn sie beide Arten der Motivation anwenden und Verhältnisse schaffen, in denen Mitarbeiter ihre Stärken und Begabungen einsetzen können.81

2.2.2 Motivationstheorie nach Maslow

Einer der bekanntesten Motivationstheorien stammt von Abraham Maslow, welche 1954 erschien. Die Bedürfnispyramide in Abbildung 4, stellt die Theorie plausibel und verständnisvoll dar.82

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Bedürfnispyramide nach Maslow

Quelle: Franken 2010 S. 88.

Die Bedürfnisklassen sind wie folgt beschrieben:

1. Selbstverwirklichung: Ausnutzung der eigenen Fähigkeiten, Kreativität und Autonomie
2. Achtung durch sich Selbst: Stärke, Leistung, Kompetenz Achtung durch Andere: Respekt, Prestige, Ruhm
3. Soziale Bedürfnisse: Streben nach Zugehörigkeit, Liebe und Zuneigung
4. Bedürfnis nach Sicherheit: Stabilität, Angstfreiheit, Struktur, Gesetze, etc.
5. Physiologische Bedürfnisse: Das Stillen von Hunger, Schlaf oder Durst83

Unbefriedigte Bedürfnisse können als Motive dienen, wenn sie noch nicht befriedigt sind. Hierbei muss man zwischen Defizitund Wachstumsmotiven unterscheiden. Die Defizitmotive werden nur aktiv, wenn auch ein Defizit vorliegt. Wie in der Abbildung 3 zu erkennen ist, gehören hierzu die Unterstufen der Pyramide und ein Teil der Achtungsbedürfnisse. Die Teilung der Achtungsbedürfnisse rührt aus der Tatsache, dass sie nur zum Teil als Defizitmotiv angesehen werden können, da es kein „zu viel“ gibt. Weiterhin wird die Erklärung untermauert, wenn man sich zu verstehen gibt, dass die Wachstumsbedürfnisse – also ein Teil der Achtungsund die Selbstverwirklichungsbedürfnisse – nie vollständig befriedigt werden können.84

Maslow’s Theorie wird oftmals kritisiert, da er in seinem Modell vorgibt, dass nicht alle Bedürfnisse gleichzeitig zu Motiven werden.

Des Weiteren unterstellt er, dass die Verhaltenswirksamkeit der Bedürfnisse mit ihrer Befriedigung oder Nichtbefriedigung zusammenhängen. Das bedeutet, dass nur ein akut unbefriedigtes Bedürfnis zu einem Motiv wird. Sobald die Bedürfnisse der unteren Ebene gestillt sind, erscheinen die Bedürfnisse der oberen Ebene.85

So wird die kritische Frage gestellt, ob die Bedürfnisklassen für alle Menschen gleich sind und ob Menschen zu einem Zeitpunkt mehr als ein unbefriedigtes Bedürfnis haben können. Schließlich kann ein Mensch gleichzeitig Durst haben und sich die Beachtung von Anderen wünschen. Doch manchmal haben unsere Werte und Prinzipen Vorrang, weshalb sie über den Bedürfnissen, wie z.B. dem Wohlstand oder der Bequemlichkeit stehen. Aus diesem Grund sollte die Pyramide, welche nicht Maslow’s Ursprung entstammt, einer dynamischen Kurve gleich kommen, welche die Bedürfnisstufen nicht strickt voneinander abgrenzt. In der folgenden Abbildung 5 treten sie gleichzeitig, jedoch mit verschiedenen Ausprägungsgraden auf. Hierbei erlöschen die Bedürfnisse nie, sondern nehmen nur an Stärke ab, wenn sie befriedigt sind.86

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Dynamische Darstellung der Bedürfnistheorie

Quelle: Franken 2010 S. 89

2.2.3 Motivationstheorie nach Mc Clelland

Die Motivationstheorie von Mc Clelland ist eine Weitere, die auf menschlichen Bedürfnissen aufbaut. Diese Theorie differenziert sich von Maslow insofern, dass sie nicht von Bedürfnissen als Hierarchie ausgeht, sondern von Verhaltenskonsequenzen, die mit Bedürfnissen assoziiert sind.87

Mc Clelland geht davon aus, dass das Verhalten aus unterschiedlich fundierten Motiven entsteht, welche in schwankender Stärke auftreten und nicht ausschließlich aus einem hervorstechenden Motiv geprägt wird. Hierbei wird, wie in Tabelle 1 zu sehen ist, vor allem von Leistungs-, Zugehörigkeitsund Machtbedürfnissen gesprochen. Später definierte Mc Clelland noch das Vermeidungsmotiv, welches sich auf die Vermeidung von Unbeliebtheit oder Misserfolg bezieht. Dieses kann konträr zu den Anderen auftreten, wenn es zur Stillung eines anderen Bedürfnisses kommt.88 Aus der Perspektive einer Führungskraft sollten die Motivationsmethoden, vor allem bei den leistungs-, zugehörigkeitsund machtorientierten Mitarbeitern unterschiedlich, bzw. je nach Bedarf angewandt werden. Abhängig davon, welches Bedürfnis zurzeit dominiert, bedarf es eines anderen Motivationsansatzes. Es ist hinzuzufügen, dass eine Leistungsperson, welche ein starkes Leistungsbedürfnis mit sich trägt, nicht unbedingt die geborene Führungskraft ist, da sie starke Leistung erbringt, aber Andere hierzu nicht anspornt. Die Theorie der Motivation von Mc Clelland zeigt auf, dass es notwendig ist, eine differenzierte Leistungsmotivation zu gestalten, die stark von den Bedürfnissen abhängig ist.89

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Dominierende Grundbedürfnisse der Mitarbeiter und Empfehlungen für die

Führungskraft

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Franken 2019 S. 103

2.2.4 Retention Management-Prozess

Die Aufgabe des „Retention Management“ ist es nicht alleine, die Mitarbeiter nachhaltig zu motivieren, sondern sie zu begeistern, um sie möglichst langfristig an das Unternehmen zu binden. Hierbei möchte das Unternehmen Talente ohne Fesseln halten, weshalb man von einem strategischen Hebel der nachhaltigen Unternehmenssteuerung reden muss. Dies ergibt sich aus der Tatsache, dass wir in einer Gesellschaft leben, die sich fortwährend von einer Industriezur Dienstleistungsgesellschaft entwickelt und in der das intellektuelle Kapital der Angestellten den Erfolgsfaktor ausmacht. Indirekt gesagt ist Retention Management ein Baustein eines integrierten Talent Managements. Hierbei spielt es neben der Personalgewinnungund entwicklung einen erfolgskritischen und nicht delegierbaren Teil der Führungsaufgabe. Ziel ist es, qualifizierte Mitarbeiter und ihre Kompetenzen langfristig zu binden, um somit die Umsetzung der Unternehmensziele zu erreichen. Grundgedanke ist die Gestaltung der Beziehung zwischen Talenten und Unternehmensführung.90 In den Unternehmen gibt es eine Vielzahl von Instrumenten, z.B. bezahlte Weiterbildungen und Weitere, um Mitarbeiter zu gewinnen, zu halten, sowie zu hoher Einsatzbereitschaft zu motivieren. Es ist wichtig die Instrumente auf ihre Wirksamkeit und in regelmäßigen Abständen zu prüfen. Bei Bedarf sind sie anzupassen, zu verwerfen oder zu ersetzen. Hinzukommend sind die Unternehmen immer schnelleren Veränderungen unterworfen, welche einen Einfluss auf die Gestaltung der Zusammenarbeit haben. Diese Veränderungen sind unteranderem auch auf generationsverändernde Wertund Motivationsvorstellungen zurück zu führen.91

Bei entsprechender Vorbereitung auf diese Veränderungen können die Unternehmen entsprechend schnell, flexibel und präzise reagieren, um ihre Leistungsträger zu binden. Damit wird „Retention Management“ zu einem „business need“.92 Neben der Entscheidung zu einem Retention Management gilt es, die nächsten Schritte in die Praxis umzusetzen. Demnach werden je nach Unternehmensentwicklung, Strategien und anderen Faktoren, die zu bindenden Mitarbeiter definiert und identifiziert. Die Ausrichtung der Unternehmenslaufbahn bestimmt, welche Kompetenzen für die Zukunft des Unternehmens von Nöten sind. Hierzu müssen die richtigen Hebel in Bewegung gesetzt werden, wobei es vorab einer sorgfältigen Analyse bedarf, um entsprechende Handlungsempfehlungen abzuleiten.93

Wie in Abbildung 6 zu sehen ist, besteht der erste Schritt darin, anhand von internen Daten eine Bestandsaufnahme zu erstellen. Im Rahmen der Marktund Umfeldanalyse wird der externe Status quo ermittelt. Hierbei wird ein Benchmark erstellt, welches eine Bedarfsanalyse verfeinert und die Definition wirksamer Hebel schärfer konkretisiert, was in Schritt drei passiert. An Position vier werden Maßnahmenpläne ermittelt und anschließend umgesetzt, bevor im letzten Schritt ein Monitoring mit entsprechender Evaluierung den Prozess abrundet.94

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Retention Management Prozess

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Lipkau 2013 S. 173.

2.3 Mitarbeiterbindung von Auszubildenden und Einflussmöglichkeiten der Unternehmen

Die langfristige Bindung eines Mitarbeiters an sein Unternehmen bietet nicht nur dem Arbeitnehmer, sondern auch dem Arbeitgeber eine Menge Vorteile. Für den Arbeitnehmer bedeutet eine lange Zugehörigkeit, z.B. Sicherheit und eine gewisse Standhaftigkeit, welche sich auch privat positiv bemerkbar macht. Des Weiteren baut sich ein Vertrauensverhältnis auf, welches sich positiv auf das Engagement des Mitarbeiters und seinen Karriereweg ausüben kann. Der Arbeitgeber hingegen, erhält durch die langfristige Bindung ein hohes Maß an Know how, welche sich positiv auf Prozesse, oder andere innerbetriebliche Faktoren ausübt. Durch ein wertvolles Basiswissen lassen sich, z.B. nicht nur bessere Prozesse erstellen, sondern es etablieren sich unter Umständen auch neue Qualitäten, welche in einer Führungsposition gefragt sind.95

2.3.1 Mitarbeiterbindung:

Im Jahre 2010 führte das Beratungsunternehmen Gallup eine Umfrage durch. Das Resümee zur Untersuchung der Arbeitnehmer und ihrer emotionalen Bindung zum Unternehmen lautet: “Jeder Fünfte hat innerlich gekündigt“. Während die Bindungsbereitschaft der Mitarbeiter sinkt, steigt im Gegenzug der Bedarf an Fachkräften, aufgrund des demographischen Wandels. Für die Unternehmen ist es essentiell, seine Mitarbeiter zu halten, da wir in der heutigen Generation Y einen akuten Mangel an Fachkräften haben.96 Dem zu Folge ist es von unternehmerischer Wichtigkeit, seine Mitarbeiter und vor allem seine Talente zu halten. Die Beratungsfirma Mc Kinsey prägte den Begriff „War for Talents“, welcher die Aktualität des Themas „Mitarbeiterbindung“ präzise hervorhebt. Die Arbeitsund Organisationspsychologie verzeichnet zwei bedeutende Konzepte, welche als Zielgrößen der Mitarbeiterbindung gesehen werden. Zunächst ist das Commitment zu nennen, welches als Voraussetzung für eine langfristige Bindung gilt.97

Commitment bedeutet Identifikation, Loyalität und Verbindung, welcher in der psychologischen Fachliteratur, als Verbundenheit zwischen dem Arbeitnehmer und Arbeitgeber verstanden wird.98 Das symbolische Band zwischen beiden Parteien resultiert aus einer verankerten, bzw. manifestierten und positiven Grundeinstellung des Arbeitnehmers zum Arbeitgeber. Demnach gilt ein verstärktes Commitment als Erfolgsfaktor, da der Mitarbeiter, welcher eine hohe Affinität zum Unternehmen aufweist, eine hohe Leistungsbereitschaft mitbringt und eine verminderte Fluktuationsneigung aufweist.99

In der Organisationspsychologie werden drei Arten von Commitment und motivationalen Grundlagen unterschieden, welche zur selben Zeit und unterschiedlich stark auftreten.100

In Tabelle 2 werden die Formen nach Allen und Meyer aufgezeigt.

Das AOC basiert auf positiven Gefühlen, wie z.B. Zugehörigkeit, Frohsinn und Stolz. Diese Emotionen assoziieren den Mitarbeiter mit seinem Unternehmen und sind das Produkt gemeinsamer Wertund Zielvorstellungen. Hierdurch findet eine Identifikation des Mitarbeiters mit seinem Unternehmen statt, was eine Verbundenheit sicherstellt. Der Arbeitnehmer fühlt sich in seiner „familiären Umgebung“ sicher und möchte Bestandteil dieser sein.101

Das NOC geht mit einer Normvorstellung und einer ethisch-moralischen Denkweise seitens des Mitarbeiters einher. In diesem Kontext erfährt der Mitarbeiter eine Art Verpflichtungsgefühl, welches sein Verhalten bestimmt. Diese innere Selbstverpflichtung erhält die Bindung zum Unternehmen aufrecht und zeigt sich von einem überdauernden Charakter, wenn es einmal manifestiert ist. Der Beispielsatz:“ Das Krankenhaus hat meine Ausbildung bezahlt, sowie Zeit und Kraft in mich investiert. Ich darf es jetzt nicht einfach verlassen.“, konkretisiert den Grundgedanken des NOC.102

Im Rahmen des KOC, wägt der Mitarbeiter den Kosten-Nutzen ab und entscheidet hiernach, ob er im Unternehmen verbleibt oder nicht. Hierbei schätzt er die Vorund Nachteile ab und zieht eventuelle Möglichkeiten, bzw. andere Jobchancen in Betracht.103

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2: Drei-Komponenten-Modell des Commitments

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Dück 2012 S. 69

Mehrere Studien belegen, dass es einen starken Zusammenhang zwischen der Absicht im Unternehmen zu bleiben und den Commitment-Komponenten gibt. Im Zuge dessen stellte sich heraus, dass das AOC einen starken negativen, während das KOC und das NOC einen mittelstarken negativen Effekt auf die Fluktuationsneigung des Arbeitnehmers haben. 104

Neben dem Konzept des Commitments gibt es noch das Konzept der Arbeitszufriedenheit, welches sich auf die Mitarbeiterbindung auswirkt. Im Gegensatz zum Commitment, welches für Stabilität, Langfristigkeit, sowie einer Verbundenheit zwischen Unternehmen und Mitarbeiter steht, beschreibt die Zufriedenheit die Einstellung der Arbeitnehmer gegenüber ihrer Arbeit, deren Einzelaspekte und letztendlich zu ihrem Arbeitgeber.105 Hier findet eine Bewertung der aktuellen Arbeitssituation statt, sowie der Vergleich dieser mit den eigenen Bedürfnissen und Zielen. Man spricht von Arbeitserlebnissen, welche sich auf ein Mögen oder Nicht-Mögen ausüben. Nach Bruggemann ist die Arbeitszufriedenheit das Ergebnis zwischen dem Vergleich der gegenwärtigen Arbeitssituation mit den eigenen Ansprüchen. Des Weiteren werden in Tabelle 3 folgende Bedingungen definiert, welche zur höheren Arbeitszufriedenheit beitragen.106

[...]


1 Vgl. Bechtel 2011 S. 8.

2 Vgl. Bundesministerium für Gesundheit 2019.

3 Vgl. Ärzteblatt 2018.

4 DKG 2018 S. 4.

5 Vgl. Bundesagentur für Arbeit 2019 S. 11.

6 Bertelsmann Stiftung 2018 S. 14.

7 Bertelsmann Stiftung 2018 S. 21 f.

8 Vgl. Radtke 2019c.

9 Bertelsmann Stiftung 2018 S. 22 f.

10 Vgl. Zöller 2014 S. 30

11 Bundesministerium für Bildung und Forschung 2017 S. 79.

12 Vgl. Zöller 2014 S. 30

13 Vgl. Bundesagentur für Arbeit 2019 S. 11.

14 DKG 2018 S. 4.

15 Vgl. Bundesministerium für Gesundheit 2019.

16 Vgl. Bundesagentur für Arbeit 2019 S. 11.

17 Göthe Universität Frankfurt am Main o.J. S. 2.

18 Vgl. Bechtel 2011 S. 8.

19 Vgl. Bechtel 2011 S. 8.

20 Vgl. Bechtel 2011 S. 8.

21 Vgl. Groll 2018.

22 Vgl. DKG 2018 S. 3.

23 Vgl. Radtke 2019c.

24 Vgl. Bundesagentur für Arbeit 2019 S. 5.

25 Vgl. Bundesagentur für Arbeit 2019 S. 5.

26 Vgl. Bundesagentur für Arbeit 2019 S. 7.

27 Vgl. Bundesagentur für Arbeit 2019 S. 8.

28 Vgl. Bundesagentur für Arbeit 2019 S. 11.

29 Vgl. Bundesagentur für Arbeit 2019 S. 12.

30 Vgl. Bundesagentur für Arbeit 2019 S. 14.

31 Vgl. Ärzteblatt 2018.

32 Vgl. Bundesministerium für Gesundheit 2019.

33 Vgl. Bundesministerium für Gesundheit 2019.

34 Vgl. Bundesministerium für Gesundheit 2019.

35 Vgl. Bundesministerium für Gesundheit 2019.

36 Vgl. Bundesministerium für Gesundheit 2019.

37 Vgl. Bundesministerium für Gesundheit 2018a.

38 DKG 2018 S. 3.

39 DKG 2018 S. 4.

40 DKG 2018 S. 4.

41 Vgl. Göpel 2018.

42 Vgl. Göpel 2018.

43 Vgl. Fricke 2018.

44 Fricke 2018.

45 Vgl. Springer Medizin 2018 S. 37.

46 Vgl. Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie Rheinland Pfalz 2018.

47 Vgl. Bundesregierung 2017.

48 Vgl. Bundesministerium für Gesundheit 2018b.

49 Vgl. Bundesministerium für Gesundheit 2018b.

50 Vgl. Bundesministerium für Gesundheit 2018b.

51 Vgl. Bundesministerium für Gesundheit 2017.

52 Vgl. Bundesministerium für Gesundheit 2017.

53 Vgl. Radtke 2019a.

54 Vgl. Radtke 2019b.

55 Vgl. Zöller 2018 S. 98.

56 Vgl. Radke 2018.

57 Vgl. Arbeitskreis Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung der Länder 2018.

58 Vgl. Bürgerschaft der freien Hansestadt Hamburg 2017 S. 1.

59 Bundesministerium für Bildung und Forschung 2017 S. 79.

60 Vgl. Zöller 2014 S. 30.

61 Vgl. Bundesagentur für Arbeit 2019 S. 11.

62 Vgl. Bundesministerium für Gesundheit 2017.

63 Vgl. Hensel 2018 S. 137.

64 DIQ Zert GmbH o.J.

65 Vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung 2009 S. 21.

66 Vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung 2009 S. 21.

67 Vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung 2009 S. 21.

68 Vgl. Ebbinghaus u.a 2010 S. 5.

69 Vgl. Ebbinghaus u.a 2010 S. 5.

70 Vgl. Ebbinghaus u.a 2010 S. 5 f.

71 Vgl. Quante-Brandt, Theda 2008 S. 23 – 25.

72 Vgl. Quante-Brandt, Theda 2008 S. 99.

73 Vgl. Sass 2019 S. 1.

74 Vgl. Franken 2010 S. 80.

75 Vgl. Franken 2010 S. 80.

76 Vgl. Zilch 2010 S. 119.

77 Vgl. Zilch 2010 S. 119 f.

78 Vgl. Zilch 2010 S. 119 f.

79 Vgl. Zilch 2010 S. 120 ff.

80 Franken 2019 S. 94.

81 Vgl. Franken 2019 S. 94.

82 Vgl. Franken 2019 S. 98.

83 Vgl. Franken 2019 S. 98 f.

84 Vgl. Franken 2019 S. 99.

85 Vgl. Franken 2019 S. 99.

86 Vgl. Franken 2019 S. 99.

87 Vgl. Franken 2019 S. 102.

88 Vgl. Franken 2019 S. 102.

89 Vgl. Franken 2019 S. 103.

90 Vgl. Lipkau 2018 S. 165 f.

91 Vgl. Lipkau 2018 S. 165 f.

92 Vgl. Lipkau 2018 S. 165 f.

93 Vgl. Lipkau 2018 S. 172.

94 Vgl. Lipkau 2018 S. 172.

95 Vgl. Sass 2019 S. 11.

96 Vgl. Dück 2012 S. 65.

97 Vgl. Becker 2010 S. 237 ff.

98 Vgl. Dück 2012 S. 68.

99 Vgl. Dück 2012 S. 69.

100 Vgl. Dück 2012 S. 69.

101 Vgl. Dück 2012 S. 70.

102 Vgl. Dück 2012 S. 70.

103 Vgl. Dück 2012 S. 70.

104 Vgl. Dück 2012 S. 71.

105 Vgl. Sende Vitera 2013 S. 283 f.

106 Vgl. Sende Vitera 2013 S. 283 f.

Ende der Leseprobe aus 101 Seiten

Details

Titel
Betriebliche Anreizsysteme versus Ausbildungsqualität. Die Bindung von Schülern der Gesundheits- und Krankenpflege nach dem Examen anhand des Sana Klinikum Remscheid
Hochschule
Rheinische Fachhochschule Köln
Note
1,2
Autor
Jahr
2019
Seiten
101
Katalognummer
V512470
ISBN (eBook)
9783346111609
ISBN (Buch)
9783346111616
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Auf der Basis einer Mitarbeiterbefragung 2019
Schlagworte
Betriebliche Anreizsysteme, Krankenpflege, Pflegenotstand, Mitarbeiterbindung, Pflegenachwuchs, Pflegereform, Demographischer Wandel, Ausbildungsqualität, Personaluntergrenzen, PpSG, Jens Spahn
Arbeit zitieren
Kevin Richter (Autor:in), 2019, Betriebliche Anreizsysteme versus Ausbildungsqualität. Die Bindung von Schülern der Gesundheits- und Krankenpflege nach dem Examen anhand des Sana Klinikum Remscheid, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/512470

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