Wilhelm Dilthey: Grundlinien eines Systems der Pädagogik

Die Unhaltbarkeit der herrschenden Systeme der Pädagogik, welche die allgemeingültigen Prinzipien für die Erziehung aller Völker und Zeiten aufsuchen


Hausarbeit (Hauptseminar), 2004

14 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Grundlinien eines Systems der Pädagogik

I. Einleitung

II. Grundlinien eines Systems der Pädagogik
II.1 Ausgangssituation
II.2 Phasen der Pädagogikentwicklung
II.2.1 Die Antike
II.2.2 Das Mittelalter
II.2.3 „Das Zeitalter der Befreiung“
II.2.4 Weltliche Monarchien und Naturwissenschaften
II.2.5 Von wissenschaftlicher Didaktik zu wissenschaftlicher Pädagogik
II.3 Diltheys Fazit

III. Schlussdiskussion

IV. Literaturangaben

I. Einleitung

Die Geisteswissenschaften hatten im Zeitalter der technischen Revolution und der Beherrschung der Natur gegenüber den Naturwissenschaften an Ansehen verloren. Sie konnten mit den Ergebnissen der Naturwissenschaften nicht mithalten. Wilhelm Dilthey[1]versuchte die Rolle der Geisteswissenschaften zu stärken indem er sie als eigene Wissenschaft mit eigener Erkenntnismethode zu begründen versuchte[2].

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit einem Textauszug aus Wilhelm Diltheys Arbeit „Die Unhaltbarkeit der herrschenden Systeme der Pädagogik, welche die allgemeingültigen Prinzipien für die Erziehung aller Völker und Zeiten aufsuchen“. Es handelt sich um den ersten Abschnitt, der sich mit der Geschichte und den Grundlinien eines Systems der Pädagogik beschäftigt.

Untersucht werden sollen in dieser Arbeit die historische Entwicklung der Pädagogik aus Diltheys Sicht, sowie die Konsequenzen die sich aus der aufgestellten Systematik ergeben.

II. Grundlinien eines Systems der Pädagogik

Erster Abschnitt

Die Unhaltbarkeit der herrschenden Systeme der Pädagogik, welche die allgemeingültigen Prinzipien für die Erziehung aller Völker und Zeiten aufsuchen

II.1 Ausgangssituation

Dilthey stellt am Anfang diese Textauszuges fest, dass alle pädagogischen Systeme seiner Zeit „von leitenden Prinzipien aus das Ziel der Erziehung, die Werte der Unterrichtsgegenstände für dieselbe, die Bedeutung ihrer Zusammensetzungen in den einzelnen Schulen allgemeingültig (…) zu entscheiden [suchen]“[3]. Dies bedeutet, dass für alle Bildungseinrichtungen in allen Ländern, für alle Völker die Gleichen Prinzipien für Bildung und Erziehung gelten sollen. Dilthey macht darauf aufmerksam, dass hierbei die Verschiedenheiten der Nationen, ihre unterschiedlichen Bedürfnisse und die Möglichkeiten sowie Ansprüche der Staaten völlig außer Acht gelassen werden. Er bezeichnet dies als „radikale Neigung“[4], welche durch die genannten Ansprüche gefördert wird und einen Zwang bedeutet, der den bestehenden Schulformen „aufgedrückt“ werden würde. Für Dilthey ist dies alles ein „Irrtum in der Pädagogischen Theorie“[5]und eine Gefahr. Er parallelisiert dies mit den Geschehnissen im politischen Bereich im 18. Jahrhundert. Es ist zu vermuten, dass Dilthey zum Beispiel auf die Französische Revolution anspielt, denn er ist der Meinung, dass Theorien „mit falschem Anspruch auf Allgemeingültigkeit (…) revolutionär und zersetzend auf die geschichtlichen Ordnungen der Gesellschaft [wirken]“[6]. Auch dort wurden sozusagen die historische Ordnung von der Revolution und ihren Theorien „zersetzt“. Für Dilthey bedeutet dieser Zusammenhang für die Kritik an der vorherrschenden Pädagogik „eine erhebliche praktische Bedeutung“[7].

Diesen Punkt behandelt Dilthey an dieser Stelle jedoch nicht eingehender.

II.2 Phasen der Pädagogikentwicklung

II.2.1 Die Antike

Die im ersten Punkt beschriebene Pädagogik entstand im 17. und 18. Jahrhundert. In der Antike kannte man, laut Dilthey, keine gesonderte Pädagogik mit allgemeingültigem Anspruch. Das Ziel der Erziehung in der Antike, sowohl bei den Griechen als auch den Römern, bestand einzig und allein darin den „wirksamen politischen Mann[…], de[n] bonus orator“[8]heranzuziehen. Natürlich war dies den jeweiligen Bedürfnissen der antiken Mächte angepasst. Es gab Versuche, zum Beispiel von Platon oder Aristoteles, das Unterrichtssystem, bzw. die Ziele der Erziehung zu reformieren. Diese Anstrengungen blieben jedoch Versuche, wie Dilthey es bezeichnet „Prophezeiung[en] auf die Zukunft“[9]. Der Erfolg fiel den Rhetoren zu. Sie waren es, die die „vulgären Interessen“[10]des Volkes vertraten. Das Ideal der Rhetoren, der „orator“[11]gelangte über die Schriften zum Beispiel Ciceros in die moderne Zeit und wurde übernommen.

II.2.2 Das Mittelalter

Im Mittelalter gingen alle Prinzipien und Ideale von der Kirche aus. Sie beherrschte jeden Bereich des Lebens und war getragen vom „theologisch-metaphysischen Systems“[12]Dies beinhaltet natürlich auch die Bereiche Bildung und Erziehung. Allein durch den Einfluss der Kirche gab es in Europa ein einheitliches Schulsystem, welches auch durch seine Macht seines gleichen sucht. Dies hat einen einfachen Grund. Der Geistliche war auch gleichzeitig Lehrer, „die Schule angebaut an Dom, Pfarrkirche oder Klosterkirche, das Erziehungsleben in den stillen Klöstern, die Schätze tieferen Gemüts traulich in sich hegend“[13].

Aus diesem Zusammenhang lässt sich erkennen, welche Macht ein Lehrer in seinen Händen hielt und hinter sich wusste. Dies erklärt auch, warum es für die Kirche keine Schwierigkeit darstellte in jeden Bereich des Lebens einzugreifen. Der Geistlichkeit war schließlich auch die Macht über alles Wissen anvertraut, eine nicht zu unterschätzende Macht. Auch in der Politik war die Kirche allgegenwärtig.

Es ist nun offensichtlich, dass die Kirche durch ihre Allgegenwärtigkeit, vor allem in der Erziehung und Schule, einen großen Einfluss auf die Masse des Volkes in ganz Europa hatte. Sie hatte Zugang zu allem Wissen und entschied was davon wem zugänglich war. Nun muss man sich fragen, warum dies nicht so blieb. Schon ab dem 15. Jahrhundert ließ die Macht der Kleriker nach, aber man kann davon ausgehen, dass dies nicht freiwillig geschah.

Dieser Punkt wird im nächsten Kapitel dieser Arbeit behandelt.

II.2.3 „Das Zeitalter der Befreiung“

Die absolute Macht der Kirche währte nicht ewig. Die Menschen befreiten sich von den ihnen auferlegten Prinzipien – denen der Kleriker und auch der Antike. Die Einheit dieser beiden, die bis dato bestand, löste sich auf, was für Dilthey unvermeidlich zu sein schien.[14]

„Die beiden großen siegreichen Bewegungen in [dieser Zeit] sind Renaissance und Reformation“[15]. Das theologisch-metaphysische System des Mittelalters fand hier nun keinen Platz mehr und wurde durch Neues, vor allem in der elementaren Bildung, ersetzt. Jedoch kann man nicht davon ausgehen, dass alles komplett ersetzt wurde. „[D]ie Allgemeingültigkeit des Altertums ward von den Humanisten, die des Christentums von den Reformatoren wie von ihren theologischen Gegnern festgehalten“[16]. Auf diese Weise entstand ein völlig neues Ideal der Bildung, in dem Altes mit Neuem verschmolz. Die „gelehrten Schulen des 16. und 17. Jahrhunderts, neben den Universitäten die Grundkörper des neueren Unterrichtssystems“[17]verkörperten dieses Ideal.

[...]


[1]Û1833…1911

[2]Vgl. www.fu-berlin.de/philerz/Praesentationen/verstehen2004.pdf.

[3]Dilthey, Wilhelm: Die Unhaltbarkeit der herrschenden Systeme der Pädagogik, welche die allgemeingültigen Prinzipien für die Erziehung aller Völker und Zeiten aufsuchen. In: Pädagogik und Ethik. Beutler, Kurt / Horster, Detlef (Hrsg.). Stuttgart 1996. S.98.

(im Folgenden: Pädagogik und Ethik)

[4]Pädagogik und Ethik. S.98.

[5]Ebd. S.98.

[6]Ebd. S.98/99.

[7]Ebd. S.99.

[8]Pädagogik und Ethik S.99.

[9]Ebd. S.99.

[10]Ebd. S.99.

[11]Ebd. S.99.

[12]Pädagogik und Ethik S.100.

[13]Ebd. S. 100.

[14]Pädagogik und Ethik S.100.

[15]Ebd. S.100.

[16]Ebd. S.100.

[17]Ebd. S.100.

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Wilhelm Dilthey: Grundlinien eines Systems der Pädagogik
Untertitel
Die Unhaltbarkeit der herrschenden Systeme der Pädagogik, welche die allgemeingültigen Prinzipien für die Erziehung aller Völker und Zeiten aufsuchen
Hochschule
Universität Stuttgart
Veranstaltung
Hauptseminar: Ethik und Sozialwissenschaften II
Note
1,0
Autor
Jahr
2004
Seiten
14
Katalognummer
V51241
ISBN (eBook)
9783638472623
ISBN (Buch)
9783638751520
Dateigröße
526 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Wilhelm, Dilthey, Grundlinien, Systems, Pädagogik, Hauptseminar, Ethik, Sozialwissenschaften
Arbeit zitieren
Marie-Christin Pollak (Autor:in), 2004, Wilhelm Dilthey: Grundlinien eines Systems der Pädagogik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/51241

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