Der Antikebezug des "Arte nuevo de hacer comedias en este tiempo" von Lope de Vega


Seminararbeit, 2002

23 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Lope de Vega

2. Der „Arte nuevo de hacer comedias en este tiempo“
2.1. Was ist der „Arte nuevo“
2.2. Der Antikebezug des „Arte nuevo“
2.3. Die Kernpunkte des „Arte nuevo“ veranschaulicht am Beispiel des „Peribáñez y el Comendador de Ocaña“
2.3.1. Die Einheit der Handlung
2.3.2. Die Einheit der Zeit
2.3.3. Die Mischung von Tragischem und Komischem
2.3.4. Die Mischung der Stände
2.3.5. Die Akteinteilung
2.3.6. Die Polymetrie

3. Auswertung und Bewertung des untersuchten „Arte nuevo“ hinsichtlich seines Antikebezuges

4. Die Gliederung des „Arte nuevo“ nach Juan Manuel Rozas

5. Die inhaltliche Zusammenfassung zu „Peribáñez y el Comendador de Ocaña“

Quellenverzeichnis

Anhang

Einleitung:

Es mag unbestritten sein, dass Lope de Vega der wohl erfolgreichste spanische Theaterdichter seiner Zeit war. Durch „kleine Abänderungen“ der klassischen Form des Dramas ist es ihm gelungen, das spanische Publikum für das Theater zu begeistern und das Drama zur dominanten Gattung im Siglo de Oro zu etablieren. In seiner Poetik, dem „Arte nuevo de hacer comedias en este tiempo“ (1609) - auch als einer „der am häufigsten missverstandenen Texte der spanischen Literatur“[1] bezeichnet - nimmt Lope Stellung zu seiner „comedia nueva“.

In meiner Hausarbeit werde ich mich diesen „kleinen Abwandlungen“ Lope de Vegas in seinem „ Arte nuevo“ widmen und diesen hinsichtlich seines Antikebezuges untersuchen.

Als antike Gattungslehre soll dafür die „Poetik“ des Aristoteles (ca. 335 v. Chr.) herangezogen werden.

Für diese Betrachtung habe ich folgende Vorgehensweise gewählt:

Zunächst einmal werde ich auf Allgemeines zu sprechen kommen, d.h. ich werde auf Lope de Vega selbst eingehen. Danach soll die Theorie vorgestellt werden, d.h. ich widme mich dem „Arte nuevo“ hinsichtlich seines Antikebezuges. Schließlich soll die Praxis betrachtet werden, d.h. ich werde die Kernpunkte des „Arte nuevo“ noch einmal herausfiltern und am Drama des „Peribañez y el Comendador de Ocaña“ von Lope de Vega veranschaulichen.

1. Lope de Vega

Lope Félix de Vega Carpio (1562-1635) stellt ohne Zweifel die prägende Gestalt der Theaterentwicklung im Spanien des Goldenen Zeitalters dar. Schon zu Lebzeiten nimmt der Name „Lope de Vega“ förmlich sprichwörtlichen Charakter an. Die volkstümliche Redensart „es de Lope“ - was soviel bedeutet wie „das ist super“, „das sollte man sich nicht entgehen lassen“ - ebenso wie der argwöhnisch- bewundernde Kommentar eines Cervantes vom „monstruo de la naturaleza“ zeugen von Lopes Wirkung. Es findet sich sogar eine Überlieferung einer Variation des katholischen Glaubensbekenntnisses: „Creo en Lope Todopoderoso, Poeta del Cielo y de la tierra …“.[2] Ein Grund für die Popularität Lope de Vegas ist sein gigantisches Werk. Es umfasst etwa 1500 Theaterstücke – diese Zahl nennt Lope selbst in seiner poetischen Lebensbeichte >Ecloga a Claudio< – von denen uns Hunderte überliefert sind. Angesichts dieser Zahl muss Lope mit derartiger Leichtigkeit und Regelmäßigkeit gedichtet haben, dass die Annahme entstehen konnte, seine Stücke stellten reine „Routine- Erzeugnisse eines bestimmten Geschmacks und einer bestimmten Epoche“[3] dar. So verwundert der Ausspruch Grillparzers nicht,

„[…] dass es von Lope vielleicht kein einziges vollendetes Drama gibt, vielleicht aber auch keines, in dem nicht eine Szene oder einige Wendungen wenigstens von echter, großer und ewiger Poesie sich finden.“[4]

Trotz dieser Einschränkung gilt Lope de Vega heute als Symbol des „spanischen Nationaltheaters“, der „comedia“ (auf die ich später unter 2.3.3. näher eingehen werde). Es gelingt ihm das Drama zur dominierenden Literaturgattung zu etablieren.

Schon frühzeitig - bei seiner humanistischen Ausbildung bei den Jesuiten sowie an den Universitäten Alcalá de Henares und Salamanca - lernt Lope das antike Theater kennen. Zugleich wird er mit der zeitgenössischen Theaterpraxis Madrids und Valencias vertraut gemacht – z. T. über Affären zu Schauspielerinnen.[5] So entwickelt er in engem Kontakt zu Schauspieltruppen sein Konzept der „comedia nueva“, mit der er sich in seinem „Arte nuevo de hacer comedias en este tiempo“ auseinandersetzt. Dieses in Versen verfasste Werk soll im nächsten, dem 2. Kapitel, näher behandelt werden.

2. Der „Arte nuevo de hacer comedias en este tiempo“

2.1. Was ist der „Arte nuevo“?

Zunächst werde ich den Titel „Arte nuevo de hacer comedias en este tiempo“ definieren.

„Arte“ ist vom lateinischen „ars“ (= „Kunst“) abgeleitet und besitzt zwei Bedeutungen: Einmal kann damit die „Kunst“ im Allgemeinen gemeint sein. Da es sich aber beim „Arte nuevo“ um eine Poetik handelt, trifft hier eher die zweite Bedeutungsmöglichkeit von „Arte“ zu, nämlich die „Kunst“ als „Kunstlehre, wissenschaftliches System, Theorie“.[6]

„Nuevo“ (= „neu“) und „hacer comedias en este tiempo“ (= „Dramenschreiben in dieser Zeit“) können hier in Verbindung mit „arte“ (=“Kunstlehre“) allerdings nicht einfach wie eine mathematischen Gleichung verstanden werden: aus „arte“ + „nuevo“ = „arte nuevo“ im Sinne von >die „neue Kunstlehre“ in der heutigen Zeit Dramen zu verfassen<. Die Kunst des Dramenschreibens war zu Lope de Vegas Zeiten keineswegs neu. „Nuevo“, das Adjektiv zu „arte“, drückt vielmehr eine reformatorische Überarbeitung der klassischen Dramenform aus. Nach Lopes Ansicht sei das klassische Drama vollkommen veraltet. Es könne den neuen veränderten soziokulturellen Umständen gegenüber, d.h. den „neuen“ Erwartungen des Publikums, nicht mehr gerecht werden, welches statt stundenlanger Moralpredigten das Vergnügen („gusto“) vorziehe6.

Der „Arte nuevo de hacer comedias en este tiempo“ (Dirigido a la Academia de Madrid) – so lautet der vollständige Titel – ist eine poetologischen Abhandlung von 389 Verszeilen über die Kunst des Stückeschreibens und wurde 1609 veröffentlicht. Dem Untertitel des „Arte nuevo“ zu Folge („Dirigido a la Academia de Madrid“) handelt es sich um eine Auftragsarbeit der Madrider Akademie, wobei nicht genau geklärt ist, um welche Akademie es sich handelt. Die Mitglieder dieser Akademie waren humanistisch gebildet und schätzten das antike Theater des Aristoteles.

Lope wurde von diesen Mitgliedern aufgefordert, sein dramatisches Schaffen vor ihnen (mündlich) zu rechtfertigen. Für die Ausarbeitung seines Vortrages hatte Lope nur eine Woche Zeit. Er war also gezwungen unter enormem Zeitdruck seine von Erfolg gekrönte unaristotelische Dramenpraxis als Poetik zu formulieren und diese dann vor seinen kritischen, Aristoteles ergebenen Gegnern vorzutragen. Außerdem musste er zu dem Vorwurf Stellung beziehen, er sei in seinen Stücken von der antiken Norm abgewichen und habe ein „barbarisches“ Theater geschaffen. Zudem warf man ihm Unwissen und die Unkenntnis der klassischen Doktrin vor. Diesen Vorwürfen und Behauptungen galt es also von Seiten Lope de Vegas entgegenzutreten und aus der Welt zu schaffen, aber gleichzeitig nicht den ehrwürdigen Verfechtern der Doktrin auf den Schlips zu treten. Der „Arte nuevo“ stellt also eine Art „Balance- Akt“ zwischen der Doktrin und der Praxis dar. Der empfehlende Charakter des „Arte nuevo“ verleitet daher Andreas Eglseder diese Abhandlung als „ein Verlegenheitswerk“ bzw. „eine Kompromisslösung zwischen antiker, aristotelischer, und neuer, am Publikum orientierter Dramaturgie“[7] zu bezeichnen.

In der Forschung gehen die Meinungen zum „Arte nuevo“ hinsichtlich seiner Bedeutung und Ernsthaftigkeit auseinander. Einige Beispiele seien an dieser Stelle genannt: Für Karl Vossler ist der „Arte nuevo“ eine „anmutige und schelmisch- poetische Selbsterkenntnis“[8] Lope de Vegas. Menéndez Pidal hingegen sieht darin etwas Revolutionäres, nämlich die

„[…] Aufkündigung des Respekts vor Aristoteles, d.h. vor der Doktrin, zum Zweck einer authentischen Naturnachahmung, sowie in der Überordnung des „gusto“, des hervorgerufenen Vergnügens, über die strikte Regelbefolgung als Maßstab bei der Beurteilung eines Dramas.“[9]

Übereinstimmung bei den Forschermeinungen herrscht allerdings in der Auffassung, dass Lope de Vega als erster in seiner Poetik das formuliert, was bis dahin niemand so prägnant ausgesprochen hatte: „[...] die verbindliche Verkündung der Tragikomödie als Modell des spanischen Nationaldramas, auch dann, wenn Lope de Vega selbst den Terminus „tragicomedia“ nicht verwendet.“[10]

2.2. Der Antikebezug des „Arte nuevo“

Nach Arturo Farinelli hat Lope de Vega beim Verfassen seines „Arte nuevo“ lediglich zwei Quellen verwendet: den Terenzkommentar von Donat (Aelius Donatus (Spätantike)) und die italienische Renaissancepoetik (Aristoteleskommentar) des Francesco Robortello (1516-1567). Weder die wichtige, neueste Poetik des Ludovico Castelvetro oder die des Julius Caesar Scaliger sind von Lope berücksichtigt worden. Die daraus resultierende Behauptung Farinellis, Lope sei, was das antike Fachwissen im „Arte nuevo“ anbelangt, nicht auf „dem neuesten Stand der Forschung“[11] gewesen, ist meiner Meinung nach durchaus gerechtfertigt.

Ein weitere Quelle, der sich Lope indirekt bedient, ist die „Ars Poetica“ von Horaz. Lope versuchte sich in seiner Abhandlung an den Schreibstil, der „Ars Poetica“, anzunähern. Es handelt sich dabei um den Epistelstil, dem Schema mit reimlosen Elfsilbern. Der ganze „Arte nuevo“ ist in diesem Stil verfasst, bis auf die 10 Verszeilen am Ende. Mit Sicherheit wollte Lope damit seine Versiertheit und klassische Bildung vor dem kritischen Publikum unter Beweis stellen.

Im folgenden werde ich den „Arte nuevo“ durchgehen und im einzelnen nach konkreten Antikebezügen untersuchen. Als Richtschnur bediene ich mich der Gliederung des Juan Manuel Rozas (siehe Anhang).

Einen ersten konkreten Bezug auf die Antike nimmt Lope de Vega im Prolog (Vers 1-146). In der „Captatio benevolentiae“ (Vers1-48), „einer Loyalitätserklärung an die klassische oder klassizistische Poetik durch demonstratives Zitieren“[12], nennt er die Namen von Terenz (185- 159 v. Chr.) und dessen Rivalen Plautus (250-184 v.Chr.), welche beide lateinischen Komödiendichter waren. Lope verwendet diesen Antikebezug, die Namen Terenz und Plautus, symbolisch für die Doktrin. Wenn er – so Lope - ein Stück verfasse, so lege er [die Bücher von] Terenz und Plautus vorsichtshalber „in Ketten mit sechs Schlüsseln“ (41) und verbanne jene aus seinem Arbeitszimmer, damit die Vorschriften ihn nicht „lauthals schelten“ (43):

„[…] y, quando he de escrivir una comedia, / encierro los preceptos con seis llaves, / saco a Terencio y Plauto de mi estudio, / para que no me den vozes […]“ (40ff).

In der darauf folgenden „Demonstration der eigenen Bildung“ (Vers 49-127) gibt Lope de Vega seine Kenntnis der aristotelische Lehre zum Besten.. Es soll an dieser Stelle noch einmal darauf hingewiesen werden, dass dies nur indirekt erfolgt, da Lope lediglich den Kommentar zur aristotelischen „Poetik“ von Francesco Robortello als Quelle benutzte!

Lope referiert zunächst über die aristotelische Komödie. Ihr Hauptanliegen bestünde darin, die Handlungen der Menschen nachzuahmen und die Sitten der Zeit abzubilden.( „[…] imitar las acciones de los hombres / y pintar de aquel siglo las costumbres.“ (52f)). Diese Nachahmung könne der Dichter durch Sprache („plática“), „Verswohlklang“ („verso dulce“), Harmonie („armonía“) bzw. Musik („la música“) erreichen (55f). Es ist interessant zu beobachten, dass Lope in diesem Zusammenhang erst einmal auf die drei Gemeinsamkeiten der Komödie und Tragödie hinweist (Sprache, „Verswohlklang“ und Musik), wenn man den Anlass dieser Rede im Hinterkopf hat: der Spagat zwischen Doktrin und Lopes Mischung von Tragödie und Komödie in seinem eigenen Drama. Dabei übernimmt Lope nicht die originale Reihenfolge von Aristoteles, Rhythmus, Sprache und Melodie, sondern bedient sich der Abfolge von Robortello, der auf Rhythmus zugunsten von „Verswohlklang“ verzichtet.

Einen weiteren Hinweis für diesen „Balance- Akt“, die Lehre in seinem Interesse auszulegen, finden wir im Vers 61. Lope versucht ganz geschickt am Beispiel der Doktrin zu beweisen, dass das Mischen von Tragödie und Komödie gar nicht so schlimm sei. Lope fragt sich sogar ein wenig „ratlos“, was die Mitglieder nur Falsches daran finden können („!Mirad si ay en las nuestras pocas faltas!“ (61)). Denn laut Aristoteles wichen Komödie und Tragödie doch „bloß“ inhaltlich voneinander ab - die Komödie sei auf Taten des niederen Volkes beschränkt während die Tragödie sich auf königlich Erhabenes erstrecke („sólo diferenciándola en que trata las acciones humildes y plebeyas, / y la tragedia las reales y altas“ (60)). In den Versen 111f geht Lope dann noch einmal auf die Tragödie ein, welche die Geschichte zum Inhalt habe („la tragedia tiene la historia“), im Gegensatz zur Komödie, deren Inhalt das Erfundene sei („la comedia el fingimiento“).

Um die Demonstration seiner Fachkenntnis abzurunden, gibt er anschließend kurz die Entwicklungsgeschichte (77- 127) der Tragödie und Komödie zu Besten.

Er beginnt mit der Entwicklungsgeschichte der Komödie. Im Zuge dieser nennt er zum ersten Mal den Namen von Aristoteles (Vers 77). Auch hier können wir wieder einen Hinweis auf Lopes Strategie, seinen Standpunkt als armer regelwidriger Dichter, so gut es geht an Beispielen der Antike zu rechtfertigen. Wie schon zu Anfang nimmt er Bezug auf den lateinischen Komödiendichter Terenz und dessen Rivalen Plautus. Lope stellt Terenz als typischen „Musterdichter“ dar, welcher in der Befolgung der Regeln zur Komödiengestaltung zwar der genaueste sei („Terencio fue más visto en los preceptos […]“ (106)), es ihm so aber nie gelungen sei, die Komödie beim Publikum derart beliebt zu machen, wie sein Konkurrent Plautus, welcher andauernd Regelbruch beging, so aber enormen Erfolg beim Publikum hatte.

Dieses leidliche Ansehen der Komödie und deren Abwertung gegenüber der Tragödie verdanke sie Aristoteles, welcher der Ansicht war, dass nur das Historische (also die Tragödie) die Wirklichkeit nachahmen könne. Die Komödie, die nur Fiktion zum Inhalt habe, sei dagegen nicht in der Lage, die Wirklichkeit nachzuahmen.

Für Lope de Vega kann eine Herabstufung der Komödie auf keinen Fall von Interesse sein und so ist es nicht verwunderlich, dass er sogleich ein Zitat Ciceros, den er vertrauensvoll mit seinem Vornamen „Tullius“ betitelt, bringt, welcher die Komödie in den höchsten Tönen, als einen „Spiegel der Sitten und ein lebend Bild der Wahrheit“ (123f) lobt („espejo de las costumbres y una viva imagen de la verdad“). Damit erreicht für Lope die Komödie die gleiche Legitimität wie die Tragödie. Die Komödie ist der Tragödie sozusagen „an Rang […] dem Geschichtswerk ebenbürtig […]“ (126) („corre parejas con la historia“).

Bevor Lope zu seinem „Doktrinären Teil“ übergeht, nennt er im Vers 142 explizit seine zweiten Quelle neben Donat (siehe Vers 83): Francesco Robortello (1516- 1567), welcher einer der größten Latinisten und Gräzisten seiner Zeit war und die kritische Beschäftigung mit der „Poetik“ des Aristoteles in der Renaissance einleitete.

Der „Doktrinäre Teil“ des „Arte nuevo“ ist in sich noch einmal unterteilt in „Compositio“,

„Elocutio“, „Inventio“ und schließlich „Peroratio“.[13]

In der „Compositio“ (157-245) beschäftigt sich Lope mit den Maßregeln zur Dramenverfertigung. Er geht dabei zunächst auf das Konzept der „tragicomedia“ ein (157-180), welches durch eine Stände-, Formen- und Gattungsmischung charakterisiert ist. Durch die Aufhebung der „Ständeklausel“ wird dem Drama plötzlich jeder Stoff verfügbar. Der Dichter solle sich als erstes ein „Sujet“ wählen, dass ruhig auch von Königen handeln könne. („Elíjase el sujeto y no se mire- / perdonen los preceptos – si es de Reyes; […]“ (157f)).

Diese Gattungsmischung, dass der König neben der „Pöbelschicht“ auftreten könne - begründet Lope wieder mit dem schon erwähnten Komödiendichter Plautus, der in seiner „Alten Komödie“ bereits selbst Götter dargestellt hatte, obwohl dies ein strenger Regelverstoß war. Außerdem zieht Lope die Natur als Beispiel heran, die ihre Schönheit erst durch ihre Vielfalt erlange. („Buen exemplo nos da naturaleza, / que por tal variedad tiene belleza.“ (180)).

In den darauf folgenden Versen widmet sich Lope den „Einheiten“, zunächst der Einheit der Handlung (Verse 181- 187) und dann der Einheit der Zeit (188- 210). Bei der Handlungseinheit bezieht er sich konkret auf die Forderung des Aristoteles, dass das „Sujet“ nur eine Handlung enthalten dürfe und dass diese keinesfalls episodisch sein solle:

„[…] que sólo este sujeto tenga una acción, mirando que la fabula de ninguna manera sea episódica

[…] que della se pueda quitar miembro que del contexto no derribe el todo.“ (181ff; 186f).

Die Forderung von Aristoteles nach der Zeiteinheit – nach ihm sollte ein Stück innerhalb eines Sonnenumlaufes durchgeführt werden (siehe Vers 188f) – könne allerdings Lope zu Folge vernachlässigt werden. Lope geht sogar noch weiter und weist darauf hin, die Ehrfurcht vor Aristoteles bereits bei der Mischung von tragischer und banaler Sprache (bedingt durch die Ständemischung) schlichtweg „gekündigt“ zu haben:

„No ay que advertir que passe en el período / de un sol, aunque es consejo de Aristóteles, / porque ya le perdimos el respeto / quando mezclamos la sentencia trágica / a la humilidad de la baxeza cómica.“ (188- 192). (siehe auch 201ff).

[...]


[1] Montesinos, José: Die Paradoxie des >Arte Nuevo<. (Übersetzung uns dem Spanischen von Hildegard

Heydenreich). In: Müller- Bochat, Eberhardt (Hrsg.): Lope de Vega. Darmstadt: Wissenschaftliche

Buchgesellschaft, 1975, S. 465.

[2] Zitate entnommen aus Müller- Bochat, Eberhard: Lope de Vega. Darmstadt: Wissenschaftliche

Buchgesellschaft, 1975. Weitere Nachweise für diesen Sprachgebrauch bei H. A. Rennert- A. Castro: Vida de

Lope de Vega, Madrid 1919, S. 380f.

[3] Vgl. Müller- Bochat, Eberhard: Lope de Vega. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1975.

[4] Vossler, Karl: Lope de Vega und sein Zeitalter, 2. Auflage. München: Biederstein, 1947, S. 334.

[5] Vgl. Rössler, Michael: Das Theater der Siglos de Oro. In: Strosetzki, Christoph (Hrsg.): Geschichte der

spanischen Literatur. Tübingen: Max Niemeyer Verlag, 1991, S. 182.

[6] Vgl. Eglseder: „Arte nuevo“, S. 15.

[7] Eglseder: „Arte nuevo“, S. 52.

[8] Vossler, Karl: Lope de Vega und sein Zeitalter. München 1932, S. 121ff. In: Eglseder: „Arte nuevo“, S. 36.

[9] Menéndez Pidal, Ramón: Der ‚Arte Nuevo’ und die ‚Nueva Biographía’ bei Lope de Vega in: Eberhard

Müller- Bochat: Lope de Vega. Darmstadt 1975, S. 426ff

[10] Vgl. Toro, Alfonso de: „Von den Ähnlichkeiten und Differenzen“, S. 214.

[11] Arturo Farinelli [Rez.]: „Lope de Vega, ’Arte Nuevo de hacer comedias en este tiempo’. Publié et annoté par

Alfred Morel- Fatio.“ In: Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen.Bd. 109 (1902) S.

458- 474. In: Eglseder: „Arte nuevo“, S. 36.

[12] Ebd., S. 43. Gliederung des „Arte nuevo“ nach Juan Manuel Rozas, siehe Anhang.

[13] Diese Einteilung erfolgt ebenfalls der Gliederung nach J. M. Rozas siehe Anhang.

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Der Antikebezug des "Arte nuevo de hacer comedias en este tiempo" von Lope de Vega
Hochschule
Universität Leipzig  (Hispanistik)
Veranstaltung
Das spanische Drama im Siglo de Oro
Note
1,7
Autor
Jahr
2002
Seiten
23
Katalognummer
V51220
ISBN (eBook)
9783638472487
ISBN (Buch)
9783640196258
Dateigröße
500 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Antikebezug, Arte, Lope, Vega, Drama, Siglo
Arbeit zitieren
Stefanie Müller (Autor:in), 2002, Der Antikebezug des "Arte nuevo de hacer comedias en este tiempo" von Lope de Vega, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/51220

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