Der Prozessablauf der Kundenrückgewinnung


Diplomarbeit, 2005

85 Seiten, Note: 2,0

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1 Zur Relevanz der Kundenrückgewinnung

2 Grundlagen des Kundenrückgewinnungsmanagements
2.1 Zum Begriff der Kundenrückgewinnung und Literaturüberblick
2.2 Kundenrückgewinnung als Element des Kundenmanagements
2.3 Ziele des Kundenrückgewinnungsmanagements

3 Theoretischer Bezugsrahmen der Rückgewinnungsaktivitäten
3.1 Theorie der kognitiven Dissonanz
3.2 Soziale Austauschtheorie
3.3 Equity-Theorie

4 Prozessablauf der Kundenrückgewinnung
4.1 Analysephase
4.1.1 Identifikation der verlorenen und abwanderungsanfälligen Kunden
4.1.2 Analyse der Abwanderungsursachen
4.1.3 Kundensegmentierung nach Kundenwert
4.2 Aktivitätsphase
4.2.1 Zeitpunkt und Art der Kontaktaufnahme
4.2.2 Maßnahmen zur Kundenrückgewinnung
4.2.3 Nachbetreuung der zurückgewonnen Kunden
4.3 Kontrollphase
4.3.1 Erfolg des Rückgewinnungsmanagements
4.3.2 Wirtschaftlichkeit des Rückgewinnungsmanagements
4.4 Ausgestaltung der Rahmenbedingungen
4.4.1 Qualifizierte und motivierte Mitarbeiter
4.4.2 Datenbank
4.4.3 Unterstützende Unternehmenskultur

5 Abschließende Betrachtung und Forschungsausblick

Literaturverzeichnis

Eidesstattliche Erklärung

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Unterschiedliche Interpretationen des Begriffs Rückgewinnungsmanagement

Abbildung 2: Ausgewählte Literatur zum Thema Kundenrückgewinnung

Abbildung 3: Elemente eines systematischen Kundenmanagements

Abbildung 4: Entstehung von Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit

Abbildung 5: Root Cause-Interview am Beispiel einer Bank

Abbildung 6: Unternehmensbedingte Abwanderungsursachen im Dienstleistungssektor

Abbildung 7: Basisinformationen zur Kalkulation eines Regained Customer Lifetime Value (RCLTV)

Abbildung 8: Kundenwiedergewinnungsportfolio

Abbildung 9: Nutzenwirkungen der Kundenrückgewinnung

Abbildung 10: Kostenwirkungen der Kundenrückgewinnung

1 Zur Relevanz der Kundenrückgewinnung

Bedingt durch den wachsenden globalen Wettbewerb in Verbindung mit der zunehmenden Homogenität von Sachgütern und Serviceleistungen zeigt sich unter den Konsumenten eine immer geringer werdende Loyalität gegenüber den Anbietern.[1] Verstärkt wird diese Entwicklung zudem durch ein gestiegenes Anspruchsniveau der Nachfrager, ihrem Bedürfnis nach Abwechslung sowie durch die zunehmende Informiertheit und höhere Mobilität der Kunden.[2] Jährliche Abwanderungsquoten von bis zu 30% sind die Folge.[3] Selbst ein hoher Grad an Kundenzufriedenheit vermag die Abwanderung von Kunden nicht zu verhindern.[4] Der wirtschaftliche Schaden der Abwanderung besteht für das Unternehmen vor allem in den entgangenen Deckungsbeiträgen des Kunden über die potenzielle Gesamtdauer der Geschäftsbeziehung.[5] Die Verluste einer Kundenabwanderung versuchen Unternehmen bisher durch Strategien der Neukundenakquisition zu kompensieren. Angesichts der hohen Kosten der Neukundengewinnung[6] steigt jedoch die unternehmerische Notwendigkeit, die bestehenden attraktiven Kunden zu halten, einem frühzeitigen Abbruch der Geschäftsbeziehung entgegenzuwirken und zusätzlich das Segment der ehemaligen Kunden zielorientiert und systematisch zu bearbeiten.[7] Die Attraktivität der Zielgruppe verlorener Kunden resultiert daraus, dass viele ehemalige Kunden für lange Zeit auch treue und zufriedene Kunden des Unternehmens waren und so durchaus nicht nur über einen negativen Erfahrungsschatz verfügen.[8] Zudem weisen Kunden nach einer erfolgreichen Wiedergewinnung oftmals eine höhere Bindungsdauer und Loyalität auf als bisherige Stammkunden.[9] Vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Verluste einer Kundenabwanderung sowie der Attraktivität der Zielgruppe verlorener Kunden ist es sinnvoll, eine systematische Kundenrückgewinnung in das Konzept des Kundenmanagements zu integrieren.

Es ist daher das Ziel der vorliegenden Arbeit, aufgrund der bisher eher geringen Erkenntnissituation, einen generellen Überblick zur Thematik der Kundenrückgewinnung zu geben. Es soll gezeigt werden, wie in einem mehrstufigen Prozess und unter Anwendung geeigneter Instrumente ein erfolgreiches Kundenrückgewinnungsmanagement durchgeführt werden kann.

Dazu werden in Kapitel 2 zunächst die wesentlichen Grundlagen des Kundenrückgewinnungsmanagements (KRM) erarbeitet. Es erfolgt eine definitorische Begriffsbestimmung der Kundenrückgewinnung, im Anschluss wird eine Auswahl der bisher zur Thematik der Kundenrückgewinnung erschienenen Literatur vorgestellt. In Abschnitt 2.2 erfolgt eine Einordnung der Kundenrückgewinnung in das Kundenmanagementkonzept. Die Erörterung der Ziele des Kundenrückgewinnungsmanagements findet in Abschnitt 2.3 statt.

Kapitel 3 befasst sich mit dem theoretischen Bezugsrahmen der Rückgewinnungsaktivitäten. Die in Abschnitt 3.1 vorgestellte Theorie der kognitiven Dissonanz betont den Einfluss kognitiver Elemente auf den Wiedergewinnungsprozess. Die Soziale Austauschtheorie (vgl. Abschnitt 3.2) beschreibt die Beziehung zwischen Kunde und Unternehmen aus einer Kosten-Nutzen-Perspektive. Die notwendige Berücksichtigung von Fairness- und Gerechtigkeitsvorstellungen im Rahmen einer Kundenrückgewinnung wird anhand der Equity-Theorie (vgl. Abschnitt 3.3) dargestellt.

Kapitel 4 beschreibt den Prozessablauf der Kundenrückgewinnung. Dabei werden zunächst die einzelnen Phasen des Kundenrückgewinnungsprozesses detailliert beschrieben. Die in Abschnitt 4.1 dargestellte Analysephase umfasst die Identifikation der verlorenen und abwanderungsanfälligen Kunden, die Analyse der Abwanderungsursachen sowie die Segmentierung der Kunden nach ihrer Wertigkeit. Die Aktivitätsphase (vgl. Abschnitt 4.2) geht auf den Zeitpunkt und die Art der Kontaktaufnahme ein, erläutert geeignete Maßnahmen zur Kundenrückgewinnung und stellt die Nachbetreuung der zurückgewonnenen Kunden dar. Nachdem die Prozessschritte der Analyse- und Aktivitätsphase durchlaufen sind, wird in der Kontrollphase (vgl. Abschnitt 4.3) auf den Erfolg und die Wirtschaftlichkeit des KRM eingegangen. Zum Abschluss des Kapitels werden die zu initiierenden Rahmenbedingungen (vgl. Abschnitt 4.4) erläutert. Von Bedeutung sind hierbei qualifizierte und motivierte Mitarbeiter, eine Datenbank als Informationsgrundlage sowie eine unterstützende Unternehmenskultur.

Das Kapitel 5 fasst die wesentlichen Erkenntnisse der Arbeit zusammen und gibt einen Ausblick über den zukünftigen Forschungsbedarf im Themengebiet der Kundenrückgewinnung.

2 Grundlagen des Kundenrückgewinnungsmanagements

2.1 Zum Begriff der Kundenrückgewinnung und Literaturüberblick

Der Ansatz des Rückgewinnungsmanagements lässt sich bis in die frühen 90er Jahre zurückverfolgen.[10] In der US-amerikanischen Literatur wurde damit zunächst das Bestreben von Unternehmen bezeichnet, im Rahmen der Leistungserstellung auftretende Probleme möglichst schnell und umfassend zu beheben, bzw. durch Wiedergutmachungsleistungen zu kompensieren, um so die entstandene Unzufriedenheit der Kunden abzubauen und deren Bindung an das Unternehmen wieder herzustellen.[11]While companies may not be able to prevent all problems, they can learn to recover from them. A good recovery can turn angry, frustrated customers into loyal ones.”[12] In der aktuellen Forschung zur Kundenrückgewinnung erweist sich die begriffliche Abgrenzung jedoch als diffizil.[13] Derzeit sind zwei unterschiedliche Begriffsinterpretationen zu unterscheiden, die wiederum uneinheitlich mit verschiedenen Begriffen belegt werden (vgl. Abb. 1).[14]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Unterschiedliche Interpretationen des Begriffs Rückgewinnungsmanagement

Quelle: Michalski (2002), S. 9.

Bei Begriffsinterpretation I werden ausschließlich solche Kunden als Zielgruppe angesehen, welche die Beziehung zu einem Unternehmen bereits explizit beendet haben.[15] Die Aufgaben des Kundenmanagements werden durch das Merkmal Kundenstatus (potenzielle, aktuelle sowie ehemalige Kunden) eindeutig voneinander abgegrenzt.[16] Homburg/Schäfer (1999, S. 2) definieren den Begriff Customer Recovery und beschreiben damit gezielte Aktivitäten zur Rückgewinnung ehemaliger Kunden. Der Vorteil dieser Abgrenzung nach Kundenstatus liegt in der Eindeutigkeit sowie der theoretisch richtigen Abgrenzung zu den Aufgaben des Kundenbindungsmanagements.[17] Das Problem bei dieser Begriffsabgrenzung liegt jedoch darin, dass nicht eindeutig feststeht, wann ein Kunde als verloren bzw. abgewandert anzusehen ist.[18] Der eigentlichen Kündigung geht in der Regel ein längerer Entscheidungsprozess im Sinne einer innerlichen Kündigung voraus, welche sich in einer sinkenden Transaktionshäufigkeit oder –rhythmik sowie Profitabilität äußert.[19] Damit kann sich die Situation ergeben, dass eine innere Kündigung bereits vor dem Zeitpunkt liegen kann, zu dem sich die Abwanderung gegenüber dem Unternehmen manifestiert.[20] Bei dieser strikten Abgrenzung wird die Kundengruppe, welche bereits eine innerliche Kündigung vollzogen hat, nicht berücksichtigt. Hier setzt Begriffsinterpretation II an und integriert diese Kundengruppe in das Aufgabengebiet des Rückgewinnungsmanagements.[21] Gemäß der Definition von Büttgen (2001, S. 397) umfasst Customer Recovery hierbei alle Planungs-, Umsetzungs- und Controllingaktivitäten eines Unternehmens zum Zweck der Rückgewinnung verlorener Kunden, sowie solche Maßnahmen, die präventiv zur Vermeidung eines drohenden Kundenverlustes eingesetzt werden. Auch Stauss (1997, S. 2) vertritt Begriffsinterpretation II und definiert Rückgewinnungsmanagement als die Planung, Durchführung und Kontrolle aller Maßnahmen, die das Unternehmen mit dem Zweck ergreift, Kunden, die eine Geschäftsbeziehung kündigen, zu halten bzw. Kunden, die die Geschäftsbeziehung bereits abgebrochen haben, zurückzugewinnen. Die Berücksichtigung der Tatsache, dass der Entscheidungsprozess der Kundenabwanderung häufig bereits im Vorfeld einer Kündigung abgeschlossen ist, führt zu einer hohen praxisbezogenen Zwecktauglichkeit dieser Begriffsinterpretation.[22] Der Begriff des Rückgewinnungsmanagements bezieht sich wiederum auf die Art und Weise, wie das Ziel der Kundenrückgewinnung erreicht werden soll.[23] Im Gegensatz zur managementorientierten Sichtweise, welche typischerweise die Teilaufgaben Analyse, Planung, Umsetzung und Controlling umfasst, ist es in nicht-vertraglichen Kundenbeziehungen besonders wichtig, auch die frühzeitige Identifikation verlorener Kunden als einen wichtigen Teilbereich der Kundenrückgewinnung zu verstehen.[24] Durch die Einbindung der Identifikationsphase verlorener Kunden wird die prozessorientierte Konzeption des KRM diesem Anliegen gerecht.[25] Aufbauend auf dieser prozessorientierten Sichtweise definiert Michalski (2002, S. 12) Rückgewinnungsmanagement wie folgt: Das Rückgewinnungsmanagement umfasst die Konzeption sowie die Implementierung eines Unternehmensprozesses, der darauf abzielt, eine kundenseitig beendete und aus Unternehmenssicht profitable Kundenbeziehung zu reaktivieren.

Im Folgenden soll, in Anlehnung an die genannten Definitionen, unter Kundenrückgewinnung ein vom Unternehmen zu initiierender, mehrstufiger Prozess verstanden werden, der darauf abzielt, anhand von Profitabilitätskriterien abgewanderte und abwanderungsgefährdete Kunden zu einer Wiederaufnahme der Geschäftsbeziehung zu bewegen. Der Prozess des Rückgewinnungsmanagements ist dabei in drei aufeinander aufbauende Phasen unterteilt, wobei jede Phase einen elementaren Beitrag zur erfolgreichen Wiedergewinnung leistet. Die Definition umfasst auch die Gruppe der gefährdeten, aber noch nicht abgewanderten Kunden, da diese aufgrund ihres großen wirtschaftlichen Potentials den zukünftigen Unternehmenserfolg mitbestimmen.

In der wissenschaftlichen Literatur hat eine systematische Auseinandersetzung mit der Thematik Rückgewinnungsmanagement bisher kaum stattgefunden.[26] Dennoch wurden einige empirische Erhebungen durchgeführt und konzeptionelle Ansätze zur Rückgewinnung verlorener Kunden entwickelt. Im Folgenden wird ein Überblick über die für die Erstellung dieser Arbeit relevante Literatur gegeben. Dabei handelt es sich jedoch nur um einen Teil der bearbeiteten Quellen, eine Auflistung aller würde den Rahmen der Arbeit sprengen. Die hier ausgewählte Literatur liefert nach Ansicht des Autors die wertvollsten Beiträge zur Durchführung eines erfolgreichen Kundenrückgewinnungsmanagements.

Reichheld/Sasser (1990) untersuchen die Profitabilitätseffekte der Kundenbindung bzw. –abwanderung. Ihre Untersuchung zeigt, dass eine 5%ige Steigerung der Kundenbindung eine Erhöhung des Unternehmensgewinns um bis zu 75% bewirken kann.[27]

Die von Hart/Heskett/Sasser (1990) durchgeführte Untersuchung identifiziert folgende Elemente einer Service Recovery:[28] Kostenanalyse, Aktive Kommunikation, Identifikation der Kundenbedürfnisse, schnelle Reaktion, geschulte und mit Verantwortung ausgestattete Mitarbeiter des Unternehmens.

Keaveney (1995) identifiziert in einer branchenübergreifenden Untersuchung acht verschiedene Kategorien von Abwanderungsgründen. Sie kommt dabei zu dem Ergebnis, dass die Mehrzahl der Kundenabwanderungen mehrfaktoriell begründet ist.[29]

Eine konzeptionelle Auseinandersetzung mit dem Thema Kundenrückgewinnung ist in den Arbeiten von Stauss (1997, 2000) zu finden. Er benutzt den Termini „Regain Management“ im Rahmen des Kundenmanagements. Ein Prozess des KRM lässt sich dabei in drei Phasen unterteilen:[30]

- Rückgewinnungsanalyse: Die erste Phase eines KRM umfasst dabei die Durchführung einer Kundenwertanalyse, einer Kündigungsgrundanalyse sowie eine Segmentierung verlorener Kunden.
- Rückgewinnungsaktivitäten: Rückgewinnungsaktivitäten beinhalten die Ausgestaltung eines kundenindividuellen Dialoges sowie eines spezifischen Rückgewinnungsangebotes.
- Rückgewinnungscontrolling: In der letzten Phase erfolgt eine Erfolgskontrolle der Rückgewinnungsaktivitäten.

Zudem legt er im Rahmen einer Abwanderungsanalyse unterschiedliche Kündigungskategorien dar. Als wichtige unterstützende Faktoren eines erfolgreichen Rückgewinnungsmanagements werden insbesondere die informationstechnologischen und organisatorischen Vorraussetzungen sowie die Mitarbeiter des Unternehmens herangezogen.

Der Beitrag von Stauss/Friege (2001) diskutiert die kundenwertorientierte Segmentierung verlorener Kunden und zeigt einen Ansatz zur Berechnung der Profitabilität des Rückgewinnungsmanagements. Um die Realitätsnähe des dargelegten Modells darzustellen werden amerikanische und britische Buchclubs als empirisches Beispiel herangezogen.

Homburg/Schäfer (1999) identifizieren in ihrer Arbeit zum Customer Recovery fünf Prozessstufen (ähnlich auch Schäfer/Karlshaus/Sieben (2000)) einer systematischen Kundenrückgewinnung:[31]

- Identifikation verlorener Kunden
- Analyse der Abwanderungsursachen sowie der Kundenwertigkeit
- Problembehebung
- Einleitung von Rückgewinnungsmaßnahmen
- Nachbetreuung zurückgewonnener Kunden im Rahmen eines Kundenbindungsmanagements

Des Weiteren wird die Bedeutung einer unterstützenden Unternehmenskultur zur Durchführung des Customer Recovery Programs diskutiert. Darüber hinaus wird der „Return on Customer Recovery“ zur Bewertung der Tragfähigkeit des CRP als ganzes vorgestellt.

Andere praxisorientierte Beiträge beschreiben den derzeitigen Stand von Rückgewinnungsaktivitäten in der Unternehmenspraxis. Sauerbrey (2000) und Sauerbrey/Henning (2000) fassen die Rückgewinnungserfahrungen von 17 Dienstleistungsunternehmen im Rahmen einer schriftlichen Befragung zusammen. Die dabei identifizierten Abwanderungsquoten liegen zwischen 16 % und 30 %, gemessene Rückgewinnungsquoten belaufen sich auf 11 % bis 40 %.[32]

Die von Bruhn/Michalski (2001) durchgeführte empirische Untersuchung in Form einer schriftlichen Unternehmensbefragung diskutiert Erfahrungen aus der Unternehmenspraxis. Es werden dabei drei zentrale Abwanderungskategorien unterschieden:[33]

- Unternehmensinduzierte Abwanderungsgründe
- Wettbewerbsinduzierte Abwanderungsgründe
- Kundeninduzierte Abwanderungsgründe

Einen wichtigen Beitrag zum wissenschaftlichen Erkenntnisfortschritt liefert die Arbeit von Sieben (2002). Er beleuchtet die Rückgewinnung verlorener Kunden aus der Perspektive der sozialen Austauschtheorie, der Equity-Theorie sowie der Theorie der kognitiven Dissonanz. In einer empirischen Untersuchung anhand von Unternehmen aus der Mobilfunk- und Finanzdienstleistungsbranche identifiziert er Einflussfaktoren einer erfolgreichen Kundenrückgewinnung und bestätigt die hohen Profitabilitätspotenziale eines Rückgewinnungsmanagements. Er stellt zudem fest, dass die Qualität des Rückgewinnungsangebotes einen sehr starken Einfluss auf den Erfolg der Rückgewinnungsaktivität besitzt.[34]

Michalski (2002) führt in ihrer Arbeit eine detaillierte Prozessanalyse der Kundenabwanderung bei Banken durch und entwickelt ein grundlegendes Erklärungsmodell des Abwanderungsphänomens. Ferner wird untersucht, wie die Möglichkeiten der Kundenrückgewinnung für den Finanzdienstleistungsbereich einzuschätzen sind. Die Arbeit liefert einen Leitfaden zur Erarbeitung eines Rückgewinnungsmanagements in Form einer prozessorientierten Sichtweise. Außerdem greift die Arbeit die Schnittstellenproblematik zum Kundenbindungsmanagement auf und gibt einen strukturierten Überblick zu grundsätzlichen Entscheidungen der Frühwarnsystematik in Unternehmen.[35]

In einer empirischen Untersuchung identifizieren Homburg/Sieben/Stock (2003) Einflussfaktoren auf den Rückgewinnungserfolg. Die Daten wurden in einer telefonischen Befragung von Kunden eines Mobilfunkunternehmens erhoben. Es zeigt sich, dass eine inhaltlich adäquate Gestaltung des Rückgewinnungsangebotes, unterstützt durch flexible und kundenorientierte Prozesse, einen wesentlichen Einflussfaktor auf die Zufriedenheit des Kunden mit den Rückgewinnungsaktivitäten darstellt.[36]

Homburg/Fürst/Sieben (2003) stellen in ihrem konzeptionellen Ansatz zehn Prinzipien zur systematischen Rückgewinnung verlorener Kunden vor. Berücksichtigung finden zudem folgende Ziele eines Rückgewinnungsmanagements:[37]

- Profitabilitätssteigerung
- Schadensminimierung
- Informationsgewinnung

Einen umfassenden, prozessualen Ansatz zur Kundenrückgewinnung und Abwanderungsprävention stellt der Beitrag von Büttgen (2003) dar. Er zeigt die zugrunde liegenden Ziele und erforderlichen Analysen auf, erläutert Anwendungsbedingungen und Gestaltungsformen der einzusetzenden Maßnahmen und verdeutlicht die Relevanz eines begleitenden Rückgewinnungscontrollings.

Rutsatz (2004) richtet den Fokus seiner Arbeit auf das Direktmarketing im Versandhandel. Die empirischen Untersuchungen beschäftigen sich u.a. mit Themen der Identifikation verlorener Kunden, Kundensegmentierung sowie Timing und Personalisierung von Reaktivierungsmaßnahmen.

Die bisher zum Thema der Kundenrückgewinnung erschienene Literatur, und somit auch die für die Erstellung dieser Arbeit verwendeten Beiträge können einer wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der Thematik Rückgewinnungsmanagement nicht gerecht werden. So besteht u.a. ein großer wissenschaftlicher Bedarf an Untersuchungen zu alternativen Timingstrategien, Bewertungsansätzen zur Kundenattraktivität[38] und zu realistischen Erfolgsquoten der Kundenrückgewinnung.[39]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Ausgewählte Literatur zum Thema Kundenrückgewinnung

Quelle: Eigene Darstellung

2.2 Kundenrückgewinnung als Element des Kundenmanagements

Konzeptionell lässt sich das Kundenrückgewinnungsmanagement in den Bereich des Kundenmanagements einordnen, wo es neben den bisherigen Betätigungsfeldern Neukundenakquisition und Kundenbindungsmanagement als weitere Säule zunehmend an Bedeutung gewinnt (vgl. Abbildung 3).[40] Unter Kundenmanagement versteht man traditionell alle Aktivitäten zur Initiierung, Gestaltung, Erhaltung sowie Verstärkung von Geschäftsbeziehungen zu Kunden.[41] Das Kundenmanagement greift somit den Grundgedanken des Beziehungslebenszykluskonzeptes[42] auf, konzentriert sich jedoch auf die Entstehungs- und Entwicklungsphasen von Kundenbeziehungen im Sinne der Neukundenakquisition sowie Kundenbindung.[43] Die Kundenakquisitionsphase umfasst sämtliche Aktivitäten des Anbieters, die mit der Initiierung der Beziehung in Zusammenhang stehen, wohingegen die Kundenbindungsphase den Auf- und Ausbau einer bestehenden Kundenbeziehung bis zu deren Auflösung beschreibt.[44] Das KRM befasst sich dagegen mit Maßnahmen, die darauf abzielen, ehemalige Kunden zu identifizieren und zurückzugewinnen.[45]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Elemente eines systematischen Kundenmanagements

Quelle: In Anlehnung an Sauerbrey (2000), S. 4.

Während sich das Rückgewinnungsmanagement rein terminologisch durch die Fokussierung auf ehemalige Kunden eindeutig vom Neukunden- und Kundenbindungsmanagement abgrenzen lässt, sind die Grenzen zwischen Kundenbindung und Rückgewinnung in der Unternehmenspraxis oft fließend.[46] Dies liegt insbesondere darin begründet, dass einem tatsächlichen Kundenverlust oft eine längere Phase der „inneren Kündigung“ vorausgeht (siehe dazu auch Kapitel 2.1).[47] Bevor es zu der endgültigen und offiziellen Kündigung kommt kann man also bereits im Vorfeld an einer gesunkenen Nachfrage nach Unternehmensleistungen erkennen, dass der Kunde sich innerlich schon vom Unternehmen verabschiedet hat. Für ein ganzheitlich angelegtes KRM erscheint es deshalb sinnvoll, frühzeitig abwanderungsanfällige Kunden zu identifizieren und durch geeignete Gegensteuerungsmaßnahmen den tatsächlichen Kundenverlust zu verhindern.[48]

In der Unternehmenspraxis spielt jedoch das Kundenrückgewinnungsmanagement immer noch eine geringe Rolle. So unterbleiben gezielte Aktivitäten zur Rückgewinnung ehemaliger Kunden nahezu flächendeckend.[49] Viele Führungskräfte und Mitarbeiter scheuen die Auseinandersetzung mit den abgewanderten Kunden und das damit häufig verbundene Eingeständnis von Fehlern.[50] Der Umgang mit enttäuschten Kunden und die Analyse eigener Schwächen stellt sich als unangenehmes Betätigungsfeld dar und erfreut sich somit keiner großen Beliebtheit. Zudem sind die Mitarbeiter des Unternehmens oftmals nicht ausreichend sensibilisiert für die Wichtigkeit des Themas. Der direkte Kausalzusammenhang zwischen Kundentreue und Cash-Flow respektive Gewinn wird von den Unternehmen oftmals nicht erkannt, die Auswirkungen einer erfolgreichen Kundenrückgewinnung auf den Unternehmenserfolg unterschätzt.[51] Ein methodisches Problem besteht darin, dass geeignete Instrumente zur systematischen Rückgewinnung in vielen Unternehmen nicht bekannt sind.[52] Es werden isolierte und sporadische Einzelmaßnahmen durchgeführt, die wenig zum langfristigen Unternehmenserfolg beitragen und besondere Risiken einer Fehlinvestition bergen: die Kunden kommen nicht zum Unternehmen zurück und sind zudem erst recht verärgert.[53] Vor dem Hintergrund hoher Kosten für die Gewinnung neuer Kunden, einer steigenden Wechselbereitschaft der Nachfrager sowie der beachtlichen Profitabilität von Rückgewinnungsmaßnahmen dürfen Unternehmen in Zukunft die Gruppe der ehemaligen Kunden nicht länger vernachlässigen und sollten ein systematisches Rückgewinnungsmanagement in ihr Kundenmanagementkonzept integrieren.

2.3 Ziele des Kundenrückgewinnungsmanagements

Das primäre Ziel des Rückgewinnungsmanagements liegt in der Wiederaufnahme der beendeten Kundenbeziehung, also die rentable Wiedergewinnung abgewanderter Kunden sowie in einer generellen Senkung der Kundenabwanderung.[54] Das Ziel der Wiedergewinnung verlorener Kunden stellt jedoch nur ein Zwischenziel dar, um weitere übergeordnete Ziele zu erreichen.[55]

- Profitabilitätssteigerung
- Informationsgewinnung
- Schadensminimierung

Im Mittelpunkt des KRM steht das Bestreben, durch die Reaktivierung ehemaliger Kundenbeziehungen die Profitabilität des Kundenmanagements insgesamt zu steigern.[56] Dieses Ziel wird erreicht, indem zum einen die Erlöse aus einer Wiederaufnahme der Geschäftsbeziehung steigen, zum anderen die Kosten eines Kundenverlustes sinken. So führt die Wiederaufnahme der Geschäftsbeziehung zum Erhalt der Deckungsbeiträge und zur Realisierung zukünftiger Gewinne.[57] Weiterhin weisen Kunden nach einer Rückgewinnung erhöhtes Vertrauen und Loyalität gegenüber dem Unternehmen auf, was zu einer stärkeren Nutzung der Unternehmensleistungen führt.[58] Zudem stellen Sauerbrey/Henning (2002, S. 17) in einer empirischen Untersuchung fest, dass die Bindungsdauer der zurückgewonnen Kunden sogar höher ist als die der Stammkunden. Dabei sind nicht nur die Gewinne aus den bestehenden Verträgen zu betrachten, sondern der gesamte Kundenwert, der auch eine geringere Preissensibilität, Folgekäufe sowie das Cross-Selling-Potenzial umfasst.[59] So kommen Hart/Heskett/Sasser (1991, S. 130 f.) in ihrer Studie zu dem Ergebnis, dass die Bindung eines bestehenden Kunden bis zu sechs mal profitabler ist als die Akquisition eines neuen Kunden. Insbesondere in Branchen, in denen hohe Kosten mit der Neukundengewinnung verbunden sind (bspw. im Mobilfunkmarkt), ist die Verlängerung des Kundenlebenszyklus ein wirksames Mittel, um Unternehmenserfolg und Rentabilität zu steigern.[60] Ein Kostenvorteil besteht vor allem darin, dass im Falle einer Rückgewinnung ein wesentlich geringerer Bedarf zur Akquisition völlig neuer Kunden besteht. Somit fallen bei dem Unternehmen keine Ausgaben zur Gewinnung neuer Kundengruppen an. Außerdem entfallen die Kosten der Kundenbearbeitung, da der Koordinations- und Informationsbedarf der zurückzugewinnenden Zielgruppe in der Regel geringer ausfällt als der bei Neukunden.[61] Kunden, die mit den Rückgewinnungsaktivitäten zufrieden sind und erfolgreich zurückgewonnen werden, geben ihre mit dem Unternehmen gemachten Erfahrungen in Gesprächen an andere potentielle Kunden weiter. Mithilfe dieser positiven Mundkommunikation können kostengünstig neue Kunden gewonnen werden. Eine Marktanalyse ergab, dass 100 zufriedene Kunden im Durchschnitt etwa 30 neue Kunden für das Unternehmen hinzugewinnen.[62] Die erfolgreiche Rückgewinnung ehemaliger Kunden kann somit auch als eine Form kostengünstiger Werbung betrachtet werden. Eine Verringerung der Kundenfluktuation trägt zudem dazu bei, Marktanteile abzusichern und die Attraktivität eines Markteintritts für neue Unternehmen zu reduzieren.[63]

Ein weiteres Ziel des Rückgewinnungsmanagements besteht in der Minimierung des Schadens, welcher von unzufriedenen Kunden in Form negativer Mund-zu-Mund-Kommunikation verursacht wird. Kunden ziehen bei Unzufriedenheit nicht nur Konsequenzen bezüglich ihres Wiederkaufsverhaltens, indem sie bei Enttäuschung abwandern, sondern sie machen die Probleme, die sie mit dem Unternehmen haben, auch gleichzeitig zum Gegenstand ihrer Gespräche mit Freunden, Verwandten oder Kollegen.[64] Untersuchungen im Finanzdienstleistungsbereich etwa zeigen, dass ein abgewanderter Kunde durch das Mitteilen schlechter Eindrücke durchschnittlich etwa 1,5 weitere Abwanderungen verursacht.[65] Solche Multiplikatoreffekte, die in gravierenden Fällen durch die Einschaltung von Medien (Verbraucherschutzorganisationen, Fernsehshows usw.) noch verstärkt werden können, haben erhebliche negative Konsequenzen für das Image eines Unternehmens und damit langfristig auch für den Unternehmenserfolg.[66] Besonders stark wirkt die persönliche Kommunikation bei immateriellen Leistungen, die einen hohen Grad an Vertrauensempfindlichkeit aufweisen, wie es häufig bei Versicherungs- und Bankleistungen zutrifft.[67] Da die Qualität dieser Leistungen vor dem Vertragsabschluss nicht begutachtet werden kann, besteht für den Kunden ein hohes Maß an Unsicherheit vor und selbst noch nach dem Abschluss.[68] Deshalb erfolgt eine starke Orientierung an Schlüsselinformationen, insbesondere an den Meinungen von Kollegen, Freunden und Verwandten.[69] Ein wichtiges Ziel des KRM ist es deshalb, durch eine effektive Rückgewinnung die negative Mundkommunikation ehemaliger Kunden im Markt zu vermeiden oder zumindest zu reduzieren.[70]

Schließlich zielt das Rückgewinnungsmanagement auch darauf ab, Informationen über betriebliche Schwächen und Marktchancen zu gewinnen um somit zukünftige Abwanderungen zu verhindern beziehungsweise neue Kunden akquirieren zu können.[71] Relevante Informationen können vor allem durch die Analyse der Abwanderungsgründe (siehe Abschnitt 4.1.2) generiert werden. Das Aufzeigen betrieblicher Schwachstellen bei Leistungserstellung, Preis- und Servicepolitik sowie fehlerhaftes Verhalten im Umgang mit Kunden offenbart dem Unternehmen Ansatzpunkte für notwendige Verbesserungen. Weiterhin bieten eine systematische Beschwerdeauswertung sowie die gewonnen Erkenntnisse der Kundenbetreuer wertvolle Informationen über die Zufriedenheit der Kunden mit der unternehmerischen Tätigkeit. Durch das Feedback der Kunden kann das Unternehmen Schwachstellen beseitigen und die Abwanderung des Kunden verhindern.[72] Das gewonnene Wissen ermöglicht dem Unternehmen seine Rückgewinnungsmaßnahmen nach den individuellen Bedürfnissen der Kunden auszurichten und somit die Erfolgswahrscheinlichkeit des KRM zu verbessern. Die in der Abwanderungsanalyse ermittelten Ursachen der Abwanderung geben Hinweise für ein präventives „ Kündigerverhinderungsmanagement[73] und lassen sich zugleich für eine gezielte Kommunikation bei der Neukundenakquisition nutzen.[74] Es ist Unternehmensaufgabe, die Informationen über begangene Fehler sinnvoll zu nutzen, aus ihnen zu lernen und in kundengerechte Maßnahmen umzusetzen. Informationen bilden zudem die Basis zukünftiger Entscheidungen und Entwicklungen, bieten dem Unternehmen die Chance, frühzeitig Trends zu entdecken und marktgängige Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln und anzubieten.[75] Es bleibt festzuhalten, dass neben den wirtschaftlichen Zielsetzungen vor allem die qualitativen Ziele der Informationsgewinnung und Schadensminimierung für einen nachhaltigen Rückgewinnungserfolg von großer Bedeutung sind.[76]

3 Theoretischer Bezugsrahmen der Rückgewinnungsaktivitäten

3.1 Theorie der kognitiven Dissonanz

Die Theorie der kognitiven Dissonanz, auch Dissonanztheorie genannt, wurde 1957 von Leon Festinger erstmals veröffentlicht. Als Theorie des intrapersonellen Gleichgewichtes untersucht sie die Bedingungen für ein psychisches Gleichgewicht innerhalb einer Person.[77]

Die Theorie geht von der Annahme aus, dass Individuen ein dauerhaftes Gleichgewicht ihres kognitiven Systems anstreben.[78] Das kognitive System umfasst alle Elemente des Bewusstseins, also Kenntnisse, Meinungen, Einstellungen, Werte, Ereignisse und Verhalten. Kognitive Spannungen (Dissonanzen) entstehen, wenn das durch individuelle „Psycho-Logik“ gebildete System von Kognitionen instabil wird, weil neue, widersprüchliche Informationen die bisherigen Beziehungen zwischen bestimmten Systemelementen in Frage stellen.[79] So können bspw. bei einem Autokäufer nach dem Kauf kognitive Spannungen auftreten, wenn er in einem Testbericht liest, dass sein neu erworbenes Kraftfahrzeug in bestimmten Teilleistungen wesentlich schlechter bewertet wird als vom ihm abgelehnte, alternative Fahrzeuge. Diese Inkonsistenzen im Einstellungssystem werden vom Käufer als kognitive Konflikte erlebt.[80]

Verhaltenswirksam werden diese kognitiven Konflikte jedoch erst nach dem Überschreiten einer von Person zu Person unterschiedlich hohen Toleranzschwelle. Es werden nur solche Dissonanzen verhaltensrelevant, die eine bestimmte Intensität erreichen.[81]Die Stärke der Dissonanz ist dabei eine Funktion des relativen Anteils dissonanter Kognitionen sowie der Bedeutsamkeit der Kognitionen für das Verhalten (z.B. zentrale Motive oder Betroffenheit des Selbstbildes).“[82] Die erlebte Dissonanz ist somit abhängig von:

- dem Verhältnis der dissonanten zu den konsonanten Elementen und
- der Wichtigkeit der in einer dissonanten Beziehung zueinander stehenden Elemente. Die Wahrscheinlichkeit für das Entstehen von kognitiven Spannungen wird nach dem Kauf eines Hauses oder Autos größer sein, als nach dem Kauf eines kostengünstigen Konsumartikels, bspw. einer Zahnbürste.

Es existieren mehrere Möglichkeiten, mit denen das Individuum eine Reduktion seiner kognitiven Spannungen herbeiführen kann:

1. Verdrängung der dissonanten Kognitionen
Die Eliminierung dissonanter Kognitionen kann darin bestehen, die dissonanten Informationen zu verdrängen. Der Autokäufer denkt über seine Kaufentscheidung und den gelesenen Testbericht nicht mehr nach und eliminiert somit seine kognitiven Dissonanzen aus dem Bewusstsein.
2. Abwertung der Inkonsistenz erzeugenden Information
Eine weitere Möglichkeit zur Reduktion von Dissonanzen besteht in der Anzweiflung der Glaubwürdigkeit der dissonanten Information. Denkbar ist, dass der Käufer die Zeitschrift, in welcher der Testbericht veröffentlicht wurde, als unseriös oder nicht qualifiziert betrachtet. Durch die Herabsetzung des Ansehens der Zeitschrift können bei dem Käufer keine Dissonanzen mehr ausgelöst werden.[83]
3. Die Änderung des Verhaltens
Wenn zwischen einem Element des Verhaltens und einem Element, das mit irgendeiner Kenntnis über die Umwelt korrespondiert (Elemente der Umwelt), Dissonanz besteht, so kann die Dissonanz beseitigt werden, indem das kognitive Element des Verhaltens so geändert wird, dass es mit dem Element der Umwelt konsistent wird.[84] Im Falle des mit kognitiven Spannungen beladenen Autokäufers besteht die Möglichkeit, die Kaufentscheidung zu revidieren, sprich sein Auto an den Verkäufer zurückzugeben, und sich nach einem neuen Auto umzusehen.
4. Die Suche nach bestätigenden Informationen und nach Unterstützung
Die Suche von Konsumenten nach ausschließlich bestätigenden Informationen wird als selektive Informationssuche bezeichnet. Der Autokäufer wird sich nach weiteren, bestätigenden Informationen umsehen, um das Gefühl, eine richtige Entscheidung getroffen zu haben, zu erhalten.[85] So bevorzugt er Informationsbroschüren und Werbeprospekte des von ihm gewählten Fabrikats. Denkbar ist ebenfalls die Suche nach weiteren Kunden desselben Herstellers, mit denen sich der Konsument austauscht und hierdurch weitere Bestätigung erfährt (bspw. Mitgliedschaft in einem Fanclub eines Automobilherstellers). Durch die Aufnahme von konsistenten Informationen fühlt er sich in seiner Kaufentscheidung bestätigt. Durch diese Verstärkung der kaufwirksamen positiven Einstellung versucht der Konsument das Produkt selbst zu erhöhen und zu einer besonders engen Bindung an das gekaufte Produkt zu gelangen.[86]

[...]


[1] Vgl. Büttgen (2003), S. 60.

[2] Vgl. Homburg/Fürst/Sieben (2003), S. 57.

[3] Vgl. Sauerbrey (2000), S. 8.

[4] Vgl. Reichheld (1996), S. 59.

[5] Vgl. Sieben (2002), S. 2.

[6] Vgl. Hart/Heskett/Sasser (1990), S. 149.

[7] Vgl. Stauss/Friege (2003), S. 525.

[8] Vgl. Homburg/Schäfer (1999), S. 2.

[9] Vgl. Sauerbrey/Henning (2000), S. 17.

[10] Vgl. Büttgen (2001), S. 397.

[11] Vgl. Büttgen (2003), S. 60.

[12] Hart/Heskett/Sasser (1990), S. 148.

[13] Vgl. Rutsatz (2004), S. 18.

[14] Vgl. Michalski (2002), S. 8.

[15] Vgl. Rutsatz (2004), S. 19.

[16] Vgl. Homburg/Schäfer (1999), S. 1.

[17] Vgl. Bruhn/Michalski (2001), S. 112 auch Michalski (2002), S. 9.

[18] Vgl. Sieben (2002), S. 42.

[19] Vgl. Rutsatz (2004), S. 21.

[20] Vgl. Sieben (2002), S. 42.

[21] Vgl. Stauss/Friege (1999), S. 348.

[22] Vgl. Michalski (2002), S. 10.

[23] Vgl. Michalski (2002), S. 11.

[24] Vgl. Rutsatz (2004), S. 23.

[25] Vgl. Rutsatz (2004), S. 39.

[26] Vgl. Sieben (2002), S. 5.

[27] Vgl. Reichheld/Sasser (1990), S. 107.

[28] Vgl. Hart/Heskett/Sasser (1990), S. 150 ff.

[29] Vgl. Keaveney (1995), S. 78.

[30] Vgl. Stauss (2000), S. 457.

[31] Vgl. Homburg/Schäfer (1999), S. 5 ff.

[32] Vgl. Sauerbrey (2000), S. 8 ff.

[33] Vgl. Bruhn/Michalski (2001), S. 118.

[34] Vgl. Sieben (2002), S. 109.

[35] Vgl. Michalski (2002), S. 225 ff.

[36] Vgl. Homburg/Sieben/Stock (2003), S. 26.

[37] Vgl. Homburg/Fürst/Sieben (2003), S. 59.

[38] Vgl. Rutsatz (2004), S. 224.

[39] Vgl. Michalski (2002), S. 238.

[40] Vgl. Büttgen (2001), S. 397.

[41] Vgl. Diller (1995), Sp. 1363.

[42] In Anlehnung an den Produktlebenszyklus wird im Rahmen des Beziehungslebenszykluskonzeptes davon ausgegangen, dass Kundenbeziehungen einem bestimmten Phasenverlauf unterliegen.

[43] Vgl. Michalski (2002), S. 1.

[44] Vgl. Bruhn/Michalski (2003), S. 247.

[45] Vgl. Rutsatz (2004), S. 22.

[46] Vgl. Bruhn/Michalski (2001), S. 113.

[47] Vgl. Stauss (2000), S. 455.

[48] Vgl. Büttgen (2003), S. 61.

[49] Vgl. Schäfer/Karlshaus/Sieben (2000), S. 56 und Bruhn/Michalski (2001), S. 116.

[50] Vgl. Sauerbrey/Hennning (2000), S. 5.

[51] Vgl. Reichheld (1996), S. 56.

[52] Vgl. Homburg/Schäfer (1999), S. 3.

[53] Vgl. Sauerbrey/Henning (2000), S. 5.

[54] Vgl. Homburg/Fürst/Sieben (2003), S. 59.

[55] Vgl. Sieben (2002), S. 46.

[56] Vgl. Michalski (2002), S. 186.

[57] Vgl. Sieben (2002), S. 46.

[58] Vgl. Schäfer/Karlshaus/Sieben (2000), S. 58 und Reichheld (1996), S. 57.

[59] Vgl. Töpfer (1996), S. 2.

[60] Vgl. Florl (2000), S. 84.

[61] Vgl. Schäfer/Karlshaus/Sieben (2000), S. 58.

[62] Vgl. Müller/Riesenbeck (1991), S. 69.

[63] Vgl. Colgate/Stewart/Kinsella (1996), S. 23 f.

[64] Vgl. Stauss/Seidel (2002), S. 372.

[65] Vgl. Homburg/Fürst/Sieben (2003), S. 59.

[66] Vgl. Auerbach/Bednarczuk/Büttgen (1997), S. 80.

[67] Vgl. Süchting (1998), S. 4 f.

[68] Vgl. Sauerbrey/Henning (2000), S. 8.

[69] Vgl. Heckelmann (1997), S. 40.

[70] Vgl. Sieben (2002), S. 46.

[71] Vgl. Homburg/Fürst/Sieben (2003), S. 59.

[72] Vgl. Reichheld/Sasser (1990), S. 106.

[73] Sieben (2002), S. 46.

[74] Vgl. Reichheld (1996), S. 64.

[75] Vgl. Stauss/Seidel (2002), S. 350.

[76] Vgl. Sieben (2002), S. 47.

[77] Vgl. Sieben (2002), S. 49.

[78] Vgl. Giering (2000), S. 54.

[79] Vgl. Nieschlag/Dichtl/Hörschgen (1997), S. 558.

[80] Vgl. Kroeber-Riel/Weinberg (1999), S. 182.

[81] Vgl. Behrens (1991), S. 107.

[82] Wiswede (1995), S. 83.

[83] Vgl. Behrens (1991), S. 109.

[84] Vgl. Festinger (1978), S. 31.

[85] Vgl. Nieschlag/Dichtl/Hörschgen (1997), S. 558.

[86] Vgl. Bänsch (2002), S. 69.

Ende der Leseprobe aus 85 Seiten

Details

Titel
Der Prozessablauf der Kundenrückgewinnung
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Note
2,0
Jahr
2005
Seiten
85
Katalognummer
V51207
ISBN (eBook)
9783638472371
ISBN (Buch)
9783656781417
Dateigröße
2855 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagworte
Prozessablauf, Kundenrückgewinnung
Arbeit zitieren
Anonym, 2005, Der Prozessablauf der Kundenrückgewinnung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/51207

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