Planung einer Unterrichtssequenz zum Thema Balladen anhand des Beispiels "Der Knabe im Moor" für eine 7. Klasse einer Oberschule


Unterrichtsentwurf, 2019

29 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Ballade
2.1. Definition des Begriffs ,Ballade‘
2.2. Balladen im Rahmenlehrplan Deutsch
2.3. Die Bedeutung von Balladen

3. Der handlungs- und produktionsorientierte Unterricht
3.1. Bestimmung des Begriffs ,handlungs- und produktionsorientierter Unterricht
3.2. Relevanz von Handlungs- und Produktionsorientierung für den Umgang mit Balladen
3.3. Möglichkeiten der Umsetzung

4. Planung der Unterrichtssequenz
4.1. Voraussetzungen der Lerngruppe
4.2. Sachanalyse ,Der Knabe im Moor‘
4.3. Didaktische Analyse und Reduktion
4.4. Sequenzplanung
4.5. Methodisch-didaktischer Erläuterungen

5. Zusammenfassung

6. Literaturverzeichnis

7. Anhang

1. Einleitung

In der Arbeit mit Balladen und anderen literarischen Texten ist es im Deutschunterricht meist üblich, einzelne handlungs- und produktionsorientierte Aufgaben zu nutzen, um den Schülerinnen und Schülern ein aktives, selbstständiges Handeln im Deutschunterricht zu ermöglichen und um den Unterricht für die Schüler interessanter zu gestalten. Als Lehrkraft habe ich mir die Frage gestellt, in wieweit ein rein handlungs- und produktionsorientierter Unterricht bei der Behandlung von Balladen möglich ist. Kann der Literaturunterricht auf traditionelle analytische Verfahren mittels Lehrervortrag, Unterrichtsgespräch und Interpretation verzichten? Oder bedarf es, um einen literarischen Text vollends verstehen zu können, einer konkreten Interpretation? Dieser Frage möchte ich anhand des Beispiels der Ballade ,Der Knabe im Moor‘ nachgehen. Ziel der folgenden Arbeit ist die Planung einer möglichst rein handlungs- und produktionsorientierten Unterrichtssequenz für eine 7. Klasse der Oberschule. Dazu werde ich mich zunächst mit der Frage auseinandersetzen, was genau eine Ballade ausmacht und welche Bedeutung sie für die Schülerinnen und Schüler hat, so dass die Unterrichtsinhalte der Sequenz verdeutlicht werden. Im darauffolgenden dritten Abschnitt lege ich die Theorie des handlungs- und produktionsorientierten Unterrichts anhand von didaktischen Theorien von Spinner, Menzel und Waldmann dar, in dem ich den Begriff definiere und hierauf aufbauend die Relevanz sowie die Möglichkeiten der Umsetzung im Unterricht mit Balladen darstelle. In dem letzten Abschnitt dieser Arbeit wende ich die Erkenntnisse der Theorie in der Planung einer Sequenz an. Hier gehe ich ebenfalls auf mögliche Schwierigkeiten bei der methodischen und didaktischen Umsetzung ein.

2. Die Ballade

2.1. Definition des Begriffs ,Ballade‘

Die Ballade bezeichnet ein verhältnismäßig kurzes erzählendes Gedicht, in dem eine Handlung durch einen Erzähler vermittelt wird. Ein besonderes Merkmal der Ballade ist ihre Zusammensetzung aus Elementen der drei Gattungen Lyrik, Epik und Dramatik. Schon Goethe bezeichnete die Ballade als ,Urei‘ der Dichtung, da hier alle Gattungen vorhanden sind. Somit finden sich zum einen lyrische Elemente, da die Ballade in ihrer äußeren Form in Versen, Strophen, Metrik und Reimschema verfasst ist. Weiterhin haben Balladen häufig einen liedhaften Charakter, da sie eine Art Refrain enthalten, in dem es zu Wiederholungen von Versen innerhalb des Textes kommt. Ähnlich wie auch in Gedichten findet sich in ihnen eine Dichte an rhetorischen Mitteln, wodurch der Text besonders ansprechend auf den Leser wirkt. Zusätzlich zu den Elementen der Lyrik enthalten Balladen zum anderen auch Elemente der Epik, da sie eine durch einen Erzähler vermittelte Handlung beinhalten sowie Figuren und besondere Ereignisse. Des Weiteren beinhalten sie häufig auch dramatische Anteile, da sie Szenen und direkte Rede aufweisen. Auch findet eine Dramatisierung der Handlung statt, da diese sich im Verlauf immer mehr zuspitzt und auf einen Höhepunkt zusteuert (vgl. Ehlers 2011, S. 269). Nach Andrea Bartl ist die Ballade nicht nur gattungstypisch durch eine ,Hybridität‘ geprägt, sondern auch inhaltlich. So beinhaltet sie typischerweise eine Konfliktsituation, in der zwei Gegensätze aufeinandertreffen. Dieser Konflikt wird durch eine Grenzüberschreitung ausgelöst. Das können zum einen topographische Grenzen sein, wie z.B. die Grenze zwischen Stadt und Natur, aber auch Grenzen zwischen Realität und Traum. Immer wieder verwischen diese Grenzen und die eigentlichen Gegensätze werden hinterfragt. Außerdem zeigt sich die Hybridität durch das Auftreten von Mischwesen und Grauzonen. Ein weiteres inhaltliches Merkmal der Ballade ist das Auftreten von Normverletzungen. Diese können für den Urheber positiv sein, werden aber häufig als eine Warnung verstanden, nicht den altbekannten Pfad zu verlassen. (vgl. Andrea Bartl 2017, S. 12- 13)

Die Gattung der Ballade kann in verschiedene Unterkategorien aufgeteilt werden. Ehlers unterscheidet hier zwischen numinoser Ballade, Ideenballade und psychologische Ballade. Die numinose Ballade wiederum wird in naturmagische und totenmagische Ballade sowie Schicksalsballade unterteilt wird (vgl. Ehlers 2011, S. 270). In dieser Hausarbeit ist lediglich die numinose Ballade von Relevanz, da es sich bei der von mir als Beispiel ausgewählten Ballade ,Der Knabe im Moor‘ um eben eine solche, insbesondere um eine naturmagische Ballade, handelt. Die numinose Ballade beinhaltet die Begegnung eines Menschen mit dem Übernatürlichen und mit Mächten, die dessen Schicksal lenken. Dieses Numinose liegt in der naturmagischen Ballade in der Natur und ist für den betroffenen Menschen unerklärlich. Das Übernatürliche wird dargestellt durch die Personifikation der Natur, durch die sie wie lebendig wirkt (vgl. Gottfried Weißert 1993, S. 24).

2.2. Balladen im Rahmenlehrplan Deutsch

Der Rahmenlehrplan des Bundeslandes Brandenburg sieht die Behandlung von Balladen für die fünfte und sechste Klassenstufe vor. (vgl. Rahmenlehrplan Deutsch 1 - 10, S. 37) Hier sollen die Schülerinnen und Schüler ihre Kompetenzen im Umgang mit literarischen Texten wie z.B. der Ballade erweitern. Ziel ist es, die Ballade als einen literarischen Text in Hinblick auf ihre grundlegenden Merkmale sowie die Rolle von den Figuren und Orten zu erschließen. Insbesondere soll hier auch auf den Unterschied zwischen lyrischen, epischen und dramatischen Textmerkmalen eingegangen werden. Gerade die Tatsache, dass sich in der Ballade verschiedene Merkmale aller drei Gattungen wiederfinden, macht sie besonders interessant und ertragreich für den Unterricht. Die Schülerinnen und Schüler sollen des Weiteren in der Lage sein, die möglichen Bedeutungen des Texts mit eigenen Erfahrungen zu vergleichen. Als weitere Zielsetzung wird zusätzlich dazu die Perspektiveinnahme der Figuren genannt. Die Schülerinnen und Schüler sollen somit sich in die Lage der Figuren versetzen und hierbei entweder Empathie empfinden oder aber auch erkennen, dass ihnen die Perspektive fremd erscheint. Außerdem sollen sie die Erzählperspektive erkennen. Letztlich geht es im Umgang mit Balladen auch darum, eigene Deutungen am Text vorzunehmen und sich über die Erkenntnisse mit Anderen auszutauschen. Hierbei sollen alle Deutungen auch mit Textbeispielen belegt werden. Außer der inhaltlichen Behandlung des Textes sieht der Rahmenplan ebenfalls eine Beschäftigung mit den sprachlichen Mitteln der Ballade vor. Die Schülerinnen und Schüler sollen hier dazu befähigt werden, die sprachliche Gestaltung der Ballade mit angemessenen Fachtermini zu beschreiben und ihre mögliche Wirkung einzuschätzen. (vgl. Rahmenlehrplan Deutsch 1-10, S. 26)

All diese Zielsetzungen sowie das Thema Balladen selbst werden im internen Lehrplan der Schule, auf die sich diese schriftliche Arbeit bezieht, nicht wie in dem Rahmenlehrplan des Landes Brandenburg in den Klassenstufen fünf und sechs behandelt, sondern erst in der Klassenstufe sieben.

2.3. Die Bedeutung von Balladen

In der Schule werden Balladen immer gerne wieder behandelt. Dies liegt zum einen daran, dass sie für die Schülerinnen und Schüler als lyrische Form vermutlich unterhaltsamer sind als die Beschäftigung mit Gedichten. Gerade die spannende Handlung, welche sich bis zu einem Höhepunkt steigert, spricht die Schülerinnen und Schüler an, und führt dazu, dass sie motivierter an die Arbeit gehen. Auch werden sie durch den hohen Anteil an rhetorischen Mitteln direkt angesprochen. Hinzu kommt, dass die Ballade höchst aktuell ist, da auch viele heutige Liedermacher und Popsänger balladeske Lieder verfassen und singen, die auch bei den Schülerinnen und Schülern sehr beliebt sind. Nach Bartl hat die Ballade zusätzlich zur Unterhaltsamkeit und Motivationsförderung noch die Bedeutung der Exemplarität für kultur­gesellschaftliche Grundthemen. Dieses Exemplarische versucht der Leser zu konkretisieren, in dem er seine Assoziationen, welche der Text hervorruft, auf sein eigenes Leben versucht zu übertragen. Er versucht somit für sich persönlich eine Bedeutung herauszufinden (vgl. Bartl 2017, S. 14) Ehlers geht wiederum davon aus, dass Balladen „grundlegende Fragen der menschlichen Existenz" behandeln, weshalb sie für jeden Menschen von Bedeutung sein sollten und ihn ganz besonders deshalb ansprechen (Ehlers 2011, S. 277) Die Schülerinnen und Schüler schwanken beim Lesen der Ballade zwischen einer emotionalen Identifizierung mit den Geschehnissen und einer distanzierten Reflexion. Sie können verschiedene Ereignisse innerhalb der Ballade persönlich auf Grund von eigenen Erfahrungen und Kenntnissen nachempfinden, andere wiederum erscheinen ihnen als fremdartig. Dies führt dazu, dass sie über die Geschehnisse in der Ballade nachdenken (vgl. Bartl 2017, S. 15). Des Weiteren hat nach Ulshöfer der Inhalt der Ballade gerade für Schülerinnen und Schüler, welche sich in der Pubertät befinden, eine besondere Bedeutung. In der Ballade befinden sich die Figuren in einer Lage der Bedrohung. Diese Darstellung entspreche der Gemütslage junger Menschen, vor allem in der Pubertät. Außerdem bedeute die Beschäftigung mit der Ballade eine Art „Selbstbefreiung, [in dem sie] die Schicht des Magischen und Dämonischen freilegen." (nach Ulshöfer, in Weißert 1993, S. 25) Diese psychologische Bedeutung wird allerdings von Weißert eher kritisch gesehen. Ein weiterer Grund, warum die Ballade von wichtiger Bedeutung für die Schule ist, liegt in deren Zusammensetzung aus den verschiedenen Elementen der drei Gattungen. Der Umgang mit Balladen frischt somit die Fachkenntnisse der Schülerinnen und Schüler bezüglich der Merkmale von Lyrik, Epik und Dramatik auf bzw. erweitert das Vorwissen der Schülerinnen und Schüler.

3. Der handlungs- und produktionsorientierte Unterricht

3.1. Bestimmung des Begriffs ,handlungs- und produktionsorientierter Unterricht

Der Begriff des ,handlungs- und produktionsorientierten Unterrichts‘ bezeichnet einen methodischen Ansatz, bei dem Schülerinnen und Schüler sich gestaltend mit einem literarischen Text auseinandersetzen. Der Unterricht sieht hierbei von der traditionell häufig angewandten Abfolge des Lehrervortrags, des darauffolgenden Unterrichtsgesprächs und der abschließenden Interpretation ab. Vielmehr sollen beim handlungs- und produktionsorientierten Unterricht die Schülerinnen und Schüler Texte nicht nur behandeln, sondern selbst Texte aktiv gestalten und mit ihnen handeln. (vgl. Spinner 2013, S. 319) Der Begriff des ,handlungs- und produktionsorientierten Unterrichts‘ wurde vor allem von Gerhard Haas geprägt, einem der wichtigsten Vertreter des methodischen Ansatzes. Weitere Vertreter sind Wolfgang Menzel und Kaspar Spinner. Der Ursprung der Methode jedoch findet sich zum einen bereits in dem Ansatz der ,Rezeptionsästhetik‘ und zum anderen auch in den Ansätzen der ,Reformpädagogik‘ und des ,Poststrukturalismus‘. Schon in den 1970er Jahren erkannte Wolfgang Iser, dass der Leser selbst an der Sinnbildung des Texts beteiligt ist, in dem er beim Lesen aktiv Leerstellen füllt. So wurde hier bereits das Lesen als ein produktiver Akt verstanden. Mittels der Handlungs- und Produktionsorientierung wird nach Spinner nun die Sinnbildung zusätzlich durch produktive Aufgaben unterstützt. So werden durch den produktiven und handelnden Umgang mit dem Text in z.B. der Form des Malens oder auch Spielens die ,Leerstellen‘ des gelesenen Texts gefüllt und der Leser kommt zu einer persönlichen Erkenntnis. (vgl. Spinner 2013, S. 320) Zusätzlich zur Rezeptionsästhetik findet sich der Ursprung des handlungs- und produktionsorientierten Unterrichts in dem reformpädagogischen Ansatz des praktischen Lernens‘. Aus diesem stammt die Erkenntnis, dass Schülerinnen und Schülern Wissen nicht gelehrt werden sollte, sondern von ihnen selbst erlebt werden muss. Sie sollen beim Umgang mit Texten nicht nur einfach Informationen aus einem Text ziehen, sondern vielmehr selbst mit allen Sinnen und ihren Händen aktiv werden, um so den Text besser zu verstehen. Nach Andreas Flitner sollen sie mit „Kopf, Herz und Hand [...] lernen." (Haas, Menzel, Spinner 2000, S. 7) Weiterhin geht der Poststrukturalismus davon aus, dass Texte nicht in sich geschlossene Texte sind, sondern dynamisch sind. Das bedeutet, dass sie durchsetzt sind von verschiedenen Bedeutungssträngen, die sich gegenseitig auch widersprechen können. Somit gibt es nicht die eine einzige Bedeutung, die im Zuge einer Interpretation aufgedeckt wird, sondern der Leser muss den eigenen Sinn für sich finden, in dem er den Text selbst individuell dekonstruiert. Dazu eignen sich insbesondere handlungs­und produktionsorientierte Verfahren (vgl. Haas, Menzel, Spinner 2000, S. 8).

3.2. Relevanz von Handlungs- und Produktionsorientierung für den Umgang mit Balladen

Die Frage ist, warum es im modernen Literaturunterricht notwendig ist, handlungs- und produktionsorientierte Verfahren zur Erschließung von Texten zu nutzen, wenn doch bereits analytische Verfahren existieren. Reicht es nicht aus, eine Ballade nach einer festen Struktur schematisch zu interpretieren? Welche Gründe könnte es geben, handlungs- und produktionsorientierte Verfahren anzuwenden? Der deutsche Didaktiker Waldmann geht davon aus, dass der handlungs- und produktionsorientierte Unterricht eine Alternative zu analytischen Verfahren darstellt. Er sieht in den Verfahren nicht etwa die Fortsetzung oder Ergänzung der traditionellen Analyse, sondern versteht sie als eigenständige Analysemittel, die auch die traditionelle Analyse ersetzen können. Er empfindet letztere also nicht als notwendig. Auch Gerhard Haas schließt sich dieser Ansicht an, dass traditionell analytische Verfahren nicht angewandt werden müssen. Jedoch sieht er sie als eine sinnvolle Ergänzung von handlungs- und produktionsorientierten Verfahren. Vom Unterrichtsablauf her sieht er jedoch vor, dass zuerst handlungs- und produktionsorientierte Verfahren genutzt werden bevor eine Textanalyse stattfindet. (vgl. Spinner 2013, S. 321) Ein Problem herkömmlicher analytischer Verfahren ist, dass sie nicht allen Schülerinnen und Schülern gerecht werden. Bei den analytischen Verfahren wird Redegewandtheit, schnelles Denken und Reagieren sowie analytisches Talent vorausgesetzt. Jedoch gibt es auch Schülerinnen und Schüler, die sprachlich weniger gewandt und eher musisch oder künstlerisch begabt sind. Bei diesen Schülerinnen und Schülern bewirken analytische Verfahren eher das Gegenteil dessen auf was ein Literaturunterricht abzielen sollte; nämlich eine Antipathie gegenüber Literatur. Des Weiteren bewirken sie, dass schwächere Schülerinnen und Schüler merken, dass sie nicht den Anforderungen entsprechen, was wiederum dazu führt, dass sie letztlich resignieren. Handlungs- und produktionsorientierte Verfahren wiederum sind vielfältig und sprechen somit auch schwächere und eher praktisch veranlagte Schülerinnen und Schüler an (vgl. Haas, Menzel, Spinner 2000, S. 8). Sie sind letztlich vor allem schülerorientiert. Ziel ist hier eine individuelle Annäherung an den literarischen Text mit dem letztlichen Ziel des besseren Textverständnisses. Die Ergebnisse sind dabei nicht einheitlich, sondern es gibt immer wieder Überraschungen bei dem, was die Schülerinnen und Schüler produzieren. Dies entspricht der Heterogenität der Schülerschaft und einer „Individualisierung des Unterrichts“ (Haas, Menzel, Spinner 2000, S. 9). Außer dem Textverständnis dienen handlungs- und produktionsorientierte Verfahren auch der Steigerung der Freude am Lesen, sei es in Form von Lesebegleitheften oder Lesetagebüchern. Eine Studie von Fritzsche und Zaborowoski zeigt jedoch, dass die Lesemotivation und das Textverständnis nicht immer höheren Maße ausgebildet werden als bei analytischen Verfahren. Vielmehr war das Textverständnis bei analytischen Verfahren leicht höher ausgeprägt als bei handlungs- und produktionsorientierten Verfahren. (vgl. Zaborowoski 2006, S. 33) Nach Spinner lässt sich hieraus der Schluss ziehen, dass handlungs- und produktionsorientierte Verfahren eher nicht ausschließlich genutzt werden sollten (vgl. Spinner 2013, S.320)[1] Ein weiterer Grund handlungs- und produktionsorientierte Verfahren zu nutzen ist die Förderung der Vorstellungsbildung beim Lesen des Texts. Hinzu kommt die Ausbildung der Fähigkeiten des Selbst- und Fremdverstehens. Die Schülerinnen und Schüler sollen mittels handlungs- und produktionsorientierter Verfahren in der Lage sein, die Perspektive einer Figur zu übernehmen und Empathie zu empfinden. Somit wird auch eine Art „psychologisches Lernen" gefördert, denn die Schülerinnen und Schüler werden dazu aufgefordert, andere Perspektiven nachzuvollziehen, auch wenn diese im ersten Moment eventuell andersartig und fremd erscheinen mögen. Hier nutzen die Schülerinnen und Schüler eigene persönliche Erfahrungen und setzen diese ins Verhältnis zum fremdartig erscheinenden Text. Dies fördert wiederum das Selbstverstehen bzw. die Selbstreflexion. Zusätzlich zur Selbst- und Fremdreflexion dienen die Verfahren auch zur Interpretation. So findet bereits beim Schreiben produktiver Texte wie z.B. eines inneren Monologs eine Textinterpretation statt. Gleiches gilt auch für die Umsetzung eines Textes in eine szenische Darstellung. Des Weiteren werden die Schülerinnen und Schüler beim Schreiben eines Textes in die Situation eines Schriftstellers versetzt und sie werden somit aufmerksam auf die Struktur und Wortwahl von Texten. Beim analogen Schreiben nach einer Textvorlage z.B. kommt es zu einer Imitation ohne, dass die Schülerinnen und Schüler sich explizit der strukturellen Merkmale des Texts bewusst sind. Die eigenen Produktionen wirken zudem zumeist motivierend auf die Schülerinnen und Schüler, so dass die Beteiligung in einem folgenden Unterrichtsgespräch höher ist. Spinner spricht somit den handlungs- und produktionsorientierten Verfahren eine aktivierende Funktion zu. Ein weiterer positiver Effekt der handlungs- und produktionsorientierten Verfahren, ist die Sensibilisierung der Wahrnehmung der Schülerinnen und Schüler. Spinner spricht hier von einer „Synästhesie", denn die Sprache der Balladen bewirkt bei den Schülerinnen und Schülern bildliche und lautliche Vorstellungen. Handlungs- und produktionsorientierter Unterricht verbindet Musik, Kunst und szenisches Spiel. Somit findet hier ein fächerübergreifender Unterricht statt. (Spinner 2013, S. 326 - 331) Ein wichtiger Vorteil handlungs- und produktionsorientierter Verfahren liegt schließlich auch in der Förderung der Selbsttätigkeit. (vgl. Haas, Menzel, Spinner 2000, S. 7) Die Schülerinnen und Schülern werden dazu angehalten selbst aktiv zu werden und eigenständig ihre eigenen Ideen miteinzubringen in einer ganz individuellen Form.

[...]


[1] Für mich stellt sich jedoch hier die Frage, ob das niedrigere Textverständnis nicht doch durch eine falsche bzw. nicht sinnvolle Anwendung der handlungs- und produktionsorientierten Verfahren im Unterricht zustande gekommen sein könnte. Menzel nennt hier das Risiko, dass handlungs- und produktionsorientierter Unterricht zur reinen „Spaßmethode" wird und somit nicht dem Textverständnis dient. (vgl. Menzel 2000, S. 4)

Ende der Leseprobe aus 29 Seiten

Details

Titel
Planung einer Unterrichtssequenz zum Thema Balladen anhand des Beispiels "Der Knabe im Moor" für eine 7. Klasse einer Oberschule
Hochschule
Staatliches Studienseminar für das Lehramt für die Sekundarstufe II, Cottbus
Note
2,3
Autor
Jahr
2019
Seiten
29
Katalognummer
V511789
ISBN (eBook)
9783346102836
ISBN (Buch)
9783346102843
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Unterrichtssequenz, Unterrichtsentwurf, Ballade, Unterrichtsvorbereitung, Germanistik, Der Knabe im Moor, Handlungs- und Produktionsorientierter Unterricht, Didaktik
Arbeit zitieren
Katharina Pangritz (Autor:in), 2019, Planung einer Unterrichtssequenz zum Thema Balladen anhand des Beispiels "Der Knabe im Moor" für eine 7. Klasse einer Oberschule, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/511789

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