Das religiöse Erbe Kaiser Julians


Hausarbeit (Hauptseminar), 2005

21 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

A. Einführung
Hat Julians Versuch einer heidnischen Renaissance seinen Tod überdauert?

B. Hauptteil
1. Die Phase der religiösen Toleranz
1.1.Bedingungen für die Heiden direkt nach Julians Tod
1.2.Der Kampf um den römischen Bischofsstuhl 366
1.3.Die Zaubereiprozesse 369-375
1.4.Conclusio: Die Religionspolitik des Valentinian
2. Die Phase der kaiserlichen Repression
2.1.Die Festschreibung des katholischen Glaubens 380
2.2.Der Streit um den Victoria-Altar 382-384
2.3.Conclusio: Die Religionspolitik des Theodosius

C. Zusammenfassung / Persönliche Bewertungen
Das Erbe von Julian`s “Theosophie“ nach Adrianopel – Haben Gratian und Theodosius Veränderungen in Kirchenfragen einzig bedingt durch militärische Zwänge durchgeführt oder hatten sich die alten Kulte schlicht überlebt?

D. Anhang
1. Bibliographie
2. Bildnachweise

A. Einführung

„Zehn Jahre mehr und diese Kirche wäre eine geschichtliche Tatsache von Dauer geworden.“1

Die nur 20-monatige Amtszeit Kaiser Julians scheint in vielerlei Hinsicht von einiger Bedeutung für die Entwicklung der spätrömischen Geschichte gewesen zu sein. Hieraus möchte ich in dieser Arbeit einen Aspekt herausgreifen und diesen in seiner Wirkung über die Zeit Julians hinaus untersuchen. Es handelt sich um Julians Versuch einer Restaurierung des Heidentums, nachdem dieses ja seit der Zeit Konstantin des Großen zunehmend ins Abseits gedrängt worden war. Es soll der Versuch unternommen werden, darzustellen, ob es sich bei der Entstehung der katholischen Staatsreligion um einen historischen Determinismus der Spätantike handelt oder ob es vielmehr als Folge des schwächelnden römischen Militärs die dringende Notwendigkeit innerer politischer Stabilität gab, welche die Kaiser bis 390 zu dieser Maßnahme zwang. Eine Dämonisierung des Heidentums gab es jedoch größtenteils nicht. Das kann man kurz und knapp belegen.

Die Entwicklung der Religion nach Julians Tod möchte ich in 2 Phasen untergliedern und dann anhand einiger konkreter Ereignisse im Detail betrachten. Die Phase einer relativen religiösen Toleranz unter Jovian, Valententian und Valens zwischen 363 und 375 zum einen und die Phase des strikten legislativen Vorgehens gegen die Heiden unter Gratian und Theodosius von 376 bis 385 zum anderen bilden die Eckpunkte der Arbeit. Größtenteils soll in der Bearbeitung an belegten historischen Ereignissen das Vorgehen des Staates gegen die Heiden dokumentiert werden. So soll als Ausgangspunkt knapp auf die kurze, aber in diesem Zusammenhang nicht ganz unwesentliche, Herrschaft Jovians eingegangen werden, um letztlich mit der Kontroverse um den Viktoria-Altar von 384 die Arbeit zu schließen.

Es kann damit ein Überblick über die Entwicklung des Heidentums in den ersten 21-22 Jahren nach Julians Herrschaft gegeben werden, der vielleicht eine Erklärung über die gänzliche Hinwendung der römischen Staatsmacht um christlichen Glauben geben kann und zugleich verdeutlichen soll, warum man von einem kompletten Scheitern des von Julian gemachten Versuchs einer heidnischen Renaissance sprechen muß. Ohne große Zweifel kann man sagen, daß, um eine neue Interpretation der Glaubensrichtungen des 4. Jahrhunderts ins Spiel zu bringen, man sich dafür nicht nur auf der Grundlage zweier seltsamer Wendepunkte von Begebenheiten bewegen muß: es geht um die Auswirkungen der Zustände, welche in die damalige römische Gesellschaft eindrangen. Hierfür kann man eine Fülle von Quellen heranziehen. Als zuverlässigste Quelle für diese Zeit dient nach wie vor Ammianus Marcellinus, welcher fast durchweg als Historiker anerkannt ist, dessen persönliche Loyalität zum Christentum nahezu gänzlich unbestritten ist.2

Einen wichtigen Punkt in meiner Betrachtung nimmt die Senatsaristokratie in Rom ein, da diese für gewöhnlich als Mittelpunkt der anti-christlichen Bewegung angesehen wird. Um die christliche Sicht der Zeit wiedergeben zu können, stütze ich mich auf die Kirchenhistoriker Socrates und Sozomen. Das Christentum säkularisiert sich zunehmend. Beide entnehmen wenig Material von Amm. , wenn doch, ist es meist etwas verdreht.3 Weil dieser von einer Welt voller religiöser Wunder berichtet? Theologisch gesehen wäre das verständlich.

Was das westliche Reich anbelangt, liefert Amm. den exaktesten Bericht von den Sitten und Bräuchen der nicht-christlichen römischen Gesellschaft. Da sich die Befunde der privaten heidnischen Ansichten größtenteils auf die Senatsaristokratie beschränken, über die Amm. viel erzählt, ist das unstrittig. Nach der Schlacht von Adrianopel beendet Amm. sein Werk, weil für ihn damit eine positive Weiterentwicklung des Römischen Reiches definitiv ausgeschlossen scheint oder wie Wirth meint: „Die Zeit des Theodosius bleibt außer Betracht; es scheint daß der Autor in ihr einen wirklichen, zukunftsweisenden Neuansatz nicht sieht.“4

Für die Zeit von 378 bis Mitte der 380er Jahre stützte ich mich daher auf das (umstrittene) Geschichtswerk des Zosimos (Historia Nova, er rezipierte hier heidnische Autoren wie Eunapius) und als Kontrast wieder auf Socrates und Sozomen. Des weiteren greife ich auf die Reden von Themistus sowie die Briefe des Ambrosius an Kaiser Valentinian II. als Antwort auf die 3.Relatio von Symmachus zurück, wobei im historischen Kontext dieser Arbeit gerade die Bittschrift des letzeren von Bedeutung sein wird.

B. Hauptteil

1. Die Phase der religiösen Toleranz

1.1. Bedingungen für die Heiden / Wiederherstellung der christlichen Rechte unter Jovian

Die Übergangszeit nach dem Tod Julians bis zur Wahl Valentinians und Ernennung Valens zu den neuen Herrschern war eine Zeit der Turbulenzen und Kriegswirren, die weit weniger als zuvor und Jahre danach von der Frage der religiösen Ausrichtung des Imperium Romanum geprägt war. In Antiochia nahm Jovian erstmals seine innenpolitischen Geschäfte auf und widmete sich zunächst der staatlichen Unterstützung und Förderung des unter Julian darbenden Christentums. Da er jedoch gleichzeitig den heidnischen Religionen Religionsfreiheit zuerkannte, gab es dagegen keinen Widerstand und stellt dies auch keinen Widerspruch dar. Außer das er einige Generäle, unter ihnen auch der spätere Ursupator Prokopius, entließ, behielt er Julians Kommandanten und Beamte am Hofe. Er erwies sich als ein sehr auf Ausgleich bedachter Herrscher, was ihm auch viele Lobreden einbrachte.5

Einige Rücktritte und Entlassungen sind aber dennoch dokumentiert, wenngleich sie sich im Vergleich zum verschärften Vorgehen gegen heidnische Amtsträger später unter Gratian und Theodosius eher als Marginalien ausnehmen. Veränderungen in den Fragen der Religion und das mögliche Vorgehen gegen heidnische Würdenträger fanden überhaupt nicht statt. Man darf dabei aber eines nicht übersehen: Jovian befand sich in einer verzweifelten militärischen Lage, so daß es ihm deshalb wenig um die Beschwichtigung der Freunde seines Vorgängers gehen konnte.6

Darüber hinaus brachen eine Vielzahl an innerchristlichen Kontroversen aus, da sich die Christen ja nun wider frei ausdrücken konnten. Es ging zum diesem Zeitpunkt auch gar nicht so sehr um eine Verdrängung der Heiden aus der politische Einflußsphäre oder der Gesellschaft generell. Deshalb konnte Jovian nur hoffen, nachdem er seine Aufgabe in Persien erledigt hatte, nach Konstantinopel zurückzukehren und dort ein politisches Großreinemachen starten zu können. Dazu konnte es aber aufgrund seiner kurzen Amtszeit nicht kommen, egal, ob er nun solche Intentionen überhaupt hatte. Er konnte also seine Fähigkeiten als Vermittler der Kontroversen zwischen den einzelnen christlichen Strömungen wie auch als Wahrer der Toleranz zwischen Christen und Heiden nicht mehr unter Beweis stellen. Sein Eintreten für die Eintracht sollte aber von seinem Nachfolger Valentinian am Leben gehalten werden.7

Als Anhänger des Nicäischen Glaubens, machte Jovian vielen Bischöfen Hoffnungen, er würde alte Verfügungen wiederherstellen. Solche Maßnahmen waren für den Kaiser aber von geringerer Bedeutung als das Bemühen, die verschiedenen christlichen Sekten zu einigen, wie es auch Socrates überliefert: "I abominate contentiousness, but love and honor those exert themselves to promote unanimity."8 Den Heiden gegenüber hat sich er zwar nicht als Fortsetzer julianischer Restaurationspolitik, aber als toleranter Herrscher gegenüber jedem Glauben gezeigt. Er hat damit eine tolerante Phase der christlichen Herrscher gegenüber dem Heidentum eingeläutet. Ob dies noch mit der Person Julians zusammenhing, kann wohl aber eher verneint werden.9

1.2. Der Kampf um den Römischen Bischofsstuhl 366/367

Während der frühere Qästor Viventius in Rom 366 als Stadtpräfekt wirkte, kam es zu

blutigen Kämpfen zwischen den Anhängern der beiden Kandidaten um das Papstamt, Damasus und Ursinus. Beide wollten unbedingt Bischof von Rom werden. Sie lebten ihre Antagonismen bis zum Äußersten aus und sorgten so für Straßenschlachten ihrer Anhänger, was Tote und viel Verletzte zur Folge hatte. Viventius Autorität genügt nicht, um diesem grausamen Treiben Einhalt zu gebieten. Er zog sich aus der Stadt zurück. Damasus ging dank der Unterstützung seiner Anhänger als Sieger aus dem Streit hervor, allerdings fand man in der basilica Sicinini 137 Leichen, die infolge dieses Kleinkrieges ums Leben gekommen waren. Beide Seiten konnten nur unter großer Anstrengung wieder zur Vernunft gebracht werden.10

[...]


1 zitiert in: Spengler, Oswald: Der Untergang des Abendlandes. Umrisse einer Morphologie der Weltgeschichte, Sonderausgabe, München 1979, S.804 und vergleiche Geffken,131 ff.,292

2 vgl. Camus, P., Ammien Marcellin, Paris 1967

3 Als Beispiel kann man den Bischofsstreit in Rom von 366 anführen. Amm. 27.3.12-15.

4 zit. in: Wirth, Gerhard: Einleitung, in: Das Römische Weltreich vor dem Untergang, VIII-IX

5 Themistius Orr.5.69a u. 5.70a-b, Erstere als Lob der Toleranz Jovians u. zweitere als Begründung für das Lob

vgl. Brown , Autorität und Heiligkeit, 56

6 vgl. Heather, Ammianus on Jovian: history and literature, in: The Late Roman World and ...,112-115

7 vgl. Lenski,104-5,236-239 u. Heather,177-178. Eine viel kritischere Sicht Jovians vertritt Wiebe, 123-4,208-9

8 Socrates, 3.25. Ähnlich, aber pro-christlicher Soz.6.3,5. Zosimus schreibt ihm keine Verdienste zu. Zos.3.40

9 Julian`s eigentlicher Nachfolgekandidat, Secundus Salutius, soll jedenfalls durch Jovian – also mit einem christlichen Kaiser – größere Chancen für ein prosperierendes Heidentum gesehen haben. Vgl. O`Donnell,52-53

10 Amm.27.3.11-13, Soc.4.29.1-6, Soz.6.23.1, vgl. Wytzes,90-91

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Das religiöse Erbe Kaiser Julians
Hochschule
Universität Hamburg  (Historisches Seminar)
Veranstaltung
Hauptseminar: Das Römische Reich zwischen Christentum und Heidentum
Note
1,7
Autor
Jahr
2005
Seiten
21
Katalognummer
V51138
ISBN (eBook)
9783638471855
ISBN (Buch)
9783656794295
Dateigröße
655 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
In dieser Arbeit wird der Versuch unternommen werden, darzustellen, ob es sich bei der Entstehung der katholischen Staatsreligion um einen historischen Determinismus der Spätantike handelt oder ob es vielmehr als Folge des schwächelnden römischen Militärs die dringende Notwendigkeit innerer politischer Stabilität gab, welche die Kaiser bis 390 zu dieser Maßnahme zwang. Eine Dämonisierung des Heidentums gab es jedoch größtenteils nicht. Das kann man kurz und knapp belegen…
Schlagworte
Erbe, Kaiser, Julians, Hauptseminar, Römische, Reich, Christentum, Heidentum
Arbeit zitieren
Ivo Jarowinsky (Autor:in), 2005, Das religiöse Erbe Kaiser Julians, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/51138

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