Videojournalismus - Revolution in der deutschen Fernsehlandschaft oder schlechtes Produkt der Medienkrise?


Seminararbeit, 2005

18 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Gliederung

1. Einleitung

2. Zur Geschichte des Videojournalismus

3. Einen Beitrag produzieren – Arbeitsschritte eines Videojournalisten
3.1 Der Dreh vor Ort – Vorbereitung und Umgang mit der Kamera
3.1.1 Vorbereitung
3.1.2 Umgang mit der Kamera
3.2 Der Schnitt – Bildauswahl und -bearbeitung
3.3 Das Texten

4. Vor- und Nachteile des Videojournalismus
4.1 Finanzieller Aspekt
4.2 Technischer Aspekt
4.3 Berufsfeldspezifischer Aspekt
4.4 Qualitativer Aspekt
4.5 Zeitlicher Aspekt

5. Schlussbemerkung zur Zukunft des Videojournalismus

Anlagen: - Literaturverzeichnis

Erklärung

1. Einleitung

In Zeiten der Medienkrise, die im Jahr 2001 in Deutschland begann und bis heute anhält, hatten und haben die Bereiche Print, Hörfunk und Fernsehen mit finanziellen Einbußen durch Verluste von Auflagen-, Hörer- und Zuschauerzahlen zu kämpfen.

Das Fernsehen ist dienliches Beispiel für die in den letzten Jahren zunehmend negativen Entwicklungen in der deutschen Medienlandschaft. Hauptproblem ist das Ausbleiben von Werbeeinnahmen durch Anzeigenkunden bzw. die Verlagerung der Anzeigen vom Print- in den Onlinebereich. Somit wurde Wirtschaftlichkeit, also Einsparungen finanzieller Art, zur obersten Priorität. Das Konkurrenzdenken zwischen den Sendern nimmt zwangsläufig zu und kleine Projekte haben gegen die „TV-Riesen“ oftmals keine Chance. Es bedarf neuen Konzepten, um die Fernsehanstalten aus der finanziellen Krise zu führen.

Eine Möglichkeit ist der Abbau im personellen Sektor. Hierbei setzen mehr und mehr Fernsehanstalten auf eine Verkleinerung ihrer Einsatzteams. Dies kann im Extremfall soweit führen, dass eine einzige Person als Personalunion übrig bleibt und die Arbeit eines ganzen Produktionsteams übernimmt. „Es beginnt mit der Recherche, setzt sich mit ständiger Wachsamkeit bei den Aufnahmen fort und endet mit dem hohen Stress am Computer beim Zusammensetzen der Bilder im Schnittsystem.“[1] Dieser neu entstandene Beruf ist der des Videojournalisten, kurz VJ.

In den USA und in Großbritannien ist der Beruf des Videojournalisten bereits fest etabliert. Auch die deutschen Fernsehsender haben seit einigen Jahren begonnen, auf VJ umzurüsten. Damit setzt für manche Fernsehexperten eine Revolution ein, die in den kommenden Jahren die Fernsehlandschaft gänzlich umwälzen soll. Andere haben den neu entstandenen Berufszweig zwar vernommen, messen ihm allerdings nur geringe Bedeutung bei. Videojournalisten als „eierlegende Wollmilchsäue“[2] sind nicht nur aus ökonomischer, sondern auch aus journalistisch-qualitativer Sicht umstritten. Die damit einhergehende Diskussion über die Vor- und Nachteile des Videojournalismus hält bis heute an.

Kann man bei den Ein-Mann-Produktionen wirklich von einer „tiefgreifenden Umstrukturierung“[3], gar einer Revolution im Fernsehgeschäft sprechen? Können VJ überhaupt journalistisch anspruchsvolle Beiträge erstellen oder sind die deutlichen Qualitätsverluste in ihren TV-Beiträgen sichtbar? Gibt es neben den finanziellen Einsparungen weitere Gründe, die für den Videojournalismus sprechen? Wenn ja, welche sind das? Welche Rolle spielt beispielsweise der lokale und regionale Bezug, der durch Videojournalisten angeblich stärker in den Vordergrund rückt? Auf den folgenden Seiten werde ich versuchen, diese und andere Fragen rund um den Themenkomplex zu beleuchten und somit einen allgemeinen Überblick über den vielversprechenden, aber auch kritisch betrachteten Videojournalismus zu vermitteln.

2. Zur Geschichte des Videojournalismus

Im Laufe der letzten zwei Jahrzehnte hat sich nach Meinung vieler Medienwissenschaftler im Fernsehjournalismus ein Wandel vollzogen, der bis heute anhält. Nicht nur technische Fortschritte haben die Arbeit beim Fernsehen grundlegend verändert, auch gesellschaftliche und ökonomische Veränderungen hinterlassen ihre Spuren. Noch im Jahr 1989 waren Dreheinsätze üblich, bei denen „die gesamte Gruppe mit ihrer Ausrüstung in einem Kleinbus Platz [hatte]: der Redakteur, der Reporter, [...] der Regisseur, der Kameramann, der Kameraassistent, der Aufnahmeleiter [sowie] der Kraftfahrer (der in unserem Fall gleichzeitig als Beleuchter fungiert)“[4]. Und bei diesem Beispiel handelte es sich lediglich um die Personalauflistung für einen „relativ kleinen Film“, bei dem nur „das Nötigste an Mitarbeitern und Technik“[5] benötigt wurde. Freilich muss erwähnt werden, dass aufgrund des damaligen Umfangs an Technik ein Videojournalist allein gar nicht im Stande gewesen wäre, einen TV-Beitrag zu produzieren. Trotzdem macht das Zitat deutlich, wie enorm sich das Berufsprofil im Fernsehen in den vergangenen zwei Jahrzehnten gewandelt hat. Auch bis heute sind Teams bestehend aus einem Journalisten, einem Kameramann, dem Tonoperateur, dem Cutter und weiteren Technikern in vielen Fernsehanstalten üblich. Gänzlich ohne diese eingespielten und professionellen Teams auszukommen, das traut sich wohl noch kein Sender zu. Doch ihre Zahl sinkt. Immer öfter ist „der Videojournalist [...] gleichzeitig Generalist und erledigt die vier Jobs.“[6]

Der „Guru“ und angeblicher Erfinder des Videojournalismus ist der Amerikaner Michael Rosenblum. Er ist ehemaliger CBS-News-Redakteur, unterrichtet an der New Yorker Universität, betreibt heute verschiedene Medienunternehmen und arbeitet nach eigenen Angaben seit über 13 Jahren, anfangs noch heimlich, als Videojournalist. In Europa und in den USA erlangte Rosenblum vor allem durch seine „Bootcamps“ Bekanntheit; spezielle Trainingslager, in denen „normale“ Journalisten zu angehenden Videojournalisten ausgebildet werden. Auch die BBC in Großbritannien ließ sich im Jahr 2002 mit Rosenblums Hilfe erstmals auf das „Experiment Videojournalismus“ ein, indem sie die regionale und lokale Berichterstattung völlig neu konzipierte und ca. 100 Mitarbeiter aus den Landesstudios zu angehenden Videojournalisten umschulen ließ. Allein im Jahr 2004 hat der Sender 750 VJ ausgebildet. Mittlerweile arbeiten über 600 für den Sender. Langfristige Planungen sehen vor, die vierzig in Großbritannien verteilten „Newsrooms“, die lokalen Studios der BBC, ausschließlich mit Videojournalisten zu besetzen.

Als deutsches Pendant zur britischen BBC hinsichtlich seiner Vorreiterrolle auf dem Gebiet des Videojournalismus kann man den Hessischen Rundfunk, einen öffentlich-rechtlichen Fernsehsender, bezeichnen. Er hat die Pionierfunktion unter den deutschen TV-Anstalten bzgl. der Einführung des Videojournalismus inne. Im September 2003 veranstaltete Rosenblum auch hier erstmals eines seiner dreiwöchigen „Bootcamps“.

Im Jahr 2001 hat der HR mit den „Videoreportern“ die Vorstufe zum Videojournalismus erreicht. Videoreporter sind Hörfunkredakteure und Hörfunkkorrespondenten, die neben dem Tonmaterial für ihren Hörfunkbeitrag auch mittels Digitalkamera bewegte Bilder für themenähnliche TV-Beiträge aufzeichnen. Dadurch gelingen einerseits finanzielle und zeitliche Einsparungen, denn ein einziger Mitarbeiter holt das Material für mehrere Projekte ein. Andererseits wird der Lokalbezug verstärkt, da mehr Material für regionale und lokale Themen vorliegt und letztlich auch gesendet werden kann. Das wiederum festigt die Zuschauerbindung. Mittlerweile laufen auf dem HR täglich etwa sieben TV-Beiträge von Videojournalisten[7].

„Die meisten Rundfunkanstalten sind inzwischen bereit auszuprobieren, welche Vorteile es bringt, wenn ein Reporter mit kleiner Digitalkamera, Stativ und Block allein zum Dreh geht statt mit einem Team, bestehend aus einem Kameramann, einem Tonassistenten und einem Redakteur. Doch werden die ersten Schritte vorsichtig gemacht.“[8] Bislang sind vor allem die öffentlich-rechtlichen Sender bereit, mit VJ zu arbeiten. „Der Bayerische Rundfunk hat bereits acht seiner 19 Hörfunkbüros bimedial mit Videoreportern aufgerüstet. Auch bei der Deutschen Welle und beim Mitteldeutschen Rundfunk arbeiten Videojournalisten[...]. Ein Pilotprojekt zum Berufszweig wurde vom Norddeutschen Rundfunk gestartet, beim ZDF ist eines in Planung.“[9]

[...]


[1] Foraci, Franco: Don´t move the fucking camera! In: Cut – Das Broadcast-Magazin, Bd. 7 (2003), Heft 10/11, S. 44

[2] Donat, Werner: Lottokönig und Wiedschäj. Digitalisierung im Fernsehen: veränderte Arbeitsteilung und Berufsbilder. In: Zeitschrift „Menschen Machen Medien“, Berlin, Heft 12/2004, S.22

[3] Samlowski, Wolfgang: Videojournalist – vier Berufe in einem. In: Zeitschrift „Menschen Machen Medien“, Berlin. Heft 6-7/2004, S.15

[4] Sektion Journalistik der Karl-Marx-Universität Leipzig: Technik für Fernsehjournalisten. Studientexte zu Theorie und Methodik des Fernsehjournalismus. Karl-Marx-Universität Leipzig, Leipzig 1989

[5] s.oben

[6] Nowara, Thomas: Von DV zum Videojournalisten. In: Medien Bulletin, Nr. 9/2003, S. 49

[7] Henk, Malte: Einer wird gewinnen. In: Die Zeit, Nr. 12, 17.03.2005, auf http://www.zeit.de/2005/12/Videojournalismus?page=2

[8] Bermüller, Verena: Das alte Fernsehen stirbt. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 02.10.2004, S. 43. http://www.kliebhan.de/vj/faz04-10-02.pdf

[9] Henk, Malte: Einer wird gewinnen. In: Die Zeit, Nr. 12, 17.03.2005, auf http://www.zeit.de/2005/12/Videojournalismus?page=2

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Videojournalismus - Revolution in der deutschen Fernsehlandschaft oder schlechtes Produkt der Medienkrise?
Hochschule
Universität Leipzig  (Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaften)
Veranstaltung
Seminar Grundlagen des Fernsehjournalismus
Note
1,3
Autor
Jahr
2005
Seiten
18
Katalognummer
V51105
ISBN (eBook)
9783638471626
ISBN (Buch)
9783656804260
Dateigröße
516 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagworte
Videojournalismus, Revolution, Fernsehlandschaft, Produkt, Medienkrise, Seminar, Grundlagen, Fernsehjournalismus
Arbeit zitieren
Nancy Fischer (Autor:in), 2005, Videojournalismus - Revolution in der deutschen Fernsehlandschaft oder schlechtes Produkt der Medienkrise?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/51105

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