Preisstruktur und Preisdynamik im Amazon Marketplace. Einflussfaktoren und Vergleich zu eigenständigen Onlineshops


Fachbuch, 2020

201 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Danksagung

Kurzfassung

Abstract

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Stand der Forschung
1.3 Zielsetzung
1.4 Aufbau und Struktur

2 Theoretischer Hintergrund der Preisbildung im E-Commerce
2.1 Preistheorie
2.2 Produktions- und Kostentheorie
2.3 Neuere Ansätze der Mikroökonomie
2.4 Preispolitische Entscheidungen im Marketing
2.5 Besonderheiten im E-Commerce
2.6 Eigenschaften von Marktplätzen
2.7 Eigenschaften und Funktionsweise vom Amazon Marktplatz

3 Methodik und Untersuchung
3.1 Forschungsmodell und Forschungsdesign
3.2 Kodierung und Dimensionalisierung
3.3 Datenerhebung und -analyse
3.4 Ergebnisse der statistischen Auswertung

4 Zusammenfassung und Interpretation der Ergebnisse
4.1 Ergebniszusammenfassung
4.2 Interpretation und Hypothesengenerierung
4.3 Diskussion & Limitation

5 Fazit und Ausblick

Literaturverzeichnis

Anhang
Anhang 1: Offene Kodierung
Anhang 2: Deskriptive Statistiken der selektiven Kodierung

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Impressum:

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Danksagung

Mein erster Dank gilt meinem Betreuer Herrn FH-Prof. Dr. Andreas Auinger, der meine Masterarbeit mit sehr viel Engagement und Geduld fachlich betreut hat und mich mit seinem fachkundigen Rat unterstützte und mir stets Verständnis entgegenbrachte.

Ein großer Dank gilt meiner Freundin Susanne, die mich mit größter Geduld und sehr viel Verständnis für die fehlende gemeinsame Freizeit bei dieser Arbeit unterstützt und mich immer wieder aufs Neue motiviert hat.

Ich danke vor allem meinen Eltern für jegliche Unterstützung in meinem Leben und während meiner gesamten Studienzeit. Danke, dass ihr mich in allen Lebenslagen unterstützt habt und mir immer mit Rat und Tat zur Seite standet.

Auch dem Team von Prisync.com möchte ich meinen Dank aussprechen, die mich beratend bei dem Vorhaben dieser Arbeit tatkräftig unterstützt haben. Ohne die schnelle und kompetente Hilfe des Startup-Teams wäre die Umsetzung dieser Arbeit nicht möglich gewesen.

Kurzfassung

Anlass für die folgende Arbeit war die Problemstellung der preislichen Gegensätze, die der Amazon Marktplatz in sich vereint. Zum einen steht er für sehr wettbewerbsfähige Preise, zum anderen gibt es jedoch auch Faktoren, wie z. B. die Verkaufsgebühren, die dem entgegenstehen. Deshalb war es Ziel dieser Arbeit, zu untersuchen, ob es Preisdifferenzen im Vergleich zu Preisen in Onlineshops gibt, und welche Faktoren diese Differenzen beeinflussen. Wichtig war dabei auch, festzustellen, in welchem Fall die gefundenen Faktoren die Preise auf Amazon eher günstiger oder eher teuer als bei den Vergleichspreisen erscheinen lassen. Um dieses Ziel zu erreichen, wurde ein exploratives Vorgehen gewählt. Unter Berücksichtigung der vorhandenen wissenschaftlichen Literatur wurde diese in einem neuen Kontext in Zusammenhang gebracht, um aus den Ergebnissen ein Modell zur Bestimmung der relativen Preishöhe von Produktpreisen im Amazon Marktplatz verglichen mit Preisen in Onlineshops festzustellen. Methodisch wurde dieses Vorhaben durch den Einsatz der Grounded Theory umgesetzt. Zusätzlich wurde eine softwaregestützte Preisbeobachtung, sowohl auf dem Amazon Marktplatz als auch in eigenständigen Onlineshops vorgenommen. Aus dieser Beobachtung konnten durch Anwendung deskriptiver Statistikauswertungen konkrete Aussagen zu der Preisdynamik von Produkten bei Amazon im Vergleich zu Onlineshop Preisen getroffen werden.

Letztendlich wurde aus den gewonnenen Daten ein Modell mit 3 zentralen Elementen erstellt. Demnach haben die Sichtbarkeit eines Produktes innerhalb des Amazon Marktplatzes, der Höhe der Verkaufsgebühren für das Produkt und den Bedingungen auf verschiedenen Wettbewerbsebenen innerhalb und außerhalb des Marktplatzes den größten Einfluss auf Preisunterschiede zwischen einem Produkt auf dem Amazon Marktplatz und demselben Produkt in einem Onlineshop.

Abstract

The reason for the following work was the problem of the price contrasts that the Amazon marketplace unites. On the one hand it stands for very competitive prices, on the other hand there are also factors, such as the sales fees, which oppose this. Therefore, the aim of this paper was to investigate whether there are price differences compared to prices in online shops and which factors influence these differences. It was also important to determine in which case the factors found would make the prices on Amazon more favourable or more expensive than the comparative prices. In order to achieve this goal, an explorative approach was chosen. Taking into account the existing scientific literature, this was brought into context in a new context in order to determine from the results a model for determining the relative price level of product prices in the Amazon marketplace compared to prices in online shops. This project was methodically implemented using Grounded Theory. In addition, software-supported price monitoring was carried out both on the Amazon marketplace and in independent online shops. From this observation, concrete statements on the price dynamics of products at Amazon compared to online shop prices could be made through the application of descriptive statistical evaluations.

In the end, a model with 3 central elements was created from the data obtained. Accordingly, the visibility of a product within the Amazon marketplace, the level of sales fees for the product and the conditions at different competitive levels within and outside the marketplace have the greatest influence on price differences between a product on the Amazon marketplace and the same product in an online shop.

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Übersicht zur Vorgehensweise

Abb. 1: Marktgleichgewicht mit Angebots- und Nachfrageüberhang

Abb. 2: Anpassungsprozesse nach dem Spinnweb-Theorem

Abb. 3: Kostenverläufe in der Kostenfunktion

Abb. 4: Ermittlung des Gewinnmaximums

Abb. 5: Determinanten der Transaktionskostentheorie

Tabelle 2: Wichtigste neuere Ansätze der neuen Mikroökonomie

Abb. 6: Magisches Dreieck preispolitischer Spielräume

Abb. 7: Umsatz- und Gewinnverlauf im Produktlebenszyklus

Abb. 8: Entscheidende Faktoren der Killer-Differenzierung

Abb. 9: Das 3-B-Modell in der Produkteignungsmatrix

Abb. 10: Klassische Customer Journey mit Touchpoints

Abb. 11: Formen der Preisbündelung

Abb. 12: Grundprinzipien eines Online-Marktplatzes

Abb. 13: Ökosystem elektronischer Marktplätze

Tabelle 3: Liste mit Vorteilen von elektronischen Marktplätzen

Abb. 14: Ringe der Macht in der Internet-Ökonomie

Abb. 15: Das Amazon-Geschäftsmodell nach einer Skizze von Jeff Bezos

Abb. 16: Amazon Leistungsangebot

Tabelle 4: Auszug prozentualer Verkaufsgebühren auf Amazon

Abb. 17: Rankingfaktoren bei Amazon

Tabelle 5: Attribute zur Beeinflussung der Amazon-Rankingfaktoren

Abb. 18: Amazon Buy-Box

Abb. 19: Ebenen im Amazon-Marktplatz

Abb. 20: Kodier-Prozeduren nach systematischer Anordnung

Abb. 21: Schematische Darstellung des Forschungsdesigns

Tabelle 6:Zusammenfassung der offenen Codes in Konzepten

Tabelle 7: Ausprägungsdefinition Buy-Box Wettbewerbsintensität

Tabelle 8: Ausprägungsdefinition Branche

Tabelle 9: Ausprägungsdefinition Preisniveau

Tabelle 10: Ausprägungsdefinition Bündelung

Tabelle 11: Ausprägungsdefinition Absatzmenge

Tabelle 12: Ausprägungsdefinition Amazon Vendor

Tabelle 13: Ausprägungsdefinition Tageszeit

Tabelle 14: Ausprägungsdefinition Wochentag

Tabelle 15: Ausprägungsdefinition E-Commerce-Eignung

Tabelle 16: Ausprägungsdefinition Produktbewertung

Tabelle 17: Ausprägungsdefinition Artikel-Erstelldatum

Tabelle 18: Ausprägungsdefinition Optimierungsgrad

Tabelle 19: Ausprägungsdefinition Amazon Prime

Tabelle 20: Ausprägungsdefinition Logistikhandling

Tabelle 21: Zusammenfassung der Fallverarbeitung in der Gesamtheit der Stichprobe

Tabelle 22: Deskriptive Statistiken der Gesamtheit der Stichprobe

Abb. 22: Histogramm Normalverteilung der Gesamtheit der Stichprobe

Tabelle 23: Mittlere Differenzwerte der wirtschaftlichen Faktoren

Tabelle 24: Mittlere Differenzwerte der zeitlichen Faktoren

Tabelle 25: Mittlere Differenzwerte der E-Commerce-Spezifischen Faktoren

Tabelle 26: Mittlere Differenzwerte der Amazon-Spezifischen Faktoren

Abb. 23: Preisdifferenzen in Bezug auf die Buy-Box Wettbewerbsintensität

Abb. 24: Preisdifferenzen in Bezug auf die Branche

Abb. 25: Preisdifferenzen in Bezug auf das Preisniveau

Abb. 26: Preisdifferenzen in Bezug auf Bündelungen

Abb. 27: Preisdifferenzen in Bezug auf die Absatzmenge

Abb. 28: Preisdifferenzen in Bezug auf Amazon Vendor

Abb. 29:Preisdifferenzen in Bezug auf E-Commerce Eignung

Abb. 30: Preisdifferenzen in Bezug auf die Produktbewertung

Abb. 31:Preisdifferenzen in Bezug auf das Artikel-Erstelldatum

Abb. 32: Preisdifferenzen in Bezug auf den Optimierungsgrad

Abb. 33: Preisdifferenzen in Bezug auf das Logistikhandling

Abb. 34: Magisches Dreieck der Amazon Preisgünstigkeit

1 Einleitung

1.1 Problemstellung

Der Onlinehandel erfreut sich immer größerer Beliebtheit bei Käufern. Seit Jahren stieg der Anteil des E-Commerce im Bereich B2C jedes Jahr an. Heute, im Jahr 2018, macht der E-Commerce in Deutschland einen Umsatzanteil von 65,1 Milliarden Euro aus.1 Einen großen Anteil am gesamten E-Commerce-Bereich stellen dabei Marktplätze mit 35%. Das wird insbesondere bei dem Marktplatz von Amazon deutlich. Amazon verzeichnet einen sehr hohen Anteil am Onlinehandel in Deutschland. In der Gesamtheit machen die Umsätze bei Amazon 2018 insgesamt 46% vom Gesamtumsatz des Onlinehandels in Deutschland aus, wobei 27% auf den Amazon Marktplatz und 19% auf den Eigenhandel von Amazon entfallen.2 Mit einem so hohen Marktanteil, sticht Amazon als Plattform im E-Commerce hervor. Hier stellt sich schnell die Frage woran dieser Erfolg liegen könnte. Dies hat sicherlich viele Einflussfaktoren. Betrachtet man eine Studie von PwC im Jahr 2018, so wird schnell klar, dass der Preis eine wichtige Rolle für das Einkaufsverhalten spielt.3 Dieses hohe Preisbewusstsein in der deutschen Bevölkerung wurde in mehreren Studien, wie z. B. einer aktuellen Untersuchung von VuMA gezeigt. Dabei achten über 66% der Bevölkerung eher auf den Preis als auf die Marke.4 Mitunter ein Grund für den Erfolg von Amazon, sind also konkurrenzfähige Preise von Angeboten auf der Amazon-Plattform.

Aus Sicht der Anbieter auf der Amazon-Plattform stehen dem jedoch einige Umstände entgegen. Jeder professionelle Anbieter, der auf dem Amazon-Marktplatz verkaufen möchte, muss dazu Gebühren entrichten. Diese bestehen aus einem fixen und einem variablen Anteil. Den größten Einfluss auf die Preisgestaltung hat jedoch der variable Anteil, der sich je nach Kategorie prozentual unterscheidet.5 Die meisten Kategorien sind mit einer Verkaufsgebühr von 12 oder 15 % versehen. Hier muss jedoch beachtet werden, dass diese Gebühr eine netto Gebühr auf den brutto Gesamtumsatz darstellt. Das bedeutet, dass der reale Anteil am Warenverkaufswert wesentlich höher ist als die angegebenen Prozentzahlen. Dies kann mit folgender Beispielrechnung verdeutlicht werden.

Bsp: Gesamtumsatz 10 € brutto, davon entfallen 5 € auf Versand & Verpackung, die Verkaufsgebühr liegt beispielhaft bei 15 %.

15% von 10 € sind 1,50 € Verkaufsgebühren. Der tatsächliche Bruttowarenwert beträgt nur 5 €, Versand und Verpackung werden im Regelfall nur an den Endkunden durchgereicht und enthalten keine Gewinne, ganz unabhängig davon, ob einzeln angegeben, oder als „Versandkostenfrei“ angegeben aber vorher einkalkuliert. Zur weiteren Berechnung werden zwei Nettowerte benötigt. Der Nettowarenwert aus 5 € liegt bei einer Umsatzsteuerhöhe von 19% bei 4,20 €. Der reale Anteil der Verkaufsgebühren am Warenwert läge in diesem Fall also bei 1,50*100/4,2= 35,71%.

Unter Anbetracht dieser Gegensätze, stellt sich daher die Frage, ob es Preisdifferenzen im Vergleich zu anderen E-Commerce-Bereichen ohne diese Gebühren wie z. B. eigenständigen Onlineshops gibt. Falls Preisdifferenzen in solch einem Fall beobachtet werden könnten, müsste weiterhin untersucht werden, durch welche konkreten Gegebenheiten diese Differenzen zustande gekommen sind. Auslöser für unterschiedliche Preisgestaltungen können sehr mannigfaltig sein.6 In der Literatur werden unter anderem ökonomische Faktoren und Gründe wie z. B das Gewinnstreben von Unternehmen7, als auch strategische Auslöser, wie z. B. Imagebildung von Marken angeführt.8 Was in der Literatur bis jetzt jedoch nicht erklärt wird, ist die Aussage darüber, ob sich diese allgemeinen Auslöser im E-Commerce Kanalspezifisch unterscheiden lassen können. Da ein Marktplatz ein komplexes Konstrukt mit vielen möglichen Ansatzpunkten zur Preisbildung ist9 und sich auch die Verkaufsgebühren bei Amazon je Kategorie unterscheiden, muss in Betracht gezogen werden, dass diese spezifischen Einfluss­faktoren Auswirkungen auf die Preisgestaltung haben könnten. Insbesondere für Unternehmen, die ihre Produkte auf Amazon anbieten oder Überlegungen dazu anstellen, wären Informationen über mögliche Preisdifferenzen, sowie deren Ursache und Intensität hilfreich, um damit beispielsweise bessere strategische Entscheidungen treffen zu können. Diese Informationen können den Unternehmen womöglich zum einen eine Orientierung geben, ob auf Amazon angeboten werden soll, und zum anderen auch zur Identifikation von Stellschrauben für die eigene Preisgestaltung dienen. Deshalb soll im Rahmen dieser Arbeit die folgende Forschungsfrage beantwortet werden:

Welche Einflussfaktoren des Amazon Deutschland Marktplatzes haben die größte Wirkung auf Preisdifferenzen von B2C Produktangeboten im Vergleich zu deutschsprachigen, eigenständigen Onlineshops?

1.2 Stand der Forschung

Ein allgemeiner, umfassender Vergleich der Preisgestaltung zwischen der Amazon Plattform und eigenständigen Onlineshops wurde so bisher noch nicht vorgenommen. Die Untersuchung von Preisdifferenzen wurde allerdings bezogen auf die Buchindustrie 2001 in England bereits durchgeführt, wobei die Preise von Angeboten auf Amazon mit denen von anderen Buchhändlern und dessen Onlineauftritte verglichen wurden.10 Dabei hat sich beispielsweise der Bekanntheitsgrad eines Buches, definiert durch „Bestseller“-Titel, als wesentlicher Einflussfaktor für die Preisgestaltung herausgestellt. Diese Studie ist aber zum einen durch die rasante Entwicklung im E-Commerce und zum anderen durch die Begrenzung auf lediglich eine Branche mit abweichender, nationaler Gesetzgebung nicht mehr relevant. Insbesondere deshalb, da in Deutschland nach §1 bis §10 BuchPrG eine gesetzliche Buchpreisbindung existiert, an die auch Amazon gebunden ist.

Ebenfalls in Bezug zum Buchhandel, allerdings für den amerikanischen Markt, wurde von Chevalier und Goolsbee 2003 eine Untersuchung durchgeführt. Dabei wurde die Preiselastizität der Büchernachfrage von Amazon.com mit der von BarnesandNoble.com verglichen. Die Ergebnisse zeigen eine signifikante Preissensibilität bei beiden Händlern, aber die Nachfrage bei BarnesandNoble.com war wesentlich preiselastischer als die Nachfrage bei Amazon.com.11

Weiterhin wurde in einer Studie von Zhuo der Preiswettbewerb zwischen Amazon und Big-Box-Stores wie Target und Best Buy in den USA untersucht. Dabei wurde beobachtet, wie sich die Preise bei Amazon verändern, wenn die beiden anderen Akteure eine Preisgarantie für dieselbe Preishöhe wie Amazon versprechen. Im Ergebnis wurden nach anfänglich niedrigeren Preisen höhere Preise bei allen drei Parteien festgestellt. In jedem Fall kam es dabei zu einer solchen Angleichung der Preise von den verschiedenen Anbietern, dass ein wettbewerbswidriges Vorgehen vermutet werden konnte.12

1.3 Zielsetzung

In dieser Arbeit soll die Preisdynamik von Amazon genauer untersucht werden. Als Vergleichswert gelten dabei immer die Preiswerte von eigenständigen Onlineshops. Ziel ist es, festzustellen, ob es Preisdifferenzen zwischen den beiden E-Commerce Instanzen Amazon und eigenständige Onlineshops gibt, und welche Einflussfaktoren auf Seite der Amazon-Plattform, Einfluss auf diese möglichen Differenzen nehmen. Da die Forschungsfrage „Welche Einflussfaktoren des Amazon Deutschland Marktplatzes haben die größte Wirkung auf Preisdifferenzen von B2C Produktangeboten im Vergleich zu deutschsprachigen, eigenständigen Onlineshops?“ eine gewisse Komplexität aufweist, soll diese hier in weitere Teilforschungsfragen untergliedert werden. Zu beachten ist dabei, dass sich die Preisdifferenz immer auf den durchschnittlichen, prozentualen Preisunterschied der jeweiligen Produkte zu einem gewissen Zeitpunkt zwischen dem Amazon Marktplatz und eigenständigen Onlineshops bezieht.

Teilforschungsfrage 1

Was sind mögliche Einflussfaktoren für die Preisgestaltung auf dem Amazon Marktplatz?

Zunächst müssen mögliche Einflussfaktoren identifiziert werden, um weitere Nachforschungen anstellen zu können. Ziel ist es dabei, einen Pool an möglichen Faktoren aus der vorhandenen wissenschaftlichen Literatur zu erstellen.

Teilforschungsfrage 2

Welche Einflussfaktoren sind relevant in Bezug auf Preisdifferenzen?

Da es eine Vielzahl von möglichen Einflussfaktoren geben könnte, gilt es diese zunächst nach Relevanz zu filtern. Als relevant gilt ein Einflussfaktor dann, wenn in den jeweiligen Faktorenausprägungen deutlichen Preisdifferenzen zum Vergleichspreis in eigenständigen Onlineshops und zwischen den Faktorenausprägungen untereinander beobachtet werden können. Zudem muss der Ansatz der Herleitung eines Faktors direkt auf dessen Einwirkung zur Preisdifferenz hinweisen und darf nicht als Symptom eines alleinigen, übergeordneten Faktors interpretiert werden.

Teilforschungsfrage 3

Welche Differenzrichtung haben die Preisdifferenzen einzelner Ausprägungen von relevanten Einflussfaktoren?

Die Differenzrichtung meint bei dieser Teilforschungsfrage den Werteunterschied ins Negative oder ins Positive. Ein Einflussfaktor, bzw. dessen einzelne Ausprägungen, hat eine negative Differenzrichtung, wenn der Preis auf Amazon durchschnittlich niedriger ist als der Vergleichswert von eigenständigen Onlineshops. Ist der Preis im Vergleich höher, so ist die Differenzrichtung positiv. Diese Forschungsfrage soll also beantworten, ob beobachtete Preisdifferenzen negativ oder positiv zu dem Vergleichswert sind. Ziel ist es damit zu prüfen, ob Einzelfaktoren, bzw. dessen Ausprägungen, einen vergleichsweise höheren, oder niedrigeren Preis auf Amazon verursachen.

Als eigenständige Onlineshops werden dabei immer solche Shops verstanden, die keinen Marktplatz mit mehreren Anbietern darstellen, nicht in andere marktplatzähnliche Systeme oder Shop-in-Shop Lösungen integriert sind und eine eigene Domain besitzen.

1.4 Aufbau und Struktur

Die Untersuchung wird mittels einer softwaregestützten Beobachtung durchgeführt. Dazu sollen Daten primär durch Preistracking erhoben werden. Getrackt wird zum einen jeweils der aktuelle Amazon-Preis eines Produkts, zum andern, zeitgleich, der jeweils günstigste aktuelle Preis von eigenständigen Onlineshops, die in Google Shopping abgebildet werden. Die Beobachtung soll dabei über einen Zeitraum von 4 Wochen aufrechterhalten werden.

Vor der Beobachtungsphase müssen mögliche Einflussfaktoren in der Literatur identifiziert werden. Dazu werden alle zentralen und als wichtig erachteten Theorien, Konzepte, Modelle und Studien aus klassischer & modernerer Ökonomie, dem Themenfeld des E-Commerce und dem von Marktplätzen im Allgemeinen, bzw. Amazon im Speziellen herangezogen. Dieser erste Schritt ermöglicht die Beantwortung der Teilforschungsfrage 1 und ist ein nötiger Bestandteil zur Beantwortung der Hauptforschungsfrage, wodurch die anderen Teilforschungsfragen überhaupt bearbeitet werden können, da diese auf der ersten Teilforschungsfrage aufbauen. Aufgrund der möglichen Einflussfaktoren kann dann eine Beobachtungsliste erstellt werden, in der Artikel manuell aufgenommen werden. Diese Artikel erhalten dann zuvor definierte Faktorausprägungen zugewiesen. Die Ausprägungsdefinitionen orientieren sich ebenfalls an der vorhandenen Literatur und gängiger Praxis, werden jedoch individuell für diese Arbeit angelegt. Damit wird eine Stichprobe von mindestens 100 Produktangeboten auf Amazon ausgewählt und jeweils in Ausprägungen der identifizierten, möglichen Einflussfaktoren eingeteilt. Die Faktoren werden, soweit möglich, in einer 3-Stufigen Ordinalskala eingebettet. Die so gewonnenen Daten aus Preis und Faktorenausprägungen werden anschließend statistisch ausgewertet und interpretiert, um Aussagen über die Relevanz der einzelnen Einflussfaktoren treffen zu können. Ziel ist es Zusammenhänge zwischen den möglichen Einflussfaktoren und möglichen Preisdifferenzen zu finden, um diese im weiteren Verlauf auch untereinander in einen Zusammenhang bzw. Kontext stellen zu können. Die statistischen Auswertungen sollen deshalb Aufschluss über die durchschnittliche Differenzhöhe und die durchschnittliche Differenzrichtung von Einzelfaktoren geben. Damit können sowohl die zweite als auch die dritte Teilforschungsfrage beantwortet werden.

Sind alle drei Teilforschungsfragen beantwortet, so können diese in der Hauptforschungsfrage zusammengeführt werden.

Für die Datenerhebung werden dabei folgende Eingrenzungen beachtet: Es werden lediglich B2C-Artikel die auf Amazon.de und in deutschsprachigen Onlineshops, die auf Google Shopping zu finden sind, gelistet und in die Beobachtungsliste aufgenommen. Es werden keine Artikel mit Preisbindung in den Beobachtungspool aufgenommen. Jede definierte Faktorenausprägung muss für die Stichprobe und eine genügende Aussagekraft durch mindestens 20 Artikel vertreten werden. Es werden nur quantitativ messbare Einflussfaktoren bewertet.

Zur besseren Übersicht der Vorgehensweise werden hier noch einmal die einzelnen Schritte in dieser Arbeit aufgeführt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Übersicht zur Vorgehensweise

2 Theoretischer Hintergrund der Preisbildung im E-Commerce

Da es zur statistischen Untersuchung Ziel ist, Artikel mit gewissen Ausprägungen von Einflussfaktoren zu beobachten, müssen diese Einflussfaktoren zunächst identifiziert werden. Das soll im Folgenden aufgrund vorhandener Literatur und bestehender Modelle geschehen. Erst durch die Identifizierung möglicher Einflussfaktoren können diese nach Relevanz und Intensität in der Feldbeobachtung verifiziert werden.

2.1 Preistheorie

Als wichtigster Grundbaustein dieser Arbeit, gilt es zu erläutern wie Preise generell nach anerkannten theoretischen Modellen entstehen. Dazu dient die Preistheorie als zentrales Modell der Mikroökonomie. Diese beschäftigt sich mit der marktwirtschaftlichen Preisbildung auf Güter- und Faktorenmärkten. Dazu muss zunächst der Begriff „Markt“ definiert werden.

„Ein Markt ist definiert als der ökonomische Ort, an dem Angebot und Nachfrage zusammentreffen und an dem sich Preisbildung und Tausch vollziehen.“13

Da sich ein Großteil der Theorie auf vollkommene Märkte bezieht, muss weiterhin erklärt werden, was mit vollkommenen und unvollkommenen Märkten gemeint ist. Von einem vollkommenen Markt spricht man dann, wenn es sich bei den angebotenen und nachgefragten Gütern um wirtschaftlich homogene Güter handelt, und diese von den Nachfragern als gleichartig und gleichwertig angesehen werden. Zudem dürfen sowohl auf Angebots- als auch auf Nachfrageseite keine personellen, räumlichen oder zeitlichen Präferenzen vorhanden sein. Bei einem vollkommenen Markt ist weiterhin die volle Markttransparenz und Marktübersicht gegeben. Durch Suchprozesse verursachte Informationskosten sind in diesem Fall gleich Null. Der letzte Punkt von vollkommenen Märkten ist eine unendlich schnelle Reaktionsgeschwindigkeit auf Veränderungen in Preis oder Menge. Das Resultat eines vollkommenen Marktes wäre die Tatsache, dass nur ein einheitlicher Preis existieren kann.14

Sobald eine der obigen Bedingungen nicht erfüllt sind, so spricht man von einem unvollkommenen Markt. In diesem Fall können sich für ein Gut unterschiedliche Preise bilden oder es stellt sich ein anderer einheitlicher Gleichgewichtspreis als bei vollkommenen Märkten ein. Das Prinzip der Preiseinheitlichkeit ist hierbei aufgehoben.15

Unter Voraussetzung eines vollkommenen Marktes kann nun modelltechnisch das Marktgleichgewicht ermittelt werden. Wie in Abb. 1 ersichtlich muss das Gesamtangebot und die Gesamtnachfrage zu einem Gut gleichzeitig untersucht werden, um aus dem Schnittpunkt den aktuellen Marktpreis ermitteln zu können. An diesem Schnittpunkt spricht man von einem Marktgleichgewicht. Da die Nachfragemenge und die Angebotsmenge unabhängig voneinander agieren, funktioniert der Preis als Ausgleichsinstrument. Deswegen spricht man in der Ökonomie von der Koordinierungsfunktion des Preises. Liegt der Preis über dem Gleichgewichtspreis, so spricht man von einem Angebotsüberhang. Liegt der Preis unter dem Gleichgewichtspreis, so spricht man von einem Nachfrageüberhang.16

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Marktgleichgewicht mit Angebots- und Nachfrageüberhang17

Interessant für diese Arbeit ist vor allem die Preiswirkung bei Veränderungen der Nachfrage oder des Angebots. Möglich Gründe für die Verschiebung der Nachfrage- oder Angebotskurve werden später in Punkt 2.2 bei der Kostentheorie genauer erläutert. Verschiebt sich eine der beiden Kurven, so ergeben sich neue Schnittpunkte, und damit neue Gleichgewichtspreise. Bisher wurde von einem vollkommenen Markt ausgegangen, bei dem der Zeitfaktor keine Rolle spielt, und die Preisreaktion jeweils sofort erfolgt. Dies entspricht jedoch nicht unbedingt der Realität. Denn bei unvollkommenen Märkten, begründet z. B. durch mangelnde Information, was in der Realität eher vorkommt, werden Anpassungen oft nur verzögert durchgeführt. Deshalb wird ein dynamischeres Modell zur Erklärung benötigt. Das Spinnweb-Theorem stellt solch ein dynamisches Modell dar.18

Das Spinnweb-Theorem geht dabei von 4 Grundannahmen aus19:

1. Die Angebotsmenge ist kurzfristig starr und kann nicht immer gleich angepasst werden.
2. Produzenten orientieren sich immer am augenblicklichen Preis und nicht am langfristigen Gleichgewichtspreis.
3. Die Nachfrage erhöht sich
4. Vor der Nachfrageerhöhung bestand ein Gleichgewichtspreis

In Abhängigkeit von Angebots- und Nachfrageelastizität können in diesem Modell drei verschiedene Szenarien beschrieben werden. Im ersten Fall, dem konvergierendem Fall, wird der Preis zunächst etwas über dem neuen Gleichgewichtspreis angesetzt, dann etwas darunter usw. Dieser Kreislauf nähert sich dabei immer weiter dem neuen Gleichgewichtspreis. Im zweiten Fall, dem divergierenden Fall, wird ebenfalls der Preis zunächst etwas über dem Gleichgewichtspreis angesetzt, dann etwas darunter usw. Allerdings nähert sich dieser Kreislauf nicht dem neuen Gleichgewichtspreis, sondern entfernt sich immer weiter davon. Dieser Fall trifft in der Praxis oft bei Spekulationen u. Ä. zu. Im letzten Fall, dem periodischen Fall, durchläuft der Preis eine Periode von Anpassungen um den neuen Gleichgewichtspreis herum, bis er wieder beim ursprünglichen Gleichgewichtspreis angelangt. In Abb. 2 werden diese modelltypischen Vorgänge des Spinnweb-Theorems bildlich dargestellt.20

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Anpassungsprozesse nach dem Spinnweb-Theorem21

Der Vollständigkeit halber sei an dieser Stelle noch erwähnt, dass diese Theorien wie oben dargestellt, sich auf die Preisbildung in Polypolen beziehen. Im Falle von Monopolen oder Oligopolen müssten die Graphen und Modelle entsprechend angepasst werden. Für diese Arbeit liegt der Fokus jedoch auf Polypolen.

Neben Anbietern und Nachfragern hat auch der Staat die Möglichkeit in die Preisbildung einzugreifen. Dies kann in Form von Höchstpreisen, Mindestpreisen und steuerlichen Maßnahmen erfolgen.22 Da in dieser Arbeit die Untersuchung von Produkten mit Preisbindung ausgeschlossen sind, ist die Gestaltung von staatlich organisierten Höchst- oder Mindestpreisen irrelevant. Der steuerliche Aspekt ist jedoch durchaus relevant. Da Amazon ein international agierendes Unternehmen ist, auf dem auch internationale Anbieter vertreten sind und die Arbeit sich auf B2C-Geschäfte fokussiert, kann es zu steuerlichen Differenzen zwischen den Anbietern, insbesondere innerhalb der Europäischen Union, kommen. Diese Thematik soll an dieser Stelle jedoch nur als möglicher Einflussfaktor zur Preisbildung erwähnt werden. Ein tieferes Eintauchen in die Thematik ist für diese Arbeit nicht notwendig.

Zusammenfassend kann man die Preistheorie als marktorientiertes Modell mit 3 wesentlichen Einflussfaktoren auf Preisveränderungen bzw. die Preisbildung beschreiben. Dazu zählen im Allgemeinen das Angebot, die Nachfrage und staatliche Intervention. Zu beachten ist dabei, in welcher Form sich Veränderungen einer der 3 Faktoren ergeben. In Bezug auf diese Arbeit, sollen vor allem die Angebots- und Nachfrageorientierten Veränderungen auf dem Amazon Marktplatz beobachtet werden, bei denen eine preisliche Unterscheidung zur zeitgleichen Marktsituation bei eigenständigen Onlineshops vermutet werden kann. Diese müssen anhand von indirekten Informationen, wie z. B. Absatzzahlenverhältnissen, identifiziert werden.

2.2 Produktions- und Kostentheorie

Im Gegensatz zur bereits beschriebenen Preistheorie, die einen marktorientierter Ansatz zur Preisbildung darstellt, gibt es insbesondere auf der Seite der Anbieter auch andere Ansätze. Einer davon ist die Produktions- und Kostentheorie. Diese Theorie ist grundsätzlich für das produzierende Gewerbe anzuwenden, kann aber wie im späteren Verlauf gezeigt wird auch auf andere Bereiche, wie z. B. den Handel oder auch Onlinehandel abgeleitet werden. In diesem Zusammenhang muss zunächst erklärt werden, welche Ziele die Anbieter verfolgen. Dazu werden Anbieter im weiteren Verlauf als Unternehmen bezeichnet, da nicht kommerzielle Anbieter wenig relevant für diese Arbeit sind.

Allgemeines langfristiges Ziel von Unternehmen ist in der Mikroökonomie, die langfristige Maximierung von Gewinnen. Dieses Ziel folgt dem Bestreben der Entscheider der Unternehmen, ihre Ressourcen dort einzusetzen, wo sie das meiste erwirtschaften können. Die Mikroökonomie geht dabei von der Rationalität von Entscheidern aus, der nach dem Wirtschaftlichkeitsprinzip handelt. Demnach sind Entscheider stets bestrebt, ein bestimmtes Ziel mit möglichst geringen Mitteln zu erreichen. Dieses Vorgehen wird auch Minimalprinzip genannt. Ebenso wird versucht, mit den vorhandenen Mitteln möglichst hohe Ziele zu realisieren, was dem Maximalprinzip entspricht.23

Die Produktions- und Kostentheorie besteht, wie der Name erahnen lässt, aus zwei verschiedenen Teilbereichen. Sie untersucht den betrieblichen Produktionsprozess, bei dem Produktionsfaktoren eingesetzt werden, um Ausbringungsmengen zu erzeugen. Die Aufgabe dieser Theorie ist es, das Mengen- und Wertegerüst des Produktionsprozesses zu erforschen, die funktionale Beziehung zwischen dem Faktoreneinsatz und dem Faktorenertrag aufzuzeigen und darzu­stellen. Die Produktionstheorie konzentriert sich dabei auf die Entstehung der Produktionsmengen in Produktionsstufen.24

Die Kostentheorie besagt demnach, aufbauend auf der Produktionstheorie, dass Unternehmen letztendlich die Maximierung der Differenz zwischen Umsatz und Kosten anstreben.25 Diese Differenz wird mithilfe verschiedener Funktionen berechnet.

Dazu müssen zunächst die grundlegenden Begriffe geklärt werden. Unter Fixkosten versteht man alle Kosten, die einem Produkt während der Produktion nicht direkt zuzuordnen sind, bzw. unabhängig von der Produktionsmenge in gleicher Höhe auftreten. Sind Kosten direkt einem Produkt während des Produktionsprozesses einzeln zuzuschreiben, dann spricht man von variablen Kosten. Da sie auf jedes einzelne Produkt anzuwenden sind, sind die variablen Kosten entsprechend von der Produktionsmenge abhängig. Von den Fixkosten abzugrenzen sind die versunkenen Kosten. Mit diesen sind Kosten gemeint, die nicht mehr rückgängig gemacht werden können. Diese Kosten entstehen in Abhängigkeit des Spezialisierungsgrades der Investitionsgüter und lassen sich im Regelfall schwer in anderen Produktionsprozessen einsetzen. Damit sind die Opportunitätskosten dieses spezialisierten Faktoreinsatzes gleich Null, weswegen sie oft nicht in die Kostenkalkulation aufgenommen werden. Die versunkenen Kosten werden erst bei beispielsweise einem Marktaustritt eines Unternehmens, in Form eines niedrigen Wiederverkaufspreises einer Spezialmaschine usw., wirksam. Ein weiteres Beispiel für versunkene Kosten stellen etwa die Ausbildungskosten für spezifische Fähigkeiten dar.26 Die Gesamtkosten (Kg) ergeben sich aus der Summe der variablen Kosten und der Fixkosten dividiert durch die ausgebrachte Menge. Abb. 3 verdeutlicht diesen Zusammenhang grafisch. Als Grenzkosten bezeichnet man die zusätzlichen Gesamtkosten, die bei einer zusätzlichen produzierten Einheit entstehen. In dem untenstehenden, grafischen Beispiel entsprechen die Grenzkosten den Gesamtkosten, da die Grenzkosten des Fixkostenanteils an den Gesamtkosten gleich null sind.27

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Kostenverläufe in der Kostenfunktion28

Das bedeutet in diesem Beispiel, dass alle entstehenden Kosten direkt auf das Produkt zurechenbar sind und somit den Stückkosten gleichgesetzt sind. Daher determinieren die Grenzkosten in diesem Fall die Schwelle zwischen Gewinn und Verlust. Ist der Erlös höher als die Grenzkosten, so entsteht ein Gewinn. Ist er niedriger, so wird ein Verlust verbucht. Interessant für diese Arbeit werden diese Grenzkosten insbesondere für die economies of scale, die in einem späteren Kapitel genauer erläutert werden, als auch bei neueren, E-Commerce basierten Geschäftsmodellen, die mit äußerst geringen Fixkosten funktionieren können. Solch ein Geschäftsmodell könnte beispielsweise der Onlinehandel via Dropshipping sein.29 Die variablen Gebühren bei Amazon hätten in diesem Fall einen sehr starken Einfluss auf die Grenz- und Stückkosten, und damit auf die Gewinnschwelle.

Möchte man nun die Angebotsfunktion eines Unternehmens ermitteln, also welche Menge ein Unternehmen am Markt anbieten soll, so kann dies wie folgt berechnet werden: Angenommen der Verkaufspreis für eine Einheit eines produzierten Guten würde feststehen, sodass das Unternehmen keinen Einfluss auf den Preis hat, so würde sich der Erlös (E) aus Produktmenge (q) mal Preis (p) ergeben: . In diesem Fall spricht man davon, dass der Marktpreis für das Unternehmen ein Datum darstellt, und gilt strenggenommen, laut Preistheorie, nur für vollkommene Märkte in einem Polypol. Zieht man davon die Gesamtkosten (Kg) ab, so erhält man den Gewinn (G):

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Ein Unternehmen wird die Produktionsmenge so lange ausdehnen, solange auch der Gewinn steigt. Die Zunahme des Gewinns für eine zusätzlich produzierte bzw. verkaufte Einheit nennt man Grenzgewinn (G‘). Dieser errechnet sich wiederum aus der Differenz des Gesamterlöses (E‘) und den Grenzkosten (K‘), die die Kosten einer zusätzlich produzierten Einheit sind: . Das Unternehmen wird seine Produktion soweit erhöhen, bis der Grenzgewinn auf Null sinkt. Jede verkaufte Einheit erhöht den Gewinn bis dahin. Jede verkaufte Einheit darüber hinaus, würde den Gewinn wieder schmälern. Es gilt daher die Gewinnmaximierungsregel:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Wie man in Abb. 4 sehen kann, welche die vorhergehenden Formeln grafisch darstellt, liegt das Gewinnmaximum direkt über dem Schnittpunkt der Grenzerlös- und Grenzkostenkurve.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4: Ermittlung des Gewinnmaximums30

Anhand der Kostenverläufe lassen sich 5 verschiedene Situationen unterscheiden.

1. Der Marktpreis liegt über dem Minimum der Stückkosten: Gewinn > 0
2. Der Marktpreis ist gleich dem Minimum der Stückkosten: Gewinn & Verlust sind 0
3. Der Marktpreis liegt unter dem Minimum der Stückkosten: Verlust < Fixkosten
4. Der Marktpreis ist gleich dem Minimum der var. Kosten: Verlust = Fixkosten
5. Der Marktpreis liegt unter dem Minimum der var. Kosten: Verlust > Fixkosten

Langfristig kann ein Unternehmen nur existieren, wenn sein Grenzerlös größer oder gleich den Stückkosten ist, wobei die Stückkosten als Gesamtkosten dividiert durch die ausgebrachte Menge definiert wird. Diesen Wert nennt man Gewinnschwelle.31

All diese Funktionen aus der Produktions- und Kostentheorie sind ursprünglich für das produzierende Gewerbe entworfen worden. Die grundsätzliche Funktionsweise dieser Berechnungen lässt sich jedoch auch auf den Handel oder auf Dienstleistungen übertragen. Denn auch im Handel oder bei Dienstleistern entstehen sowohl variable als auch fixe Kosten die als Gesamtkosten zusammengefasst werden können. Die Kosten werden in diesem Fall zwar durch andere Faktoren verursacht, die daraus folgenden Funktionen, in Abhängigkeit des Erlöses, sind davon jedoch unberührt.

2.3 Neuere Ansätze der Mikroökonomie

Im Gegensatz zu den bereits angeführten traditionellen mikroökonomischen Theorien, bei denen von einer durch den Preis verursachten Markträumung ausgegangen wird, gehen neuere Ansätze nicht zwingend davon aus. Nach diesen neuen Ansätzen ist die Nichtübereinstimmung von Angebots- und Nachfragemengen bei einem herrschenden Preis durchaus normal, auch bei freier Preisbildung ohne staatlichen Eingriff. In diesen Ansätzen wird nicht mehr von unrealistischen Verhaltensannahmen ausgegangen, sondern neue, auch soziale Verhaltensweisen der beteiligten Individuen einbezogen. Als die wichtigsten Richtungen dieser Ansätze, können der Transaktionskosten-Ansatz, der Prinzipal-Agent-Ansatz und die mikroökonomische Ungleichgewichtstheorie angeführt werden.32

2.3.1 Transaktionstheorie

Bei der Transaktionskostentheorie steht der Vertrag als Organisationsform im Mittelpunkt und erklärt, warum bestimmte Transaktionen in Unternehmen und Organisationen mehr oder weniger effizient abgewickelt und organisiert werden. Sie erklärt weiterhin, warum Unternehmen überhaut existieren. Sie geht davon aus, dass jede Handlung in einer Marktwirtschaft mit Kosten verbunden ist. Diese werden vereinfacht Transaktionskosten genannt.33

Innerhalb dieser Theorie wird angenommen, dass Wirtschaftssubjekte den Vorsatzhaben rational zu handeln, aufgrund der komplexen, sich schnell wandelnden Umwelt jedoch schnell an die Grenzen der kognitiven Leistungsfähigkeit stoßen. Daraus folgen Einschränkungen der rationalen Verhaltensweisen. Zudem versuchen sie, einen persönlichen Vorteil, z. B. durch Informationsvorenthaltung, geringere Qualitäts- oder Leistungserbringung oder auch Ausnutzung von Abhängigkeiten, zu erreichen. Zusammenfassen kann man diesen Umstand unter dem Begriff opportunistisches Verhalten. Darüber hinaus darf den beteiligten Personen nicht nur Einkommensmaximierung als Antriebsgrund unterstellt werden. Auch das Bedürfnis nach Würde, Selbstachtung, sozialer Anerkennung und die jeweiligen Wertesysteme und sozialen Hintergründe müssen einbezogen werden. Diese Faktoren können als menschliche Faktoren zusammengefasst werden.34

Neben den menschlichen Faktoren bilden die Umweltfaktoren eine weitere Merkmalgruppe mit Auswirkungen auf Transaktionen. Die Vielzahl ökonomischer Umweltfaktoren können von Wirtschaftssubjekten nur unvollständig erfasst werden. Sie verfügen demnach ständig über unvollkommene Informationen. Zudem ist die Zukunftsentwicklung nicht vorhersagbar. Beides wird unter dem Begriff Unsicherheit zusammengefasst. Ein weiterer zentraler Begriff der Transaktionskostentheorie ist die Spezifität. Mit einer spezifischen Ressourcennutzung sind die schon im vorherigen Kapitel erklärten versunkenen Kosten gemeint. Diese versunkenen Kosten lohnen sich meist nur bei längerfristigen Aufgaben und Vertragsbeziehungen, und amortisieren sich umso eher, je höher die später eingesparten Kosten oder die zusätzlichen Erlöse je Transaktion sind und je häufiger die Aufgabe wiederholt werden kann. Den Zusammenhang all dieser Begriffe innerhalb der Transaktionstheorie zeigt Abb. 5.35

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 5: Determinanten der Transaktionskostentheorie36

Unter Berücksichtigung dieser Determinanten, besagt die Transaktionskostentheorie zum einen, dass es ökonomisch sinnvoll sein kann, langfristige Verträge zu schließen. Dies gilt insbesondere dann, wenn sich die Transaktion durch ein hohes Maß an spezifischer Ressourcennutzung, hoher Unsicherheit oder die Gefahr von Opportunismus auszeichnet. Die Preisfindung findet bei solchen Bedingungen dann nicht mehr am Markt zu markträumenden Preisen statt, sondern ist das Ergebnis von Verhandlungen. Zudem werden bei sehr engen Kooperationsformen die negativen Einflussfaktoren, wie Opportunismus und Unsicherheit, weiter eingedämmt. Dies könnte beispielsweise in einer vertikalen oder horizontalen Integration aufgrund von zunehmender Angleichung der Interessenlagen der beteiligten Partner der Fall sein.37

2.3.2 Prinzipal-Agent-Ansatz

Als zweiter wichtiger Ansatz der neuen Mikroökonomie ist die Prinzipal-Agent-Theorie anzuführen. Innerhalb dieser Theorie wird die Beziehung zwischen mindestens 2 ökonomischen Akteuren, einem Prinzipal und einem Agent, analysiert. Dabei wird der Auftraggeber aus dem Englischen als „Prinzipal“ bezeichnet, der Beauftragte entsprechend als „Agent“. Diese Beziehung der beiden Akteure ist dabei normalerweise durch eine Informationsasymmetrie geprägt, was zu Gunsten oder zu Ungunsten des Prinzipals eingesetzt werden kann. Ebenfalls wird von unterschiedlichen Interessenslagen der beteiligten Akteure ausgegangen.38

Wichtig für die weitere Betrachtung ist, zu welchem Zeitpunkt eine asymmetrische Informationsverteilung vorliegt. Besteht die Informationsasymmetrie vor Vertragsabschluss, so sind versteckte Informationen möglich. Bietet ein Agent ein Gut an, richtet sich der Verkaufspreis des Gutes nach dem für den Prinzipal sichtbaren Ergebnis. Die wirkliche Qualität des Gutes ist für den Prinzipal aufgrund der für Ihn verstecken Informationen nicht richtig zu beurteilen. Besteht die Asymmetrie hingegen nach Vertragsabschluss, so sind versteckte Handlungsmöglichkeiten vorhanden. Die Sorgfalt, mit der der Agent seinen Auftrag nach Vertragsabschluss bearbeitet, kann von dem Prinzipal vor dem Vertragsabschluss nicht beurteilt werden.39

Wegen der unterschiedlichen Interessen und der Informationsasymmetrie ist der Prinzipal dem Risiko ausgesetzt, systematisch von dem Agenten ausgenutzt zu werden. Diese Gefahr wird als Prinzipal-Agent-Problem bezeichnet. Im Fall der versteckten Handlungsmöglichkeiten ist der Prinzipal dem moralischen Risiko ausgesetzt. Da neben den Aktionen des Agenten auch Aktionen des Prinzipals zu Störungen des Vertragsergebnisses führen können, kann der Prinzipal von der Beobachtung des Ergebnisses nicht auf die Aktion des Agenten schließen. Der Agent könnte durch diese Intransparenz von Input und Output ein schlechtes Auftragsergebnis mit der Störgröße des Prinzipals begründen. Dieser Umstand räumt dem Agenten einen diskretionären Handlungsspielraum ein, der genutzt werden kann, um persönliche Interessen zu verfolgen. Gleiches gilt auch für das moralische Risiko vor Vertragsabschluss. Auch in diesem Fall kann nicht immer eine kausale Zurechenbarkeit der Aktion des Agenten auf das Ergebnis gewährleistet werden.40

Zur Lösung dieser Problematik können verschiedene Ansätze verfolgt werden. Eine Möglichkeit, um das moralische Risiko zu minimieren, sind Anreizsysteme. Der Agent könnte beispielsweise einen Anreiz in Form eine Beteiligung am Auftragsergebnis bzw. Auftragserfolg erhalten. Je höher die Beteiligung des Agenten am Ergebnis ist, desto stärker ist dieser motiviert die Interessen des Prinzipals zu berücksichtigen.41

2.3.3 Ungleichgewichtstheorie

Der letzte Ansatz, der zur neueren Mikroökonomie in dieser Arbeit vorgestellt werden soll, ist die mikroökonomische Ungleichgewichtstheorie. Diese stellt nicht nur Unvollkommenheit bezüglich des Informationsstandes, sondern auch die Veränderung des Entscheidungskalküls von Wirtschaftssubjekten, wenn die Kosten für die Informationsbeschaffung getragen werden müssen, in den Mittelpunkt. Gemeint ist damit, dass die Beschaffung von Informationen, sowohl auf der Seite des Anbieters, als auch auf der Seite des Nachfragers mit einem Ressourcenaufwand verbunden ist, der dann an anderer Stelle fehlt. Dies hat für Anbieter zur Folge, dass aus einem Pool von möglichen Handlungsoptionen gewählt werden muss, welche Menge den Nachfragern angeboten wird. Diese Optionen können beispielsweise die Informationsbeschaffungskosten auf 0 senken, indem einfach eine so große Menge beschafft wird, die die Nachfrage in jedem Fall abdeckt, was allerdings ein Angebotsüberhang zur Folge hätte. Eine andere Option wäre nur eine so große Menge anzubieten, die auch mit Sicherheit verkauft wird, was allerdings einen Nachfrageüberhang erzeugen würde. Alle anderen Optionen sind mit hohen Informationsbeschaffungskosten verbunden. Allgemein lässt sich festhalten, dass Verkäufer Überschüsse eher in Kauf nehmen, je häufiger nicht vorhersehbare Zufallsschwankungen der Nachfrage auftreten oder je höher die Informationskosten und die Kosten schneller Produktions- oder Beschaffungsanpassungen ausfallen.42

In Tabelle 2 werden alle angeführten Theorien noch einmal dargestellt und die Unterschiede zwischen den einzelnen Ansätzen verglichen. Betrachtet man den Tabelleninhalt, so kann man schnell erkennen, dass es gewisse Ähnlichkeiten gibt. Am stärksten werden Informationsasymmetrien und das menschliche Verhalten in den Ansätzen integriert. Obwohl Annahmen und Ziele der einzelnen Ansätze teilweise ineinander verschwimmen, sind sehr unterschiedliche Ergebnisse für jeden Ansatz erkannt worden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2: Wichtigste neuere Ansätze der neuen Mikroökonomie43

Im Rahmen dieser Arbeit bieten die neueren Ansätze der Mikroökonomie ein realitätsnäheres Bild als Ansätze der klassischen Mikroökonomie. Das liegt zum einen daran, dass sowohl die Preistheorie, als auch die Produktions- und Kostentheorie von vollkommenen Märkten ausgehen, die in der Realität so jedoch nicht vorkommen. Zum anderen laufen die Annahmen der neueren Ansätze auf ein spezielles Thema hin, das im E-Commerce eine wichtige Rolle spielt: dem Vertrauen.

Durch den fehlenden persönlichen Kontakt bzw. der fehlenden persönlichen Interaktion im E-Commerce gewinnen einige Annahmen der neueren Ansätze noch größere Bedeutung. Sowohl Informationsasymmetrien, Kosten der Informationsgewinnung sowie Unsicherheiten und opportunistischen Verhalten können durch diese fehlende, persönliche Präsenz verstärkt werden. Daher wird aufbauen auf diesen neueren mikroökonomischen Ansätzen, dem Thema „Vertrauen im E-Commerce“ ein eigenes Kapitel in dieser Arbeit gewidmet.

2.4 Preispolitische Entscheidungen im Marketing

Die Gegebenheiten, die die Modelle der neueren Mikroökonomie aufzeigen, ermöglichen es an den genannten Punkten der Transaktionskosten, Opportunität, Informationsasymmetrie usw. anzusetzen. Dies wird z. B. in Form von Marketingentscheidungen der Unternehmen umgesetzt. Marketing hat nach der Definition von Backhaus und Voeth „[…] die Aufgabe, die Funktionen eines Unternehmens produktspezifisch auf die (Absatz-)Markterfordernisse auszurichten, um auf diese Weise im Wahrnehmungsfeld der Nachfrager besser als die relevanten Konkurrenzangebote beurteilt zu werden. Marketing kommt im so verstandenen Sinne eine Koordinierungsaufgabe zu.“44 Auch Dickson definiert Marketing als die Kunst zu Veränderungen oder zu Ungleichgewichten in Märkten, um Unternehmen einen Vorteil zur Konkurrenz zu verschaffen. Laut ihm ist es Aufgabe des Marketings das Marktgleichgewicht zu verhindern.45

Im klassischen Marketing stehen dazu 4 Instrumente, die sogenannten 4 P`s für product, price, promotion und place, zur Verfügung. Diese meinen die Gestaltung der Produkt- und Sortimentspolitik, die Preisgestaltung, die Kommunikationsgestaltung und die Distributionsgestaltung.46

2.4.1 Aufgaben und Ziele der Preispolitik

Für diese Arbeit sind vor allem die Entscheidungen aus der preispolitischen Gestaltung relevant. Aufgabe der Preispolitik ist es, den Zielen des Unternehmens entsprechende Preise zu bestimmen und am Markt durchzusetzen. Dabei übernimmt sie die Aufgaben der akquisitorischen Wirkung von Preisen, als auch deren Funktion der Kosten- und Gewinndeckung. Beide Aufgaben können teilweise oder gänzlich im Konflikt stehen.47 Deshalb müssen zunächst die Ziele der Preisgestaltung erfasst werden. Generell dient die Preispolitik den übergeordneten Unternehmenszielen, und die Verbesserung der Wettbewerbsposition. Hier lassen sich die Ziele und Zielinhalte in verschiedene Kategorien und Ebenen einteilen. Zum einen in die Ebenen unternehmensbezogene Ziele, handelsbezogene Ziele und Konsumentenbezogene Ziele. Mit unternehmensbezogenen Zielen sind Faktoren wie z. B. die Erhöhung von Umsatz, des Marktanteils oder des Gewinns gemeint. Handelsbezogene Ziele sind beispielsweise die Erhöhung der Präsenz in den Handelskanälen, des Distributionsgrades oder der Verbesserung der Marktabdeckung. Auch die Sicherstellung eines einheitlichen Preisniveaus in unterschiedlichen Vertriebskanälen kann ein solches Ziel sein. Die Verbesserung der wahrgenommenen Preiswürdigkeit und Preisgünstigkeit, sowie die Wahrnehmung des Preises als Qualitätsfaktor gehören zur Ebene der konsumentenbezogenen Ziele.48

Zum anderen lassen sich quantitative und qualitative Preisziele unterscheiden. Zu den quantitativen Zielkategorien gehören dabei:49

- Gewinn bzw. Profitabilität - langfristig und kurzfristig
- Wachstum - Umsatz, Absatz, Marktanteile
- Sicherheit und Risikominimierung - z. B. Unabhängigkeit von Banken

Kaufentscheidend ist jedoch nicht der objektive, sondern der subjektiv wahrgenommene Preis. Diese können sich jedoch erheblich unterscheiden, weshalb neben den quantitativen Zielen auch qualitative Ziele ausschlaggebend sind.50

Zu den qualitativen Zielen gehören:

- Preisgünstigkeit – die Einschätzung der absoluten Preishöhe im Vergleich zur Konkurrenzleistung bzw. der kundenindividuellen Preisschwelle
- Preiswürdigkeit – Einschätzung des Preis-Leistungsverhältnisses
- Preisvertrauen und -fairness – Wahrnehmung der Preise als gerecht und ehrlich
- Preiszufriedenheit – Entspricht die Preiserwartung der Preiserfahrung51

2.4.2 Magisches Dreieck der Preispolitik

Aus preispolitischer Marketingsicht, bestehen 3 zentrale Determinanten zur Preisfindung, die auch als magisches Dreieck preispolitischer Spielräume bezeichnet werden. Wie Abb. 6 zeigt sind diese definiert durch die Kosten des Anbieters, dem Konkurrenzverhalten, bzw. der Konkurrenzstruktur und dem Verhalten der Nachfrager.52

In Abhängigkeit der jeweiligen Determinanten gibt es eine Vielzahl an Preisfindungsprozessen, denen wiederum zahlreiche Methoden der Preisbildung zugeordnet werden können. Die Preisfestlegung aus statischer Sicht bezeichnet die Bestimmung des optimalen Preises zu einem festen Zeitpunkt. Von dynamischer Preisgestaltung spricht man, wenn bei der Preisentscheidung mehrere Perioden berücksichtigt werden.53

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 6: Magisches Dreieck preispolitischer Spielräume54

Nach den Determinanten im magischen Dreieck lassen sich aus statischer Perspektive die kostenorientierten Verfahren zur Preisfindung im Wesentlichen aus der bereits beschriebenen Kostentheorie ableiten. Die Preisuntergrenze wird dabei langfristig durch die Vollkostenrechnung und kurzfristig durch die Teilkostenrechnung bestimmt. In der Praxis werden bei diesen Verfahren oft die Methode der Kosten-plus-Preisbildung angewandt, welche auf die kalkulierten Kosten eines Produktes einen absoluten Gewinnaufschlag addiert. Obwohl die Kostenverfahren zunächst recht einfach erscheinen, ist für viele Unternehmen die Erfassung und Zuordnung der diversen Kosten eine Herausforderung. Diese Verfahren haben weiterhin die Problematik, dass Konkurrenz und Kundenverhalten nicht berücksichtigt werden. Nachfrageorientierte Verfahren sind dagegen marktorientierte Ansätze, die im Wesentlichen aus der Preistheorie abgeleitet werden können. Um den optimalen Preis nach diesen Verfahren ermitteln zu können, müssen resultierende Nachfrageänderungen bekannt sein, die sich wiederum aus der Preiselastizität ergeben. Die bereits beschriebenen Preis-Absatz-Funktionen in Kapitel 2.1 sind gängige Darstellungs- und Berechnungsmethoden. Bei Konkurrenzorientierten Verfahren spielt das Verhalten und die Struktur von Wettbewerben eine zentrale Rolle in der Preisgestaltung. So können z. B. strategische Preise verlangt werden, die die eigenen Vollkosten häufig kaum decken, um einen wichtigen Kunden zu gewinnen oder zu behalten. Je heterogener die angebotenen Marktleistungen im Vergleich zur Konkurrenz sind, desto größer ist tendenziell der Spielraum der Preisgestaltung für ein Unternehmen. Weit verbreitet ist in diesem Zusammenhang beispielsweise die Anpassungsstrategie, bei der sich alle Konkurrenten am Preis eines Preisführer Orientieren.55

[...]


1 Vgl. Furchheim & Wenk-Fischer, 2019

2 Vgl. Handelsverband Deutschland - HDE e.V., 2018, S. 18

3 Vgl. PwC, 2018, S. 4

4 Vgl. VuMA, 2018

5 Vgl. Amazon Services Europe S.à r.l., 2019a

6 Vgl. Von Känel, 2018, S. 100ff

7 Vgl. Hildmann, 2005, S. 2

8 Vgl. Meckes & Reinhardt, 2016

9 Vgl. Bakos, 1991; Bakos, 1998; Clemons, et al., 1993; Downes & Mui, 1998; Hess & Kemerer, 1994; Malone, et al., 1987; Modahl, 2000; Tumolo, 2001

10 Vgl. Clay, et al., 2001

11 Vgl. Chevalier & Goolsbee, 2003

12 Vgl. Zhou, 2017

13 Lenk, 2017, S. 104

14 Vgl. Hildmann, 2005, S. 120f; Lenk, 2017, S. 104f; Piekenbrock & Henning, 2013, S. 185

15 Vgl. Engelkamp & Sell, 2013, S. 115ff; Lenk, 2017, S. 105; Piekenbrock & Henning, 2013, S. 185f;

16 Vgl. Engelkamp & Sell, 2013, S. 118ff; Hildmann, 2005, S. 122ff; Lenk, 2017, S. 106ff; Scheufen, 2018, S. 92ff;

17 Lenk, 2017, S. 108

18 Vgl. Conrad, 2017, S. 226; Ezekiel, 1938; Hildmann, 2005, S. 126ff; Lenk, 2017, S. 110ff

19 Vgl. Ezekiel, 1938; Lenk, 2017, S. 112

20 Vgl. Ezekiel, 1938; Lenk, 2017, S. 113

21 Eigene Darstellung nach Lenk, 2017, S. 112

22 Vgl. Hildmann, 2005, S. 131ff; Lenk, 2017, S. 127ff; Scheufen, 2018, S. 242ff

23 Vgl. Hildmann, 2005, S. 2; Piekenbrock & Henning, 2013, S. 4

24 Vgl. Lenk, 2017, S. 70ff; Scheufen, 2018, S. 53f

25 Vgl. Hildmann, 2005, S. 101; Piekenbrock & Henning, 2013, S. 128

26 Vgl. Hildmann, 2005, S. 107ff

27 Vgl. Lenk, 2017, S. 85ff; Scheufen, 2018, S. 89

28 Lenk, 2017, S. 85

29 Vgl. Stallmann, 2015, S. 13ff

30 Lenk, 2017, S. 94

31 Vgl. Hildmann, 2005, S. 112; Lenk, 2017, S. 93ff

32 Vgl. Lenk, 2017, S. 136

33 Vgl. Ebers & Gotsch, 1995, S. 225

34 Vgl. Williamson, 1984; Williamson, 1990

35 Vgl. Williamson, 1984; Williamson, 1990

36 Lenk, 2017, S. 140

37 Vgl. Bössmann, 1983

38 Vgl. Alparslan, 2006, S. 11ff

39 Vgl. Lenk, 2017, S. 144

40 Vgl. Alparslan, 2006, S. 24ff

41 Vgl. Alparslan, 2006, S. 30

42 Vgl. Lenk, 2017, S. 150ff

43 Vgl. Lenk, 2017, S. 153

44 Backhaus & Voeth, 2010, S. 12

45 Vgl. Dickson, 1996, S. 102

46 Vgl. McCarthy, 1960

47 Vgl. Tomczak, et al., 2014, S. 207

48 Vgl. Bruhn, 2004, S. 166

49 Vgl. Becker, 2013

50 Vgl. Schindler, 1998, S. 3

51 Vgl. Diller, 2008, S. 138ff

52 Vgl. Diller, 2008, S. 59ff; Tucker, 1966, S. 19

53 Vgl. Siems, 2009, S. 231ff

54 Eigene Darstellung nach Bruhn, 2004, S. 170

55 Vgl. Siems, 2009, S. 77ff; Tomczak, et al., 2014, S. 210ff

Ende der Leseprobe aus 201 Seiten

Details

Titel
Preisstruktur und Preisdynamik im Amazon Marketplace. Einflussfaktoren und Vergleich zu eigenständigen Onlineshops
Autor
Jahr
2020
Seiten
201
Katalognummer
V510997
ISBN (eBook)
9783960958000
ISBN (Buch)
9783960958017
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Amazon, Preis, Vergleich, Onlineshop, E-commerce, Ecommerce, Onlinehandel, Preisstruktur, Preisfaktoren, Preisrichtung
Arbeit zitieren
Tobias Baumgartner (Autor:in), 2020, Preisstruktur und Preisdynamik im Amazon Marketplace. Einflussfaktoren und Vergleich zu eigenständigen Onlineshops, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/510997

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