Fußballentwicklung mit Sinn


Projektarbeit, 2008

52 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


1 Einleitung

Im Wintersemester 2009 diskutierten Studenten in einem kleinen Seminar-raum in der Universität Paderborn über den Einfluss der Sinne auf das Fußballspiel. Diese Diskussion ist Teil eines Studienprojektes mit dem Thema ,,Fußballentwicklung mit Sinn“. Man spricht über die Ideen von Neumaier (2002), welcher versucht die Bedeutung einzelner Sinne für Teilhandlungen im Fußball graphisch darzustellen. Die Teilhandlungen ,,Tempodribbling“ und ,,Direkter Torschuss nach Zuspiel (Querpass)“ werden in seinem Buch ,,Koordinative Anforderungsprofile ausgewählter Sportarten“ einzeln aufgeführt und jeweils die Beteiligung der verschiedenen Sinne eingeschätzt und nach ihrer Wichtigkeit für die sportliche Handlung in einer Grafik eingestuft. Manche Sinne seien für die jeweilige sportliche Handlung sehr wichtig und andere Sinne hingegen würden eher eine Nebenrolle spielen. Im Sommersemester 2010 nach vielen Stunden vergangener Zeit und nach Beendigung der nachfolgenden Studienarbeit hat die Projektgruppe ,,Passspiel“ vermehrt Zweifel an einer solchen Einstufung der Sinne für Teilhandlungen im Fußball.

Zu Beginn unserer Studienarbeit bekamen wir nach einer Studienphase zu dem Thema ,,Sensomotorik“ und speziell zu dem Thema ,,Sensomotorik im Fußball“ das Projekt ,,Passspiel im Fußball“ zugewiesen. In einer Vierergruppe beschäftigten wir uns mit den beteiligten Sinnen und dem Passspiel als solches. Uns war schnell klar, dass das ,,Sehen“ eine bedeutende Rolle spielen muss und zwar auf vielfache Weise. Wenn man unter dem Passspiel nur die Ausführung des Passes versteht, so beginnt die Handlung aus Sicht des visuellen Systems mit der Ortung des Balles. Bevor man etwas bewegen kann, muss man es erst einmal ausfindig machen. Sobald der Fußball im Raum erfasst worden ist, kann im weiteren Verlauf eine Bewegung geplant und ausgeführt werden, in diesem Fall ein geeigneter Tritt mit dem Fuß gegen den Ball. Während der Ausführung dieser Bewegung kann die Bewegung mit den Augen kontrolliert und auf der Basis dieser Informationen gegebenenfalls korrigiert werden. Nun fehlt noch ein Ziel für den Pass. Hierzu ist wieder das visuelle System notwendig, in dem es mit den Augen einen Mitspieler findet und die Entfernung abschätzt, die zwischen ihm und dem Passgeber liegt. Der Passgeber erhält also über das visuelle System die Information, in welcher Richtung und Distanz der Mitspieler steht. Anhand der gewonnenen Informationen kann er nun ein geeignetes Bewegungsprogramm planen und ausführen. Selbst bei diesem einfachen Gedankengang fällt auf, dass das räumliche Sehen von entscheidender Bedeutung für das Passspiel im Fußball ist. Beim Menschen gibt es eine Vielzahl von Fähigkeiten des visuellen und des neuronalen Systems, die es dem Menschen erlauben, die räumliche Tiefe wahrzunehmen. Bei unserer Literaturrecherche sind wir schnell auf die besondere Bedeutung der Beidäugigkeit bzw. des Stereo- Tiefensehens gestoßen. Wir fragten uns, in wieweit sich eine Ausschaltung des Stereo- Tiefensehens auf die Passgenauigkeit im Fußball auswirkt. Nach einigen interessanten Selbstversuchen in einer Sporthalle kristallisierte sich unsere Projektidee immer weiter heraus, was zu der vorliegenden Arbeit führte.

Zu Anfangs werden in einem ausführlichen theoretischen Hintergrund, die Grundlagen der Sensomotorik dargestellt. Im weiteren Verlauf tritt das visuelle System in den Vordergrund, indem zuerst die physiologischen Grundlagen des Sehens beschrieben werden und anschließend das Sehen im Sport kurz behandelt wird. Darauffolgend kommen wir zum räumlichen Sehen und gehen speziell auf das Stereosehen ein. Im Anschluss folgen die Fragestellung, die Methodik, das Ergebnis und die Diskussion des Projekts der Gruppe Passspiel.

2 Theoretischer Hintergrund

2.1 Grundlagen der Sensomotorik

2.1.1 Die sensorischen Systeme

Der menschliche Organismus verfügt über eine Vielzahl von sensorischen Systemen mit deren Hilfe der Mensch die Umwelt wahrnimmt und erkundet. Neben den Informationen aus der Umwelt sind einige sensorische Systeme auf die Wahrnehmung des Körperinneren spezialisiert, sie liefern die Informationen, die zur Steuerung und Kontrolle des menschlichen Körpers notwendig sind. In der Umgangssprache spricht man von fünf Sinnen: Sehen, Hören, Fühlen, Schmecken, Riechen. Wobei hierzu gesagt werden muss, dass das „Fühlen“ eine Kurzbeschreibung für viele Körperempfindungen ist. Hierunter verbergen sich neben dem Tastsinn, die Schmerz- und Temperaturempfindungen, sowie die Propriozeption und die Viszeroception (Martin & Jessell, 1995, S. 377-378).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1. Sinnessysteme des Menschen (Martin & Jessell, 1995, S. 379)

Allen sensorischen Systemen ist gemein, dass physikalische Reize von spezialisierten Sinneszellen erfasst werden (siehe Abbildung 1). Diese Reize werden anschließend in elektrochemische Reize umgewandelt und durch eine Folge von Aktionspotentialen codiert, welche dem Nervensystem Informationen über die Reizintensität und die Reizdauer liefern. Die einzelnen Sinnesrezeptoren sind für einen begrenzten Bereich zuständig, dem sogenannten „rezeptiven Feld“, so kann mit Hilfe weiterer Verarbeitungsschritte die genaue Lokalisation des Reizes an das Zentralnervensystem übermittelt werden. Je kleiner dieses Feld ist, desto detaillierter ist die gewonnene Information. Die Leitungsbahnen der einzelnen Sinnessysteme zum Gehirn sind voneinander getrennt und zumeist seriell oder hierarchisch aufgebaut, wobei jede Komponente dieser Bahn eine gewisse Verarbeitungsfunktion besitzt. Die Mehrzahl der sensorischen Systeme besteht aus mehreren parallelen Bahnen, auf welchen die verschiedenen Submodalitäten eines Sinnes gesendet werden: ,,So hat zum Beispiel das Sehsystem getrennte und parallele Bahnen für die Informationen über Form, Farbe oder Bewegung“ (Martin & Jessell, 1995, S. 382). Die gesamten Informationen laufen in übergeordneten sensorischen Cortexregionen zusammen, wo die verschiedenen Submodalitäten zu einer Wahrnehmung kombiniert werden.

Mit Ausnahme der chemischen Sinne Geschmack und Geruch bleibt die Relation der anatomische Anordnung der Rezeptoren in der Peripherie in den weiteren Verarbeitungsschritten des Nervensystems erhalten, so dass einkommende Reize anhand von neuralen Karten entsprechenden Bereichen zugeordnet werden können. Die primären sensorischen Neuronen führen zu Neuronen zweiter Ordnung im Zentralnervensystem, welche die Information auf höhere Instanzen weiterleiten. Der Thalamus ist die wichtigste Schaltstation, von hier aus werden die Informationen zu den verschiedenen Cortexregionen gesendet (Martin & Jessell, 1995, S. 378-382).

2.1.2 Einführung in die Motorik

Die Motorik stützt sich auf drei hierarchischen Kontrollinstanzen: Rückenmark, Hirnstamm und motorischer Cortex. Jede Instanz wird mit sensorischen Informationen versorgt, die für ihre Funktionen wichtig sind. Die Instanzen arbeiten parallel und arbeitsteilig, so dass eine effiziente Bewegungsausführung und Kontrolle möglich ist (Ghez & Gordon, 1995a, S.502-503).

Das Rückenmark bildet die unterste Stufe in dieser Hierarchie. Hier befinden sich neuronale Schaltkreise, welche für Reflexe und andere automatisierte und stereotype Bewegungsmuster verantwortlich sind. Mit Hilfe der Motoneuronen werden von hier aus die Befehle aus höheren Instanzen auf die Muskeln übertragen. Die zweite Stufe in der Hierarchie nimmt der Hirnstamm ein. Er enthält zwei parallele neuronale Systeme, ein mediales und ein laterales System. Das mediale System ist für die Haltungskontrolle wichtig, indem es die vestibulären und visuellen Informationen zusammen mit den somatosensorischen Informationen zur Körperstabilisation verarbeitet.

Das laterale System ist bei der Kontrolle von distalen Muskeln der Extremitäten von großer Wichtigkeit, insbesondere für Bewegungen der oberen Extremitäten. Der Hirnstamm spielt auch für Bewegungen der Augen und des Kopfes eine wichtige Rolle.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2. Die Hierarchie der motorischen Systeme mit eingezeichneten Informations- wegen (Ghez & Gordon, 1995a, S. 503)

Die Großhirnrinde ist die höchste Instanz der Motorik (siehe Abbildung 2). Die motorischen Bestandteile bestehen aus dem primären motorischen Cortex, das prämotorische Areal und das supplementär – motorische Areal. Die beiden zuletzt genannten Areale sind für die Koordinierung und Planung komplexer Bewegungsabfolgen wichtig. Sie arbeiten eng mit dem primären motorischen Cortex zusammen, der für die willkürliche Bewegungsaus-führung verantwortlich ist. Der primäre motorische Cortex ist wie der primäre somatosensorische Cortex somatotop organisiert, d.h. dass die verschiedenen Körperbereiche räumlich getrennt voneinander auf dem jeweiligen Cortex wie auf einer Karte des Körpers abgebildet werden. Die Größe des Repräsentationsfeldes gibt Auskunft über die Wahrnehmungs- und Steuerungsfähigkeit der entsprechenden Bereiche. Neben den schon kurz dargestellten Instanzen sind noch zwei andere Instanzen zu erwähnen: Cerebellum (Kleinhirn) und Basalganglien. Das Cerebellum ist für die Koordination sehr wichtig, da es die Efferenzen mit den resultierenden Afferenzen vergleicht und nötige Korrekturen vornimmt. Die Basalganglien haben kurz gesagt eine wichtige Aufgabe bei der Bewegungsplanung (vgl. Kandel & Kupfermann, 1995, S. 335 ff.; Ghez & Gordon, 1995a, S. 502-510).

2.1.3 Willkürmotorik

Rückenmark und Hirnstamm bilden mit ihren elementaren Bewegungen die Grundlage für komplexe Bewegungen, die vom Gehirn in der Auseinandersetzung mit der Umwelt geplant und durchgeführt werden können. Die Informationen aus der Außen- und Innenwelt werden von den primären sensorischen Bereichen des Cortex verarbeitet und an die planerischen und motorischen Instanzen weitergeleitet.

Der primäre motorische Cortex ist unmittelbar am Einleiten und Auslösen von willkürlichen Bewegungen beteiligt, er gibt Bewegungen die Richtung vor und bestimmt die Kraft, mit welcher sie durchgeführt werden. Die zwei prämotorischen corticalen Felder sind für die Bewegungsvorbereitung von großer Bedeutung. Das supplementär - motorische Areal ist zuständig für die Planung und Programmierung von komplexen Bewegungen. Es spielt auch bei der mentalen Vorstellung einer Bewegung eine große Rolle. Den zweiten Teil bildet das prämotorische Areal, es ist vor allem für die Einleitung einer Bewegung der Gliedmaßen notwendig, da es die Bewegung durch die Kontrolle der proximalen und axialen Muskelgruppen vorbereitet (Ghez & Gordon, 1995b, S. 542-548).

Neben dem Cortex gibt es noch zwei weitere Systeme, die an der Ausführung von willentlichen Bewegungen beteiligt sind. Das Cerebellum ist wie schon erwähnt wichtig für die Koordination, speziell von Arm-, Bein- und Augenbewegungen. Es vergleicht während der Bewegungsausführung, die geplanten Bewegungen mit der tatsächlichen Ausführung und greift gegebenenfalls modifizierend ein. Es ist an der Regulierung des Gleichgewichts beteiligt und ihm wird eine bedeutende Rolle beim Erlernen motorischer Aufgaben zugewiesen. Die Basalganglien bestehen aus fünf subcorticalen Kernen, die Verbindungen zu verschiedenen Gebieten des Cortex besitzen, neben die sensomotorischen Arealen gibt es auch Verbindungen zum präfrontalen Assoziationscortex. Sie sind an der Verarbeitung von Informationen beteiligt, die für das Planen und das Auslösen einer Bewegung gebraucht werden (Ghez & Gordon, 1995b, S. 548-561).

2.2 Anatomische Grundlagen des Sehens

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3. Aufbau des Auges (Marees, 2003, S. 119)

Das visuelle System ist auf das Empfangen und Verarbeiten von elektromagnetischer Strahlung ausgerichtet. Es besteht aus einem Augenpaar, welches auf Licht in einer Wellenlänge von ca. 380 nm bis zu ca. 780 nm spezialisiert ist. Das Lichtfarbspektrum reicht von Violett, Blau, Grün, Gelb und Orange bis hin zu Rot. Das einzelne Auge befindet sich in den Augenhöhlen des Schädels, in welchem es in Binde- und Fettgewebe eingebettet ist. Nach Vorne ist die Augenhöhle durch die Bindehaut abgeschlossen. Die äußerste Schicht des Augapfels ist die Lederhaut (Sklera), die das Auge umgibt und nur noch eine kleine lichtdurchlässige Öffnung freilässt, welche durch die Hornhaut (Kornea) verschlossen wird. An die Sklera schließt nach innen die Aderhaut (Chorioidea) an, sie ist mit zahlreichen Blutgefäßen ausgestattet. Die innerste Schicht bildet die Netzhaut (Retina), auf welcher sich die Photosensoren befinden.

Das einfallende Licht durchdringt die Kornea und anschließend das Kammerwasser der vorderen Augenkammer. Nun fällt das Licht durch die verstellbare Öffnung der Regenbogenhaut (Iris) und dringt durch das Kammerwasser der hinteren Augenkammer hindurch, wo es auf die Linse trifft, die für die Brechung des Lichtes verantwortlich ist. Sie ist an den Zonulafasern direkt nach der Pupille (Sehloch) aufgehängt und lässt sich über die Ziliarmuskulatur in ihrer Form verändern. Danach kommt der Glaskörper, der in etwa zwei Drittel des Augeninneren einnimmt und aus einer wasserklaren gelartigen Substanz besteht, bevor das Licht auf die Retina trifft. Ein fixierter Gegenstand wird auf der Fovea centralis abgebildet, der Ort des schärfsten Sehens und Mittelpunkt des Sichtfeldes. Die Kornea, das Kammerwasser der Augenkammern, die Linse und der Glaskörper sind die lichtbrechenden Bestandteile des Auges und werden als dioptrischer Apparat bezeichnet. Die Retina ist der bildaufnehmende Teil und hier beginnt der Weg zu einem Abbild unserer Umwelt (Marees, 2003, S. 119-121).

Auf der Retina liegen zwei verschiedenen spezialisierte Photosensorentypen, die Stäbchen und die Zapfen. In beiden Photosensoren sorgt der Zerfall eines Sehfarbstoffes für die Potentialveränderung an den Zellen und somit für die neuronale Reizauslösung. Die etwa 120 Millionen Stäbchen und in etwa 6 Millionen Zapfen sind nicht gleichmäßig auf der Retina verteilt. Die Zapfen befinden sich vor allem in der Fovea centralis und nehmen zu Peripherie stark ab, sie sind für das Sehen unter Tageslichtbedingungen zuständig, dem Farbsehen. Die Stäbchen sind über die gesamte Peripherie fast gleichmäßig verteilt und nur nicht in der Fovea centralis zu finden, sie sind für das Sehen in der Dunkelheit verantwortlich. In der Dämmerung können beide Photosensoren aktiv sein. Die Potentialänderungen der Photosensoren werden über etwa 1 Millionen Ganglienzellen an das Gehirn weitergeleitet, wobei die Dichte der Ganglienzellen im Bereich der Fovea centralis am höchsten ist, so dass dieser Bereich überproportional auf der Sehrinde abgebildet wird. Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass benachbarte Netzhautareale auch im Gehirn nebeneinander dargestellt werden, so dass eine neuronale Abbildung der Netzhaut im Gehirn entsteht, man spricht hier von einer retinotopen Organisation der am Sehvorgang beteiligten Nervenzellen (Marees, 2003, S. 124-128; Eysel, 1998, S. 282-290).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4. Verlauf der Sehbahnen (Marres, 2003, S. 120)

Die Ganglienzellen verlassen gebündelt als Sehnerv den Augapfel durch den so genannten ,,blinden Fleck“ (Papille), an dieser Stelle befinden sich keine Photosensoren, weshalb hier die Lichtstahlen nicht aufgefangen werden können. Im weiteren Verlauf der Sehnerven zum visuellen Kortex kommt es

zu einer Sehnervenkreuzung der nasalen Abschnitten der Netzhaut, welche zur gegenüberliegenden Seite des Gehirns ziehen (siehe Abbildung 4). Die temporalen (schläfenseitigen) Netzhautabschnitte verbleiben auf der jeweiligen Seite, wo sie zusammen mit den nasalen Informationen der Gegenseite über den Thalamus auf den visuellen Kortex übertragen werden. Nur der innerste Bereich des zentralen Gesichtsfeldes ist beidseitig vertreten. (Marees, 2003, S. 119-121; Eysel, 1998, S. 288-290).

Jedes Auge wird von sechs Augenmuskeln bewegt, wodurch ein laterales und mediales Bewegen, sowie ein Heben und Senken der Augen möglich ist. In Kombination mehrerer Muskeln sind kompliziertere Bewegungen möglich z.B. Roll- und Folgebewegungen (Marees, 2003, S. 120-121; Eysel, 1998, S. 272-275).

Das Auge verfügt über verschiedene Anpassungsmechanismen, die für die Funktion des Auges sehr wichtig sind. In der Folge sollen zwei dieser Mechanismen kurz dargestellt werden. Zum Einen ist die Anpassung der Brechkraft des Auges nötig (Akkomodation), damit ein fixierter Gegenstand genau auf der Retina abgebildet werden kann, wodurch ein scharfes Sehen erst ermöglicht wird. Wenn man einen Gegenstand in der Nähe betrachtet, der näher als ca. 6 m ist, dann ist die Ziliarmuskulatur kontrahiert und die Zonulafasern erschlaffen. Dies hat zur Folge, dass die Krümmung der Linse aufgrund der Eigenelastizität zunimmt und damit die Brechkraft ansteigt. Wenn man hingegen den Blick in die Ferne richtet, entspannt sich die Ziliarmuskulatur und die Zonulafasern sind angespannt, was zu einer Abflachung der Linse und damit zu einer Abnahme der Brechkraft führt (Marees, 2003, S.121-122). Zum Anderen ist es wichtig, dass sich das Auge an verschiedene Beleuchtungsbedingungen anpassen kann, damit eine optimale Beleuchtung der Retina sichergestellt ist. Dieser Mechanismus wird durch die Pupillengröße gesteuert. Bei zu viel Licht wird die Iris adäquat geschlossen, so dass eine Überbelichtung der Photosensoren verhindert wird. Wenn zu wenig Licht durch das Auge einfällt, wird die Iris so weit geöffnet, bis eine ausreichende Belichtung erreicht ist. Dieser Mechanismus wird auch bei Vergenzbewegungen eingesetzt. Beim Blick in die Nähe (Konvergenz-bewegung der Augen) verengen sich die Pupillen um die Brechkraft des Auges zu erhöhen. Bei einem Blick in die Ferne (Divergenzbewegung der Augen) erweitern sich die Pupillen um die Brechkraft des Auges zu verringern (Marees, 2003, S.123-124).

2.3 Sehen im Sport

Dem visuellen System kommt im Sport unter der Vielzahl an sinnesphysiologischen Einflussfaktoren auf die Bewegungskoordination, das Bewegungslernen, die sportliche Leistung oder aber auch deren Bewertung ein besonderer Stellenwert zu. Im Sport werden je nach Sportart bis zu 95% der Bewegungen durch das Auge kontrolliert und korrigiert (Schnell, 1996, S. 176).

Die einzelnen Teilleistungen der visuellen Leistungsfähigkeit haben für den Sport je nach Disziplin eine stark unterschiedliche Relevanz. In den Sportspielen und speziell im Fußball spielen die Sehschärfe, das Gesichtsfeld bzw. das periphere Sehen, das Bewegungssehen und das räumliche Sehen eine besondere Rolle (Jendrusch, 2009, S. 120-132). Diese einzelnen Sehqualitäten sind jedoch nicht unabhängig voneinander zu verstehen, vielmehr bedingen und beeinflussen sie sich gegenseitig.

Nachfolgend werden die Sehschärfe, das Gesichtsfeld bzw. das periphere Sehen und das Bewegungssehen kurz dargestellt und ihre Bedeutung im Fußball erläutert. Anschließend wird ausführlich auf das räumliche Sehen eingegangen, da dieses Gegenstand der vorliegenden Untersuchung ist.

2.3.1 Sehschärfe (räumliches Auflösungsvermögen)

Unter Sehschärfe (räumliches Auflösungsvermögen) versteht man die Fähigkeit, zwei räumliche sehr nah benachbart präsentierte Reize noch als Einzelreize erkennen zu können (Marees, 2003, S. 127). Die statische Sehschärfe spielt in vielen Situationen des alltäglichen Lebens, z.B. beim Lesen, sowohl in der Nähe als auch in der Ferne, eine wesentliche Rolle. Wie bereits beschrieben, ist die Stelle des schärfsten Sehens auf der Netzhaut, die Fovea centralis. Um etwas scharf sehen zu können, richtet man seinen Blick auf das betrachtete Detail. Dies bewirkt, dass das Abbild des Objekts auf der Fovea centralis projiziert wird (vgl. Marees, 2003, S. 127). Die Sehschärfe nimmt außerhalb der nur ca. 2° großen Fovea centralis zur Peripherie hin rapide ab. Für eine Wahrnehmung von Details ist folglich eine punktgenaue Fixation des betrachteten Objekts notwendig (Jendrusch, 1996, S. 293).

Die allgemeine Bedeutung der Sehschärfe im Fußball ist nur schwer zu beurteilen. Eine Vielzahl an Studien in den Sport- und Rückschlagspielen zeigen, dass auch bei einer künstlich stark reduzierten Sehschärfe die Augen-Hand-Schläger-Koordination nur unwesentlich beeinflusst wird. So konnte Jend-rusch (1995) aufzeigen, dass bei einer stufenweise Herabsetzung der beidäugigen (binokularen) Sehschärfe bei Tennisspielern, die Fehlerquote beim Tennis-Return, selbst bei starker Reduktion der Sehschärfe, nur unwesentlich steigt (S. 105-106). Folglich kann die Ballflugkurve bei einem Zuspiel des Balles durch eine Ballmaschine noch so gut gelesen werden, dass die Zielschlagkoordination kaum beeinträchtigt wird. Demgegenüber steht die Erkenntnis, dass das Fußballspiel oft auch hohe Anforderungen an die Detailwahrnehmung stellt. So erlaubt z.B. das Erkennen der Ballnaht oder der Schrift auf dem Fußball Rückschlüsse auf die Rotationsrichtung des Balles (vgl. Jendrusch, 1995, S. 110).

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Ende der Leseprobe aus 52 Seiten

Details

Titel
Fußballentwicklung mit Sinn
Hochschule
Universität Paderborn
Note
1,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
52
Katalognummer
V510451
ISBN (eBook)
9783346139115
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Anhang + CD sind nicht im Lieferumfang enthalten!
Schlagworte
fußballentwicklung, sinn
Arbeit zitieren
Denis Sina (Autor:in), 2008, Fußballentwicklung mit Sinn, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/510451

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