Übertrainingssyndrom: Eine unterschätzte Gefahr für Sportler jeden Alters

Eigener Erfahrungsbericht und Fragebogen zur Früherkennung und Prävention


Facharbeit (Schule), 2019

18 Seiten, Note: 1.0

Anonym


Leseprobe


Inhalt

Einleitung
Einführung in das Thema
Erfahrungsbericht von Simon Germann

Diagnose Übertrainingssyndrom
Anfällige Sportler
Wie kann ein Übertrainingssyndrom früh genug erkannt/verhindert werden
Wie überwindet man das Übertrainingssyndrom?
Bluttest vom 10.07.18
Medikamente und Supplemente
Fazit

Kontrollfragebogen Übertrainingssyndrom
Verdacht auf Übertraining
Fragebogen „Verdacht auf Übertraining"

Kontrollfragebogen Übertrainingssyndrom

Literaturverzeichnis
Elektronische Referenzen
Bücher
Zeitschriftenartikel

Abbildungsverzeichnis

Einleitung

Einführung in das Thema

Für mich ist diese Arbeit eine gute Gelegenheit, um mein Erlebtes zu teilen und zu verarbeiten. Ich selbst habe ein Übertrainingssyndrom gehabt und für mich ist es sehr wichtig, dass ich andere Sportler über dieses Thema informieren kann.

Gezielte Belastungsreize durch ein Training führen zunächst zu einer Abschwächung des Körpers und der momentanen Leistungsfähigkeit. Dieser Zustand wird als Ermüdung bezeichnet. Folgt auf das Training eine genügend lange Regenerationsphase, so passt sich der Körper über dem ursprünglichen Leistungsniveau an. Diese positive Anpassung des Körpers wird in der Trainingslehre als Superkompensation bezeichnet. Dieser Zustand wird von jedem Sportler angestrebt um auf die Dauer leistungsfähiger zu werden und zugleich im Gleichgewicht zwischen Belastung und Erholung zu sein. Wird dieser Grundsatz über längere Zeit nicht eingehalten, so kann es zu einem Übertrainingszustand, einem Overreaching oder gar zu einem Übertrainingssyndrom kommen.1

Die erste Stufe wird von vielen Sportlern sogar manchmal als normales Training ausgeübt; das heisst sie trainieren z.B. zwei Wochen absichtlich deutlich über dem gewöhnlichen Trainingsumfang und erholen sich danach über eine längere Zeit und erreichen damit auch eine Leistungssteigerung. Zu der zweiten Stufe kommt es, wenn man sich trotz Anzeichen des Körpers keine genügend lange Trainingspause gönnt.

Das Übertrainingssyndrom, sozusagen die dritte Stufe, kommt nur vor, wenn mehrere Komponenten nicht optimal laufen. Wie möglicherweise zu wenig Schlaf, nicht optimale Ernährung, zu wenig geplante Erholungszeiten und auch die psychische Verfassung ist nicht zu unterschätzen. Insbesondere eine nicht ausreichende kalorische Abdeckung und eine zu niedrige Kohlenhydratzufuhr wirken sich negativ aus. Aber auch eine defizitäre Vitamin-, Mineralstoff- und Eisenzufuhr wird ursächlich vermutet. Das Übertrainingssyndrom ist vielen nicht wirklich bekannt und ist deshalb auch für Hobby- und Leistungssportler eine erhebliche Gefahr.

Zum Teil liest man auch von einer Zweiereinteilung, dem sympathikoiden und parasympathikoiden Übertraining. Sympathikoides Übertraining ist eher kurzfristig und gezeichnet durch erhöhte Herzfrequenz, Schlafstörungen und organbezogene Beschwerden. Parasympathikoides Übertraining ist eher chronisch und durch depressive Anteile gekennzeichnet. Letztere sind aufgrund ihrer Symptomarmut schwerer zu diagnostizieren. In meiner Arbeit beziehe ich mich auf die oben aufgeführte Dreiereinteilung vom Übertraining, Overreaching und Übertrainingssyndrom.

Es ist äusserst wichtig, dass die Trainer von Leistungs- und Spitzensportlern über dieses Risiko gut Bescheid wissen, die möglichen Anzeichen möglichst früh erkennen und sofort handeln. Wenn diverse Anzeichen eines Übertrainings beziehungsweise Übertrainingssyndrom vom Trainier oder vom Sportler selbst nicht genug ernst genommen werden, so hat es unter Umständen langfristige Folgen.

Erfahrungsbericht von Simon G.

Als ich in das Übertrainingssyndrom hineingefallen bin, habe ich das leider zunächst noch nicht wirklich bemerkt und ich wusste nicht, was mit mir los war. Auch weil ich dies nie bei mir erwartet hätte. Ich konnte mein ganzes Leben so viel Sport machen wie ich wollte und es ist nichts passiert.

Die ersten Anzeichen verspürte ich im August 2017, als ich nach 5 Wochen Muay Thai Training in Thailand zurück in die Schweiz kam und weitertrainierte. In beiden Knien hatte ich eine gefühlte leichte Entzündung wegen Überbelastung. Ausserdem war mein Immunsystem sehr stark geschwächt, wodurch ich immer wieder kleine Erkältungen hatte. Ein weiteres Zeichen für mein angeschlagenes Immunsystem waren auch Warzen, die ich an den Händen und Füssen hatte.

Im Oktober ging ich dann anschliessend nach Milano an die Europameisterschaft im Thaiboxen. Dort schloss ich erfolgreich ab und gewann die Silbermedaille. Nach diesem Erfolg wurde der Kampfsport für mich immer wichtiger. Im Dezember wurde dann von dem eigenen Gym eine Gala organisiert. Natürlich hätte mein Trainer Freude gehabt, wenn ich an diesem Abend in den Ring gestiegen wäre. Stattdessen entschloss ich mich eine Erholungsphase einzubauen, um meinem Körper eine Chance zu geben, sich wieder komplett zu erholen. Ich fühlte mich zu dieser Zeit vom Training in Thailand und der nachfolgenden EM-Vorbereitung immer noch entkräftet.

Ende Dezember lud mich dann ein italienischer Promoter für sein Turnier in Italien ein, welches am 24. Februar 2018 stattfand. In der Kampfvorbereitung war es dann wirklich zu viel für meinen Körper. Zwei Wochen vor dem Kampf drehte sich wie ein Schalter in mir um. Es war keine Power mehr da. Ich fühlte mich einfach nur noch kaputt und völlig ausgelaugt. Dazu kam, dass ich in der letzten Woche noch 4 Kilogramm abnehmen musste. Trotz allem stand ich schliesslich im Ring und gewann noch irgendwie diesen Kampf. Nach diesem Kampf machte ich ca. zwei Wochen keinen Sport. Als ich wieder ins Training wollte, bemerkte ich, dass ich einfach keine Lust mehr am Thaiboxen hatte. Ich teilte dies meinem Trainer mit und sagte auch, dass ich lieber ein bisschen Tennis spielen würde. Obwohl ich eigentlich das Ziel hatte, im Thaiboxen noch erfolgreicher zu werden, hatte ich gleichzeitig überhaupt keinen Elan mehr zu trainieren.

Über mehrere Monate machte ich so weiter und es ging mir immer schlechter und schlechter. Am Juli 2018 war ich dann so am Ende, dass ich zum Arzt ging und mich untersuchen liess. Ich war am Boden zerstört und fühlte mich hilflos. Denn der Bluttest zeigte, dass bei mir nur die Kreatinkinase erhöht war, sonst war im Blut alles okay. Mit hoher Wahrscheinlichkeit war die Kreatinkinase einige Wochen noch deutlich höher, weil ich schon einige Wochen davor stark das Training reduziert hatte.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1 Auszug Bluttest Juli 2018, Kreatinkinease SG

Der Doktor riet mir zwei Wochen nichts zu machen und weiter vier Wochen nur die Grundlagenausdauer zu trainieren. Nach dieser Pause wollte ich wieder langsam aufbauen. Leider machte ich sofort wieder viele Trainings, zu viele. Nach drei Wochen erlitt ich einen starken Rückschlag. Ich war todmüde, hatte Kopfschmerzen und war psychisch niedergeschlagen. Dieser Rückschlag ging über fünf bis acht Tage so. Dieses Szenario wiederholte sich über sieben Monate mehr oder weniger ausgeprägt immer wieder. Es war ein ständiger Schlagabtausch von leichten Trainings, wiederholten Rückschlägen und psychischen Aufs und Abs. Über ein Jahr hinweg erlitt ich gesamthaft vier Rückschläge.

Vom Oktober 2018 bis Januar 2019 ging ich mehrere Male meinen Speichel untersuchen und bekam dann diverse natürliche Nahrungsergänzungsmittel. Durch diese Behandlungen wurde mein Immunsystem wieder gestärkt. In dieser Zeit probierte ich diverse Heiloptionen auf verschiedenen Ebenen aus, wobei keine wirklich längerfristig geholfen hat. Ich musste immer wieder mit Rückschlägen kämpfen. Als ich zusätzlich dann die Liste aller Symptome des Übertrainingssyndroms durchging und bei mir alle ausser drei Kriterien zutrafen, merkte ich, wie stark das Übertraining bei mir ausgeprägt war. Aufgrund des Bluttestes hatte mir der Arzt wohl eine zu milde Therapie vorgeschlagen.

Im April 2019 ging ich erneut zum Doktor. Jetzt erkannte er, dass man handeln muss. Er bemerkte auch, dass ich mir selber sehr starken Erfolgsdruck gemacht habe. Dies ist auch ein grosses Problem beim Übertrainingssyndrom; man ist sozusagen süchtig nach diesem Sport (und dem eingetroffenen Erfolg), kann ihn aber nicht mehr ausüben, weil der Körper nicht mehr mitmacht. Dies schlägt dann sehr stark auf die Psyche. Ich beschloss kurz darauf, dass ich per sofort mit dem Thaiboxen aufhöre. Dies gab mir einen starken Schub Richtung Besserung.

Jetzt bin ich auf dem besten Weg zur kompletten Besserung. Für mich war das die härteste Prüfung meines Lebens mit dem Übertrainingssyndrom fertig zu werden. Es ist wirklich sehr hart, wenn man als junger Mann über eine längere Zeit einfach nur müde ist und keine Lust auf fast nichts hat. In dieser Zeit habe ich gelernt, mehr auf meinen eigenen Körper zu hören und durchzuhalten, auch wenn man fast keinen Ausweg mehr sieht. Ich bin super glücklich, dass dieser Abschnitt meines Lebens vorbei ist! Wenn die Zeit reif ist, werde ich wieder vermehrt anfangen zu trainieren, dieses Mal aber mit mehr Vorsicht.

[...]


1 „Das parasympathikotone Übertrainingssyndrom", http://ediss.sub.uni- hamburg.de/volltexte/1998/107/pdf/Dissertation.pdf. Stand 02.06.2019

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Übertrainingssyndrom: Eine unterschätzte Gefahr für Sportler jeden Alters
Untertitel
Eigener Erfahrungsbericht und Fragebogen zur Früherkennung und Prävention
Note
1.0
Jahr
2019
Seiten
18
Katalognummer
V510390
ISBN (eBook)
9783346083913
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Uebertraining, Übertraining, Gefahr für Sportler, Früherkennung, Superkompensation, Erholung, Trainingsplan, Zyklisierung, Langzeitplanung, Trainingsvolumen, Muskelaufbau, Fitness, Sixpack
Arbeit zitieren
Anonym, 2019, Übertrainingssyndrom: Eine unterschätzte Gefahr für Sportler jeden Alters, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/510390

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