Unterschiede in Corporate Governance zwischen Kontinentaleuropa und den USA

Ein Überblick


Bachelorarbeit, 2015

39 Seiten, Note: 1.3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Theoretische Grundlagen zu Corporate Governance
2.1 Definition Corporate Governance
2.2 Relevanz der Corporate Governance
2.3 Codes of Good Governance

3. Unterschiede und Auswirkungen in Corporate Governance zwischen Kontinental Europa und den USA
3.1 Unterschiede in den Rechtsordnungen
3.1.1 Das Zivilrecht
3.1.2 Das Gemeinschaftsrecht
3.1.3 Unterschiede zwischen dem Zivilrecht und dem Gemeinschaftsrecht
3.2 Unterschiede in externer und interner Corporate Governance in Kontinental Europa und den USA
3.2.1 Unterschiede in interner Corporate Governance
3.2.2 Unterschiede in externer Corporate Governance
3.3 Unterschiede im Investorenschutz der Corporate Governance-Systeme in Kontinental Europa und den USA
3.3.1 Unterschiede im Aktionärsrecht
3.3.2 Unterschiede im Gläubigerrecht
3.3.3 Unterschiede in der Rechtsdurchsetzung
3.3.4 Unterschiede in der Eigentumskonzentration von Unternehmen
3.4 Auswirkungen des Investorenschutzes auf den Kapitalmarkt

4. Auswirkungen von Investorenschutz auf den M&A-Markt
4.1 Datenerhebung und Methodik
4.2 Auswirkungen von Investorenschutz auf den M&A-Markt
4.2.1 Auswirkungen von Investorenschutz auf das Volumen
4.2.2 Auswirkungen von Investorenschutz auf die Übernahmeprämie
4.2.3 Auswirkungen von Investorenschutz auf die Zahlungsmittel

5. Fazit

Anhang

Literaturverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Aktionärsrechte in den USA und in den Kontinental Europäischen Ländern

Tabelle 2: Gläubigerrechte in den USA und in den Kontinental Europäischen Ländern

Tabelle 3: Durchsetzung der Gesetze in den USA und den Kontinental Europäischen Ländern

Tabelle 4: Eigentumsverhältnisse in den USA und den Kontinental Europäischen Ländern

Tabelle 5: : Auswirkungen des Investorenschutzes auf das Volumen im M&A-Markt

Tabelle 6: Auswirkungen des Investorenschutzes auf die Übernahmeprämie im M&A- Markt

Tabelle 7: Auswirkungen des Investorenschutzes auf die Wahrscheinlichkeit eines Barangebots bei Übernahmen

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

Eigentums- und Finanzstrukturen von Unternehmen unterscheiden sich weltweit in den jewei­ligen Ländern (vgl. La Porta et al. 1996, S.3). Daraus folgt, dass in den USA jährlich hunderte Unternehmen am Aktienmarkt emittieren, während die Anzahl in Italien innerhalb eines Jahr­zehnts deutlich geringer ist. Das Ausmaß der Aktienmärkte in den USA und in Großbritanni­en ist größer, als vergleichsweise in Frankreich und Deutschland (vgl. Pagano et al. 1995, zit. in La Porta et al. 1997, S.1331). Trotz dessen, dass der deutsche Aktienmarkt relativ klein ist , ist er dennoch sehr umfangreich und stark (vgl. Edwards/Fischer 1994, zit. in La Porta et al. 1996, S.4). Der Preisaufschlag für den Kauf einer Vorzugsaktie, die kein Stimmrecht enthält, dem Investor jedoch eine bevorzugte und höhere Dividende gewährt, ist in den USA und Schweden sehr gering, in Italien jedoch deutlich höher (vgl. Levy 1982, zit. in La Porta et al. 1996, S.3). Aguilera et al. (2006, S.147) argumentieren, dass diese Erklärung der Unterschie­de in den jeweiligen Ländern auf den rechtlichen Schutzmaßnahmen bezüglich der Investo­ren, basiert. Der Grad und die Stärke dieser Schutzmaßnahmen werden durch die Corporate Governance-Systeme der Länder bestimmt. In der Literatur sind hierfür zwei unterschiedliche Systeme identifiziert, das Anglo-Amerikanische und das Kontinental Europäische Corporate Governance-System (vgl. ebd., S.147). Um einen tieferen Einblick in die Unterschiede zwi­schen diesen beiden Systemen zu gewinnen, und ihre Auswirkungen zu verstehen, wird fort­folgend ein Vergleich zwischen den Corporate Governance-Systemen in den USA und in Kontinental Europa durchgeführt und ihre Auswirkung auf den Investorenschutz untersucht.

Um den Einstieg zu erleichtern, wird zuerst der Begriff Corporate Governance definiert, die Relevanz des Corporate Governance herausgestellt und der Aufbau eines effektiven Füh­rungssystems untersucht. Im Fokus steht hierbei die folgende Untersuchung der Unterschiede der Corporate Governance-Systeme und ihrer Auswirkung auf den Investorenschutz. Hierfür werden die vorherrschenden Rechtsordnungen betrachtet und differenziert. Anschließend werden externe und interne Corporate Governance-Unterschiede dargestellt und die Stärke des Investorenschutzes in den USA und in Kontinental Europa untersucht. Um die Auswir­kungen der Unterschiede im Investorenschutz zu verstehen, wird der Fremdkapitalmarkt in den USA und den Kontinental Europäischen Ländern untersucht. Da Fusionen und Übernah­men in der Finanzwelt von immer größerer Bedeutung sind, wird des Weiteren untersucht, welche Auswirkungen der Investorenschutz auf den M&A-Markt hat. Abschließend wird ein Fazit angeführt, welches die zuvor gewonnen Erkenntnisse zusammenfasst und Zukunftsaus­sichten dargestellt.

2. Theoretische Grundlagen zu Corporate Governance

Um eine Basis für detaillierte Auseinandersetzungen mit der Thematik dieser Arbeit aufzu­bauen, werden der Begriff "Corporate Governance" erläutert, die Relevanz des "Corporate Governance" herausgestellt und grundlegende Regeln einer guten Führung untersucht.

2.1 Definition Corporate Governance

Der Begriff „Governance“ wird nach dem "United Nations Development Programm (1997)" als Ausübung der ökonomischen, politischen und administrativen Autorität zur Führung aller Staatsangelegenheiten, definiert (vgl. Kardos 2012, S.1167). Der Begriff "Corporate Gover­nance" wird hergeleitet aus einer Analogie zwischen der Regierung von Städten, Nationen oder Staaten und der Führung von Unternehmen (vgl. Dunlavy 1998, zit. in: Becht et al. 2003, S.5). Nach Becht et al. (2003, S.5) wurde der präzise Begriff "Corporate Governance" erst­mals von Richard Eells im Jahr 1960 zur Bezeichnung von Struktur und Funktionalität der Unternehmenspolitik, genutzt. Unterschiede in Definitionen von Corporate Governance treten häufig in der Literatur auf. Die verschiedenen Definitionen sind in zwei Kategorien zusam­menzufassen. Die erste Kategorie definiert Corporate Governance als Zusammenschluss von Verhaltensmustern und bezieht sich auf das tatsächliche Verhalten der Unternehmen, bei­spielsweise ihrer finanziellen Struktur, ihrer Zusammenstellung bezüglich des Vorstands und des Aufsichtsrates, als auch ihrem Umgang mit Aktionären und Gläubigern. Geeignet ist diese Kategorie besonders bei der Betrachtung einzelner Länder. Für Vergleichsstudien hingegen, eignen sich besonders die Definitionen der zweiten Kategorie. Diese untersuchen den Einfluss der Unterschiede in der normativen Struktur, der Verhaltensmuster der Firmen und Investoren und analysieren wie die legalen und institutionellen Strukturen einzelner Länder den Nutzen verschiedener Corporate Governance-Mechanismen formen(vgl. Claessen 2006, S.93).

Aus den oben genannten Erläuterungen ergeben sich die Erläuterungen von Gillan (2006, S.382 ff.) als die griffigste Definition. So wird in dieser Arbeit Corporate Governance als ein Zusammenschluss von Mechanismen verstanden, die intern für Ordnung und Leitung im Un­ternehmen sorgen und extern Transparenz, Verantwortung und Fairness in den Beziehungen des Unternehmens zu seinen Beteiligten gewährleisten.

2.2 Relevanz der Corporate Governance

Corporate Governance-orientierte Themen haben in den letzten beiden Jahrzenten immer mehr an Bedeutung gewonnen. Weit verbreitete Coporate Governance-orientierte Themen waren beispielsweise die Ost-Asien-, Brasilien- und Russland-Krisen 1998, die durch große Massen an Privatisierungen und zu schwachen Kleinanleger-Schutzmaßnahmen ausgelöst wurden, als auch Serien von Skandalen und Unternehmensfehlschlägen in den USA in den neunziger Jahren, die Unternehmen dazu veranlassten, übertriebene Erträge anzunehmen und durch Bilanzunregelmäßigkeiten ausgelöst wurden (vgl. Becht et al. 2006, S.12).

Als Quelle der steigenden Relevanz in Corporate Governance wird in der Literatur die welt­weite Welle der Privatisierung der letzten beiden Jahrzehnte genannt. Durch die steigende Bedeutung des Kapitalmarktes als Finanzierungsquelle, spielen Corporate Governance und somit (Minderheiten-) Aktionärsschutz eine immer wichtigere Rolle. In Ländern, die sich in einem jungen Stadium befinden, stellt Corporate Governance und die Umsetzung dieser ein zentrales Thema dar. Wenn Unternehmen einen Börsengang planen und internationale Inves­toren ansprechen wollen, müssen Sie zeigen, dass diese eine effektive Corporate Governance implementiert haben und leben. Die erhöhte internationale Integration und Liberalisierung der Kapitalmärkte sowie die gestiegenen Handels- und Investmentströme führen zu vielen grenz­überschreitenden Problemen in Bereichen der Corporate Governance (vgl. Claessens 2006, S95; Becht et al. 2006, S.12).

Die weltweite Privatisierungswelle der letzten Jahrzehnte veränderte die grundlegende Struk­tur und den Aufbau der Kontrolle sowie des Eigentums der Unternehmen (vgl. Becht et al. 2003, S.8). Aufgrund der weltweiten Privatisierung entstanden Probleme in der Corporate Governance in Sektoren, die zuvor in den Händen der Staaten waren. Die veränderte Rolle des Staates als öffentlicher Anteilseigner in privaten Unternehmen wird als eine wichtige An­stoßquelle für Veränderungen in Corporate Governance-Praktiken weltweit angesehen (vgl. Shinn 2001, zit. in: Becht et al. 2003, S.9). Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die zunehmende Größe der Unternehmen und die wachsende Rolle der Finanzvermittler. Die gestiegene Dele­gation von Investitionen führte zu einem gestiegenen Gebrauch von guten Corporate Gover­nance-Arrangements (vgl. Claessens 2006, S95).

2.3 Codes of Good Governance

"Codes of Good Governance" sind ein Bündel von Empfehlungen, nach denen das Verhalten und die Struktur der Führungsetage in einem Unternehmen eines Landes ausgerichtet sein sollten, um ein effektives und effizientes Corporate Governance-System innerhalb einer Un­ternehmung zu gewährleisten (vgl. Aguilera/Cuervo-Cazurra 2004, S.417). Diese Codes sind in den letzten 30 Jahren in 64 verschiedenen Ländern erstellt worden, obgleich es sich um Entwicklungs-, Schwellen- oder auch Industrieländer handelt (ebd., S.377). Im Folgenden wird untersucht, warum "Codes of Good Governance" erstellt und welche "Codes" weltweit als Voraussetzung für gute Corporate Governance-Systeme anerkannt werden.

Die ersten "Codes of Governance" wurden von den Vereinigten Staaten im Jahre 1978 erstellt und implementiert. Die Geschwindigkeit der Verbreitung und Erstellung dieser Codes nahm erst mit der Veröffentlichung des "Kingdom's Cadbury Report" im Jahre 1992 durch das Ver­einigte Königreich Großbritanniens, zu. Dieser stellt Empfehlungen zur Gestaltung des Vor­standes und der Rechnungsführungssysteme auf, mit dem Ziel Corporate Governance-Risiken und Fehlschläge zu vermeiden. Mitte 2008 wurden weltweit in 64 Ländern 164 verschiedene „Codes of Good Governance“ aufgestellt (ebd., S.376).

"Good Governance Codes" unterscheiden sich zwar weltweit, jedoch existieren einzelne all­gemein gültige Prinzipe effektiver Führungssysteme. O'Shea (2005) stellte fest, dass die Mehrzahl von „Codes" in den folgenden sechs Empfehlungen bezüglich Governance- Praktiken übereinstimmen: (1) eine Balance zwischen exekutivem und nicht-exekutivem Ge­schäftsleiter, wie z.B. ein unabhängiger, nicht-exekutiver Geschäftsleiter; (2) eine klare Ein­teilung der Verantwortlichkeiten zwischen dem Vorstandsvorsitzenden und dem Geschäfts­führer; (3) pünktliche und qualitative Informationsversorgung des Vorstandes; (4) formale und transparente Prozeduren zur Ernennung eines neuen Geschäftsführers; (5) ausgeglichene und verständliche Finanzberichtserstattung und (6) die Durchführung eines regelmäßigen In­ternen Audits (zit. in: Aguilera/Cuervo-Cazurra 2009, S.377).

3. Unterschiede und Auswirkungen in Corporate Governance zwischen Kontinental Europa und den USA

Im Folgenden werden Vergleiche zwischen den Corporate Governance-Systemen in Konti­nental Europa und den USA durchgeführt. Beginnend mit der Betrachtung und Differenzie­rung der zugrundeliegenden Rechtsordnungen in Kontinental Europa und den USA, wird schrittweise überprüft, ob die in der Literatur vorherrschende Meinung, Corporate Gover- nance-Systeme in den USA würden bessere Schutzmechanismen für Investoren bieten, als es in Kontinental Europa der Fall ist, bestätigt werden kann (vgl. Straub/Cavalier 2011, S.49). Darauffolgend werden die Auswirkungen der unterschiedlichen Corporate Governance- Systeme auf den Investorenschutz und die Kapitalmärkte untersucht.

3.1 Unterschiede in den Rechtsordnungen

Bevor die Unterschiede der Corporate Governance in Kontinental Europa und den USA be­trachtet werden, ist es wichtig, in einem ersten Schritt die Unterschiede in den beiden Rechts­ordnungen zu untersuchen. Das Rechtssystem ist ein wichtiger Mechanismus der Corporate Governance. Das Ausmaß des vom Gesetz festgelegten Investorenschutzes in einem Land und die Rechtsdurchsetzung sind die wichtigsten Determinanten der Entwicklung der Corporate Governance in einem Land. Die Literatur identifiziert hierfür zwei unterschiedliche Rechts­kreise: das Zivilrecht und das Gesellschaftsrecht (vgl. Graff 2008, S.60; La Porta et al. 1996, S.4)

3.1.1 Das Zivilrecht

Das Zivilrecht wird auf das Gesetz der Römer zurückgeführt und wird stark mit den Vorstel­lungen von Gerechtigkeit und Moral in Verbindung gebracht. In Europa wird, Großbritannien jedoch ausgenommen, das Zivilrecht praktiziert. Gesetze sind vom Gesetzgeber kodifiziert und die Jurisprudenz spielt eine weniger wichtige Rolle. Heutzutage wird zwischen dem fran­zösischen, dem deutschen und dem skandinavischen Zivilrecht unterschieden (vgl. La Porta 1996, S.4). Das französische Zivilrecht basierte auf den Justinischen Gesetzen und einzelnen Rechtsprechungen. Während der französischen Revolution wurde der Staat über den Ge­richtshof gestellt und die Juristerei abgeschafft. Durch einen hohen Grad an formellen Proze­duren wurde die Diskretion der Richter eingeschränkt. Der französische Einfluss findet sich heutzutage in Ländern wie Portugal, Spanien, Italien und in einigen Kantonen der Schweiz, wieder (vgl. ebd., S.6). Im Gegensatz dazu wird das deutsche Zivilrecht als das Ergebnis einer Evolution angesehen, anstelle einer Revolution. So wird im Deutschen die Juristerei in einem positiven Licht dargestellt und das Gesetzesbuch so verfasst, dass es mit der Zeit, im Gegen­satz zum französischen Zivilrecht, veränderbar ist. Der Deutsche Einfluss ist heutzutage in Ländern wie Japan, Griechenland und den Balkan-Staaten auffindbar. Das Skandinavische Zivilrecht wird weder mit dem Deutschen, noch mit dem Französischen Rechtssystem ver­bunden, sondern gesondert betrachtet (vgl. ebd., S.10).

3.1.2 Das Gemeinschaftsrecht

Das Gemeinschaftsrecht, welches von Richtern gestaltet wurde, um spezifische Konflikte zu lösen, ist britischen Ursprungs (vgl. David/Brierley 1985, S.22). Es wird in seiner Ansicht be­züglich der Beziehung zwischen dem Staat und dem Gericht und der Stärke seiner Jurispru­denz, als einzigartig charakterisiert. Daraus folgend werden Richtern große Interpretations- möglichkeiten gewährt und dem Gericht wird es möglich, Gesetze als Reaktion auf Verände­rungen in der Umwelt zu kombinieren und neu zu erstellen. Dies bedeutet, dass es einen Ge­gensatz zum Zivilrecht darstellt, in welchem Gesetze vom Gesetzgeber kodifiziert sind und die Jurisprudenz eine untergeordnete Rolle spielt (vgl. Graff 2008, S.63 f.). Als ursprünglich britisches Kolonialland wird in den USA das Gemeinschaftsrecht als vorherrschende Rechts­ordnung ausgeübt (vgl. La Porta et al. 1996, S.10).

3.1.3 Unterschiede zwischen dem Zivilrecht und dem Gemeinschaftsrecht

Die Unterschiede zwischen den beiden Rechtsordnungen lassen sich am besten anhand der von Zweigert und Kotz (1987) erstellten Differenzierung der beiden Rechtsordnungen darstel­len. Sie sagen aus, dass das Gemeinschaftsrecht eine schrittweise Entwicklung von einem Ur­teil zum nächsten ist und damit als Fallrecht, anstelle des Gesetzesrechts, wie im Zivilrecht, definiert werden kann. Als Gesetzesrecht gilt das Zivilrecht als lückenlos. Das Gemein­schaftsrecht stammt von den Gerichten ab, Juristen sind Richter. Das Zivilrecht hingegen stammt von den unterschiedlichen Studien und Interpretationen der einzelnen Länder in Be­zug auf das romanische Gesetz, ab. Die Juristen im Zivilrecht sind Professoren. So fragen sich Richter des Zivilrechts, welches Urteil das Gesetz zulässt, während in Ländern des Gemein­schaftsrechts, Richtern eigenes Ermessen gewährt und dabei an vergangenen Urteilen orien­tiert wird (vgl. Zweigert/Kotz 1987, zit. in La Port et al. 1996, S.10-11).

3.2 Unterschiede in externer und interner Corporate Governance in Kontinental Eu­ropa und den USA

Untersuchungen in Corporate Governance haben festgestellt, dass zwei unterschiedliche Cor­porate Governance-Systeme identifizierbar sind, das Anglo-Amerikanische Aktionärssystem und das Kontinental Europäische-System der Interessenvertreter. Beide Systeme haben unter­schiedliche Auswirkungen auf die Finanzstruktur, Eigentumskonzentrationen und auch Ar­beitsbeziehungen in Unternehmen (vgl. Aguilera 2006, S.147). Im Folgenden werden einige allgemeine interne und externe Unterschiede zwischen den beiden Corporate Governance- Systemen in Kontinental Europa und den USA dargestellt.

3.2.1 Unterschiede in interner Corporate Governance

Das Anglo-Amerikanische Corporate Governance-System in den USA zielt darauf ab, das Aktionärsvermögen zu maximieren. Die Hauptdimension zur Messung der Unternehmensper­formance ist der Marktwert des Unternehmens. Das Unternehmen besitzt eine einteilige Füh­rungsstruktur und wird von einem Vorstand geführt. Dieser delegiert die Managementaktivitä- ten, überwacht und evaluiert die Performance der Manager. In Kontinental Europa hingegen stehen die Interessenvertreter der Unternehmen im Vordergrund. Zu diesen gehören Aktionä­re, als auch Arbeitnehmer, Gläubiger, Lieferanten und die Gesellschaft. Ziel ist es nicht nur, das Aktionärsvermögen zu maximieren, sondern auch zusätzlich die Kosten und Vorteile der Gesellschaft zu berücksichtigen. Ein großer Block der Anteile des Unternehmens wird in den meisten Fällen von einigen wenigen Aktionären, wie Institutionellen Investoren, gehalten (vgl. Cools 2005, S.739 f.).

Der größte Unterschied innerhalb der internen Corporate Governance liegt in der Allokation der Entscheidungsmacht. In den USA obliegt den Geschäftsführern jegliche Entscheidungs­gewalt. 80% der Geschäftsführer stellen gleichzeitig den Vorstand des Aufsichtsrates, dar. Die Hauptversammlung hat lediglich einen Einfluss auf beispielsweise. die Wahl des Vor­stands, der Genehmigung von Charta- oder Satzungsänderungen und Fusionen. In Kontinental Europa hingegen besitzt die Hauptversammlung in vermehrten Fällen ein hohes Mitbestim­mungsrecht, beispielsweise. bei Dividendenauszahlungen und Aktienrückkäufen (vgl. ebd., S.739 f.).

Des Weiteren haben Aktionäre in Kontinentaleuropa eine stärkere Durchsetzungskraft bezüg­lich der Bestimmung über die Agenda der Hauptversammlung (vgl. Enriques/Volpin 2007, S.127). In den USA sind größere Auflagen bezüglich der Bestimmung über die Agenda der Hauptversammlung durch die Aktionäre vorhanden und in den meisten Fällen werden Vor­schläge vom Vorstand ignoriert (vgl. Cools 2005, S.742). Bedingt durch die schwachen Rech­te der Hauptversammlung in den USA, ist die Entmachtung des Vorstandes durch die Haupt­versammlung deutlich umständlicher als in Kontinental Europa (vgl. ebd., S.746).

Corporate Governance in den USA und in Kontinental Europa vergleichend, ist anzumerken, dass auch zwischen den jeweiligen Ländern in Kontinental Europa Unterschiede bezüglich Corporate Governance existieren. Hierbei ist es wichtig zu erwähnen, dass die Länder in Kon­tinental Europa zwar eine gewisse Homogenisierung ihrer Regularien- und Rechtssystemen durchlaufen, jedoch kein homogenes Rechtssystem und Corporate Governance Principles be­sitzen. Das deutsche Gesetz setzt eine duale Führungsstruktur, bestehend aus einem das Un­ternehmen leitendem Vorstand und einem den Vorstand und die Unternehmenabläufe kontrol­lierendem Aufsichtsrat, voraus. Dabei spielen Banken im Aufsichtsrat eine zentrale Rolle und sind in diesen stark vertreten. In Frankreich hingegen liegt die Geschäftsführung in der Hand des Vorstandsvorsitzenden. Dieser ist gleichzeitig Vorsitzender des Verwaltungsrates. In Ita­lien existiert ein separater Rechnungsprüfungsausschuss. Dieser stellt einen internen Körper im Unternehmen dar und führt interne Revisionen durch. Jedoch haben in der Praxis weder dieser Rechnungsprüfungsausschuss, noch der Verwaltungsrat, eine effektive Kontrolle über den Geschäftsführer (vgl. Enriques/Volpin 2007, S.128 f.).

3.2.2 Unterschiede in externer Corporate Governance

Zu der externen Corporate Governance gehören alle Faktoren aus der Umwelt eines Unter­nehmens, die Corporate Governance beeinflussen. Den vom Rechtssystem eines Landes auf­gelegten Restriktionen gilt besondere Betrachtung. So haben Regulierungsmaßnahmen der Regierung in den USA einen größeren Einfluss auf Corporate Governance, als in Kontinent Europa. Wertpapieraufsichten existieren in den USA seit den 1930er Jahren und befassen sich mit kritischen Corporate Governance-Problemen, wie z.B. der Mitgliederversammlung, Über­nahmen und Wertpapierbetrugsversuchen (vgl. ebd., S.127). So stellte im letzten Jahrzehnt der "Sarbanes-Oxley Act", ein US-Bundesgesetz zur Verbesserung der Berichtserstattung der Unternehmen, ein hoch diskutiertes Thema dar (vgl. Zhang 2007, S.75). Die US- Wertpapieraufsicht fördert ein System der verbindlichen Offenlegung, die traditionell viel umfassender ist als in Kontinental Europa. Die Wirksamkeit wird durch eine Reihe von Insti­tutionen wie der "Securities and Exchange Commission (SEC)" und dem US- Justizministeri­um gewährleistet. Im Gegensatz dazu werden Gesellschafts- und Wertpapierrechtsverstöße in Kontinentaleuropa nicht besonders strikt geahndet (vgl. Enriques/Volpin 2007, S.127).

Weitere Unterschiede sind im Finanzsystem vorzufinden. Die Literatur unterscheidet zwi­schen dem Bank -und Marktbasierten Finanzsystem. In Kontinental Europa liegt ein Bankba­siertes System vor. Banken spielen die Hauptrolle im Finanzsystem und leiten die Ersparnisse der Haushalte als Darlehen an die Unternehmen weiter (vgl. Berglöf 1991, zit. in: Aguilera/Jackson 2003, S.452). In den USA liegt ein Marktbasiertes System vor. Haushalte investieren direkt in Wertpapiere und Anleihen der Unternehmen. Aktionäre halten dabei ihre Investitionen nur solange im Unternehmen, wie die Unternehmen ihre Finanziellen Interessen verfolgen (vgl. Steinherr/Huveneers 1994, S.285).

3.3 Unterschiede im Investorenschutz der Corporate Governance Systeme in Konti­nental Europa und den USA

Nachdem nun einige interne und externe Corporate Governance Unterschiede dargestellt worden sind, wird folgend genauer auf Mechanismen des Investorenschutzes innerhalb der Corporate Governance-Systeme in Kontinental Europa und den USA eingegangen.

La Porta et al. (1996, S.8) betrachten hierfür Schutzmechanismen der Aktionärs- und Gläubi­gerrechte, Eigentumskonzentrationen in Unternehmen sowie die Stärke der Durchsetzung der Rechte in 49 verschiedenen zivil- und gemeinschaftsrechtlichen Ländern. Hierbei werden die Länder entsprechend der Herkunft ihrer Rechtsordnung, dem französischen, deutschen oder skandinavischen Zivilrechtlich zugeordnet. In dieser Arbeit werden nur die USA und die Kon­tinental Europäischen Länder betrachtet. Für ihre Analyse kommen nur Länder in Frage, in denen auf Basis der "WorldScopa"- und der "Moody's International"-Datensammlung we­nigstens fünf heimische (keine ausländische oder multinationale Unternehmen), nicht-finanz- (keine Banken o.ä.) und öffentlich-notierte Unternehmen im Jahre 1993 vorzufinden sind. Das Ziel von La Porta et al. (1997, S.14) ist es, zu untersuchen, ob den Investorenschutz betref­fende Gesetze sich in den verschiedenen Ländern unterscheiden und ob diese Unterschiede Auswirkungen haben. Als Datenquellen dienen ihnen hunderte Publikationen verschiedener Autoren.

3.3.1 Unterschiede im Aktionärsrecht

Aktionäre besitzen keine direkten Entscheidungsrechte innerhalb der Unternehmen. Stimm­rechte stellen für sie die einzige Möglichkeit dar, eigene Interessen innerhalb der Unterneh­mung zu verfolgen. Deshalb gilt eine besondere Betrachtung des Schutzes dieser Stimmrech­te. La Porta et al. (1996) untersuchen hierfür wie diese Stimmrechte in den verschiedenen zi­vil- und gemeinschaftsrechtlichen Ländern ausgeübt werden können und wie stark sie durch das Gesetz geschützt werden.

In den verschiedenen zivil- und gemeinschaftsrechtlichen Ländern existieren verschiedene vom Gesetz festgelegte Methoden, die den Aktionären die Ausübung und Stärke ihrer Stimm­rechte gewährleisten. La Porta et. al (1996, S.16 f.) identifizieren fünf Methoden, die die Aus­übung der Stimmrechte gewährleisten. Die erste Methode ermöglicht es den Aktionären, per Mail (Briefwahlrecht), von ihrem Stimmrecht Gebrauch zu machen. Die zweite verhindert, dass Aktionäre ihre Aktien und damit ihr Stimmrecht wenige Tage vor der Hauptversamm­lung für eine bestimmte Zeit verkaufen, z.B. an Investoren, die versuchen ihre Interessen durch eine höhere Stimmbeteiligung durchzusetzen. Dies gelingt durch die Einführung von registrierten Aktien. Das bedeutet, dass bei jedem Kauf einer Aktie, der Name des Käufers bekannt sein muss. Dies ist aus Aktionärssicht jedoch nicht vorteilhaft, da dadurch die Ano­nymität der Aktionäre verloren geht und somit der illegale und steuerlose Handel mit Aktien nicht möglich ist (vgl. Cools 2005, S.715). Die dritte Methode erlaubt kumulative Wahlen.

[...]

Ende der Leseprobe aus 39 Seiten

Details

Titel
Unterschiede in Corporate Governance zwischen Kontinentaleuropa und den USA
Untertitel
Ein Überblick
Hochschule
Universität Hohenheim
Note
1.3
Autor
Jahr
2015
Seiten
39
Katalognummer
V509567
ISBN (eBook)
9783346073433
ISBN (Buch)
9783346073440
Sprache
Deutsch
Schlagworte
unterschiede, corporate, governance, kontinentaleuropa, überblick
Arbeit zitieren
Caner Orhan (Autor:in), 2015, Unterschiede in Corporate Governance zwischen Kontinentaleuropa und den USA, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/509567

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