Rechtsfragen über die Beziehung zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber


Seminararbeit, 2016

26 Seiten, Note: 16.00


Leseprobe


Gliederung

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Rechtsfragen der Beziehung des Betriebsrats zum Arbeitgeber

A. Personalmanagement und Betriebsverfassungsrecht

B. Das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit
I. Allgemein
II. Vertrauensvolle Zusammenarbeit
1. Zusammenarbeit
2. Vertrauensvoll
III. Ziel der vertrauensvollen Zusammenarbeit
1. Allgemein
2. Das Wohl der Arbeitnehmer
a. Arbeitnehmerbegriff
b. Wohl der Arbeitnehmer
3. Das Wohl des Betriebs
a. Betriebsbegriff
b. Wohl des Betriebs
IV. Der Adressatenkreis
V. Rechtsfolge
1. Rechtsbedeutung des § 2 I BetrVG
2. Generalklausel
3. Beschränkung von Rechten und Pflichten

C. Allgemeiner Unterlassungsanspruch aus § 2 I BetrVG
I. Bestehende Problematik
II. Unterlassungsanspruch nach § 23 III BetrVG
III. Allgemeiner Unterlassungsanspruch – Ansicht des BAG
IV. Kritische Betrachtung der Rechtsprechung des BAG

D. Rechtsfragen über die Beziehung zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber i.R.d. Gebots der vertrauensvollen Zusammenarbeit
I. Wesentliche Ergebnisse
II. Fazit

Literaturverzeichnis

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Abkürzungsverzeichnis

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Rechtsfragen der Beziehung des Betriebsrats zum Arbeitgeber

A. Personalmanagement und Betriebsverfassungsrecht

Das Personalmanagement (Human Ressource Management) beschäftigt sich mit personellen Gestaltungsmaßnahmen zur Verwirklichung des Unternehmensziels.1 Rechtlich gesehen handelt es sich hierbei um die Organisation des Arbeitslebens der Arbeitnehmer im Betrieb. In diesem Zusammenhang ist das deutsche Arbeitsrecht, bestehend aus dem Individualarbeitsrecht und dem Kollektivarbeitsrecht zu beachten.

Hauptaugenmerk dieser Arbeit wird dabei das Kollektivarbeitsrecht, insbesondere das zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat geltende Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit aus § 2 I BetrVG, also das Verhältnis vom Betriebsrat zum Arbeitgeber sein. Das Verhältnis vom Betriebsrat zum Arbeitgeber wird im Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) normiert. Dabei wird v.a. die Stellung der Arbeitnehmer im Betrieb, sowie deren Mitwirkung im Betriebsrat geregelt.2 Der Betriebsrat ist gewähltes Organ der Betriebsverfassung und Interessenvertreter der Arbeitnehmer. Somit kann es zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber zu Interessensgegensätzen kommen.

Deutlich werden diese Interessengegensätze u.a. im Urteil des LAG Köln vom 16.04.2015.3 In diesem Urteil hatte das LAG u.a. darüber zu entscheiden, ob der Arbeitgeber i.R.d. Ein- und Umgruppierung verpflichtet ist, dem Betriebsrat – bei der obligatorischen Anhörung nach § 99 I BetrVG – den Subsumtionsteil seiner standardisierten Eingruppierungsunterlagen zu überlassen. Das LAG bejahte diese Pflicht.4 Zum Einen sei die Kenntnis der rechtlichen Überlegungen des Arbeitgebers bzgl. der getätigten Eingruppierungsentscheidung eine Erleichterung für den Betriebsrat i.R.s. Mitbeurteilungsaufgabe und zum Anderen könne diese Kenntnis zur Förderung eines zielführenden Miteinander bzgl. einer, von den Betriebspartnern gemeinsam getragenen, Eingruppierungsentscheidung beitragen.5 Ein Miteinander i.S.v. Zusammenarbeit schreibe das Gesetz in § 2 I BetrVG als Idealfall vor.6 Deswegen habe der Arbeitgeber die Pflicht dem Betriebsrat den Subsumtionsteil zu überlassen.7 Ein Vorenthalten des Subsumtionsteils stelle daher eine Verletzung des Gebots der vertrauensvollen Zusammenarbeit des § 2 I BetrVG dar.8

Nach Ansicht des LAG Köln ist der Arbeitgeber also i.R.d. Um- und Eingruppierung verpflichtet dem Betriebsrat alle für die Entscheidungsfindung relevanten Unterlagen zukommen zu lassen. Diese Pflicht ergibt sich aus der in § 2 I BetrVG niedergelegten Kooperationsmaxime, die gebietet, dass die Betriebspartner vertrauensvoll zusammenarbeiten. Daher können dem Arbeitgeber durch die Kooperationsmaxime bestimmte Verhaltenspflichten auferlegt werden.

Es liegt somit nahe Bedeutung, Funktion und Wirkungsweise des § 2 I BetrVG genauer zu betrachten. Nachfolgend wird das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit zunächst im Allgemeinen untersucht. Anschließend werden dessen Rechtsfolgen sowie die Frage, ob §2IBetrVG als Grundlage für einen allgemeinen Unterlassungsanspruch herangezogen werden kann, besprochen.

B. Das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit

I. Allgemein

Das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit, welches in § 2 I BetrVG verankert ist und in Verbindung mit §§ 74, 76 BetrVG zu sehen ist, wird als die „Magna Charta“9 der Betriebsverfassung bezeichnet. Es regelt, mangels ausdrücklicher Vorschrift im BetrVG,10 das Verhältnis zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber.11 Weiterhin stellt es die Grundlage bzw. den Grundgedanken des Verhältnisses zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber dar. Schließlich wird durch das Gebot die Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber, Betriebsrat sowie zwischen den im Betrieb vertretenen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden bestimmt.12

Das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat (Betriebsverhältnis)13 ist ein Kooperationsverhältnis14. Ferner handelt es sich hierbei um eine privatrechtliche Rechtsbeziehung,15 die den Regeln des allgemeinen Zivilrechts unterliegt.16 Das allgemeine Zivilrecht wird jedoch durch das (speziellere) BetrVG (lex specialis) verdrängt.17

II. Vertrauensvolle Zusammenarbeit

1. Zusammenarbeit

Zusammenarbeit i.S.d. § 2 I BetrVG geht über ein bloßes Nebeneinander18 hinaus. Die Betriebspartner (Arbeitgeber und Betriebsrat) müssen sich nicht nur gegenseitig tolerieren, sondern dürfen das gemeinsame Ziel nicht behindern.19 Sie dürfen also nicht gegeneinander arbeiten.

Der Betriebsrat hat i.R.d. Zusammenarbeit das Arbeitnehmerinteresse im Betrieb zu vertreten,20 der Arbeitgeber verfolgt dabei sein eigenes Interesse, welches i.d.R. nicht mit dem des Betriebsrats übereinstimmt.21 Es entstehen also zwangsläufig Interessensgegensätze. Diese sollen durch § 2 I BetrVG nicht beseitigt oder geleugnet werden;22 vielmehr sollen sie durch eine durch „Ehrlichkeit und Offenheit“23 geprägte Zusammenarbeit ausgeglichen werden.24 Eine Konkretisierung dieses Gebotes findet sich in der Spezialregelung25 des §74BetrVG, welche monatliche Besprechungen anordnet, bei denen mit dem ernsten Willen zur Einigung und durch konstruktive Vorschläge versucht werden muss, Meinungsverschiedenheiten zu beseitigen.26

Schließlich erfährt das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit eine zusätzliche Konkretisierung durch das, an den Arbeitgeber gerichtete, Gebot des Schutzes der Betriebsratsmitglieder bei der Ausübung ihrer Tätigkeit i.R.d. Betriebsverfassung (§78S.1BetrVG), sowie durch das, an den Betriebsrat gerichtete, Verbot einseitig in die Leitung des Betriebs einzugreifen (§ 77 I 2 BetrVG).27

2. Vertrauensvoll

Problematisch erscheint jedoch der Begriff „vertrauensvoll“ i.S.d. § 2 I BetrVG. Einer Ansicht zufolge kann das Recht nur das äußere Zusammenleben regeln; Vertrauen sei hingegen eine innere Einstellung und werde somit nicht vom Recht erfasst.28 Außerdem seien innere Einstellungen sog. Komplementärwerte und deshalb als solches nicht erzwingbar.29 Weiterhin müsste der Gesetzgeber „die zu Vertrauen führenden Kausalwerte wie Wahrhaftigkeit und Zuverlässigkeit, Offenheit und Ehrlichkeit normieren“30. Der Begriff „vertrauensvoll“ sei daher überflüssig31 bzw. müsse durch die Begriffe „Offenheit und Ehrlichkeit“ getauscht werden.32

Die vorzugswürdigere Ansicht gesteht ein, dass Vertrauen eine innere Einstellung darstellt, die durch Rechtsnormen weder überprüfbar noch erzwingbar ist.33 Dennoch sei es weder Sinn noch Zweck des § 2 I BetrVG Vertrauen zu erzwingen.34 Vielmehr solle durch den eindringlichen Appell der Norm das Entstehen eines echten Vertrauensverhältnisses durch vertrauensvolles Verhalten der Betriebspartner gefördert werden.35 Durch § 2 I BetrVG werde also kein echtes inneres Vertrauen gefordert, sondern vielmehr ein Verhalten, das letztlich zur Entstehung von echtem Vertrauen führt, gefördert.36 Der Begriff „vertrauensvoll“ im Wortlaut des § 2 I BetrVG ist somit angebracht.37

Fraglich ist dennoch, was unter „vertrauensvoll“ zu verstehen ist, da dieser Begriff im BetrVG nicht geklärt wird.38 Aufgrund der - zwischen den Betriebspartnern - bestehenden Treubindungen39 ist „vertrauensvoll“ mit Kompromissbereitschaft gleichsetzbar.40 Es bedarf daher in strittigen Angelegenheiten des ernsthaften Willens der Betriebspartner ein – für beide Parteien akzeptables – Ergebnis zu erhalten.41 Dieser Gedanke kommt auch in § 74 I 2 BetrVG zum Ausdruck. Voraussetzung hierfür sind Ehrlichkeit und Offenheit.42

III. Ziel der vertrauensvollen Zusammenarbeit

1. Allgemein

Das Ziel der vertrauensvollen Zusammenarbeit ist das Wohl der Arbeitnehmer und des Betriebs.43 Dabei verfolgt die Vorschrift nicht die Absicht den „natürlichen Interessengegensatz“44 zwischen den Betriebspartnern aufzuheben.45 Vielmehr soll verhindert werden, dass die Betriebspartner jeweils ausschließlich eigene Ziele verfolgen und Interessen des Gegenübers außer Acht lassen.46 Ursprünglich mussten die Betriebspartner auch das Gemeinwohl i.R.d. Zusammenarbeit berücksichtigen.47 Diese Aufgabe fiel jedoch, aufgrund der schwierigen Justiziabilität,48 mit der Reformierung des BetrVG im Jahre 1972 weg. Im Zuge dieser Reformierung wurde auch die Reihenfolge der Wörter „Arbeitnehmer“ und „Betrieb“ umgestellt.49 Diese Umstellung hat nach herrschender Meinung jedoch keine Auswirkung und erfolgte somit ohne Wertung.50 Jedoch resultiere aus der Umstellung, dass das BetrVG v.a. ein Arbeitnehmergesetz sei.51

2. Das Wohl der Arbeitnehmer

a. Arbeitnehmerbegriff

Eines der Ziele der vertrauensvollen Zusammenarbeit ist das Wohl der Arbeitnehmer. Im BetrVG findet sich jedoch keine Definition des Arbeitnehmerbegriffs. Es ist also zunächst zu klären wer Arbeitnehmer i.S.d. BetrVG ist. Als Basis für den betriebsverfassungsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff ist der des Arbeitsrechts heranzuziehen.52 Arbeitnehmer ist also „jeder, der sich durch einen privatrechtlichen Vertrag verpflichtet, Dienste zu leisten, die in unselbstständiger Arbeit zu erbringen sind“53. Darüber hinaus ist Arbeitnehmer i.S.d. BetrVG nur, wer tatsächlich zur Belegschaft des jeweiligen Betriebes gehört.54 Dies richtet sich nach der sog. Zwei-Komponenten-Lehre55. Die Arbeitnehmereigenschaft ist also anzunehmen, wenn zwischen Arbeitnehmer und Betriebsinhaber ein Arbeitsverhältnis besteht und eine tatsächliche Eingliederung des Arbeitnehmers in den Betrieb des Betriebsinhabers gegeben ist.56 Darüber hinaus erfolgt in § 5 BetrVG eine Differenzierung zwischen Arbeitnehmern und Nichtarbeitnehmern. Nach § 5 I BetrVG sind Arbeitnehmer i.S.d. BetrVG alle Arbeiter und Angestellten unabhängig von ihrem Arbeitsplatz. § 5 II BetrVG stellt klar, wer nicht als Arbeitnehmer i.S.d. BetrVG anzusehen ist. In § 5 III BetrVG erfolgt eine weitere Einschränkung.

[...]


1 Bühner, S. 224.

2 Löwisch, Rn. 1191, 1195.

3 LAG Köln v. 16.04.2015 – 7 TaBV 17/14.

4 a.a.O.

5 a.a.O.

6 a.a.O.

7 a.a.O.

8 LAG Köln v. 16.04.2015 – 7 TaBV 17/14.

9 Richardi /Richardi, § 2 Rn. 4.

10 v. Hoyningen-Huene, BetrVG, S. 56.

11 Franzen /GK, § 2 Rn. 7; Fitting, § 2 Rn. 17; Richardi /Richardi, § 2 Rn. 8.

12 Fitting, § 2 Rn. 1.

13 v. Hoyningen-Huene, BetrVG, S. 56.

14 Franzen /GK, § 2 Rn. 15; Richardi /Richardi, § 2 Rn. 5.

15 Fitting, § 1 Rn. 262.

16 Konzen, ZfA 1985, 469 (469).

17 v. Hoyningen-Huene, BetrVG, S. 58 f.

18 Richardi /Richardi, § 2 Rn. 13.

19 a.a.O.

20 a.a.O., Rn. 6.

21 Franzen /GK, § 2 Rn. 12; Richardi /Richardi, § 2 Rn. 6.

22 Franzen /GK, § 2 Rn. 12.

23 BAG 02.11.1983 – 7 AZR 65/82 ­– AP Nr. 29 zu § 102 BetrVG 1972.

24 Fitting, § 2 Rn. 21; Franzen /GK, § 2 Rn. 13.

25 Franzen /GK, § 2 Rn. 12.

26 Richardi /Richardi, § 2 Rn. 22.

27 a.a.O., Rn. 13.

28 Frey, AuR 1957, 154 (155).

29 Scheuerle, 565 (567).

30 a.a.O., (568).

31 Frey, AuR 1957, 154 (155).

32 Scheuerle, 565 (568).

33 Weber, S. 38.

34 Witt, S. 42.

35 Weber, S. 41.

36 a.a.O., S. 39.

37 a.a.O., S. 40.

38 Zitscher, DB 1984, 1395 (1395).

39 Heinze, ZfA 1988, 53 (77).

40 Weber, S. 25.

41 a.a.O.

42 a.a.O., S. 21.

43 Franzen /GK, § 2 Rn. 42.

44 a.a.O.

45 a.a.O.

46 a.a.O.

47 § 49 I BetrVG 1952.

48 Franzen /GK, § 2 Rn. 45.

49 Franzen /GK, § 2 Rn. 44; Richardi /Richardi, § 2 Rn. 16.

50 a.a.O.

51 Müller, S. 269.

52 BAG 12.02.1992 – 7 ABR 42/91 - AP Nr. 52 zu § 5 BetrVG 1972.

53 Junker, Rn. 91.

54 Zöllner, AR, § 48 Rn. 30.

55 a.a.O.

56 a.a.O.

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Rechtsfragen über die Beziehung zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber
Hochschule
Universität Augsburg
Note
16.00
Autor
Jahr
2016
Seiten
26
Katalognummer
V509373
ISBN (eBook)
9783346086815
ISBN (Buch)
9783346086822
Sprache
Deutsch
Schlagworte
rechtsfragen, beziehung, betriebsrat, arbeitgeber
Arbeit zitieren
Sebastian Lösch (Autor:in), 2016, Rechtsfragen über die Beziehung zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/509373

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