Regulierung von Erstversicherungsunternehmen unter besonderer Berücksichtigung von Solvency II


Hausarbeit (Hauptseminar), 2006

27 Seiten, Note: 2,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Grundlagen und Risiken in der Versicherungswirtschaft
2.1. Versicherungsunternehmen und Versicherungsgeschäfte
2.2. Systematisierung der versicherungstechnischen Risiken
2.3. Das Bundesaufsichtsamt für Finanzdienstleistungen

3. Versicherungsaufsicht in Deutschland und Europa
3.1. Die Systematik der Versicherungsaufsicht in Deutschland
3.2. Entstehung von Solvency I und wesentliche Änderungen
3.3. Grenzen der bisherigen Regelungen

4. Das Projekt Solvency II
4.1. Die Grundstruktur von Solvency II
4.2. Die Bedeutung Interner Modelle im Rahmen von Solvency II
4.3. Folgen von Solvency II

5. Fazit

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Das „Drei-Säulen-System“ von Solvency II

1. Einleitung

„Eine wahre Aufsicht verlässt dich nie“[1] Mit diesen Worten beschrieb der Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen, Jochen Sanio, die umfangreichen Aufsichtsnormen denen der Versicherungssektor national wie auch international unterworfen ist.

Es stellt sich jedoch die Frage warum diese Regulierungen überhaupt existieren. Welchen Risiken unterliegen speziell Versicherungen, wer wacht über Versicherungen und was sind Versicherungen überhaupt?

Es ist zu fragen, welche Normen und Instrumente dafür sorgen, dass Solvabilität und somit Sicherheit über die Einhaltung von Versicherungsverträgen und der reibungslose Marktablauf gewährleistet sind.

Diese Fragen gelten nicht nur für Deutschland, sondern, aufgrund des stetigen Zusammenwachsens, für das gesamte Europa.

Bei der Betrachtung der gültigen Normen fallen Grenzen der aktuellen Regelungen auf.

Es ist also zu analysieren, in wie weit ist ein neues System, das diese Grenzen überwindet, schon ausgearbeitet ist. Wie soll diese neue Aufsicht überhaupt aufgebaut sein, wie soll Risiko gemessen werden und welche Rolle spielen dabei unternehmensinternen Analysen zur Messung von Risiko. Abschließend habe ich untersucht, welche Auswirkungen die Einführung dieses neuen Solvabilitätsystems auf die Unternehmen selber und auf den Markt hat.

2. Grundlagen und Risiken der Versicherungswirtschaft

2.1. Versicherungsunternehmen und Versicherungsgeschäfte

Der Begriff Versicherung wird mehrdeutig verwendet. So kann mit dem Begriff Versicherung a) die Gesellschaft, die Versicherungsverträge anbietet, b) der Versicherungsvertrag selber und c) das Grundprinzip der kollektiven Risikoübernahme gemeint sein. Es lässt sich sagen, dass eine Versicherung eine Vereinbarung über wirtschaftliche Hilfeleistung ist, die zwischen den Mitgliedern einer Gefahrengemeinschaft bei Eintritt bestimmter Gefahren in Anspruch genommen wird. Der Versicherte hat einen Rechtsanspruch auf die Deckung seiner Schäden. Diese erfolgt aus den Beiträgen der Gruppenmitglieder der Gefahrengemeinschaft. Prinzipiell kann die Bildung einer Gefahrengemeinschaft in drei Rechtsformen erfolgen. Möglich sind Aktiengesellschaften, Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit sowie öffentlich-rechtliche Körperschaften und Anstalten.[2] Zwischen Versicherungsunternehmen die in unterschiedlichen Rechtsformen arbeiten lassen sich heutzutage kaum noch Unterschiede hinsichtlich Zielsetzung und Arbeitsweise darstellen. Es existieren lediglich gesetzlich begründete Unterschiede.[3]

Die Grundlage des Versicherungswesens in der Bundesrepublik Deutschland bildet das „Gesetz über die Beaufsichtigung des Versicherungsunternehmen“.

In §1 des Gesetzes werden Versicherungsunternehmen als Unternehmen definiert, die den Betrieb von Versicherungsgeschäften zum Gegenstand haben und nicht Träger der Sozialversicherungen sind. Eine genaue Definition des Begriffs Versicherungsgeschäfts wird im Gesetz nicht gegeben, jedoch liefert die Anlage A zum Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) einen Hinweis auf die Tätigkeit der Versicherungsunternehmen. Hier werden die Versicherungen in einzelne Sparten aufgeteilt. Eine weitere Unterteilung ist durch die Anlage C der „Verordnung über die Rechnungslegung von Versicherungsunternehmen gegenüber dem Bundesaufsichtsamt für das Versichungswesen“ gegeben. In diesem Anhang erfolgt eine aus der Praxis entwickelte Gliederung der Versicherungszweige.

Die Aufteilung nach Versicherungssparten und Versicherungszweigen ist jedoch notwendig, um den Versicherten bereits durch die juristische Ausgestaltung der Unternehmensformen vor Verlusten zu schützen. So dürfen Lebens-, Kranken-, Kredit- und Kautions- sowie Rechtschutzversicherungen nur von rechtlich selbständigen Unternehmen angeboten werden. Die verbleibenden Versicherungszweige werden als Schaden- und Unfallversicherungen im engeren Sinne bezeichnet. Hierunter fallen beispielsweise die allgemeine Unfall- und Haftpflichtversicherung.[4]

Eine weitere Unterteilung findet zwischen Erstversicherungen und Rückversicherungen statt. Bei Erstversicherungen besteht eine Rechtsbeziehung zwischen dem Versicherungsunternehmen und einem Endverbraucher, einer natürlichen oder juristischen Person die keine Versicherungsunternehmen sind. Die Rückversicherung dagegen stellt ein Sicherungssystem zwischen den einzelnen Versicherungsunternehmen da. Hierbei überträgt ein Versicherer Teile seines übernommenen Risikos gegen Zahlung einer Versicherungsprämie an den Rückversicherer. Der Rückversicherer wird deshalb auch als Versicherung der Versicherer bezeichnet. Dies geschieht beispielsweise als Absicherung bei Verträgen die im Schadensfall eine signifikante Schadensregulierung erfordern.[5]

2.2. Systematisierung der versicherungstechnischen Risiken

Neben dem allgemeinen unternehmerischen Risiko bestehen für ein Versicherungsunternehmen noch versicherungstechnische Risiken.Das versicherungstechnische Risiko lässt sich allgemein dadurch beschreiben, dass die Schäden in Zahl oder Umfang das Ausmaß überschreiten, das erwartet wurde und der Prämienzahlung zugrunde liegt. Die

Prämienkalkulation kann nur auf ex ante vorliegenden Schätz- und Erwartungsgrößen

basieren, der Schadeneintritt und die Entschädigungshöhe werden jedoch ex post bestimmt. Das Versicherungsunternehmen trägt also ein Restrisiko das existenzgefährdend sein kann, wenn eine hinreichend große Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass die Schadenshöhe größer ist als das vorhandene Risikokapital und die eingenommenen Prämien.[6] Es gibt verschiedene Ursachen die diese Differenz zustande kommen lassen können.

Die Annahmen die der Prämienkalkulation zugrunde liegen, lassen sich nicht mit absoluter Wahrscheinlichkeit verifizieren. Ihnen liegen empirisch beobachtete Daten zugrunde die sich in der Zukunft ändern können. Wahrscheinlichkeitsverteilungen werden unter Zugrundelegung eines Signifikanzniveaus angenommen, so dass eine fehlerhafte Modelbildung verbleibt. Auch bei exakter Erfassung der Schadensgesetzmäßigkeit besteht keine Sicherheit über die Zeitstabilität dieser Daten. Die mittels historischer Daten erfassten Wahrscheinlichkeitsaussagen lassen sich nicht beliebig in die Zukunft fortschreiben. Ebenso können zufällige exogene Ereignisse wie Naturkatastrophen und der Ausfall eines Rückversicherers dafür sorgen, dass die historischen Daten nicht ausreichen um eine hinreichende Prämienkalkulation zu treffen. Unabhängig von der Exaktheit einer Modellierung dieser Zufälligkeit besteht eine Wahrscheinlichkeit für das Eintreten dieser Ereignisse, die aus Sicht des Versicherungsunternehmens ruinös sein kann.

Aufgrund der oben genannten Unsicherheit über die tatsächliche Wahrscheinlichkeitsgesetzmäßgikeiten erfolgt in der Praxis regelmäßig der Rückgriff auf numerische Verfahren der Approximation, wobei die oben genannten Nachteile auftreten. Bei Kenntnis der wahren Wahrscheinlichkeistverteilung über die Schadenzahl N werden regelmäßig die Poisson-Verteilung oder die Binomialverteilung, für Modellierung der kollektiven Schadenshöhe die Normalverteilung und die Lognormalverteilung angewendet.

Der Gesamtschaden S einer Periode ergibt sich somit als summe über eine stochastische Anzahl N von unabhängig und identisch verteilten Schadenhöhen. Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Dies lässt sich mit der Formel Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten darstellen. Dabei stellt N die stochastische Anzahl von Schäden und Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten die stochastische Höhe des Schadens i dar. Für die Verteilungsfunktion des Gesamtschadens Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten gilt dann: Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten. Wobei Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten und Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten die Verteilungsfunktion der k-ten Faltung der Schadenhöhe ist.[7]

Die Quantifizierung des versicherungstechnischen Risikos erfolgt mittels eines geeigneten Risikomaßes wie beispielsweise der Ruintheorie. Grundlage dieser Betrachtung ist es, die geringste Ruinwahrscheinlichkeit im Zusammenhang mit Risikokapital in Form von Eigenkapital und Risikoprämie zu modellieren.[8]

Das versicherungstechnische Risiko setzt sich aus den drei Komponenten Zufalls-, Diagnose- und dem Prognoserisiko zusammen, die zusammen die Fehlprognose bilden. Die einzelnen Komponenten dienen der Präzisierung des Risikos. Das Zufallsrisiko ist die Differenz zwischen der erwarteten und der, aufgrund zufälliger Ereignisse, tatsächliche eingetretene Versicherungsleistung. Wurden für die Berechnung der Erwartungswerte falsche, unzureichende oder unvollständige Daten verwendet, so kommt dies im Diagnoserisiko zum Ausdruck.[9] Prognoserisiko schließlich stellt den Fehler dar, der Auftritt, wenn für die Berechnung der Erwartungswerte Daten benutzt wurden die, zum Zeitpunkt der Berechnung, überholt sind. Aufgrund dieser drei Komponenten des versicherungstechnischen Risikos besteht die Gefahr einer Fehlprognose.[10]

2.3. Das Bundesaufsichtsamt für Finanzdienstleistungen

Der Konkurs einer Versicherung hat, ähnliche wie der Konkurs einer Bank, weit

reichende Folgen für eine Wirtschaftsgemeinschaft. Ohne funktionierende Risikoübernahme unterbleiben risikobehaftete aber zugleich Wohlfahrtsfördernde Entscheidungen.

Kollektiver Vertrauensverlust in die Leistungsfähigkeit der Versicherungswirtschaft

oder eines einzelnen Versicherungsunternehmens kann die gesamte Branche vor

existenzielle Liquiditätsprobleme stellen und den Versicherungsnehmern Vermögensverluste einbringen. Um dieses zu verhindern und Stabilität des Finanzsektors zu gewährleisten ist eine Regulierung der Versicherungsbranche notwendig.[11]

In der Bundesrepublik Deutschland sind hierfür das Bundesaufsichtsamt für Finanzdienstleistungen (BaFin) und die Aufsichtsbehörden der Länder verantwortlich. Die Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern sieht folgendermaßen aus. Die BaFin beaufsichtigt wirtschaftlich bedeutsame private Versicherungsunternehmen und die öffentlich-rechtlichen Wettbewerbsversicherer, die über die Grenzen eines Bundeslandes hinaus tätig sind. Die jeweilige Länderaufsichtsbehörde beaufsichtigt vor allem die öffentlich-rechtlichen Versicherer, deren Tätigkeit auf das entsprechende Bundesland beschränkt ist, sowie die privatrechtlichen Versicherer, die wirtschaftlich von geringerer Bedeutung sind.[12]

Als eine rechtsfähige bundesunmittelbare Anstalt des öffentlichen Rechts im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Finanzen wird die BaFin vollständig durch Gebühren und Umlagen der beaufsichtigten Institute und Unternehmen finanziert; sie ist damit unabhängig vom Bundesetat.[13] Ihre Befugnisse und Aufgaben sind im VAG geregelt die durch zahlreiche Ergänzungen zur Durchführung des VAG ergänzt werden.[14] Die zwei Hauptziele werden in §81 Abs. 1 des VAG genau definiert. Sie bestehen darin die Belange der Versicherten ausreichend zu wahren und dabei sicherzustellen, dass die Verpflichtungen aus den Versicherungsverträgen jederzeit erfüllbar sind. In den Zuständigkeitsbereich der BaFin fallen alle privaten und öffentlich-rechtlichen Versicherungsunternehmen die ihren Sitz in Deutschland haben und im Geltungsbereich der VAG private Direktversicherungen vertreiben. Versicherungsunternehmen die ihren Sitz in einem anderen EU-Staat haben und Versicherungen in Deutschland fallen unter die Aufsicht der Sitzinlandsbehörde. Jedoch besteht für die BaFin auch hier die Möglichkeit einzugreifen. Hierzu müssen Verstöße gegen deutsche Rechtsgrundsätze vorliegen.[15] Die BaFin ist weiterhin für die Umsetzung der Richtlinien die von der EU- Kommission und den untergeordneten Organisationen verabschiedet werden zuständig. Deshalb beruht das gegenwärtig gültige Aufsichtsrecht in weiten Teilen auf Entwicklungen der europäischen Ebene. Diese Entwicklung prägt auch die Aufgaben und Arbeitsweise der BaFin. Mit der EG-Richtlinie für Versicherungsbilanzen von 1991 und den Dritten Richtlinien für die Schaden- und die Lebensversicherung von 1992 wurde auf europäischer Ebene das Aufsichtsrecht in den Mitgliedsländern nahezu vereinheitlicht. Dies führte 1994 zu der Bildung eines Binnenmarktes im Versicherungswesen.[16]

[...]


[1] Jochen Sanio, 2002.

[2] Vgl. Schierenbeck, Henner (1990), S. 654.

[3] Vgl. Schierenbeck, Henner/Hölscher, Reinhold (1993), S. 180ff.

[4] Vgl. Schierenbeck, Henner/Hölscher, Reinhold (1993) S.166f.

[5] Vgl. Schierenbeck, Henner (1990) S. 221 S.567.

[6] Vgl. Ludka, Uwe (2005) S. 4ff.

[7] Vgl. Hartung, Thomas (2004) S.3f.

[8] Vgl. Osetrova,Anna/ Schmeiser, Hato (2005) S.4f.

[9] Vgl. Volken, Thomas (2003) S. 13.

[10] Vgl. Hartung, Thomas (2004) S.7.

[11] Vgl. Schradin, Heinrich (2003) S.5f.

[12] Vgl. Bundesamt für Finanzaufsicht (o.J. a) S. 1.

[13] Vgl. Bundesamt für Finanzaufsicht (o.J. b). S. 1.

[14] Vgl. Schierenbeck, Henner (1990) S. 656.

[15] Vgl. Bundesamt für Finanzaufsicht (o.J. a) S. 1.

[16] Vgl. Bundesamt für Finanzaufsicht (o.J. c) S. 1.

Ende der Leseprobe aus 27 Seiten

Details

Titel
Regulierung von Erstversicherungsunternehmen unter besonderer Berücksichtigung von Solvency II
Hochschule
Universität Duisburg-Essen
Note
2,7
Autor
Jahr
2006
Seiten
27
Katalognummer
V50864
ISBN (eBook)
9783638469869
ISBN (Buch)
9783638751452
Dateigröße
579 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Regulierung, Erstversicherungsunternehmen, Berücksichtigung, Solvency
Arbeit zitieren
Diplom-Ökonom Andreas Höffgen (Autor:in), 2006, Regulierung von Erstversicherungsunternehmen unter besonderer Berücksichtigung von Solvency II, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/50864

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